Ausbau Infrastruktur Täsch - Zermatt (1) (Reiseberichte)

ThomasK, Samstag, 26.10.2019, 02:39 (vor 1647 Tagen) @ Twindexx

Hallo!

Ich zuvor (1):

Zwischen Täsch und Zermatt bleibt die MGB unverändert und es werden alle Täsch - Zermatt - Shuttle auf eine neu zu bauende Standseilbahn Täsch - Zermatt gelegt, sodass auf der MGB nur noch die halbstündlichen Taktzüge aus Visp (Durchfahrbetrieb), die Glacierexpresszüge und die Güterzüge verbleiben.


Du dazu (1):

Du hast wahrscheinlich auch letzten Winter von der völligen Isolierung Zermatts gehört?


Ich dazu (1):

Einen Unterbruch im Winter 2018/2019 habe ich nicht mitbekommen, aber ich habe im August 2018 mit vielen Zermattern über den Unterbruch vom JANUAR 2018, also vom Winter 2017/2018 gesprochen. Ja, im Januar 2018 war Zermatt 4 Tage von der Außenwelt abgeschnitten.

Die meisten Zermatter, mit denen ich im August 2018 darüber gesprochen habe, sagten mir aber schon vorher und nicht erst im August 2018, also NACH dem Unterbruch, dass man sich bewusst ist, im Hochgebirge zu leben und fast alle Zermatter Vorräte für mindestens 14 Tage haben. Der gewaltige Bergsturz von Randa 1991 hat die Zermatter diesbezüglich wachgerüttelt. Die Zermatter wissen, dass sie immer wieder einmal abgeschnitten sein können, aber sie gehen professionell damit um, indem sie Vorräte anlegen. Sie wissen auch, dass die Bahnsperrung im Normalfall nie länger als 2 Wochen dauert, da selbstverständlich im Notfall unverzüglich mit den Räumarbeiten begonnen wird. Der gewaltige Bergsturz von Randa 1991 war aber kein Normalfall und auch der Unnerchriz-Tunnel hätte selbstverständlich die wochenlange Totalblockade von Zermatt 1991 durch abgeschnittene Straßen und Eisenbahnen nicht das Geringste geändert.

Gleichwohl: Die Schweiz ist ein hochtechnisiertes Industrieland und wenn sie den gewaltigen Bergsturz von Randa 1991 gemeistert hat, dann war auch der "Kleinkram" Januar 2018 kein Problem.

In der Tat ging das Leben in Zermatt nach den Gesprächen, die ich im August 2018 mit vielen Zermattern geführt habe, aber im Grundsatz auch im Januar 2018 ganz normal weiter. Wer nicht rauskam, verlängerte einfach seinen Urlaub und wer nicht reinkam, kam dann eben ein paar Tage später oder ließ den Urlaub verfallen. Freunde werden dann eben per E-Mail informiert und der Fall ist erledigt.

Randa 1991 war bei weitem einschneidender als der Vorfall im Januar 2018.


Du weiter (2):

Wenn schon was neu gebaut wird, dann will die MGB dann auch die Regios, GEX und Güterzüge auf dieser neuen und deutlich wintersichereren Linie führen. Ansonsten wäre die Übung nämlich sinnlos. Daher wird die neue Linie sowieso als Eisenbahnlinie gebaut.

Es nützt nichts, wenn zwar eine Standseilbahn fahren könne, die GEX, der einen beträchtlichen Teil der Hotelübernachtungen in Zermatt generiert, sowie die Güterzüge, welche die Waren des täglichen Bedarfs bringen, gleichzeitig wegen einer Lawine nicht fahren könnten. Vor allem für die Güterzüge müssten dann Helikopter fliegen. Da müssen die Prioritäten ganz klar in erster Linie auf der regulären Eisenbahn liegen. Und wenn da schon eine neue Eisenbahn gebaut wird, dann legt man diese auch gleich für viertelstündliche Shuttle-Züge aus. Denn die Zusatzkosten, die neue Eisenbahnlinie auch für die viertelstündlichen Shuttles auszubauen, dürften dann nämlich kleiner sein, als eine parallele komplett neue Standseilbahn.

Die genaue Ausführung des (einspurigen) Tunnels ist noch offen. Es muss ein Fahrplan zu Grunde gelegt werden und dann ist es auch möglich, dass man wie im Vereina oder Furka im Tunnel eine Kreuzungsmöglichkeit einbaut. Man wird die Shuttle künftig einfach mit reinen Adhäsionszügen führen, da dort dann keine Zahnstange mehr liegen wird. Die Fahrzeit wird auf maximal sieben Minuten reduziert.

Eine Standseilbahn auf einer Verbindung zu bauen, wo die Eisenbahn dann nicht einmal eine Zahnstange braucht, finde ich jetzt auch etwas verwunderlich.

Ich dazu (2):

Ich denke, man muss zwei Szenarien unterscheiden:

Unterbruch zwischen Visp und Täsch einerseits und Unterbruch zwischen Täsch und Zermatt andererseits.

Bei einem Unterbruch zwischen Visp und Täsch, wie z.B. beim gewaltigen Bergsturz von Randa 1991, als Straße und Schiene wochenlang blockiert waren, ändert sich in beiden Szenarien zunächst einmal nichts, sodass wir dieses Szenario in der Saldenrechnung nicht beachten müssen.

Ist der Unterbruch zwischen Täsch und Zermatt, dann sieht die Sache anders aus.

Postulieren können wir selbstverständlich, dass sowohl eine neue Eisenbahnstrecke, als auch eine neue Standseilbahn katastrophensicher ausgeführt würden.

