Wilde Wüste, Wahnsinns-Wodka, Wunderlicher Winter: Kap. 1/4 (Reiseberichte)

Krümelmonster, München, Sonntag, 04.10.2020, 20:33 (vor 1272 Tagen)

Hallo liebes Forum,

ich mal wieder! :p

Diesmal schaffe ich es wohl wirklich, einen detaillierten Bahnreisebericht aus einem Land zu liefern, welches hier noch nie von einem anderen Teilnehmer portraitiert wurde! :p (ok, nach Bosnien vielleicht :D).

Ich war im letzten Jahr also mit Rennzügen in Marokko und mit Rennzügen in der Türkei unterwegs. Dann fragte ich mich, ob man das tatsächlich mit Rennzügen in einem noch exotischeren Land toppen kann. Googelte etwas…
Jau, kann man! Mit Rennzügen im Land des USB-Sticks!!!

Ich überlegte, wann ich Zeit habe. Eigentlich nur Silvester. Recherchierte. Das war nicht die allerbeste Reisezeit (die wäre eigentlich Frühjahr und Herbst), aber immer noch viel besser als im Sommer. Manchmal kann man im Winter sogar richtig Glück haben mit dem Wetter. Unser Ziel liegt in etwa auf der Höhe von Süditalien, die Tage im Winter sind also wesentlich länger als in Deutschland.
Ich recherchierte nach Sehenswürdigkeiten. Das klang echt interessant! Eine Begleitung fand ich auch noch in Form von Luxi. ;-)
(Jetzt mal Hand aufs Herz: Wer konnte bisher das Land erraten? :p)

Am schwierigsten war es, den Urlaub genehmigt zu bekommen, hatte ich doch schon in den letzten beiden Jahren die Tage direkt nach Silvester frei. Mitte September sagte mein Vorgesetzter, falls wir die letzte freie Stelle in unserem Team besetzten können, wäre es möglich. Und Ende September war eine Kollegin zum Probearbeiten bei mir, ich hatte also ein Wörtchen mitzureden. ;-) (Übrigens hat die Kollegin trotz Corona-Krise ihre Probezeit überstanden, es lag also nicht nur an mir :p).

Eingangs noch eine Warnung für die Hardcore-Bahnfans: Dieser Bericht und auch die folgenden Kapitel enthalten relativ wenig Bahn-Anteil, dafür umso mehr Fotos aus einem doch recht unbekannten Flecken Erde.

Eine Anreise über die komplette Strecke per Bahn hätte zwar schon irgendwie was, war aber rein schon aus Zeitgründen keine Überlegung Wert. Die Reise würde fünf Tage dauern, wenn man durch Weißrussland fährt. Letzteres kommt für mich bekanntlich nicht in Frage, also wären es sechs Tage – pro Richtung. Permanent durch Flachland. Nee...^^
Deshalb flogen wir. Da ich nicht sicher war, wie es sich mit dem Durchchecken vom Gepäck in Moskau verhält, wenn man zu Zielen der ehemaligen Sowjetunion weiterfliegt (die Seite von Aeroflot war da nicht eindeutig), suchten wir nach einer Alternative. Viel gibt es da nicht, eigentlich nur Turkish Airlines oder (naheliegend) die Staatsairline.^^ Letztere offerierte uns den Hinweg entweder via Riga (mit ganztägigem Aufenthalt dort) oder via Istanbul (mit kürzerer Umsteigezeit). Wir wählten die zweite Variante.

