[HU] Rollmaterial der MÁV - Beschaffung nach "alter Schule"? (Allgemeines Forum)

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Donnerstag, 30.09.2021, 21:17 (vor 931 Tagen)
bearbeitet von J-C, Donnerstag, 30.09.2021, 21:22

Der eine oder andere wird auf sie gestoßen sein: Neubauwagen der MÁV im Fernverkehr mit einem meiner Meinung nach ziemlich coolen Design.

Die MÁV START modernisiert ihren Fuhrpark sukzessive, um langsam aber sicher auf ein zeitgemäßes Level zu kommen.

Es sei zur Kenntnis genommen, dass im ungarischen Fernverkehr Wagen eingesetzt werden, die in Deutschland und Österreich mal als Regionalverkehr gedient haben. Barrierefreiheit ist zu weitesten Teilen noch viel mehr ein Fremdwort als etwa in Tschechien.

Es gibt noch so einige Fernzüge mit unklimatisierten Rollmaterial. Ungarns Wirtschaft ist nicht für eine allzu hohe Prosperität bekannt, die politische Ebene tut ihr übriges.

In alledem wird jedenfalls in der MÁV Werkstatt in Szolnok eine Wagenserie "IC+" entwickelt.

In diesem Artikel kann man mehr dazu erfahren. Unter anderem haben diese Wagen Drehgestelle von Siemens und es ist für 2024 tatsächlich auch geplant, Steuerwagen einzuführen.

Zunächst wurde der Bpmz 20-91.4 eingeführt, hier zu sehen im Prototyp-Design.

Die Wagen hat man vielleicht schonmal im Hungaria gehabt.

Inzwischen ist jedoch eine andere Wagenbaureihe wesentlich weiter verbreitet: der Bbdpmz 84-91.4. Mit diesem konnte man mehreren Zügen die heutzutage einfach unabdingbaren Fahrrad- und Rollstuhlplätze - und das großzügig dimensioniert - anbieten. Die Wagen zeichnen sich durch ein kreatives Raumkonzept auch mit offenen Abteilen, die wohl für Familien gedacht sind, aus.

Da ich mit diesen selbst gefahren bin, kann ich auch entsprechende Erfahrungsberichte bringen:

Die Wagen verfügen über Steckdosen an jedem Platz nebst USB-Steckplatz, gleiches gilt für die Rollstuhlplätze. Es gibt behindertengerechte Toiletten, welche außen auf ungarisch und englisch ansagen können, dass die Toilette besetzt ist, sofern sich jemand in der Nähe befindet. Wie beim Railjet verfügen die Wagen über integrierte Rollstuhlrampen.

In Ungarn werden auch automatische Ansagen gespielt, wobei sie bei der einen Fahrt, wo ich drin war, ziemlich leise waren.

Die Laufruhe ist das, was man sich von einem modernen Wagen mit Drehgestellen von Siemens erwartet, also sehr angenehm.

Der neueste Zugang ist nun der ARmz 85-91.4. Wer die Nomenklatur der Wagengattungen beherrscht, weiß bereits, was einen erwartet: Einen Wagen erster Klasse mit Bistro. Allerdings hat das Bistro selbst keine Sitzplätze. Sehr ähnlich zum Konzept, was die ČD bei den umgebauten Bistrowagen zunächst plante. Wobei man hier zumindest den Bistroteil ans Wagenende verschiebt. Im besten Fall vermeidet man also Durchgangsverkehr in der ersten Klasse. Es sei auch erwähnt, dass die MÁV derzeit kaum ein gastronomisches Angebot auf ihren Zügen aufweist. Die ECs Wien - Budapest haben zum Beispiel keinerlei Gastro. Und die werden immer noch als EC geführt.

Der wesentlich größere Teil gehört der ersten Klasse. Hier hat es beides: Großraum und Abteil. Gleichzeitig befinden sich auch Premiumabteile mit Komfortsitzen. Es handelt sich hierbei nämlich um eine Variation des Rocky Mountaineer des tschechischen Produzenten Borcad. Das Konzept erinnert frappierend an jenes der ÖBB-Railjets. Hier scheint die MÁV eine Komfortklasse zu etablieren.

Hab ich erwähnt, dass die Wagen so ziemlich alle Vorzüge des modernen Fernverkehrs haben und gegenüber westeuropäischen Wagen sich nicht verstecken müssen? Nun, das habe ich jetzt getan. Klar, die Wagen können "nur" 200 km/h. Im Gegenzug haben sie etwas, was scheinbar heutzutage eigentlich nicht mehr möglich zu erwerben ist: eine RIC-Zulassung. Jep, diese Neubauwagen haben eine gute alte RIC-Zulassung. Damit haben sie so ohne weiteres ein sehr weites mögliches Einsatzgebiet. Natürlich wäre es spannend, wie es sich bei den Steuerwagen verhalten wird. Aber auch so ist es ja schon nicht nichts.

Und dass die Wagen in Ungarn hergestellt werden von einer ungarischen Firma - etwas, was man in Deutschland auch so eher vor 30 Jahren sah - ist ja das Tüpfelchen auf dem i.

Also im Prinzip ein Konzept wie vor 30 Jahren, aber dennoch frisch und modern.

Was denkt ihr? Kann das Zukunft haben?

Und vor allem: Wie zum Henker haben die die RIC-Zulassung bekommen?

--
Reisehäppchen für zwischendurch gefällig?
[image]
(Bildquelle: ČD)


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum