Mit Lion, Travys und vinifuni durch die Schweiz - 1/2 m 47 B (Reiseberichte)
Hallo zusammen,
nachdem wir zuletzt im Gesäuse und auf Jaun- & Lavanttalbahn unterwegs waren, machen wir nun weiter mit einer Tagestour aus dem August 2022 in die Westschweiz. Auf der Agenda stehen die Travys-Züge nach Le Brassus, die Stadtbahnfahrzeuge der AVG auf der Strecke nach Orbe und der Ort Ligerz, bevor dieser den Bahnanschluss verliert.
Wir fahren von Konstanz mit einem Umweg über Romanshorn nach Zürich und von dort über Yverdon-les-Bains nach Le Brassus. Die Rückfahrt unterbrechen wir in Le Pont sowie in Chavornay, wo die Strecke nach Orbe abzweigt. Einen weiteren Zwischenstopp gibt es in Ligerz, von dort fahren wir mit der Standseilbahn nach Prêles, bevor wir über Biel, Zürich und Weinfelden an den Bodensee zurückkehren.
Wir starten frühmorgen nach 6 Uhr am Bahnhof von Konstanz, wir fahren zunächst mit einem Thurbo-GTW in Richtung Herisau auf der Seelinie bis Romanshorn. Gut, um nach Zürich zu kommen, hätte es am selben Bahnsteig eine Direktverbindung mit dem Interregio gegeben, aber…
…dieser Umweg hat schon einen Grund. In meiner Sammlung fehlt nämlich noch die S 23, sie gehört zu den nur in der Hauptverkehrszeit bedienten Linien der S-Bahn Zürich. Der Zug auf der Linie von Romanshorn nach Zürich besteht aus sechs Doppelstockwagen mit je einer ‚LION‘-Lok an Kopf und Ende. Die sogenannten Hauptverkehrszeit-Entlastungszüge „HVZ-D“ wurden im Rahmen des Projekts LION („Lifting, Integration, Optimierung, Neugestaltung“) gebildet.
Von Romanshorn fahren wir durch das Bodensee-Hinterland und weiter entlang der Thur nach Weinfelden, ab dort geht es über Frauenfeld und Winterthur nach Zürich.
Im Tiefbahnhof von Zürich wechseln wir auf einen ICN-Neigetechnikzug mit Fahrtziel Genf, der Zug fährt über die Jurasüdfußlinie via Olten, Solothurn und Biel. Beim übernächsten Bild queren wir die Aare in Solothurn.
Am Bielersee führt die Bahnstrecke zwischen Weinbergen und Seeufer. Auf dem nächsten Bild sehen wir die Kirche von Ligerz, dieses Bild wird bald nicht mehr wiederholbar sein, aber dazu mehr im zweiten Teil, wenn wir auf der Rückfahrt in Ligerz einen Zwischenstopp einlegen.
Weiter führt die Strecke oberhalb des Neuenburgersees / Lac de Neuchâtel. Morgens ist der Blick vom Zug auf den See gegenlichtig, in Fahrtrichtung rechts geht der Blick zum Jura-Gebirgszug.
In Yverdon-les-Bains wechseln wir auf eine nachfolgende S-Bahn, mit der S 5 fahren wir auf der Jurasüdfußlinie zwei Stationen bis Penthalaz-Cossonay.
Dort steigen wir um auf die S 2 in Richtung Vallorbe. Diesmal treffen wir auf einen Flirt 3-Triebzug. Mit diesem Zug fahren wir ein kurzes Stück zurück bis Daillens, wo die Bahnstrecke nach Vallorbe nach Westen abzweigt. Wir fahren nun auf der historischen Simplonlinie in Richtung französischer Grenze. Heute wird der Begriff Simplonlinie überwiegend für den Streckenabschnitt von Brig nach Domodossola verwendet, im historischen Kontext bezieht sich die Bezeichnung auf die komplette Verbindung von Paris nach Norditalien.
Die erste Etappe der Strecke führt über das Jurafußplateau, dann geht es entlang des eingeschnittenen Flusslaufs der Orbe hinauf ins Jura. Es gibt mehrere kurze Tunnel, bis Le Day überwindet der Zug knapp 360 Höhenmeter.
In Le Day wechseln wir auf einen Regio-Zug nach Le Brassus. Der Zug kommt aus Vallorbe, die Linie wird von Travys mit NPZ-Triebzügen in himbeerrot-weißer Farbgebung betrieben.
Für eine kurze Etappe führt die Strecke noch über die offene Juralandschaft, dann geht es durch den Wald hinauf auf über 1.000 Meter über dem Meer. In einem Tunnel wird der Mont d’Orzeires unterquert.
Schließlich erreicht der Zug das Hochtal des Vallée de Joux, dort liegen drei Seen. Zunächst führt die Strecke am Lac Brenet entlang, dann folgt sie dem Nordufer des rund neun Kilometer langen Lac de Joux.
Mit dem Lac Ter passieren wir auch den kleinsten der drei Seen. Hinter den Hügel verläuft in knapp vier Kilometern Entfernung die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich.
Nach 35 Minuten ist die Endstation Le Brassus erreicht. Das Dorf hat rund 1.400 Einwohner, wir drehen eine kleine Runde durch den Ort, so arg viel gibt es hier aber nicht zu entdecken.
