Vorletzte Fahrt zwischen Berga-Kelbra und Stolberg (Reiseberichte)

Sören Heise, Region Hannover, Freitag, 16.12.2011, 11:35 (vor 5123 Tagen)

Wir setzen unsere Reise fort.


In Berga-Kelbra wartet der Zug auf die Abfahrt nach Stolberg (Harz). Am 10. Dezember war 642 169 der Elbe-Saale-Bahn für den Dienst eingeteilt. Am Morgen aus Magdeburg nach Stolberg, drei Pendelfahrten zwischen Stolberg und Berga-Kelbra und 16:48 aus Stolberg nach Magdeburg. Zum letzten Mal.


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14:12 fährt der vorletzte Zug nach Stolberg, Zeit für ein paar Bilder.
Bahnsteig 5 ist als einziger modernisiert und als einziger ohne Personenzüge.


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Hoch über dem Bahnhof das Kyffhäuser-Denkmal.


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Der Bahnsteig der Hauptstrecke, Blick Richtung Halle. Es wird aufgefordert, mit Ja zu stimmen. Ich weiß zwar nicht, wofür, aber die Zustimmung dürfte bei etwa 100 % gelegen haben.


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Der Heimat- und Geschichtsverein spendierte Erinnerungsschilder.


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Das Schild im Frontfenster.

Wie zwischen Gotha und Gräfenroda waren Eisenbahnfreunde und Einheimische im Zug unterwegs und einige Autoverfolger. Auch einige "normale" Reisende waren unterwegs.


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Anfangs geht es durch die Goldene Aue, fruchtbare Böden säumen die Strecke.


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Nach dem Haltepunkt kommt Rottleberode Süd. Der einzige Bahnhof, den es auf der Nebenbahn noch gibt. Hier zweigt die Anschlußbahn zur Firma Knauf ab, die einen regelmäßigen Verkehr mit Ganzzügen sieht und den Fortbestand des ersten Teils der Strecke sichert.


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Rottleberode.
Bei der Eröffnung am 1. Juni 1890 war Rottleberode der Endbahnhof. Damals hieß er Rottleberode-Stolberg. In Stolberg residierten die Gragen von Stolberg-Wernigerode und die Stadt wurde ein beliebtes Ziel von Touristen (berühmt ist das treppenlose Rathaus). 1914 begann der Bau bis Stolberg, erst am 1. März 1923 fuhr der erste Zug.
Die letzten personenzüge fuhren am 27. November 1995, die Viadukte zwischen Rottleberode und Stolberg waren sanierungsbedürftig. Erst 2001 fuhren, nachdem die Strecke modernisiert worden war, wieder Züge in die Harzstadt. Im Dezember 2007 endete der tägliche Verkehr, nur noch am Wochenende rollten die Personenzüge.


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Der Prellbock in Stolberg (Harz).


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Ein Blick von oben.


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Das schon länger nicht mehr genutzte Empfangsgebäude von der Straßenseite.


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Blick in die Stadt, der Bahnhof liegt am südlichen Ende.


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Eines der Viadukte.


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Blick talwärts vom letzten Bahnübergang.


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Der Zug am Bahnsteig, links der alte Bahnsteig des zweiten Gleises.


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Der "Busbahnhof" vor dem Bahnhof.

Auf der Rückfahrt begann es zu dämmern. Nach einem kurzen Aufenthalt ging es zurück nach Stolberg.


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Angekommen aus Stolberg. Die meisten Fahrgäste waren Einheimische, die ein letztes Mal mitfuhren.


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RB 34954, die letzte Fahrt von Berga-Kelbra nach Stolberg, wird entsprechend gewürdigt.


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Die Ausfahrt steht.


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Die Abfahrtszeit ist erreicht. Wohl zum letzten Mal verläßt ein planmäßiger Personenzug Berga-Kelbra zur Fahrt nach Stolberg. Ein letzter Gruß, ein Gruß zurück - danke! Mit lauten Pfeifen geht es gen Harz.


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Nun steht das Ausfahrsignal für den Reiseverkehr auf dieser Strecke auf Halt.


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Um 16:04 Uhr wartet ein einzelner Fahrgast auf den Zug nach Kassel-Wilhelmshöhe, der ihn nach Nordhausen bringen soll.