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1 Da trafen wir uns
Am 27. Dezember setzten wir uns also nachmittags in Tegel in den Türkenvogel. Ich hatte schon viele „letzte“ Flüge ab Tegel, doch ausgerechnet dieser war eigentlich nicht als Abschiedsflug geplant. :D Pünktlich erreichte der Türkenvogel die Dönerdrehscheibe, wo er stilecht ewig lange zum Gate rollte. Hier war es mangels Winterzeit schon zwei Stunde später als in Deutschland. Dreieinhalb Stunden Umsteigezeit hatten wir nun.
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2 Türkenvogel
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3 Anflug auf die Dönerdrehscheibe
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4 Krasse Sache
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5 – 6 Weihnachts-/Winterdeko
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7 Ich komme immer noch nicht darauf klar, dass die Leute in Bademänteln dort rumliefen :D
Zwar fliegt Turkish Airlines auch nach Usbekistan, aber da wir rückzu nonstop nach Deutschland fliegen wollten, mussten wir sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg auf der Langstrecke die Wüstenvögel von Uzbekistan Airways nutzen. Eigentlich sollte ein Dreamliner eingesetzt werden, doch es rollte eine äußerst alt und gebrechlich wirkende 767 ans Gate (allein der unterschiedliche Flugzeugtyp erhöhte den Kompensationsbetrag bei Atmosfair um 4 €, für die Flüge zahlte ich 40 € an das Portal). Eine kurze Recherche ergab allerdings, dass es diesen Wüstenvogel erst seit 2013 gab. Trotz seines jungen Alters wirkte der Vogel auch innen alles andere als neu.^^ Ebenso wie der Feeder nach Istanbul war auch dieser Flug fast voll, wir schienen die einzigen Nicht-Usbeken im Flieger zu sein.^^ Ich muss zugeben, wir waren durchaus überrascht, wir hätten uns die Usbeken schon äußerlich ganz anders vorgestellt. Ich hatte sie mir naiv vielleicht wie eine Mischung aus Russen und Türken gedacht, aber tatsächlich sahen sie aus wie Asiaten. Die usbekische Sprache ist mit dem Türkischen verwandt. Es heißt, dass sogar eine grundlegende Verständigung möglich ist, selbst wenn man die jeweils andere Sprache noch nie gehört hat. Wenn ich mir vorstelle, wie sich ein Usbeke und ein Türke in ihrer jeweiligen Sprache nur laut genug anschreien, halte ich das durchaus für plausibel. :D Den Klang der türkischen Sprache mag ich schon nicht allzu sehr, aber Usbekisch finde ich nochmal um Welten hässlicher.^^ Ich fand es definitiv hässlicher als alle mir bis dahin bekannten (v. a. europäischen) Sprachen. Im Vergleich zu Türkisch klingt Usbekisch viel weniger melodisch, dafür viel rauer und kehliger. Die Turksprachen funktionieren dadurch, dass sie unzählige Endungen an die Worte dranhängen (für Personen, Fall, Zeitform, Präpositionen usw.). Türkisch kennt eine Vokalharmonie, was den bekannten Effekt hat, dass, wenn die Endsilbe eines Wortstamms ein ü beinhaltet, die Endungen dann auch fast alle mit ü sind.^^ Auf Usbekisch gibt es so etwas nicht mehr: Usbekisch hängt also immer die gleichen hässlich klingenden und dann auch noch unveränderlichen Endungen an die Worte dran und betont (anders als Türkisch) zu allem Überfluss auch noch stets die letzte Silbe – es klingt also nicht nur hässlich, sondern rau unmelodisch monoton hässlich. :D Außerdem gibt es im Usbekischen kein Ü.^^ Die Ansagen im Wüstenvogel waren immer dreisprachig (UZ, RU, EN), nur eine der Stewardessen redete konsequent mit allen Russisch, auch wenn die Passagiere auf Usbekisch (oder in unserem Fall auf Englisch) antworteten. :D Sie war blond, konnte damit also keine ethnische Usbekin sein.^^ Mit einer Dreiviertelstunde Verspätung starteten wir kurz vor halb zwölf abends Richtung Osten; Taschkent liegt fast exakt auf demselben Breitengrad wie Istanbul. Auf dem Flug über Nacht waren die Uhren um weitere zwei Stunden vorzustellen. Ob der kurzen Flugzeit (planmäßig viereinhalb Stunden ab Istanbul, tatsächlich knapp unter vier) und der ab Deutschland vierstündigen Zeitverschiebung beschloss ich, in dieser „Nacht“ gar nicht zu versuchen zu schlafen, im Flugzeugsitz eingezwängt kann ich das eh nicht gut…
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8 Wüstenvogel
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9 Toller Fensterplatz -.-
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10 Den Mauszeiger kenne ich doch: von Windows XP!^^
Fast alle internationalen Flüge aus Richtung Westen nach Taschkent landen zwischen zwei Uhr und sieben Uhr (AM) Ortszeit, so auch unserer: 5:18 Uhr Ortszeit (1:18 Uhr in Deutschland) schlug der gebrechliche, altersschwache Wüstenvogel der Gattung 767 pünktlich in die löchrige Buckelpiste von Taschkent ein. 5:25 Uhr erreichte er die Parkposition, Busse standen schon bereit. Nach zehn Minuten war das Deboarding beendet. Wir stellten uns für die Passkontrolle an. Erst weniger als ein Jahr zuvor hatte Usbekistan Deutschen die visafreie Einreise ermöglicht. Der Beamte musterte unsere Pässe genau und prüfte auch mit Lupe, stellte aber überhaupt keine Fragen, wollte auch keinerlei Bestätigung einer Hotelreservierung oder Bestätigung eines Rückflugs sehen. 5:50 Uhr klebten die Stempel in unseren Pässen. Wir gingen zum Kofferband. Irgendwann kamen die ersten Koffer. Aber nicht viele… Erst nach halb sieben, 70 min nach der Ankunft an der Parkposition lagen unsere Koffer auf dem Band! Wir wechselten etwas Geld, kauften eine SIM-Karte und bestellten ein Taxi. (Ich dachte ja, dass man bei offizieller Bestellung des Taxis auch offizielle Preise zahlen würde, doch stattdessen zahlte man aber bei Bestellung an der Touristeninformation eben Touristen-Preise.^^) Vor dem Ausgang fiel dem Zoll auf, dass er gern noch meinen Koffer kontrollieren möchte (was hatten die die 70 min lang gemacht!?^^). Der Koffer wurde einmal durch das Röntgen-Viech gezogen & einmal flüchtig geöffnet=kontrolliert, check! Englisch sprach glaube ich niemand der Zöllner.^^ 7 Uhr verließen wir endlich das Flughafengebäude. Das Gepäckband war ja immer noch zu sehen: Bestimmt die Hälfte der Passagiere unseres Fluges stand noch dort und wartete immer noch auf ihr Gepäck…
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11 Toshkent Xalqaro Aeroporti

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)


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