Fronleichnamsfahrt über die Alpen zum Santo Corporale (1/8) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Dienstag, 04.11.2025, 22:44 (vor 32 Tagen)
bearbeitet von Bahne aus Leidenschaft, Dienstag, 04.11.2025, 22:46

Der Zug über die Alpen nach Italien ist gute deutsche Tradition. Sei es heute zum Strandurlaub in Rimini oder im Mittelalter zur Kaiserkrönung nach Rom. Auch in mir kam letzten Herbst der Drang auf, im Frühjahr in den Süden zu fahren, weshalb ich bei einer Rabattaktion einen Interrailpass erwarb. Im Mai kam dann aber das Familientreffen mit Polenreise ( https://www.ice-treff.de/index.php?id=718421) dazwischen. Damit ich nicht mitten im Hochsommer nach Süditalien komme, bin ich deshalb keine zwei Wochen nach meiner Rückkehr aus Polen schon wieder unterwegs. Zum Beginn der Reise rausche ich durch bis Apulien, gefolgt von Umbrien und zum Abschluss Bologna. Fix gesetzt ist dabei Fronleichnam in Orvieto. Warum gerade dort und was dieser Santo Corporale ist, erfahrt ihr dann noch. Zur An- und Abreise werde ich statt der üblichen Gotthardroute zwei umwegigere Alpenbahnen nutzen.

Wer wie ich ein einem katholischen Dorf aufgewachsen ist, für den sind Fronleichnamsumzüge ein gewohntes Bild. Doch was hat es mit diesem Feiertag eigentlich auf sich

