Erinnerung: Freitag Nachmittag, München Sommer 1987 o. 1988 (Allgemeines Forum)

moonglum, Hagen, Mittwoch, 27.07.2011, 12:06 (vor 4659 Tagen)

Rappelvoll ist's am Münchener Hbf gegen 13:50

Wir kommen aus der S-Bahn vom Harras, stiefeln die Treppen zum Querbahnsteig hoch, wie immer um diese Zeit ein Irrsinnsandrang an Reisenden. Und wo streben sie hin? Zu drei Bahnsteigen, wo in Kürze erwartet werden:

IC nach Hannover-Hamburg

EC nach Stuttgart - Köln- Dortmund

EC nach Würzburg - Köln - Dortmund

Unser Ziel ist Köln!

Welchen nehmen wir?
Den Blauen Enzian? Den Leonardio da Vinco, wie so mancher bayrische ZUB ihn per Lautsprecher nennt?

Kriterien:
Wo ist der beste Speisewagen?
Wo sind die besten 2. Klasse Wagen?
Was ist die schönste Strecke?

Klar, der Leonardio ist etwas schneller, aber mit Sicherheit voller und die Strecke ist nicht halb so schön wie über Würzburg.

Und....... in jenen Jahren kommt der Blaue Enzian mit österreichischer Lok von Klagenfurt. Die A-Wagen sind bei Abfahrt des EC an der Zugspitze, und was stellt die 103 dort freitags meist bei?

Genauuuu, 2 Am203 als Verstärker mit diesen Aufklebern an der Tür, auf denen diese magische große 2 gedruckt steht.

Und auch heute steht sie schon mit 2 Am203 im Vorfeld. Also schlendern wir an die Zugspitze, gemütlich. Der EC trudelt ein, Bm235, eine Reihe Bpmz, zwei Bm235, der obligatorische ARmz211, komplett eingedeckt (48 Plätze), Avmz111, Apmz121, Avmz111....

und schon rollt sie heran: Die 103 mit den 2 Am203.

Wunderbar - viel Platz, tolle Abteile mit weichen Polstern, Teppich und jede Menge Ablageplatz.

Mein Freund Uli und ich haben diese Fahrten als extrem angenehm in Erinnerung. Viel Platz, viel Komfort, gutes Essen, im Sommer den Kopf lange aus dem Fenster gehalten, insbesondere im Spessart und am Rhein.

Und bis heute verwundern uns die Umstände, dass die beiden Am203 durchweg sehr leer gewesen sind, während im üblichen B-Teil der Zug pickepackevoll gewesen ist. Ab Nürnberg schickten die ZUB's dann stehend Reisende in jene Wagen, aber immer war es angenehm.....

Solch ein Reisen ist heute kaum noch möglich. Eingepfercht, zugestellte Wege, deswegen kein APS, die 12 Plätze im Bistro von Reisenden stundenlang besetzt. Wenn der kluge Reisende dann in Mannheim aufpasst und einen Platz ergattert, dann ist der Salat, die Ofenkartoffel, dies und das zumeist "aus"....Was für ein Fortschritt....

Kaum zu verstehen, wie früher am Frankfurt Hbf 40 -48 Gäste mit Essen und Trinken versorgt wurden. Alles lief wie am Schnürchen - meistens. War Essen "aus", so klappte es oft, dass der Blaue Enzian in Frankfurt noch Wichtiges nachgeliefert bekam. Klappte aber nie samstags und sonntags.

Übrigens kam kurz darauf ein ganz "neues" Problem auf: Lokführermangel. In Ffm stand die 103 bereit, setzte sich erst nach 25 Minuten oder noch später in Bewegung und kam vor dem Zug, der Lokführer müsse noch Pause machen.... Dieser Umstand sorgte bis zur Wiedervereinigung oftmals für +20 bis +40 bei diesem Laufweg....

--
Schöne Grüße aus den EC 6/7/8/9,
wo es Wein in Karaffen, keine Mikrowelle und kein in Schüsseln gepamptes Essen gibt.

https://adobe.ly/2PMZyEV

Mich beschleicht das blöde Gefühl,

611003 3, Mittwoch, 27.07.2011, 12:13 (vor 4659 Tagen) @ moonglum

dass ich zu spät "in Aktion treten" konnte...
Schön, danke für den Bericht!