Daraus ergibt sich, dass im Falle einer Naturkatastrophe zwischen Täsch und Zermatt im Eisenbahnszenario der Betrieb normal weitergeht, aber im Standseilbahnszenario nur die Standseilbahn in Betrieb wäre und die MGB nur von Visp bis Täsch fahren könnte.

Unstrittig ist, dass Standseilbahnen ohne Probleme auch Güter transportieren können. Unstrittig ist auch, dass ohne Probleme Güter zwischen Eisenbahn und Standseilbahn in wenigen Minuten umgeladen werden können. Bis vor ein paar Jahren war die Standseilbahn Lauterbrunnen - Grütschalp in Betrieb. Dort wurden in wenigen Minuten sehr effizient zwischen der Standseilbahn Lauterbrunnen - Grütschalp und der Eisenbahn Grütschalp - Mürren Güter sehr effizient umgeladen. Ich habe, als die Standseilbahn Lauterbrunnen - Grütschalp noch in Betrieb war, das selbst mit eigenen Augen sehen können.

Es wäre kein Problem, eine derartige Vorrichtung für den Notfall auch in Täsch einzurichten, d.h. Täsch wäre dann der Nachfolger der Grütschalp.

Ich räume aber ein, dass im Notfall (Sperrung der Bahn), der statistisch gesehen etwa an zwei Tagen im Jahr auftritt, die Eisenbahnlösung effizienter ist.

Wie sieht es aber an den übrigen 363 Tagen im Jahr aus?

Richtig ist, dass an den übrigen 363 Tagen gegen die Standseilbahn spricht, dass die regulären Taktzüge 5 Minuten länger unterwegs sind. Da langfristig zwischen Visp und Zermatt die Züge der MGB nach Auskunft der MGB-Mitarbeiter nur noch 58 Minuten fahren sollen, müsste man sich dann nach Beschleunigungsmöglichkeiten zwischen Visp und Täsch umsehen.


Also:

Zwei Punkte - das wird von mir keinesfalls bestritten - sprechen erst einmal gegen die Standseilbahn.

Erstens ist im Notfall ein Umladen der Güter in Täsch erforderlich. Da aber die Standseilbahn die Güter ohne Probleme nachts befördern könnte, wäre das grundsätzlich erst einmal kein Problem. Im Notfall (ca. zwei Tage im Jahr) etwas aufwendiger, aber technisch und planerisch grundsätzlich lösbar.

Gravierender ist der zweite Punkt. In der Wirtschaftlichkeitsberechnung schlägt die längere Fahrzeit von 5 Minuten der regulären Taktzüge negativ zu Buche.

Was spricht aber für die Standseilbahn?

Zunächst einmal der dichtere Takt.

Heute ist es so, dass man, wenn man in Täsch eine Fahrkarte nach Zermatt kauft, zwar grundsätzlich auch in die regulären Züge, die von Visp kommen, einsteigen könnte. Gleichwohl hat die MGB die Wegführung in Täsch bewusst so umständlich gelegt, weil man im Grundsatz will, dass die Fahrgäste, die von Täsch nach Zermatt wollen, nur die Shuttles benutzen. Man kauft die Fahrkarte, geht durch die Sperre und steigt dann in den Shuttle ein, der im Gegensatz zum regulären Taktzug ohne Zugbegleiter fährt.

Statistisch gesehen verkürzt sich somit für die Täsch - Zermatt - Reisenden die Reisezeit im Fall der Standseilbahnlösung um 2,5 Minuten, da die Reisenden bei einem 10-Minuten-Takt nur 5 Minuten (halbe Taktzeit) warten müssen, aber bei einem 15-Minuten-Takt dann eben 7,5 Minuten, also 2,5 Minuten mehr.

In der Differenzrechnung halten wir fest:

Für alle Zugreisenden, die von Visp bis Randa aus nach Zermatt wollen, unterbleibt die Reisezeit Verkürzung von 5 Minuten, wohingegen diejenigen, die nur von Täsch aus nach Zermatt wollen, die Reisezeit, die die Wartezeit als halbe Taktzeit beinhaltet, 2,5 Minuten kürzer ist.

Beträgt im gesamten Querschnitt Täsch - Zermatt der Anteil der Reisenden, die nur von und nach Täsch wollen, mindestens 2/3, dann gewinnt die Standseilbahn; ist er unter 2/3, dann gewinnt die Eisenbahn.

Jetzt habe ich mal im Geschäftsbericht der MGB für 2018 nachgeschaut. Die Frequenz im Bahnhof Zermatt betrug 3,574 Millionen Reisende, wovon 1,857 Millionen Reisende nach Täsch wollten, d.h. im Querschnitt Täsch - Zermatt liegt das Verhältnis Shuttle : reguläre Taktzüge also bei 52 % : 48 %. Nachdem 52 % weniger ist als 67 %, gewinnt also in diesem Punkt die Eisenbahn gegen die Standseilbahn.

Wie sieht die Differenzrechnung aus?

1,857 * 10^6 * 2,5 Minuten - (3,574 * 10^6 - 1,857 * 10^6) * -5 Minuten = -3942500 Minuten = -65708,3333 Stunden.

Rechnet man für eine Stunde Reisen einen kalkulatorischen Stundensatz von z.B. 18 Franken pro Stunde, dann ergibt dieser Punkt für die Eisenbahn gegenüber der Standseilbahn ein jährliches Plus von ca. 788500 Franken.

Nehmen wir an, für die beiden Notfalltage im Jahr ergeben sich zusätzliche Kosten von ca. 100000 Franken, dann ergeben diese beiden Punkte zunächst einmal einen Vorteil für die Eisenbahn von jährlich ca. 888500 Franken.

- Teil 2 -


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