Viele Grüße, Sören

--
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Vorletzte Fahrt zwischen Berga-Kelbra und Stolberg

Sputnik, Overath, Freitag, 16.12.2011, 11:57 (vor 5123 Tagen) @ Sören Heise
bearbeitet von Sputnik, Freitag, 16.12.2011, 11:57

Um 16:04 Uhr wartet ein einzelner Fahrgast auf den Zug nach Kassel-Wilhelmshöhe, der ihn nach Nordhausen bringen soll.

Eigentlich könnte der RE 9 nach Kassel beschleunigt werden und in Berga-Kelbra durchfahren. Der Nordhäuser RE 9 und die Verstärker in der Woche reichen völlig aus.

Danke für die Bilder, auch wenn sie traurig stimmen.... (owT

GUM, Freitag, 16.12.2011, 12:23 (vor 5123 Tagen) @ Sören Heise

nix

Traurige Bilder...

RhBDirk, Freitag, 16.12.2011, 12:54 (vor 5123 Tagen) @ GUM

... wenn man diese betrachtet. Danke dafür.

Es scheint ja so, als seien die Bahnhöfe bzw Haltepunkte (naja Bahnsteige) beinahe alle in den letzten Jahren erst mit (mehr oder weniger) viel Geld in Stand gesetzt worden.

Traurig.

Traurige Bilder...

ICE 2, Freitag, 16.12.2011, 15:12 (vor 5123 Tagen) @ RhBDirk

Die Strecke ist in einen mustergültigen Zustand! Die Bahnsteige sind alle erneuert worden, ebenso auch auf der Strecke Magdeburg-Loburg.
In Soltau hat man im Zuge der Ausbaumaßnahmen die Bahnsteige nur ausgebessert! Auch andere Nebenstrecken warten schon lange auf Bahnsteigerneuerungen....
Trotzdem, schade um die Strecken! 2013 folgt wohl leider Neustrelitz-Mirow, auch so eine wunderbare Strecke in einer einsamen Gegend :(

Traurige Bilder...

Burkhard, Freitag, 16.12.2011, 15:21 (vor 5123 Tagen) @ RhBDirk

Es scheint ja so, als seien die Bahnhöfe bzw Haltepunkte (naja Bahnsteige) beinahe alle in den letzten Jahren erst mit (mehr oder weniger) viel Geld in Stand gesetzt worden.

In der Tat ist sowas ärgerlich... Aber wie auch immer man es macht, ist es falsch :)

Saniert man die Strecke NICHT, und legt dann still, hat man ihr erst gar keine Chance gegeben.
Saniert man die Strecke und legt dann still, hat man Geld zum Fenster rausgeschmissen.

Sören - Danke für die Bilder + Kommentar

611003 3, Freitag, 16.12.2011, 19:46 (vor 5123 Tagen) @ Sören Heise

Servus,

ein Danke für deinen Trauerbericht soll ergehen, die Bilder sind einmalig, auch wenn es sich niemand wünscht.
Es folgt wieder etwas "allgemeines".

So ganz nachvollziehen kann ich es wohl nie. Von allen Seiten wird einige Male im Jahr angeprangert, dass zu viel CO2 in der Luft ist, dass die Mobilität im ländlichen Raum (und damit dessen Attraktivität) gesteigert werden müsse et cetera. Diese Unkenrufe kennt man ja. Da sagt es mir überhaupt nicht ein, dass hierzulande noch Eisenbahnstrecken stillgelegt werden. Denn meist fährt die Bahn un diesen Gegenden zu absoluten Unzeiten oder Anschlüsse werden nie ohne langes Herumwarten an gerne sehr einsamen Stationen erreicht. Das ist der landläufige Charakter der Bahn - diese Meinung drücken mir zumindest einige Bekannte aus. Es ist nicht zielführend, wenn ich als Bahnbetreiber die größten und profitabelsten Strecken zwar gut fahre, aber am Rest der Bevölkerung vorbeifahre ("Da fährt kein ICE hin? - Hilfe, wie komme ich da hin? - TAXI!"). Die Herren in Berlin sollten da was überdenken: Anstatt dass sich die Regierung Geld aus der Bahn zieht oder selbige Milliarden an allen Ecken der Welt deponiert oder ausgibt, soll doch bitte die Aufgabe einer Bahn - also das Fahren von Zügen- wieder in den Mittelpunkt rücken. Sicher, in der "modernen Welt" muss man schauen, wo man bleibt, aber die Hauptaktivität der DB hat im deutschen Raum stattzufinden. Nicht quer über den Globus.
Zum schlechten Marketing habe ich ein (wenn auch nicht ganz passendes) Beispiel: Die Kursbuchstrecke 754. Nach jahrelangem Tiefschlaf wurde die Bahn zwischen Altshausen und Pfullendorf für den Sonntagsverkehr wieder aktiviert. Die Züge fahren meist mit einer Fahrgastzahl unter 30. Woran mag das liegen? Ich finde kaum Informationen. Da die Strecke mit dem hiesigen Verbund wiederbelebt wurde, ist da auch dieser gefordert. Aber meinst du, ich finde auch nur irgendwo an einer Haltestelle abseits der Fahrtstrecke einen HINWEIS, dass der Zug fährt? Denkste! Und an den Haltestellen der KBS 754 (Ostrach & Pfullendorf) ist der Fahrplan in eine Klarsichthülle gesteckt und der Witterung ausgesetzt worden. Das konnte auch kein Mensch mehr lesen.