Wird heute der Erinnerung andie Bundesbahnzeittag ausgerufen

Turbonegro, Mittwoch, 27.07.2011, 12:50 (vor 4659 Tagen) @ moonglum

Wenn wir heute den Errinnerungen an die Bundesbahnzeit-Tag ausrufen, noch meine Geschichte:

Der IC "Blauer Enzian" wird mir in ewiger Erinnerung bleiben. Der hat Mitte der 80er Jahre beim Lokwechsel in Stuttgart den ersten Wagen mitabgehängt (ob planmäßig oder außerplanmäßig weis ich nicht mehr, ich meine fast es war planmäßig)...
Damals mussten wir, warum auch immer, diesen "Blauen Enzian " nehmen und alle außer den "kleinen dummen Bundesbahnlehrlingen" kamen dort an, wo sie sollten, nur wir endeten im Bw Rosenstein, weil wir in besagtem ersten Wagen waren. Damals interessierte noch niemand, ob der Wagen leer ist, oder nicht, bevor er abgestellt wird :P

Aber als wir uns ganz verblüfft dort als Bundesbahner geoutet haben, waren wir das Gespött der ganzen schwäbischen Lokführerschaft. Dennoch hat man uns mit der nächsten Lok wieder reingenommen ;)

Reisefeeling

Oscar (NL), Eindhoven (NL), Mittwoch, 27.07.2011, 13:15 (vor 4659 Tagen) @ moonglum

Rappelvoll ist's am Münchener Hbf gegen 13:50

Wir kommen aus der S-Bahn vom Harras

...gefahren mit der einzig wahren S-Bahn, die Baureihe 420.

der obligatorische ARmz211, komplett eingedeckt (48 Plätze)...

Mein Freund Uli und ich haben diese Fahrten als extrem angenehm in Erinnerung. Viel Platz, viel Komfort, gutes Essen, im Sommer den Kopf lange aus dem Fenster gehalten, insbesondere im Spessart und am Rhein.

...und das alles beim gemütlichen 160 km/h, mehr brauchte man nicht.

Solch ein Reisen ist heute kaum noch möglich.

Meine Erinnerung an dieser Zeit hier (Fahrt 21).


gruß,

Oscar (NL).

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Mit den neuen IC-Triebwagen wird alles besser !!

Trans-Europ-Express 2.0? Abwarten und TEE trinken!

Schienenstränge enden nicht an einer Staatsgrenze, sondern an einem Prellbock.

Erinnerung Sommer 1987 aus dem "anderen" Deutschland

Christian_S, Mittwoch, 27.07.2011, 19:41 (vor 4659 Tagen) @ moonglum

Wie fast jedes Jahr stand wieder der Ungarn-Urlaub auf dem Programm, diesmal wegen terminlicher Probleme aber - für DDR-Verhältnisse - erst recht kurzfristig, was die Reisemöglichkeiten arg einschränkte. Für die Hinreise ergatterten wir noch Plätze bei der Interflug auf einem Linienflug Berlin-Budapest, was mir als damals 5-jährigem reisebegeisterten Steppke meinen ersten Flug bescheren sollte. Für die Rückreise waren aber keine Plätze mehr zu bekommen und für den Zug sah es noch viel schlechter aus, da musste man eigentlich schon nach der Heimfahrt im Vorjahr die Plätze fürs nächste Jahr bestellen (man bestellte Liegewagen und bekam doch meistens nur noch Plätze im Sitzwagen). Also blieb nur die Variante der Hoffnung, vor Ort am Balaton noch etwas vom ungarischen Kontigent zu bekommen. Wie wir aus den Vorjahren wussten, waren die Züge zwischen der DDR und Ungarn im Sommer trotz maximaler Zuglänge immer zu über 150% besetzt. So auch diesmal. Die Schalterangestellte in Balatonlelle gab meiner Mutter aber den Tipp der beiden CSD-Sitzwagen, welche bis Decin am Zug waren (in Dresden mussten wir eh umsteigen) und häufig freie Plätze boten. Dieser Tipp war Gold wert, denn so hatten wir einen herrlichen Reisekomfort im nicht ganz so vollen Wagen und konnten sogar die Toiletten erreichen, was in den DR-Wagen aufgrund der Überbesetzung fast unmöglich war. Lediglich die letzte Stunde von Decin bis Dresden mussten wir dann in einen DR-Sitzwagen umziehen, was aber zu verschmerzen war. Jedoch hielten die CSD-Verstärkungswagen in Decin aufgrund der Überlänge des Zuges nicht am Bahnsteig, sodass mit allem Gepäck im Schotter nach vorn gelaufen werden musste. Ich hatte meinen kleinen Rucksack bei mir und mit der ganzen Situation am wenigsten Probleme.
Noch heute lobt meine Mutter in Erinnerung der damaligen Fahrten immer wieder meine gute Blase, dank der ich die langen Nachtfahrten zwischen der DDR und Ungarn jedes Jahr ohne Toilettengang überstand :-)

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