[HR][SI] Wenn die einen nicht wollen… 4/6 (42 B.~14 MB) (Reiseberichte)

Pfälzer, Samstag, 02.09.2023, 07:50 (vor 239 Tagen)

Tag 4: Istrien

(Hier klicken zum vorherigen Teil).
(Hier geht es zum Beginn der Berichtsreihe).

Herzlich Willkommen zur zweiten Halbzeit meiner Berichtsreihe über meine diesjährige Frühjahresreise nach Kroatien und zurück. Mit dem neuen Berichtstag beginnt eine neue Woche und zwar, wie gehabt, trüb aber friedlich. Also zumindest da, wo ich mich zu diesem Zeitpunkt aufhalte. In der Heimat ist nämlich der Tag des lange angekündigten „Mega-Streiks“ von ver.di und EVG gekommen. Im Zugverkehr geht im ganzen Land fast nichts mehr und auch bei den meisten öffentlichen Verkehrsbetrieben steht der Verkehr still. Gut, dass ich dieses Chaos heute, wie heißt es so schön, „großräumig umfahren“ kann ;)

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4-1 Die Sonne geht langsam auf über Rijeka

Heute beginnt der dreitägige Rückweg meiner Reise nach Kroatien. Gemessen an der zurückgelegten Strecke ist von Heimfahrt aber noch wirklich viel zu spüren. Gerade einmal 60 Luftlinien-Kilometer trennen den Start- und Endpunkt des heutigen Reisetages voneinander. Trotzdem wird aus der kurzen Strecke eine Tagestour, u. a. wegen eines Umwegs über die Halbinsel Istrien. Der ist auch "nötig", um den Bezug zum Forum zu wahren, denn bis auf eine Etappe mit der Bahn werden wir heute ausschließlich auf der Straße unterwegs sein. Damit sei an dieser Stelle schon einmal gewarnt: Der heutige Reisetag wird größtenteils Off-Topic. Die "große" Fernbahn erreichen wir erst wieder am nächsten Tag in Italien.

Nichtsdestotrotz, der Tag beginnt mit einem Aufstieg auf die Anhöhe von Trsat.

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4-2 Unweit meines Hotels schlängelt sich die Bahnstrecke nach Zagreb durch das städtische Terrain (der Fotostandort liegt hier übrigens legal auf einem öffentlich zugänglichen Podest)

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4-3 Rijeka werde ich definitiv als "Stadt der tausend Treppen" in Erinnerung behalten

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4-4 Nach etlichen (hundert) Stufen thront ganz oben die Burg von Trsat über der Stadt

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4-5 Auf der einen Seite bietet der Berg Aussicht auf die Straßenbrücke einer Schnellstraße,...

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4-6 ...auf der anderen sieht es deutlich schöner aus :)

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4-7 Wieder unten (welch Wunder, der Abstieg hat nur einen Bruchteil der Zeit des Aufstiegs gedauert ;) stehen wir im Tal des Fluss Rjecina

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4-8 Kathedrale

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4-9 (Jacht-)Hafen

Nach dem Frühsport kann die Reise losgehen. Dabei reisen wir nun typisch kroatisch, also mit dem Reisebus! Zu gemütlicher Zeit um 10:15 erwartet mich die DB! Ja, richtig, auch hier im nicht ganz fernen Kroatien hat die DB ihre Hände im Spiel, denn im regionalen Fernverkehr dominiert Arriva das Busgeschäft.

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4-10 Wichtigster Verkehrsknoten im öffentlichen Verkehr der Stadt: Der Busbahnhof

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4-11 + 4-12 Fernbusse (groß und klein)

Mein Bus kommt einige Minuten vor Plan aus Zagreb an und fährt pünktlich in Richtung Pula auf der Halbinsel Istrien weiter. Auch in diesem Bus erfolgt eine kurze Fahrkartenkontrolle vor der Abfahrt. Da der Bus aber insgesamt mit nur ca. 15 Leuten besetzt ist, geht das sehr zügig. Alles andere als schnell wiederum geht die Fahrt voran. Wir folgen über 45 Kilometer einer engen Küstenstraße mit vielen Ortsdurchfahrten und scharfen Kurven. Unterwegs machen wir zudem in einigen Ferienorten Station. Aus diesem Grund brauchen wir für die 45 Kilometer über eine Stunde.

