Lokstörung bei der SBB: Wie es eigentlich laufen sollte... (Allgemeines Forum)

caboruivo, CH, Montag, 06.07.2015, 20:55 (vor 3219 Tagen) @ Alphorn (CH)
bearbeitet von caboruivo, Montag, 06.07.2015, 20:57

Hallo Alphorn.

Sehr interessante Ausführungen von dir. Mich würde es genau wundernehmen, an welchem Tag und welcher Zug davon betroffen war. Vielleicht kann ich da was bezüglich Störungsdetails in Erfahrung bringen.

Kurzversion: IC Bern-Zürich mit 9 Dostos und 3 Einstöckern hat am Anfang der Neubaustrecke eine Lokstörung. Lok wird nach 37 Minuten als nicht mehr rollfähig eingestuft. Lösch- und Rettungszug versucht vergeblich, den Zug rückwärts zu ziehen, um eine neue Lok anzukuppeln. Später gelingt's, wohl mit richtiger Lok. Danach über Altstrecke nach Zürich.

Normalerweise sollte der LRZ über die entsprechende Leistung verfügen, einen Pendel in jeglicher Steigung abschleppen zu können.


Langversion. x ist der Zeitpunkt der Lokstörung:
x-012: Abfahrt in Bern
x+000: Schnellbremsung

Ich vermute mal, die betroffenen Lok hatte ein Problem mit dem ETCS. Ist schon einige Male vorgekommen, im Level 2 wird sofort eine "Emergency Break" (Zwangsbremse) eingeleitet.
Entweder fand das Ereignis im Grauholztunnel (nach der Abzweigung der Strecke Bern–Aespi via Schönbühl) statt, dann wäre die Anmeldebalise der Übeltäter, oder es fand kurz nach dem Aespi/Mattstetten statt, nach der Abzweigung der Altstrecke.

x+001: Durchsage: "Lokstörung"

Das ist gut. Direkt nach dem Ereignis soll zuerst der Fahrdienstleiter in Kenntnis gesetzt werden, unmittelbar danach oder spätestens nach drei Minuten sollen Zugspersonal (wenn Zug begleitet) und die Fahrgäste informiert werden.

x+033: Mann mit Weste "Einsatzleiter" passiert Zug

Fünf Minuten nach dem Ereignis soll der Helpdesk informiert werden, der dem Lokführer entsprechende Hilfe bei der Störungsbekämpfung erteilt. Nach zehn Minuten meldet sich besagter Einsatzleiter beim Lokführer mit dem Entscheid, was mit dem Zug geschieht (Teilausfall, Weiterfahrt, Evakuation, Abschleppen durch LRZ)

x+037: Durchsage "Wir werden bis hinter die Weiche gezogen, dann über Burgdorf
x+044: Sehr langsame Fahrt rückwärts
x+046: Wir stehen wieder. Die leichte Steigung war wohl dem Lösch- und Rettungszug zu viel...

Das glaube ich kaum, war wohl eher das Ende einer Zug- bzw. Rangierfahrstrasse. Wie gesagt, der LRZ sollte entsprechende Power haben.

x+081: Fahrt Richtung Zollikon-Zürich, aber auf dem falschen Gleis

Ich denke, du meinst Zollikofen.

x+082: S-Bahn nach Zollikon überholt auf dem richtigen Gleis

Pünktliche Züge haben Vorrang, vielfach wird ein bereits verspäteter Zug isoliert

x+117: Zusatzhalt in Olten (warum? war ein Direktzug)

Je nach dem werden Extrahalte bei verspäteten Zügen eingeführt, um die Anschlusssituation für Reisende zu verbessern. (z.B. in deinem Falle die Relation Bern–Aarau).

Fazit: Das war eine schwierige Situation, aber sie wurden nicht optimal gehandhabt. Eine nicht rollfähige Lok bedeutet, dass man entweder gleich zwei Ersatzloks braucht: Eine, um den Zug hinter eine Weiche zu ziehen, und eine weitere, um vorne anzuhängen. Alternativ braucht man eine Möglichkeit zum Umfahren.

Reserve-Re 460 gibt es leider nicht wie Sand am Meer an allen Ecken der Schweiz. Ansonsten könnte man diese vom Steuerwagen aus fernsteuern und benötigt keine Umfahrung.


Im allerbesten Fall hätte die Störung nur eine Verspätung von 50 Minuten verursacht:
- 15 Minuten Lokdiagnose

Bei der Lokdiagnose gilt eigentlich eine Deadline von 10 Minuten

- 20 Minuten Nachführen von zwei Ersatzloks, evtl. darunter eine Doppeltraktion Ee 922 (in Bern vorhanden)

Die Ee 922 hätte tatsächlich den Vorteil, dass sie über keine Zugsicherungseinrichtungen verfügt. Jedoch sind sie für Einsätze in Bern verplant (und diese Einsätze an den Manöverstandorten sind nicht gerade wenige) und man müsste wiederum Ersatzloks auftreiben. Basel hat solche in Form von Am 843 und je nach Verfügbarkeit Ee 934, Bern verfügt m.W. über keine Ersatzrangierloks.

Realistischer:
- Den gescheiterten Versuch mit dem LRZ weglassen (möglicherweise stand aber sowieso nur der zur Verfügung... allerdings sind die SBB berüchtigt dafür, dass sie immer zuerst den losschicken, auch wenn es Alternativen gibt)

Es sind ja kaum andere Lokomotiven für solche "Rettungsdienste" verfügbar. Das Losschicken des LRZ obliegt der Intervention.

- Früher vom Worst Case (nicht rollfähig) ausgehen

Das Problem ist, wenn man immer vom Worst Case ausgehen wird, würde man den Zug immer evakuieren. Und wenn sich die Störung dann nicht als so gravierend herausstellt und der Zug doch noch fahrfähig ist, macht es nicht ein gutes Bild, wenn besagter Zug dann an den Fahrgästen vorbeifährt, die auf den Ersatzzug oder den späteren Zug warten.

Gruss

--
Nur falsche Prinzen reiten auf dem Schimmel, richtige in der Lokomotive


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum