CZ: Dresden-Prag mit 26 km Erzgebirge-Basistunnel? (Allgemeines Forum)

Oscar (NL), Eindhoven (NL), Freitag, 20.10.2017, 16:14 (vor 2383 Tagen)

Hallo ICE-Fans,

ich lese gerade dieses Artikel.
Angeblich soll unter dem Erzgebirge ein 26 km langer Tunnel entstehen ("Ore Mountains Base Tunnel"). Er ist Bestandteil einer 200 km/h Strecke Dresden-Usti nad Labem; ab dort soll eine 350 km/h Rennbahn nach Prag gebaut werden. Eine Reise Dresden-Prag sollte dann nur noch 50 Minuten dauern.

Klar, es ist noch Studie, und als ICE-Fan freue ich mich schon über einen ICE International Hamburg-Berlin-Prag-Wien, aber als pragmatischer Niederländer bin ich mir nicht sicher, ob UnL-Prag wirklich eine 350 km/h Rennbahn benötigt.

Video.

@Daniel (CZ): do you know more about these plans (building a dedicated high-speed line from Czech Republic to Germany)? Does the CD have plans to order true high-speed trains, or are the CD680 scheduled to run there?


gruß / Cheers,

Oscar (NL).

--
Mit den neuen IC-Triebwagen wird alles besser !!

Trans-Europ-Express 2.0? Abwarten und TEE trinken!

Schienenstränge enden nicht an einer Staatsgrenze, sondern an einem Prellbock.

CZ: Dresden-Prag mit 26 km Erzgebirge-Basistunnel?

sb, Freitag, 20.10.2017, 16:46 (vor 2383 Tagen) @ Oscar (NL)

Angeblich soll unter dem Erzgebirge ein 26 km langer Tunnel entstehen ("Ore Mountains Base Tunnel").

Ja, das ist richtig: Die Sächsische Staatsregierung bringt dieses im zusammenwachsenden Europa längst überfällige Eisenbahnprojekt gemeinsam mit der Tschechischen Regierung zielorientiert auf den Weg, es sind auch schon durchaus detaillierte Machbarkeitsstudien erstellt worden:

Eisenbahn-Neubaustrecke Dresden – Prag
http://www.nbs.sachsen.de/

Meiner Meinung nach hätte diese Strecke vor oder gar statt der Autobahn A17 realisiert werden müssen im Hinblick auf die Ziele zur besseren Umweltverträglichkeit des Verkehrssektors.

BVWP vordringlicher Bedarf

hardy, Freitag, 20.10.2017, 19:58 (vor 2382 Tagen) @ sb

Hallo,

Die Strecke ist nicht mehr nur eine Studie sondern sie hat es in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans geschafft. Der Bau wird also jetzt konkret geplant und dürfte dann auch umgesetzt werden.
Bis die Neubaustrecke zwischen Usti und Prag fertig ist, sind die Pendolino an oder nahe ihrem Lebensende. Selbst wenn sie noch ein paar Jahre hätten oder Verlängerung bekommen, würde es für sie geeignetere Strecken geben, wo die Neigetechnik eine Vorteil bietet.
Ich gehe davon aus, dass die Strecke für 350 km/h trassiert werden soll, ohne dass diese Geschwindigkeit von Anfang an gefahren wird. Im Gesamtnetz in Tschechien ergibt dieser Ausbau schon Sinn, denn es ist ja nicht die einzige geplante Neubaustrecke für diese Geschwindigkeit (siehe PDF-Broschür zur Neubaustrecke Seite 13 unten).

Gruß
Hardy

BVWP vordringlicher Bedarf

MvG, Samstag, 21.10.2017, 10:54 (vor 2382 Tagen) @ hardy

Hätte man in D auch so manche Neubaustrecke, langfristig planend, gleich für höhere Geschwindigkeiten trassiert, würde heute so manche ITF-Kantenzeit besser flutschen.

Gar nicht einmal so abwegig

JumpUp, Freitag, 20.10.2017, 17:01 (vor 2383 Tagen) @ Oscar (NL)

Als ich zuerst von dem Projekt hörte, war ich skeptisch..
Für eine internationale Verbindung, insbesondere nach Tschechien, klingt das schon sehr nach Wunschtraum!