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4-13 + 4-14 Der Bus fährt zunächst an der Küste entlang durch Touristenorte und später durch weniger besiedelte Gebiete

Erst als sich die Straße nahe der Ortsgemeinde Plomin landeinwärts wendet, wird die Trassierung besser und die Geschwindigkeit endlich höher.

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4-15 Die Straße wendet sich ins Hinterland Istriens, hier am Kraftwerk von Plomin

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4-16 5 Minuten Pause am Zwischenhalt in Labin

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4-17 Unterwegs halten wir in einigen kleineren Gemeinden, so wie hier in diesem Hinterhof

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4-18 Nach 2 Stunden und 25 Minuten ist der Busbahnhof von Pula erreicht

Pula ist die südlichste Stadt Istriens und gleichzeitig Endpunkt der Istrianerbahn. Von hier aus fahren Nahverkehrszüge nach Norden durch das Hinterland der Halbinsel. Wir werden später einen dieser Züge nutzen. Vorher vertreiben wir uns noch die Umsteigezeit in Pula.

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4-19 Ja das ist genau das wonach es aussieht... (wer es nicht erkennt: keine Sorge, das willst du auch nicht!)

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4-20 + 4-21 Spuren der Antike

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4-22 Kastell

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4-23 Ausblick auf Stadt und Hafen. Der Bahnhof befindet sich hinten in der Bildmitte, in etwa dort, wo das Wasser rechter Seite auf Land trifft ;)

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4-24 Und schließlich das Wahrzeichen von Rom (ähm, Pula natürlich): Das Amphitheater!

Kommen wir nun endlich auch an diesem Tage zur Bahn :) Der Bahnhof von Pula liegt im Vergleich zum Busbahnhof etwas abgelegen, bietet aber ob des geringen Verkehrs einen Fahrkartenschalter und eine Bahnhofstoilette. Letztere wird an diesem Tag gerade frisch gereinigt und mir von der Reinigungskraft freundlicherweise geöffnet. Das übertrifft den Komfort des stählernen "Etwas" aus Bild 4-19 doch deutlich ;)

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4-25 Bahnhof von Pula, südlicher Endpunkt der Istrianerbahn

Erwartet hätte ich als Fahrzeug für meinen Zug nach Buzet einen der alten, abgeranzten und mit Graffiti "verschönerten" Triebwagen der Baureihe 7122. Tatsächlich aber staune ich nicht schlecht, als ich auf der Gleisseite mein Gefährt vorfinde.

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4-26 Dieser top-moderne Dieseltriebwagen der Baureihe 7023 bildet den Regionalzug nach Buzet

Der dreiteilige Triebwagen ist top ausgestattet mit barrierefreiem WC, W-LAN, Klimaanlage und Steckdosen - kurzum allem, was man in einem zeitgemäßen Neufahrzeug erwarten würde :) Die bereitgestellte Beförderungskapazität wird auf dieser Leistung auch benötigt, denn je näher die Abfahrtszeit heran rückt, umso mehr Schüler erreichen den Bahnhof zur Heimfahrt mit dem Zug. Am Ende ist der Zug bei Abfahrt zu ca. 75 % besetzt. Das ändert sich im Laufe der Fahrt nur allmählich. Nicht wenige der anwesenden Schüler verweilen eine Stunde und länger im Zug. Mein Gegenüber im Vierer verlässt den Zug z. B. um 15:39 am Haltepunkt Heki Tovariste, nachdem seine Schulglocke bereits gegen 14:15 den Feierabend eingeläutet hatte.

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4-27 Unterwegs war ich zunächst über die große Menge an geparkten Autos nahe der meist ortsfernen Haltepunkte verwundet, aber spätestens hier in Zminj ergibt sich ein schlüssiges Bild: Das sind alles keine P+R-Pendler, sondern Taxi Mama, welche die Kinder vom Zug abholen

Pünktlich und abschnittsweise mit bis 80 km/h auch recht flott sind wir unterwegs. Bis zum Kreuzungshalt in Pazin! Dort soll uns um 15:50 der Gegenzug nach Pula kreuzen. Soll, denn er kommt nicht und wir stehen erstmal. Bei 14 Minuten Umsteigezeit in Buzet zur letzten und einzigen Reisemöglichkeit weiter nach Divaca in Slowenien an diesem Tag ist das eine unbefriedigende Situation. Aber, der landesüblichen Mentalität entsprechend, bin ich trotz der Umstände ganz entspannt und hoffe innerlich, dass der Anschluss abgewartet wird. Nach 20 Minuten kommt mit dem Gegenzug auch schließlich die Erlösung.