Tag 1: Karlsruhe – Konstanz – Chur – Tirano – Milano – (Lecce)
Ursprünglich wollte ich tagsüber nach Bari runterfahren, um mir die Fahrt an der Adria bei Tag ansehen zu können. Lecce und die elendig lange Fahrzeit haben mich dann aber doch in den Nachtzug gelockt. Ziel des ersten Reisetages ist es deshalb irgendwie rechtzeitig abends nach Mailand zu kommen. Von Karlsruhe eigentlich kein Problem, aber die klassische Gotthardroute ist mir zu langweilig. Stattdessen soll es über den Berninapass gehen. Während ich in der Westschweiz inzwischen ziemlich gut dastehe, war ich in der Ostschweiz bisher noch kaum und habe noch viele neue Strecken zu befahren.
Zu unchristlich früher Stunde steige ich deshalb noch vor 5 Uhr am Karlsruher Hauptbahnhof in die Schwarzwaldbahn nach Konstanz.
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Bis Hornberg kommt die Schlafmaske zum Einsatz, dann genieße ich die Fahrt durch den Schwatzwald. Ein netter Nebeneffekt dieser Route ist, dass ich mir dank Nahverkehr und Deutschlandticket den wertvollen Interrail-Outboundtag spare.
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Um 8 Uhr ist der Bodensee erreicht.
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Pünktlich erreichen wir Konstanz.
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Einfach ein schöner Bahnhof! Schade, dass sein Zwilling in Karlsruhe durch das hässliche Staatstheater ersetzt wurde.
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Hier bleibt mir etwas Zeit durch einen Spaziergang durch die noch verschlafene Altstadt und um meine Vorräte vor der Schweiz aufzustocken.
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Über Konstanz hinaus habe ich es mit der Bahn noch nicht geschafft. Heute kann ich also endlich die letzten Meter der badischen Rheintalbahn befahren. Ein GTW von Thurbo bringt mich nach St. Gallen und erklimmt dabei auf die Höhen südlich des Bodensees.
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In St. Gallen bleibt mir nur Zeit, kurz vor dem Bahnhof bei den Appenzeller Bahnen vorbeizuschauen.
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Kann es sein, dass die Anschriften über den Durchfahrten nicht mehr zum heutigen Richtungsbetrieb im Rechtsverkehr passen?
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Weiter geht es mit dem Voralpenexpress.
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Der hat eine ansprechende 1. Klasse. Ein Freund von mir beklagt sich dagegen einige Tage später über sie. So können die Geschmäcker eben verschieden sein.
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Über das SOB-Sitterviadukt bringt mich der Express hoch in das exotische Appenzeller Land, während die SBB-Strecke weiter unten bleibt.
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In Uznach steige ich in eine S-Bahn der SOB nach Ziegelbrücke um.
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Kaum 10 Minuten später muss ich in Ziegelbrücke in den IR nach Chur umsteigen.
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Da hinten nach Glarus könnte ich auch mal reinfahren.
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Am Walensee bin ich vor ewigen Jahren mal auf dem Weg zur Arosabahn und einer Hüttenwanderung mit der Familie im TGV langgefahren. Hier fahre ich aber sehr gerne mal wieder lang.
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In Sargans erreiche ich wieder das Rheintal.
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In Chur stelle ich überrascht fest, dass der hintere Zugteil meines IR ein Nahverkehrs-Flirt der SOB zu sein scheint. Naja, so weit über Nahverkehr steht der IR ja auch nicht.
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Hier wechsle ich die Spurweite.
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Die Arosabahn war 2008 Teil meiner ersten Bahnreise in der Schweiz nach Langwies. Für den Weg nach Mailand nützt sie mir heute jedoch nichts.
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Sinnvoller ist da schon der IR nach St. Moritz, der überraschenderweise sogar ein historisch anmutendes Bordrestaurant mitführt.
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Die mittleren Wägen sind gut gefüllt, aber ganz hinten in der 1. Klasse kann ich mich gemütlich ausbreiten.
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Noch besser an dem Wagen ist, dass ich hinten rausschauen kann.
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Noch folgt die Strecke dem Rhein, aber Reichenau naht.
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Dort teilt er sich auf in Vorder- und Hinterrhein. Letzterem folgen wir bis Thusis.
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Es kreuzt ein Bernina-Express. Wo der herkommt, will ich hin.
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Der IR wird aus einer beeindruckend langen Wagenschlange gebildet.
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Nach Thusis statte ich dem Aussichtswagen mit zu öffnenden Fenstern einen Besuch ab.
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Ist der Kranz an der Lok des Gegenzugs normal oder gab‘s da was zu feiern oder zu betrauern?
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Dieses Viadukt ist auch nicht von schlechten Eltern, aber die wahre Attraktion versteckt sich noch im Hintergrund.
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Das Landwasserviadukt, was für ein Erlebnis!
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Die Albulabahn führt weiter in die Berge hoch.
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Was mag das nur für eine Strecke über uns sein? ;-)
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Mit gut 10 Minuten Verspätung wird der Inn und das Engadin erreicht. Das ist doof, denn mein Anschluss in Samedan nach Pontresina ist bei unserer Ankunft schon längst weg.
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Stattdessen fahre ich nun bis St. Moritz durch. Große Probleme bereitet mir das nicht. Durch den unsauberen Takt auf der Berninabahn verkürzt der Anschlussverlust nur meine Umsteigezeit in Tirano und bringt mich damit um das erhoffte Glas Veltliner und ein kleines Häppchen dort. Schwerer wiegt der tiefe Schock über meinen ersten Anschlussverlust in der heiligen Bahnschweiz. Wie konnte das nur geschehen?!
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Die Aussicht am See ist ja ganz nett, aber der Ort oberhalb des Bahnhofs ist ja fürchterlich! Quasi ein Luxus-Einkaufszentrum in den Bergen.
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Wie erwartet wird ein Allegra meinen RE über den Berninapass ziehen.
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Uff, der erste Tag ist noch lange nicht fertig und schon über 40 Bilder. DIe Schweiz bietet einfach zu viele schöne Aussichten. Im nächsten Teil geht es dann über die Berninabahn bis Apulien runter.

Fronleichnamsfahrt über die Alpen zum Santo Corporale (1/8)

Twindexx, St. Gallen (CH), Mittwoch, 05.11.2025, 19:11 (vor 32 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft
bearbeitet von Twindexx, Mittwoch, 05.11.2025, 19:15

Hoi,

Kann es sein, dass die Anschriften über den Durchfahrten nicht mehr zum heutigen Richtungsbetrieb im Rechtsverkehr passen?

Beachte auch die Pfeile unter den Anschriften. Nach Trogen ging es schon früher unter dem linken Bogen, unter dem rechten Bogen war nichts. Die Züge nach Gais fuhren links neben dem Gebäude des Gaiserbahnhofs ausserhalb deines Bildes ab. Heute ist dort ein Parkplatz. Die goldenen Anschriften am Gaiserbahnhof stehen unter Denkmalschutz.

In Chur stelle ich überrascht fest, dass der hintere Zugteil meines IR ein Nahverkehrs-Flirt der SOB zu sein scheint. Naja, so weit über Nahverkehr steht der IR ja auch nicht.