Im Jahr 2008 wurde die Strecke um rund 100 Meter verkürzt, damals wurde der Endbahnhof versetzt. Die Bahnstrecke wurde 1899 von der damaligen Chemin de fer Pont-Brassus (PBr) eröffnet, seit 2001 gehört die Bahn zum regionalen Verkehrsunternehmen Travys (Transports Vallée de Joux–Yverdon-les-Bains–Ste-Croix).
Entlang des Lac de Joux fahren wir zurück. Wir sind an einem heißen Sommertag unterwegs, da lässt sich nur schwer vorstellen, dass in dem abgeschlossenen Hochtal im Winter ein raues Klima herrscht. In winterlichen Strahlungsnächten können Kaltluftseen entstehen, im Jahr 1888 wurde hier eine Temperatur von -41 Grad gemessen. Der See friert regelmäßig zu, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Abbau von Eis zu einem wichtigen Geschäft. Das Eis wurde eingelagert und im Sommer per Bahn ins Schweizer Mittelland, nach Frankreich aber auch nach Deutschland exportiert.
In Le Pont legen wir einen Zwischenstopp ein. Am Bahnhof kündigt eine Infotafel Veränderungen im Bahnbetrieb an, aber dazu später mehr. Der Ort liegt direkt am Ufer des Lac de Joux, er ist daher für eine Pause attraktiver als Le Brassus.
Mit dem Anschluss an den öffentlichen Verkehr entwickelte sich ab Ende des 19. Jahrhunderts der Tourismus, während im Sommer Wandern und Wassersport angesagt ist, werden im Winter Eislaufen und Langlauf angeboten.
Das Vallée de Joux ist völlig abgeschlossen und besitzt keinen oberirdischen Abfluss, früher konnte das Wasser nur durch Versickerung in den Untergrund verschwinden. Der Tunnel durch den Mont d’Orzeires wurde daher nicht nur für die Eisenbahn gebaut, er sollte im Falle eines außerordentlichen Hochwassers auch das Wasser aus dem Hochtal abführen. Heute dienen die Seen als Speicherbecken für ein Kraftwerk in Vallorbe.
Am Bahnhof von Le Pont hat die Museumsbahn Compagnie du Train à vapeur de la Vallée de Joux (CTVJ) ihren Sitz, sie bietet Dampfzugfahrten auf der Strecke an. Für uns geht es aber…
…mit dem nächsten Zug von Travys auf die Rückfahrt nach Le Day. Im Bahnhof von Le Pont verläuft eine Eigentumsgrenze, die nun von uns befahrene Etappe wurde von der Chemin de fer Pont–Vallorbe (PV) erbaut, die Strecke ist heute im Eigentum der SBB.
Entlang des Lac Brenet fahren wir hinauf zum Tunnel du Mont-d'Orzeires und zum Scheitelpunkt der Strecke,…
…anschließend mit Blick auf Vallorbe hinab nach Le Day. Wer genau hinsieht, kann auf dem nächsten Bild schon unseren Anschlusszug sehen, der oberhalb von Vallorbe Richtung Le Day fährt.
In Le Day bleiben wenige Minuten, um uns am Bahnhof umzusehen. Bis zum Jahr 2022 war die Station als Keilbahnhof angelegt. Während unseres Besuchs wird der alte Bahnsteig schon nicht mehr genutzt, die Züge halten bereits einige Meter weiter an neuen Außenbahnsteigen. Mit dem neuen Bahnhof werden durchgehende Züge von Lausanne bis Le Brassus sowie ein Flügelkonzept Richtung Vallorbe möglich.
Wenn nicht (wie aktuell) Bauarbeiten sind, fahren nun SBB-Flirt im Vallée de Joux. Ob noch Travys-NPZ auf der Strecke anzutreffen sind, kann ich nicht sagen. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Bahnwelt dort aktuell etwas anders aussieht als noch bei unserem Besuch.
So, jetzt aber schnell rüber auf Gleis 2, da steht schon unser Zug, dieser hat offenbar im Vorgriff auf das neue Fahrplankonzept hier etwas Aufenthalt.
Auf dem Zug heraus gelingt nochmals ein Bild des bisherigen Bahnhofsgebäudes von Le Day…
…dann geht es durch das Tal der Orbe hinab auf das Jurafußplateau. Wir fahren wieder bis Penthalaz-Cossonay, wo wir auch bei der Hinfahrt umgestiegen waren.
Nachdem der Zug das Flusstal verlassen hat, führt die Strecke in einem weiten Bogen über das flache Land. Unser nächstes Ziel, der Ort Orbe, liegt von hier aus in Luftlinie nur etwa drei Kilometer entfernt.
Von Penthalaz-Cossonay fahren wir mit der S 5 zwei Stationen in Richtung Norden bis nach Chavornay. Die südliche Orbeebene wird intensiv landwirtschaftlich genutzt.
Nach der Anzahl der Bilder haben wir nun etwa Halbzeit, daher machen wir hier einen Schnitt. In den nächsten Tagen folgt der zweite Teil, dann treffen wir auf Triebzüge aus dem Badischen und besuchen den Bahnhof Ligerz, bevor dieser den Bahnverkehr verliert.
Viele Grüße und einen schönen Sonntag
Tobias
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TD,
03.05.2025, 18:12
- Danke - Railteam, 04.05.2025, 12:55
- Auch bei diesem Reisebericht... - heinz11, 04.05.2025, 22:16
- Mal wieder: Riesendank - Berliner65, 05.05.2025, 13:08