Im Schlafwagen an die Adria – oder auch nicht (2/6) (Reiseberichte)
Im ersten Teil bin ich mit dem Nachtzug von Stuttgart nach Rijeka angereist, von wo es mit reichlich Verspätung mit dem Bus weiterging. Während der Wartezeit auf den Bus begann ich ein Gespräch mit einem einheimischen Studenten: https://www.ice-treff.de/index.php?id=706733
Tag 1: (Stuttgart - ) Rijeka - Lupoglav - Pula
Bei unserer Ankunft am Bahnhof Lupoglav mit über einer Stunde Verspätung folgert mein neuer Bekannter beim Anblick eines Minibusses in die Gegenrichtung schnell, dass spontan auf SEV umgestellt wurde, was laut ihm außerhalb der Hochsaison gerne mal für kleinere oder größere Bauarbeiten gemacht wird. Ein Gespräch mit dem Zugbegleiter bestätigt den SEV bis Sveti Petar u Šumi. Unser Anschluss nach Pula ist natürlich längst weg und bis zum nächsten Zug dauert es noch über eine Stunde. Nachdem ich mir im nahen kleinen Supermarkt ein Bier und ein Eis geholt habe, bleibt mir also viel Zeit, mich mit dem Bahnhof bekannt zu machen.
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Für meine Rückfahrt mit dem Istria am Freitag ahne ich schon Schlimmstes. Nach anfänglichen Verständigungsproblemen finde ich heraus, dass der heute sicher nicht von einem Burn-Out bedrohte Fahrdienstleiter Italienisch spricht und er kann mich beruhigen, dass der Ister sogar heute und auch an allen anderen Tagen der Woche planmäßig ohne SEV verkehrt.
Ob der Rottenkraftwagen etwas mit dem SEV zu tun hat, kann ich leider nicht sagen.
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Der SEV kommt dann mit gut 10 Minuten Verspätung, was den „Zug“begleiter nicht von einem ausgiebigen Plausch mit dem Fahrdienstleiter abhält. Mein Bekannter meint, dass wir im schnellen Direktbus seien, während ein Minibus die kleineren Stationen hält. Als wir auf die Autobahn fahren, scheint sich dies zu bestätigen, jedoch lassen verlassen wir diese bei der ersten Abfahrt wieder, fahren kilometerweit zu einem Bahnhof zurück und klappern dann bis auf zwei Ausnahmen alle Stationen ab. Kurz vor Schluss fahren wir sogar ein Stück über einen unbefestigten Feldweg. Nach fast einer Stunde ist Sveti Petar u Šumi erreicht und wir können endlich auf den Zug wechseln, nicht der erhoffte ehemals schwedische Fiat, sondern ein modernes Fabrikat von Končar.
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Aus Sicht des neutralen Fahrgastes finde ich diesen mit Klimaanlage und moderner Behindertentoilette jedoch sehr angenehm. Die Sitze sind das gleiche Modell wie in den Siemens-Triebwägen von Go-Ahead Bayern.
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Bei der Zugkreuzung in Kanfanar kommt der nächste kleiner Dämpfer: Der Istria nach Slowenien ist nicht mehr der erhoffte 711, sondern ein etwas modernerer 715. Das überrascht mich aber nicht so sehr, da dieser laut Vagonweb schon einige Wochen zuvor verkehrte. Immerhin fehlt mir diese Baureihe auch noch und man kann die Fenster öffnen.
Kurz nach halb 8 bin ich endlich in Pula. Das ist zwar nicht besonders spät, aber nach der vergangenen Nacht kommt es mir so vor und ich bin ziemlich fertig. Immerhin grüßt das Meer verheißungsvoll hinter dem Bahnhof.
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Der Spaziergang an der Kaimauer macht Lust auf mehr, wobei etwas weniger Autoverkehr schön wäre.
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Egal wie müde ich bin, Abendessen muss sein. Morgen kann ich zum Glück ausschlafen. Nach einer leckeren Pizza gibt es eine opulente Palatschinke.
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Mit der festen Überzeugung, dass ab morgen alles nur noch besser werden kann, falle ich ins Bett.
Tag 2: Pula
Heute Morgen am bahnfreien Tag schlafe ich laaaange aus. Als ich nach dem Aufstehen auf mein Handy schaue, folgt schon die nächste Hiobsbotschaft: mein Liegewagen auf dem Rückweg fällt aus. Nachdem dieser und der Schlafwagen nach Rijeka auch gestern ausgefallen waren, wuchs in mir schon die Angst davor, aber die Bestätigung ist doch nochmal ein Stimmungsdämpfer. Dann ist auch noch mein Zimmerschlüssel weg. Nach längerer Suche kapituliere ich und gehe in die Stadt. Im Laufe des Tages werde ich bei der Hotline anrufen, die wenig hilfreich ist, und umplanen auf eine etwas frühere Abreise aus Slowenien ohne Umweg über Ljubljana, dafür mit Übernachtung in München. Am Nachmittag nach gut 5 Stunden wird dann auch zum Glück wieder mein Schlüssel auftauchen.
In der Nähe meines Hostels ist die Markthalle aus österreichischer Zeit. Am heutigen Feiertag ist aber im Gegensatz zu den Ständen davor drinnen wenig los.