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4-28 Der Gegenzug besteht aus einem der besagten älteren einteiligen Triebwagen

Mit +20 setzten wir unsere Fahrt fort. Bis Lupoglav kann die Verspätung dank eines kleinen Fahrzeitpuffers auf +17 reduziert werden. Dort wartet der Anschluss-Bus nach Rijeka auf Umsteiger, der eigentlich schon seit rund 5 Minuten hätte weg sein sollen. Die großzügig kalkulierte Haltezeit von 11 Minuten in Lupoglav wird ebenfalls nicht ausgeschöpft, sodass es direkt mit nur noch +7 weiter geht. Dabei bleibt es bis zur Endstation Buzet auch.

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4-29 Dunkle Wolken ziehen auf - zum Glück sitze ich im Zug ;)

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4-30 Wie hier in Lupoglav sind alle Bahnhöfe entlang der Strecke noch durch örtliches Personal besetzt. Für eine kleine Nebenbahn ein ziemlich personalintensives Geschäft…

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4-31 Der Triebwagen schafft es nur leicht verspätet ins Ziel

Der Anschluss ist damit sicher. Und jetzt beginnt die bisher wohl abenteuerlichste "Bahnfahrt", an der ich jemals teilgenommen habe. Vergesst stundenlange Verspätungen, Ersatzzüge, Gleis-Bingo, Wagenreihung würfeln und das allgemeine deutsche Bahn-Chaos - richtige Abenteurer kommen erst hier so richtig auf ihre Kosten. Als SEV nach Divaca kommt ein Taxi in Form eines schwarzen Renault Trafic vorgefahren. Besetzt ist das Auto mit einem Fahrer, einer Zugbegleiterin der SZ und einem älteren Ehepaar, welches den Anschluss zum Zug in die Gegenrichtung nutzt. Eingestiegen ist wiederum neben mir nur ein weiterer junger Mann. Vor der Fahrt gibt er sich noch recht cool. Lässig lässt er sich ins Taxi fallen, nachdem er während der Umsteigezeit einen Blumentopf vor der Bahnhof gewässert hatte (wobei ich mich immer noch nach dem Grund frage, denn der Zug, aus dem er auch ausgestiegen war, hatte eine saubere und funktionierende Toilette). Anschnallen sieht er vorerst nicht ein. Und damit geht die Fahrt los. Es folgt eine rasante Tour, bei der selbst Vettel und Schumi Respekt zollen würden. Halsbrecherisch und mit ordentlich Sprit im Blut manövriert uns unser Fahrer durch die kurvige slowenisch-kroatische Hügellandschaft. Den Grenzposten passieren wir, kaum spürbar, auf einem einsamen Feldweg mitten in den Bergen. Nach einer halben Stunde wilder Fahrt erreichen wir endlich eine größere Hauptstraße, auf der unser Fahrer noch einmal beweisen kann, wie man effektiv mit zu langsam vorausfahrenden Autos umgeht: Überholen mit über 100 in der 80er-Zone! Der Mitfahrer indes, der sich anfangs noch äußerst cool zeigte, hatte schon nach 2 Minuten den Gurt angelegt und gespannt, sich anschließend durchgehend an seinem Dachgriff festgehalten und des Öfteren leicht gezittert. Ich dagegen lasse ruhig die Querbeschleunigung auf mich und meinen Gurt wirken. Mit -2 waren wir in Buzet losgefahren und mit -2 kommen wir trotz der Fahrweise "gesenkte Sau" am Zwischenhalt Hrpelje-Kozina an. Die enge Fahrzeitvorgabe erklärt, warum der Fahrer so rasant fahren musste.

