Mit dem Deutschlandticket in den Großen Osten (1/4) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Mittwoch, 04.12.2024, 21:50 (vor 380 Tagen)
bearbeitet von Bahne aus Leidenschaft, Mittwoch, 04.12.2024, 21:54

Diesen Sommer im Juli und August durfte ich mit dem Deutschlandticket auch in unserer französischen Nachbarregion Grand Est den Nahverkehr nutzen. Ihr mögt vielleicht fragen, ob es nicht normal sei, dass das Deutschlandticket in Elsass-Lothringen gilt. ;-)
Spaß beiseite, es gibt in Grand Est ja noch die Champagne. Wie ihr in meinem anderen Reisebericht über Elsass und Lothringen lesen konntet, war ich in der vorausgehenden 12 Monaten schon recht umtriebig in der Region: https://www.ice-treff.de/index.php?id=694371
Große Pläne hatte ich deswegen für diesen Sommer nicht, aber ganz will ich mir dieses tolle Angebot natürlich nicht entgehen lassen. Schließlich kamen zwei Tagesausflüge und ein Zwei-Tagesausflug dabei heraus.

Ausflug 1: Hagenau, Reichshoffen, Nordvogesen, Wissembourg

Die heutige Fahrt ist ein Novum für mich, ich bin nämlich zum ersten mal mit dem Rad in Zügen der SNCF unterwegs. Die Burgen in den Nordvogesen, die ich mir anschauen möchte sind nämlich ohne Rad oder Auto kaum zu erreichen. Wären sie nicht so schwer zu erreichen, hätte ich sie wohl schon vor Jahren besichtigt. Neuen Strecken sind dafür keine dabei. DIe Strecke nach Niederbronn-les-Bains habe ich schon 2022 befahren: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?030,10698740