Wieder einer meiner Verallgemeinerungs-Wutbeiträgen, oder? So dem so sei, entschuldige ich mich.

Sammelantwort

Sören Heise, Region Hannover, Samstag, 17.12.2011, 12:24 (vor 5122 Tagen) @ 611003 3

Moin!

Danke für die Kommentare!

@Sputnik: Im aktuellen Fahrplan bietet der Bus in Berga-Kelbra Anschluß an den Kasseler RE. Für Fernreisende die bessere Wahl als umzusteigen. Entsprechende Anschlüsse in Nordhausen wären zumindest am Wochenende unterirdisch.
@Dirk: Ja, die Bahnsteige sind modernisiert, wie ICE 2 schreibt. Der in Uftrungen allerdings nicht (das Bild ist nicht vorzeigbar).
@ICE2: Nicht nur Nebenstrecken warten auf Modernisierung der Bahnsteige.
Mustergültiger Zustand? Das Gleis war in Ordnung, aber jedes Auto auf der parallelen Straße ist schneller. Der Zug benötigte zuletzt mindestens 22 Minuten bei zwei Halten, der Bus braucht 27 bei elf Haltestellen, obwohl er zweimal die durchgehende Straße verläßt.
@Burkhard: Manche Strecken erfüllen auch mit Modernisierung nicht die in sie gesetzten Erwartungen. Das ist eine gute Überleitung zu
@611 003: Natürlich ist es schade, wenn Bahnstrecken stillgelegt werden. Aber seien wir doch ehrlich: Man kann nicht jede Bahnstrecke erhalten.

Gerade Sachsen-Anhalt hat lange Jahre versucht, flächendeckend Eisenbahnverkehr anzubieten. Aber mit einem Zweistundentakt kann man kaum ausreichend Fahrgäste anlocken, speziell wenn die Stationen außerhalb der Orte liegen, die Strecke nicht den Reisewegen entlang verläuft, die Strecke aufgrund schlechten Unterhalts eine Sammlung von Langsamfahrstellen ist. Oder auch, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen. Mit der Zeit hat auch der Autobesitz zugenommen, so daß viele potentielle Fahrgäste der Schiene (und dem ÖPNV) verlorengegangen sind. Wenn man dann bei einem Zweistundentakt von einer zweistelligen Zahl an Reisenden liest (pro Tag!), da kann ich die Abbestellung der Leistungen nachvollziehen. Es ist dann einfach sinnvoller, für die wenigen, die wirklich auf den ÖPNV angewiesen sind, einen Rufbus fahren zu lassen statt des Zuges.

Mit den Schienenbussen hatte man ein zwar nicht gerade komfortables, aber geeignetes Fahrzeug für solche schwach belasteten Strecken. Heutzutage hat man Desiro & Co., die mit 120 Sitzplätzen hoffnungslos überdimensioniert sind, einige Einteile, die mit 80 Sitzplätzen auch immer noch zu groß sind.

Denn meist fährt die Bahn un diesen Gegenden zu absoluten Unzeiten oder Anschlüsse werden nie ohne langes Herumwarten an gerne sehr einsamen Stationen erreicht. Das ist der landläufige Charakter der Bahn - diese Meinung drücken mir zumindest einige Bekannte aus.

Andererseits würden sie über zu knappe Anschlüsse meckern, wenn der Zug bei Verspätung nicht warten kann. Persönlich nutze ich ungerne längere Verbindungen mit knappen Anschlüssen, im Fernverkehr erst recht.

Sicher, in der "modernen Welt" muss man schauen, wo man bleibt, aber die Hauptaktivität der DB hat im deutschen Raum stattzufinden. Nicht quer über den Globus.