Es gibt keine Nahverkehrs-Flirt und die SOB betreibt auch nirgends Nahverkehr. Auch wenn die SOB mit den VBZ mal einen Gag machten:
https://www.sob.ch/services/im-service-zentrum/sob-flotte/spezialfahrzeuge/niederflurtr...
https://direkt.sob.ch/themen/innovation/die-suedostbahn-schickt-ein-traverso-tram-in-de...
Das einzige Nahverkehrsfahrzeug, welches die SOB jemals hatte (bzw. eigentlich ja nicht, das Cobra-Tram blieb im Eigentum der VBZ).

Nahverkehr ist ein Synonym für Ortsverkehr, bezeichnet also städtische Trams und Stadtbusse. Die Südostbahn betreibt hingegen Regionalen Personenverkehr (RPV) und Fernverkehr (FV); Nahverkehr und Regionalverkehr sind also zwei völlig verschiedene Dinge. Der IR ist eigentlich ein Produkt des FV, es gibt aber auch IR, die als RPV von den Kantonen bestellt werden. Der IR Voralpenexpress der SOB oder der IR 38 der RhB sind im RPV bestellt.

Die SOB hatte schon immer in ihrer RPV-Flotte einen etwas höheren Standard als die SBB oder gar thurbo. Beim Einstieg der SOB in den Fernverkehr vor fünf Jahren hat die SOB komfortmässig darauf aufbauen können. Teil des SOB-Konzepts im FV ist es, dass sie günstiger produzieren, als die SBB, aber dennoch dieses Komfortniveau bieten. Dass die RPV-Flirt im FV als Verstärkermodule für die Traverso eingesetzt werden, ist Teil dieses kosteneffizienten Konzepts.

Der Sitzkomfort in den RPV-Flirt ist nur leicht niedriger als in den Traverso (in der ersten Klasse in einem Flirt 3 beispielsweise überhaupt nicht, es kommen aber auch Flirt 1 und Flirt 2 teilweise mit den Traverso zum Einsatz) und in den RPV-Flirt hat es natürlich keine Bistrozone.
Mit diesem Konzept hat die SOB den Fernverkehr auf die Gotthard-Bergstrecke zurückbringen können, während die SBB nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels die Linie mit Tilo-Flirts bediente und nicht mehr als durchgehenden Fernverkehr betreiben mochten.

Sinnvoller ist da schon der IR nach St. Moritz, der überraschenderweise sogar ein historisch anmutendes Bordrestaurant mitführt.

Dieser Gourmino-Speisewagen ist tatsächlich Baujahr 1930. Die RhB hat noch zwei weitere von 1929, einen von 1931 (erst seit 2002 ein Speisewagen) und einen von 1984. Total betreibt die RhB also fünf Speisewagen, die zuletzt alle auch noch pendelzugtauglich umgebaut und ertüchtigt wurden, um mit den Alvra-Gliederzügen im IR 38 einsetzbar sind.

Speziell an den RhB-Speisewagen ist, dass weiterhin im Zug frisch gekocht wird. Das gibts sonst nur noch in osteuropäischen Speisewagen. Die RhB wird das jedoch auch künftig beibehalten. Die dahinterstehende Organisation kommt nämlich vom Glacier Express, auch im Glacier Express wird im Zug frisch gekocht, da gehört dies zum festen Bestandteil des Service-Niveaus dazu. Dieselben Köche kochen dann auch im Gourmino.

Und weil im Sommerhalbjahr mehr Glacier Express-Verbindungen verkehren, gibts daher im Sommerhalbjahr auch nur in einem IR 38-Zugspaar pro Tag einen Gourmino. Im Winterhalbjahr mit weniger Glacier Express-Verbindungen werden die Köche dafür öfter auf dem IR 38 eingesetzt, womit im Winterhalbjahr deutlich mehr IR 38-Zugspaare mit frisch gekochten Speisen aufwarten. Die Qualität des Essens und die Atmosphäre im Gourmino sucht im deutschsprachigen Raum wirklich seinesgleichen. Da können meiner Meinung nach auch viele osteuropäische Speisewagen nicht mithalten (ausser natürlich im Preis).

Ist der Kranz an der Lok des Gegenzugs normal oder gab‘s da was zu feiern oder zu betrauern?

Ist nicht üblich, vielleicht zur Pensionierung eines Lokführers. Da macht man solche Dinge noch gern in der Schweiz.

Schwerer wiegt der tiefe Schock über meinen ersten Anschlussverlust in der heiligen Bahnschweiz. Wie konnte das nur geschehen?!

Die RhB kämpft wegen der Langsamfahrstelle wegen des Brienzer Hangrutschs seit einiger Zeit mit den Fahrplänen am Albula.

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