Von hier aus wäre es nur noch eine Autobahnausfahrt bis nach Divaca, aber unser Fahrer entscheidet sich für die Landstraße. Erst fährt er für seine Verhältnisse sehr entspannt, bis er auf einmal an einer unscheinbaren Einmündung voll in die Eisen steigt. Dort verweist nämlich ein Umleitungspfeil auf eine unscheinbare Nebenstraße über die Ortschaft Rodik. Dennoch scheint die direkte Straße nach Divaca dahinter frei zu sein. Der Fahrer jedoch folgt der Umleitung und wechselt wieder in den bekannten "Henker"-Fahrmodus. Unterwegs kommt uns in der Ortsdurchfahrt das "Gegen-Taxi" nach Koper entgegen, auf das ich in Hrpelje hätte umsteigen können, wenn ich dafür einen Fahrschein hätte. Jedenfalls erreichen wir am Ende pünktlich auf die Minute um 18:00 Divaca.

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4-32 In Divaca besteht Anschluss an diesen FLIRT nach Logatec...

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4-33 ...sowie an einen E-Desiro "Classic" nach Villa Opinica in Italien

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4-34 Nachdem die beiden Züge abgefahren sind, wird es still im Bahnhof. Selbst der Güterzug im Hintergrund macht sich kurz danach auf den Weg zur Koper-Rampe

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4-35 Vor dem Bahnhof steht eine Denkmal-Dampflok

Von Divaca aus ist es nur noch eine Etappe bis zum Übernachtungsort Koper an der vergleichsweise kurzen slowenischen Mittelmeerküste. Dorthin bestehen zwei Reisemöglichkeiten: Entweder warten auf den nächsten Zug um 19:41, oder um 18:36 ein Regionalbus von Arriva. Ich entscheide mich für den Bus, denn in Divaca gibt es keine wirklichen Aufenthaltsmöglichkeiten. Selbst das örtliche Wirtshaus hat am Montag Ruhetag.

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4-36 DA, genau HIER, ja DA ist die Bushaltestelle!!!

An der eingezeichneten Haltestelle warte ich also auf den Bus. Der kommt zunächst zur planmäßigen Abfahrtszeit nicht. Auf dem langen Weg von Ljubljana aus hätte es mich auch sehr verwundet, wenn er wirklich pünktlich kommt. Nach 7 Minuten gerät dann ein Arriva-Bus in Sichtweite und fährt an der Haltestelle vorbei. Ich, leicht in Panik, renne dem Bus hinterher und winke vergeblich. Zum Glück wissen mir zwei Gäste der "Bahnhofskneipe" zu helfen. Sie verwiesen mich darauf, dass der Bus direkt vor dem Bahnhofsgebäude hält. Tatsächlich wendet der Bus hinter der Kneipe und kommt vor dem Bahnhof zum Halten, wo mich die freundliche Fahrerin gerne mitnimmt.

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4-37 Mit dem Bus hinunter nach Koper

Der Bus fährt ebenfalls zunächst nach Hrpelje und nutzt dafür wieder die Landstraße. Also genau die Straße, um die unser Taxi-Fahrer und auch der Fahrer des Taxis in Gegenrichtung vor einer Stunde einen großen Bogen gemacht haben. Die Strecke ist also doch frei! Anschließend passieren wir noch einige weitere Ortsdurchfahrten, bevor die letzten 4 Kilometer über die Autobahn direkt zum Busbahnhof von Koper führen. Obwohl die Fahrerin einen sehr angenehmen und entspannten Fahrstil aufweist, können wir die Verspätung bis Koper problemlos ausgleichen.

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4-38 Ankunft in Koper (der weiße Lions Coach rechts hat mich hier her gebracht)

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4-39 Busbahnhof von Koper

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4-40 Direkt daneben stellt dieser Zweckbau den eigentliche Bahnhof dar. Die Gleise liegen rechts neben dem Gebäude.

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4-41 - Auf dem Weg zum Hotel fallen mir diese futuristischen blauen LED-Strahler an den Sockeln der Laternen und Schilder auf :)

Schon wenige Minuten später neigt sich die Sonne dem Untergang und damit auch dieser größtenteils straßenbündige und sehr aufregende Reisetag dem Ende zu.

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4-42 Mit diesem stimmungsvollen Wetterbild verabschiede ich den Tag

Während es heute eher abseits der touristischen Hauptrouten zuging, soll der nächste Tag, dann wieder per Bahn, mitten in einen der absoluten Touristen-Hotspots Europas führen. Dazu kommen wir dann in Kürze in Teil 5. Bis dahin danke ich einmal mehr für euer Interesse :)

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