Es ist lediglich der Fernverkehr (ICE, IC/EC, D), den die DB eigenwirtschaftlich fährt. Alles andere wird seit 1994 von den Aufgabenträgern bestellt. Problematisch wird es, wenn die Infrastruktur angängig ist und eine Modernisierung von einer langfristigen Bestellgarantie abhängig gemacht wird, die aber nicht gegeben werden kann, weil die Strecke fahrgastzahlenmäßig am oder unter dem gesetzten Limit liegt.
Hier denkt DB Netz zu wirtschaftlich, auf der anderen Hand würde (Burkhard sagt es) protestiert, wenn die modernisierte Strecke eingestellt wird, weil auch die schnellere Geschwindigkeit keine Reisenden anlockt.

Hier in Niedersachsen gibt es eine einzige Strecke, die nur saisonalen Ausflugsverkehr aufweist (keine Museumsbahn!), nämlich den Moorexpress Bremen - Bremervörde - Stade. Er ist in der Region bekannt, wird aktiv beworben und ist gut bis sehr gut genutzt. Und das trotz Sondertarif.
Die Strecke Altshausen - Pfullendorf kenne ich nicht. Eine Ferndiagnose ist unmöglich. Um ein solches Zugangebot erfolgreich zu gestalten, braucht man meiner Meinung nach vor allem Werbung. Werbung, die die Bevölkerung der Umgebung anspricht. Werbung, die die Touristen anspricht. Nicht nur die Zugfahrt, sondern attraktive Angebote umzu, vielleicht besondere Sehenswürdigkeiten (die man nicht so einfach schaffen kann, sondern schon da sein sollen, wie z.B. in Maulbronn). Es gibt sicherlich noch unzählige andere Faktoren, die einen Ausflugsverkehr zur Erfolgsgeschichte machen. Eine gewisse Zeit sollte man auch rechnen, um den Verkehr überhaupt erst bekanntzumachen.

Wieder einer meiner Verallgemeinerungs-Wutbeiträgen, oder? So dem so sei, entschuldige ich mich.

Ich denke nicht. Wir sind zwar nicht ganz einer Meinung, aber dazu ist ein Forum ja da. ;-)


Viele Grüße, Sören

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Verstehen Sie Bahnhof!
Europa: Linkliste Fahrplantabellen und mehr

Sammelantwort

Ösi, Samstag, 17.12.2011, 12:39 (vor 5122 Tagen) @ Sören Heise

Mit den Schienenbussen hatte man ein zwar nicht gerade komfortables, aber geeignetes Fahrzeug für solche schwach belasteten Strecken. Heutzutage hat man Desiro & Co., die mit 120 Sitzplätzen hoffnungslos überdimensioniert sind, einige Einteile, die mit 80 Sitzplätzen auch immer noch zu groß sind.

Es gibt aber auch die BR 672 mit 60 Sitzplätzen.

Sammelantwort

Fabian318, Münster i. W., Samstag, 17.12.2011, 13:18 (vor 5122 Tagen) @ Ösi
bearbeitet von Fabian318, Samstag, 17.12.2011, 13:19

Mit den Schienenbussen hatte man ein zwar nicht gerade komfortables, aber geeignetes Fahrzeug für solche schwach belasteten Strecken. Heutzutage hat man Desiro & Co., die mit 120 Sitzplätzen hoffnungslos überdimensioniert sind, einige Einteile, die mit 80 Sitzplätzen auch immer noch zu groß sind.


Es gibt aber auch die BR 672 mit 60 Sitzplätzen.

Ich glaube kaum, dass sich eine schwach ausgelastete Strecke rechnet, ob dort nun ein Fahrzeug mit 30 oder mit 80 Sitzplätzen eingesetzt wird. Die wirklichen Kostentreiber stecken wohl anderswo.

Im Übrigen eine sehr nette Reportage (wie auch die andere), sowas müsste ich mir die kommenden Jahre eigentlich auch mal vornehmen.

Sammelantwort

Ösi, Samstag, 17.12.2011, 14:06 (vor 5122 Tagen) @ Fabian318

Ich glaube kaum, dass sich eine schwach ausgelastete Strecke rechnet, ob dort nun ein Fahrzeug mit 30 oder mit 80 Sitzplätzen eingesetzt wird. Die wirklichen Kostentreiber stecken wohl anderswo.

Das stimmt. Ich frage mich, wie viel man durch einen Betrieb nach StrabVO sparen könnte.

Danke!

Matze86, München, Freitag, 16.12.2011, 21:14 (vor 5123 Tagen) @ Sören Heise

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