Mehdorn bekommt Schützenhilfe (Allgemeines Forum)

Alphorn (CH), Donnerstag, 20.01.2011, 00:36 (vor 4864 Tagen)
bearbeitet von Alphorn (CH), Donnerstag, 20.01.2011, 00:37

Die liberale NZZ springt Mehdorn zur Seite: Die Deutsche Bahn am Pranger

Meiner Meinung nach hat sie damit nicht ganz unrecht: Mehdorn und die Börsengang-Anstrengungen sind nicht an allem schuld, was ihnen heute zugeschoben wird. Der wohl wichtigste Einzelgrund des heutigen Desasters fällt nicht in seine Zuständigkeit: Der ICE 3 mit seinen späteren Achsenproblemen wurde vor seiner Amtszeit bestellt und wäre wohl von der Bundesbahn genauso bestellt worden.

Ein meiner Meinung nach unterschätzter Grund für die aktuellen Probleme ist, dass Mitarbeiter des EBA für Unfälle persönlich haftbar gemacht wurden. Seither gilt verständlicherweise Sicherheitsparanoia; vielleicht wären die extrem häufigen Ultraschalluntersuchungen der Achsen gar nicht nötig.

Mehdorn ist aber auch nicht so unschuldig, wie es der Artikel darstellt. Viele weitere Verspätungsgründe hat er durch Reduktion der Infrastruktur (z.B. Gleiswechsel) geschaffen. Auch die vielen Langsamfahrstellen und reduzierten Wartungskapazitäten sind sicher dem Renditezwang anzulasten. Zudem hätte er bei Bekanntwerden der Achsenproblematik viel früher reagieren müssen; die FV-Doppelstöcker hätten schon damals bestellt werden können.

Die Politik trägt ihren Anteil durch knappe Investitionen, die auch noch in die falschen Projekte (S21) gehen. Zudem setzt sie falsche Anreize: Die DB muss Unterhalt des existierenden Netzes selber bezahlen, bekommt Neustrecken hingegen geschenkt. Da ist es verständlich, dass das existierende Netz so knapp wie möglich unterhalten wird... und die Langsamfahrstellen häufen sich, obwohl dort die Minuten viel billiger zu haben wären als mit NBS.

Hervorgehoben wird, dass die DB jetzt Gewinn mache. Aber kann man ein Unternehmen, das den grössten Teil seiner Investitionen vom Staat geschenkt bekommt, als rentabel bezeichnen? Ich hab den Verdacht, dass dieses Geld einen höheren volkswirtschaftlichen Nutzen hätte, wenn auf den teuren Gleisen eine erfolgreichere Bahn fahren würde, die nicht z.B. mit schlechtem und unregelmässigen Takt, miserabler Pünktlichkeit (SBB: 98.5%, SNCF:92%, DB:75% bei 15 Minuten Toleranz im Jahr 2008) und einem komplizierten Preissystem die Bahnfahrer abschreckt.


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