Denoch ist zu sehen, dass die Maßnahme ein Teil des neuen Bundesverkehrswegeplan ist und m. W. dort sogar im Vordringlichen Bedarf angesiedelt wurde

Damit ist zumindest die Planung für die kommenden Jahre einigermaßen sicher. Das Projekt kann zwar immer noch gestoppt werden, aber die erste Hürde, nämlich dass bei der DB Netz AG hierzu die Planung angestoßen wird und ein Projektteam gebildet wird, ist dadurch genommen

mal sehen, was sich die kommenden Jahre ergibt.

Tschechien hat viel Zugverkehr

sb, Freitag, 20.10.2017, 17:06 (vor 2383 Tagen) @ JumpUp

Für eine internationale Verbindung, insbesondere nach Tschechien, klingt das schon sehr nach Wunschtraum!

Ganz im Gegenteil:

Dresden – Praha ist eine zentrale europäische Eisenbahn-Magistrale (Berlin – Wien/Budapest).

Zudem hat Tschechien sehr starke Nachfrage nach Zugleistungen v.a. dank des Grenzkostenansatzes der Trassenpreise ("Schienenmaut"), weil der tschechische Staat – anders als die bisherigen Bundesregierungen – der Ansicht ist, dass auch für Eisenbahninfrastruktur – analog zur Straße – der Staat aufzukommen hat.

Hinzu kommen erhebliche Nachfragesteigerungen eines Erzgebirg-Basistunnels, weil dieser kurvenreiche und eher langsame (unabhängig davon natürlich wunderschöne und für den Nah- und Eilzugverkehr unerlässliche) Elbtalstrecke zeitlich erheblich verkürzt.

Tschechien hat viel Zugverkehr

JumpUp, Freitag, 20.10.2017, 19:31 (vor 2383 Tagen) @ sb

Für eine internationale Verbindung, insbesondere nach Tschechien, klingt das schon sehr nach Wunschtraum!


Ganz im Gegenteil:

Dresden – Praha ist eine zentrale europäische Eisenbahn-Magistrale (Berlin – Wien/Budapest).

Zudem hat Tschechien sehr starke Nachfrage nach Zugleistungen v.a. dank des Grenzkostenansatzes der Trassenpreise ("Schienenmaut"), weil der tschechische Staat – anders als die bisherigen Bundesregierungen – der Ansicht ist, dass auch für Eisenbahninfrastruktur – analog zur Straße – der Staat aufzukommen hat.

Hinzu kommen erhebliche Nachfragesteigerungen eines Erzgebirg-Basistunnels, weil dieser kurvenreiche und eher langsame (unabhängig davon natürlich wunderschöne und für den Nah- und Eilzugverkehr unerlässliche) Elbtalstrecke zeitlich erheblich verkürzt.


Auch in Deutschland kommt der Bund bzw. Der Staat für die Infrastruktur auf: Sämtliche Neu- und Ausbauprojekte werden weitestgehend durch den Bund finanziert (Bundesverkehrswegeplan, LUFV bzw. GVFG)

Tschechien hat viel Zugverkehr

sb, Freitag, 20.10.2017, 21:14 (vor 2382 Tagen) @ JumpUp

Zudem hat Tschechien sehr starke Nachfrage nach Zugleistungen v.a. dank des Grenzkostenansatzes der Trassenpreise ("Schienenmaut"), weil der tschechische Staat – anders als die bisherigen Bundesregierungen – der Ansicht ist, dass auch für Eisenbahninfrastruktur – analog zur Straße – der Staat aufzukommen hat.

Auch in Deutschland kommt der Bund bzw. Der Staat für die Infrastruktur auf: Sämtliche Neu- und Ausbauprojekte werden weitestgehend durch den Bund finanziert (Bundesverkehrswegeplan, LUFV bzw. GVFG)

Es ging um die Betriebskosten der Infrastruktur, nicht um deren Investitionskosten.

Die starke Nachfrage in Tschechien resultiert aus dem Grenzkostenansatz der Trassenpreise, d.h. der dortige Staat kommt für die Kapitalkosten der Schienenwege-Benutzung auf – in Deutschland braucht es schon fast die ganze Bahnlobby, um wenigstens deren Halbierung einzufordern...