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Der Tag startet früh ab Karlsruhe-West mit der RB nach Winden, dort Umstieg auf die RB nach Wissembourg. Wo ich nach etwas unter einer Stunde ankomme. Die RB aus Neustadt hat dort normalerweise nur 6 Minuten Wendezeit, mein Umlauf wird aber eine Stunde hier bleiben, weil stattdessen ein Blauwal-Doppel der SNCF aus Strasbourg nach Neustadt durchfährt.
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Die Verbindung von Karlsruhe nach Reichshoffen ist nicht besonders ansprechend, da sie aus mehr Umsteigezeit als Fahrtzeit im Zug besteht. Die 39 Minuten in Wissembourg nutze ich für eine Versporgung beim Bäcker und Käseladen.
Nach Haguenau geht es weiter mit einem Régiolis. Seine Länge finde ich im Vergleich zum Talent ziemlich beeindruckend. Heute Morgen ist er aber stark überdimensioniert. Mit dem Bild ist auch alle genutzten Züge auf meiner Hinfahrt vertreten: 2x DB Regio Talent, 2x Régiolis.
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Nach knapp unspektakulären 24 Minuten komme ich in Hagenau an. Die Régiolis-Triebwägen werben mit verschiedenen Motiven für das Elsass, dieser hier zum Beispiel mit dem Europaparlament in Strasbourg.
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Der moderne Bahnhof Hagenau hat neben einer riesigen Bahnhofsuhr eine sehr markante Überführung. Hier habe ich jetzt 1h21 Aufenthalt. Da ich noch nie in der Stadt drin war, stört mich das aber nicht.
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Hagenau steht im Schatten anderer Städte im Elsass und das durchaus zu Recht. Die Innenstadt ist nett aber unspektakulär. Die glanzvollste Epoche Hagenaus war im 12. und 13. Jh. als die örtliche Kaiserpfalz eine der Lieblingsresidenzen der Stauferkaiser war. Der noch heute sehr ausgedehnte Wald im Norden der Stadt eignete sich gut zur Jagd. Nach ihrem Aussterben verlor die Pfalz an Bedeutung und seit ihrer Zerstörung durch die Franzosen unter Ludwig XIV. ist von ihr leider nichts mehr zu sehen. An ihrer Stelle wurde eine Kaserne und ein Altersheim gebaut. In dessen Innenhof erinnert seit einigen Jahren eine Stauferstele an die Pfalz.
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Von einer ehemaligen Mühle im Zentrum ist neben dem Mühlrad noch das Getriebe als Denkmal erhalten.
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Reste der Stadtmauer, darunter das Fischertor sind noch erhalten.
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Das historische Museum wäre bei einem längeren Besuch vielleicht mal einen Besuch wert. Über dem Haupteingang erinnern ein historistisches Bild an die Stauferpfalz und die deutsche Inschrift erinnert an die Bauzeit des Gebäudes vor dem 1. Weltkrieg.
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Kurz vor 11 Uhr folgt der letzte Zug der Hinfahrt, diesmal ein kürzerer Régiolis Richtung Niederbronn-les-Bains. Zur Endstation fahre ich diesmal nicht durch. Dort war ich schon vor 2 Jahren (https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?030,10698740)-
Schon nach 20 Minuten ist die Fahrt am vorletzten Halt Reichshoffen beendet.
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Der Ort dürfte einigen Bahnkennern bekannt sein, jedoch nicht wegen seines eher unscheinbaren Bahnhofs, sondern wegen des ehemaligen Werks von De Dietrich, jetzt CAF. Dort konnte ich im Vorbeifahren zahlreiche Régiolis für das deutsch-französische Netz stehen sehen. Auch in Lauterbourg konnte ich im Frühjahr viele in der Abstellung sehen.
Auch wenn das Bahnwerk schon lange nicht mehr zu De Dietrich gehört ist das Unternehmen mit seinen anderen Geschäftsbereichen in Reichshoffen und den Nachbarorten noch sehr präsent. Fast jeder Ort um Reichshoffen hat ein Werk des Konzerns, wenn es nicht irgendwann verkauft wurde. Das De-Dietrich-Schloss in Reichshoffen ist noch in Familienbesitz und ist der Hauptsitz von De Dietrich Process Systems und deshalb nur schwer einzusehen. Diese Konzernsparte passt eher zu meinem Beruf als in dieses Forum. In meinem Praktikumsbetrieb hatten wir mehrere emaillierte Rührwerksbehälter von De Dietrich aus dem Nachbarort Zinswiller.
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Der Radweg nach in die Vogesen führt nach dem Ortsende entlang eines kleinen Stausees.
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Nach einigen Kilometern ist der Weiler Jägerthal erreicht. Das dortige Eisenwerk wurde 1684 von Johann Dietrich gekauft und bildet damit den Ursprung des De-Dietrich-Konzerns. Heute ist es nur noch als Ruine erhalten.
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Das Werk wurde mit Wasserkraft betrieben.
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Auch hier besitzt die Familie ein Schloss. Seit gut 20 Jahren wohnt aber kein Familienmitglied mehr dauerhaft hier. Typisch für Frankreich wohnt die Unternehmerfamilie in Paris.
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Krz darauf erreiche ich das Zweiburgendorf Windstein. Der Zugang zu Alt-Windstein ist ziemlich abenteuerlich. Wie bei vielen Burgen im Pfälzer Wald und den Nordvogesen sind kaum noch Mauerreste, aber dafür viele Felsen erhalten. Typisch sind in den weichen Sandstein gegrabene Felsenräume und -gänge.
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Der Ort Windstein ist hat kaum mehr als 100 Einwohner.
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Neu-Windstein ist noch deutlich besser erhalten. Der Palas ist bis ins obere Stockwerk durch eine Treppe zugänglich. Zeit für eine kurze Mittagspause mit guter Aussicht.
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Der Aussicht geht Richtung Süden bis in die Rheinebene. Das weiße Gebäude in Bildmitte gehört zu Jägerthal.
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Auf dem Rückweg ist nochmal gut Alt-Windstein zu sehen.
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Dann muss ich aber bald weiter, denn ich habe noch ein gutes Stück vor mir. Der Weiler Wineckerthal hat eine Bushaltestelle, viele Busse dürften hier aber nicht halten. Einen Fahrplanaushang konnte ich nicht finden. Auf der Website von Fluo konnte ich auch keine Verbindungen finden.
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Schon bald stelle ich wieder das Fahrrad ab und steige zur nächsten Burg hoch. Burg Schoeneck liegt langgezogen auf einem Sandsteinfelsen. Bei meinem Besuch ist gerade der Burgverein mit Instandhaltungsarbeiten beschäftigt.
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Wie die Kreisstadt meiner Heimat Pirmasens gehörte die Region hier zu Hanau-Lichtenberg. Mein Heimatort wenige Kilometer westlich von Pirmasens gehörte dagegen – sehr peinlich für einen Pfälzer – zu einer badischen Exklave.
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Die Grenzregion war nicht immer so friedlich wie heute, was kurz vor der Passhöhe unschwer zu übersehen ist.
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Spontan baue ich noch einen kleinen Abstecher zu einer vierten Burgruine ein. Der Besucher von Burg Lutzelhardt sollte Treppen mögen.
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Und noch mehr Treppen…
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Im Süden sind die Nordvogesen zu sehen, wo ich herkam.
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Im Norden ist es der Pfälzer Wald, denn wenige Meter nördlich der Berg verläuft die Grenze.
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Hier fällt es nicht schwer zu glauben, dass der Pfälzer Wald das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands ist.
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Unterhalb der Burg zeugen die Reste des Grenzposten von der jüngeren Geschichte. Nach dem Wiener Kongress lagen hier das gesamte Gebiet noch in Bayern. Bei einem Gebietstausch kurz darauf gab Bayern dann aber die Gemeinde Obersteinbach mit Brg Lutzelhardt an Frankreich ab. Wodurch der Ortsteil Ludwigswinkel von seinem Hauptort Obersteinbach mit der Kirche und dem Friedhof getrennt wurde, was vor allem in der ersten Hälfte des 20 Jh. zu großen Kompliaktionen in Ludwigswinkel führt. Heute hat ist beim Radweg die Grenze kaum mehr zu erkennen. Bei einem anderen Ausflug im September folge ich diesem Radweg bis Ludwigswinkel. Was ich dort über Atomwaffenlager und von der seit fast einem Jahrhundert stillgelegten Wasgauwaldbahn entdecken konnte, könnt ihr hier nachlesen: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?003,10906982
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Ich bleibe aber auf der französischen Seite. Obersteinbach hat noch eine weitere Burg, Klein-Arnsberg. Da ich schon mal dort war und mir die Zeit langsam knapp wird, spare ich mir diese aber heute.
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Etwas weiter talabwärts ist eine weitere Burgruine über einem Seitental versteckt, die Frönsburg. Zu dieser bin ich bei der Radtour zur Wasgauwaldbahn im September hochgewandert. Mauerwerk ist kaum noch vorhanden, aber sehr interessante Felsen. Für Beuscher mit Höhenangst ist die Burg nicht geeignet. Waghalsige Leitern führen auf den Burgfelsen.
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Da die untere Leiter und eine Brücke über die Felsspalte nur noch wenig vertrauenserweckend wirken, ist die Burg eigentlich seit 2022 gesperrt. Neben mir wagen sich aber noch andere Besucher nach oben Ich achte aber daruaf, möglichst über die Metallträger und nicht aufs morsche Holz zu treten.

