Bilanz D-Pass (Allgemeines Forum)

Tommyboy, OWL, Freitag, 04.09.2009, 23:41 (vor 5350 Tagen)

Hallo,

leider ist nun die schöne Zeit mit dem D-Pass vorbei und ich habe mal nachgerechnet, was ein eisenbahnliebender Student mit dem Teil in den Semesterferien alles abfahren hat.
Start und Ziel waren meist Bielefeld oder Hamm/Westf., von dort führten Tagesausflüge nach Hamburg-Lübeck, Bremen, Berlin (auch längerer Aufenthalt, von dort auch Fahrten), Leipzig, Frankfurt/Flughafen und Zentrum, Marburg, Aachen, Göttingen und Heidelberg. Teils wegen der Städte, teils um Freunde und Bekannte zu besuchen, teils auch wegen der Züge und Strecken. Hinzu kommen "kleinere" Abstecher, mal nach Köln oder eben mal auf ein Eis mit einer Freundin nach Hannover. :-)

Die meisten Strecken wurden schon im FV abgefahren, allerdings hat mir der D-Pass auch die Möglichkeit gegeben, mal gewisse ungewöhnliche(re) Strecken zu fahren. Z.B. von Frankfurt mal über Limburg und Bad Ems und Koblenz wieder heim statt über die Rennbahn. Oder von Kassel nach Frankfurt über Marburg/Gießen. Oder von Göttingen über Eschwege nach Bebra (Ex-Nord-Süd-Strecke) und dann nach Hamm. Oder mal aus Spaß an der Freude mit der Ostdeutschen Eisenbahn von Lichtenberg nach Werneuchen. Nicht, dass es besonders sehenswert wäre, aber es war eine interessante Fahrt über eine Ex-Reichsbahn-Nebenstrecke.

Der einzige wirkliche Kritikpunkt am D-Pass ist, wie ich finde, dass er nicht die City-Funktion beinhaltet. Zwar kann man in vielen Großstädten auch mit der S-Bahn vorwärtskommen, aber deren Haltabstände sind doch eher groß und gewisse Bereiche werden dann nur von der U-Bahn oder dem Bus oder der Straßenbahn/Metrotram bedient, was Zusatzkosten verursacht.

Einigermaßen genau nachgerechnet bin ich auf 8872 km in den 31 Tagen im August gekommen, hinzu könnte man vllt. noch die eine oder andere S-Bahnfahrt rechnen, sodass rd. 9000 km realistisch sind.

Bei einem Preis von 249 Euro und voraussichtlich rd. 60 Euro an Erstattung durch Verspätungsgutscheine komme ich auf einen Preis von 2,10 Euro pro 100 km, was absolut gesehen günstig erscheint. Allerdings hätte ich die meisten dieser Fahrten ohne den Pass auch nicht unternommen bzw. wäre mit dem NRW-Semesterticket gefahren, sodass sich das wieder relativiert. Aber es ist schon ein gutes Gefühl, in Hamm in den Kölner ICE einsteigen zu können und nicht mit dem abgenutzten, krückeligen, muffigen und oft sehr vollen RE 7 Dosto-Zug Vorlieb nehmen zu müssen. :-)

Insgesamt halte ich das Bahnsystem für sehr leistungsfähig, die Umstiege klappten meist gut, obgleich manchmal dann doch der Wurm drin ist und man an einem Tag gleich 2 Stunden verliert. Als besonders tückisch hat sich bei mir übrigens Hagen Hbf erwiesen: da wartet man auf den Zug und stellt fest, dass er gerade am anderen Ende des Bahnsteigs abgefahren ist. Dieses System der Doppelbahnsteige verstehe ich einfach nicht....

Und auch über die Mitreisenden und damit über die Gesellschaft lernt man einiges, wenn man mit offenen Ohren und Augen Zug fährt: da gibt es die Leute, die durch den ganzen Zug rennen, um ihre reservierten Plätze zu finden, obwohl fast alles frei ist, bestenfalls noch allen herumsitzenden Reisenden erzählen, wie anstrengend Zugfahren sei und dass man der Bahn doch nicht trauen könne. Oder Leute, die einen anschauen, als müsse man sofort tot umfallen, nur weil man fragt, ob der Platz dort noch frei sei. Allerdings traf ich auch Leute, die sehr gesprächig waren: einer setzte sich neben mich und hatte einen Fahrschein nach Novosibirsk und erzählte von den Fahrten dorthin und von Russland, ein anderer von seinen Reisen nach Australien. Dann gibt es Leute, die mal eben hier einen von den teuren Bahn-Kaffees kaufen und dort ein paar Knabbereien und andere, die dann durch den Zug streifen und liegengebliebene Pfandflaschen auflesen. Besonders auf dem Stück Essen-Dortmund entern teils mehrere Pfandpiraten den ICE.:-)

Zum Personal würde ich festhalten, dass die "Kundenorientierung" doch sehr unterschiedlich ist. Beispiel Servicepoint: mit dem habe ich wegen der Erstattungsformulare reichlich Bekanntschaft gemacht und da war Personal dabei von dem ich mir einmal sagen lassen musste, dass ich versuche, die Bahn zu betrügen, ein anderer hat mir die Bestätigungsmarke auf ein praktisch blanko-Formblatt geklebt. Auch das Zugbegleitpersonal war sehr unterschiedlich: mal freundlich beschwingt, mal muffig und pingelig. Einer wollte mal den Führerschein nicht als ID anerkennen: "das auf dem Bild sollen Sie sein?" Na klar. Letztlich hat ers dann doch akzeptiert. Auffällig ist auch, dass sich das Zub mit konkreten Zusagen zu Anschlüssen oder dgl. sehr bedeckt hält: "Müssen wir mal schauen / sage ich dann noch / steht noch nicht fest...."
Und auch, was vielleicht ein unterschwelliger Kritikpunkt ist: dass sich das DB Personal, weder im RZ noch im Zug für eigene Fehler praktisch nie entschuldigt. Stellt sich heraus, dass der Kunde zu unrecht verdächtigt wurde bzw. die Auskunft falsch war dann war's eben so, hat das Personal Recht, wird ein großes Fass aufgemacht (FK falsch, abgelaufen, BC fehlt etc.)

Symptomatisch auch dieser Dialog:
Zub pickt sich eine Reisende aus: "Sind Sie noch zugestiegen?"
R: "Ähm, also, Ihre Kollegin hat doch schon..."
Zub: "Also nicht?"
R: "Nein"
Zub: "Na also."

Ein zuvorkommender Zub und gut geschulter Zub würde die Unterredung so nicht führen, das kam rüber wie ein Verhör.

Na, insgesamt ist aber alles recht gut gelaufen, es wäre schön, wenn es so eine Karte dauernd gäbe... :-)

Gruß,
Tommyboy

--
Um die Sicherheit in den Zügen und in den Bahnhöfen zu gewährleisten, sind in Gruppen reisende Fußballfans –falls bekannt –unbedingt an das für Ihren Bereich zuständige Regionalbüro Konzernsicherheit zu melden. (Auszug aus dem VKL)


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