Zwingend erforderlich

MvG, Samstag, 21.10.2017, 11:10 (vor 2382 Tagen) @ JumpUp

Treibendes Argument hinter der Strecke ist der Güterverkehr. Es gibt kaum leistungsfähige Strecken für den Güterverkehr in Richtung Osteuropa. Wenn ein Güterzug nach Osten will, hat er zwischen der noch entstehenden leistungsfähigen Achse Horka - Polen und Regensburg - Österreich, kaum Möglichkeiten. Und alles was auf der Schiene in Europa, mal grob gesagt, von Nordwesten nach Südosten will, muss durch das enge Elbtal, zusammen mit einer halbstündlichen S-Bahn und dem Fernverkehr. Alles ab Pirna auf zwei Gleisen, Ausbau ausgeschlossen. Und da man in der EU ja an einem transeuropäischen Netz leistungsfähiger Hauptachsen im Güterverkehr baut, damit eine Verlagerung von Gütern auf die Schiene überhaupt erst möglich wird, ist der Druck recht groß, das Projekt auch tatsächlich umzusetzen. Das betrifft ja dann nicht nur Deutschland und Tschechien, sondern im Prinzip ganz Europa. Mit so vielen Interessen hinter dem Projekt, stehen die Chancen ganz gut, dass es am Ende nicht an den eigenwilligen Zielen und Prioritäten Deutschlands im Verkehrsbereich scheitert.


Ganz davon abgesehen: Ich habe mal eine Nacht im Elbtal neben der Strecke verbracht. Von geschlafen möchte ich kaum reden. Nicht nur dass die Güterzüge extrem laut sind, wenn sie an einem vorbei fahren, man hört sie auch schon ewig davor und noch danach. Da gibt es ja auch noch Anwohner und Menschen die da Urlaub machen.

Zwingend erforderlich?

ITF, Samstag, 21.10.2017, 11:21 (vor 2382 Tagen) @ MvG
bearbeitet von ITF, Samstag, 21.10.2017, 11:23

Im Rheintal, wo die Belastung deutlich größer ist, hat man angeblich kein Geld für einen Entlastungstunnel.

Nicht missverstehen, ich finde das Projekt auch wichtig, aber eine Güterzug NBS Troisdorf - Rhein-Main wäre nicht weniger angemessen.

Zwingend erforderlich?

MvG, Samstag, 21.10.2017, 12:13 (vor 2382 Tagen) @ ITF
bearbeitet von MvG, Samstag, 21.10.2017, 12:14

Tja, im Rheintal müsste halt Deutschland von allein in die Puschen kommen, da fängt es halt schon an. Dann hat man sich da die KRM auch so gebaut, dass der geringst mögliche Entlastungseffekt eintritt. Alles an Fernverkehr, was von Köln nach Frankfurt will und kein ICE 3 ist, muss weiterhin durchs Rheintal. Dabei verstehe ich auch nicht so recht, warum man im Rheintal nicht Güter- und Personenverkehr trennt und den rechtsrheinischen Personenverkehr durch Fährverbindungen ersetzt. Die rechtsrheinische Strecke könnte man dann komplett mit Schallschutz zubauen, vom Effekt her wäre das ja wie ein Tunnel, und im Tal herrschte Ruhe.

Erzgebirgs-Basistunnel als HGV- und Hochleistungsstrecke

sb, Samstag, 21.10.2017, 13:59 (vor 2382 Tagen) @ MvG
bearbeitet von sb, Samstag, 21.10.2017, 13:59

Treibendes Argument hinter der Strecke ist der Güterverkehr.

Der Erzgebirgs-Basistunnel ist in seiner verkehrlich qualitativen Bedeutung durchaus mit dem Gotthard-Basistunnel vergleichbar:

- deutliche zeitliche Verkürzung im SPFV
- deutliche Wegverkürzung für den SGV

Ferner entfällt ein Großteil des Schienenlärms auf der dörflich geprägten und ökologisch sensiblen Bestandsstrecke.

.

Es gibt kaum leistungsfähige Strecken für den Güterverkehr in Richtung Osteuropa.

Dresden – Decin ist einer der prägendsten Engpässe für Verkehrsrelationen zwischen der Nordhälfte Deutschlands und dem Kern Zentraleuropas (ehem. Österreich-Ungarn).