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Natürliche Seen sind im Pfälzer Wald selten. Typisch sind dagegen die oft von Mönchen im Mittelalter aufgestauten Wooge, wie hier der Etang de Fleckenstein. Die namensgebende Burg dürfte die meistbesuchte der Nordvogesen sein, wird von mir aber heute links liegengelassen. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich lieber eine Runde im See schwimmen.
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Von dort führt über die Grenze nach Nothweiler ein Schleichweg, der zwar nicht für Autos gesperrt, aber auch nicht ausgeschildert ist. Kurz vor der Grenze habe ich den anstrengenden Teil für heute geschafft. Ab jetzt geht es bis Wissembourg fast nur noch bergab. Die Aufteilung zwischen Rad und anderen Verkehrsteilnehmern nenne ich mal vorbildlich. ;-)
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Nothweiler wird von der höchstgelegenen Burg der Pfalz, der Wegelnburg, überragt, die hier jedoch nur von ihrer Schmalseite zu sehen ist. Den 4-Burgenweg von Nothweiler über die Wegelnburg und zwei weitere Burgen zur Fleckenstein kann ich sehr empfehlen.
Kaum zu glauben, aber der kleine maximal abgelegenen Ort hatte mal einen Bahnanschluss. Der Haltepunkt an der äußerst kurzlebigen Schmalspurbahn nach Ludwigswinkel lag jedoch weit außerhalb des Ortes. Zu dieser Streckeund ihrer kurzen, aber unruhigen Geschichte habe ich vor einigen Wochen einen kleinen Bildbericht von einer anderen Radtour im Nachbarforum veröffentlicht: https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?003,10906982.
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Bei Niederschlettenbach erreiche ich die Wieslauter, der ich auf dem gut ausgebauten deutsch-französischen Pamina-Radweg bis Wissembourg folgen werde.
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Durch die Faubourg de Bitche erreiche ich die Altstadt von Wissembourg.
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Gerne würde ich hier noch einen kühlen Sirup oder ein hopfenhaltiges Erfrischungsgetränk zu mir nehmen, jedoch bin ich schon eine Stunde hinter meiner Zeitplan. Thomas, mit dem ich in meinen Berichten schon mehrmals unterwegs war, hat in Karlsruhe zu seinem Geburtstag eingeladen und droht, dass das Essen knapp werden könnte. Da will ich besser nicht zu spät kommen.
Leider rächt sich auf dem Rückweg de kurze Wendezeit der RB in Wissembourg. Da diese bei der Vorleistung in Winden den verspäteten Anschluss aus Karlsruhe abgewartet hat, kommt sie erst nach Abfahrtszeit an und fährt mit +7 ab. Die RB nach Karlsruhe wartet dann in Winden natürlich nicht auf uns und so strande ich mit einem anderen Radfahrer durstig eine halbe Stunde in Winden und muss auf den RE warten, voller Sorge, dass ich nichts mehr vom Chili abbekomme. Die gute Nachricht zum Schluss, obwohl ich noch schnell daheim in der Dusche war, war das Chili noch nicht mal fertig bei meiner Ankunft.
Da der Schluss wenig Bahnbezug hatte, habe ich als Bonusbild für alle die durchgehalten haben noch je ein Bild meiner Fahrt mit dem Pilgerzug nach Beuron und meiner Abschiedsfahrt mit dem EC 8 im Panoramawagen.
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Im nächsten Teil werde ich ein wenig den Norden Lothringens unsicher machen.


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