Überdies ermöglicht ein Erzgebirgs-Basistunnel auch RE200/IR-"Sprinter" Dresden – Usti nad Labem bzw. Teplice mit ziemlich konkurrenzlos kurzen Fahrzeiten.


Daher ist ein Erzgebirgs-Basistunnel analog des Gotthard-Basistunnels sowohl eine Hochgeschwindigkeitsstrecke (Kriterium Geschwindigkeit) als auch eine Hochleistungsstrecke (Kriterium Leistungsfähigkeit):


Das Kriterium Geschwindigkeit wird durch Entwurfsgeschwindigkeiten des HGV-Verkehrs bestimmt.

Das Kriterium Leistungsfähigkeit durch die meinerseits wie folgt eingeschätzten Erfordernisse dichten Zugverkehrs bestimmt:

- ICE (SPFV): 1 Zugpaar/h (Neuverkehr)

- IC (SPFV): 1 Zugpaar/h (= bisherigere EC 0,5 Zugpaare/h + Verlängerung bisheriger tschechischer Schnellzüge bis mindestens Dresden)

- IR/RE200 (SPNV): 1 Zugpaar/h (Neuverkehr: Dresden – Teplice – ...)

- SGV: verfügbare Restkapazität (Maximierung durch Bündelung der Fahrplantrassen von IR/RE200 und IC mit ähnlich anzustrebender Fahrdynamik aber unterschiedlichen Verkehrsrelationen)


Daraus resultiert eine hohe Priorität dieses Bahnprojekts von nationalem und grenzüberschreitendem Interesse innerhalb des EU-Binnenmarktes.

[CZ] ANO: Priorität für HGV Berlin – Praha – Brno – Ostrava

sb, Samstag, 21.10.2017, 22:33 (vor 2381 Tagen) @ Oscar (NL)
bearbeitet von sb, Samstag, 21.10.2017, 22:36

Zur heutigen (21.10.2017) Parlamentswahl haben die Tschechen das sogenannte "etablierte" Parteiensystem endgültig in den Orkus geschickt, anders als das immer noch ziemlich brave Stimmvieh in einem der Nachbarländer Tschechiens.

Die mit Abstand stärkste politische Parlamentspartei wurde die liberale Bewegung um Andrej Babiš; im Wahlprogramm 2017 (pdf) führte ANO zum Erzgebirgs-Basistunnel aus:

"Urychlíme budování systému rychlých spojení (VRT). Učiníme veškeré nezbytné kroky k zahájení stavby těchto tratí tak, aby mohly využít evropské financování. Prioritou je osa Berlín – Praha Brno – Ostrava."

dt.:

"Wir werden den Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes (VRT) beschleunigen. Wir werden alle notwendigen Schritte unternehmen, um mit dem Aufbau dieser Linien zu beginnen, damit sie die europäische Finanzierung nutzen können. Die Priorität ist die Achse Berlin - Praha – Brno - Ostrava."

Als klassisch wirtschaftsliberale Partei eines Investors (Andrej Babiš) will ANO öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP/PPP) auf Straßenprojekte loslassen; bleibt zu hoffen, dass nur Straßenprojekte als Versuchsobjekt dienen müssen und auch Tschechien hiermit seine bei ÖPP/PPP üblichen Erfahrungen machen möchte...?

Grenzüberschreitende Neubaustrecken

echter HGV, Sonntag, 22.10.2017, 00:11 (vor 2381 Tagen) @ Oscar (NL)

Ich habe mich mal auf die Suche gemacht wo es in Europa richtige Neubau/Schnellfahrstrecken gibt, die in den letzten Jahren errichtet wurden. Bin nur auf ganze fünf Stück gekommen welche wären:
- HSL Zuid
- HSL 1 / LGV Nord
- LGV Perpignan–Figueres
- Öresundbrücke
- Eurotunnel

Fast alle übrigens bei unseren westlichen Nachbarn

Aber ein paar befinden sich zur Zeit auch noch im Bau oder in Planung:
- Brenner Basistunnel
- Fehmarnbelt Tunnel
- Mont-Cenis-Basistunnel?
- und natürlich die hier diskutierte

Gibt es noch Weitere oder Welche, die noch sinnvoll wären und was sagt uns das Ganze jetzt?

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