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Wahrzeichen der Stadt ist das Amphitheater in der Nähe des Bahnhofs. Der Eintritt für die Besichtigung bietet ehrlich gesagt wenig Mehrwert gegenüber einem Blick von außen rein, für Studenten war er aber bezahlbar. Die Bilder stammen beide vom nächsten Tag, wo besseres Wetter war.
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Die Geschichte der Stadt ist, genau wie die Bahnstrecke, nicht von ihrer Zeit als Haupthafen der österreichischen Kriegsmarine zu trennen. Nach den Unruhen in Norditalien im Revolutionsjahr 1848 beschloss die österreichische Kriegsmarine, diesen vom unruhigen Venedig hierhin zu verlegen. Dazu wurde die historische Festung über der Altstadt stark ausgebaut. Von hier oben bietet sich eine hervorragende Aussicht über Stadt und Bucht, die einen gut zu schützenden Naturhafen bildet. Vor der Stadt wurde in der Bucht eine künstliche Insel für das Arsenal angelegt, die heute für eine Werft genutzt wird.
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Von hier oben ist gut zu sehen, dass der Bahnhof direkt am Meer liegt. Kaum zu erkennen, ist gerade der moderne Končar-Triebwagen eingefahren und wird gleich um 14.22 Uhr als erster (!) Zug des Tages nach Buzet fahren. An Sonn- und Feiertagen ist der Fahrplan auf Istrien mit zwei kroatischen Zugpaaren und dem slowenischen Saisonzugpaar sehr übersichtlich.
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Im 1. Weltkrieg blieb Pula unerobert. Die Franzosen versucht erfolglos einen Angriff per U-Boot, der mit dessen Erbeutung durch die Österreicher endete. Auch ein Angriff der Italiener per Luftschiff endete, wie auf dem Bild unschwer zu erkennen ist, erfolglos.
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Unter der Festung legten die Österreicher ein ausgedehntes Tunnelsystem an.
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Zufälligerweise ist dort gerade eine Ausstellung über die in den 30er-Jahren unter italienischer Herrschaft stillgelegte Straßenbahn mit zahlreichen Bildern, hier vor Bahnhof und Amphitheater.
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Da das archäologische Museum wegen Umbau geschlossen ist, habe ich nach der Festung mein Besichtigungsprogramm schon abgeschlossen. Für den restlichen Nachmittag nutze ich meinen wiedergefundenen Spindschlüssel, kleide mich um, schließe meine Wertsachen weg und nehme die halbstündige Wanderung zum Strand auf mich. Weil das Handy im Spind ist, gibt es davon keine Bilder.
Da die Kathedrale tagsüber abgeschlossen war, hatte ich mir vorgenommen, abends den Fronleichnamsgottesdienst zu besuchen, um reinzuschauen. Netter Kirchenbau mit sehr langer Geschichte, leider fällt aber die Prozession wegen Regen aus.
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Zum Abendessen bestelle ich die örtliche dicke Nudelsorte mit Trüffel und Speck.
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Als ich danach noch einen Rotwein bei dem römischen Forum trinke, öffnen sich die Himmelstore und die Welt geht die Welt förmlich unter. Selten habe ich so starken Regen erlebt. Das Wasser steht zwischendurch mehrere Zentimeter hoch auf dem Platz.
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Tag 3: Pula – Vodnjan – Postojna
Heute verlasse ich Pula schon wieder, aber erst am späten Nachmittag. Heute hat die Markthalle geöffnet.
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Das römische Forum bei deutlich freundlicherem Wetter als gestern Abend:
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Am Vormittag mache ich eine kleine Wanderung zu einem der zahlreichen österreichischen Forts um die Stadt. In einem anderen ist das örtliche Aquarium, viele stehen aber ungenutzt rum.
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Da mir nichts Besseres einfällt, gehe ich nochmal zum Strand und eine Runde ins Wasser. Die Küste ist hier recht felsig. Zusammen mit dem Wellengang ist die Situation nicht ideal zum Schwimmen aber für eine kurze Abkühlung trotzdem einladend.
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Auf dem Rückweg in die Stadt entscheide ich mich mal wieder für ein Grilllokal. Bei dem großen Pleskavica waren aber die Augen etwas größer als der Magen. Das Essen wird mir noch eine Weile ganz schön schwer im Magen liegen.
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Vorgestern dachte ich noch, dass der SEV nördlich von Sveti Petar zur Einsparung eines Umlaufs war. Beim Studium des Fahrplans fiel mir aber gestern auf, dass der Fahrplan trotzdem zwei Umläufe erfordert. Auf der Hinfahrt konnte ich neben dem Končar-Triebwagen, in dem ich saß, kein weiteren sehen, dafür aber einen abgestellten Fiat-Triebwagen. Gesten fuhr der Končar, wie ich von der Festung gesehen habe. Also müsste ich nur noch herausbekommen, auf welchem Umlauf der dann heute verkehrt. Das wollte mir aber einfach nicht gelingen, herauszubekommen. Also lasse ich es einfach mal auf die 50/50 Chance ankommen und fahre schon am Nachmittag nach Vodnjan. Als ich am Bahnhof ankomme, ist noch kein Zug zu sehen außer dem slowenischen in der Abstellung. Die Spannung bleibt also hoch. Stattdessen kann ich Denkmallok Nr. 3 bieten:
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Erstmal brauche ich noch ein Ticket und darf mit Händen und Füßen dem hilfsbereitem Fahrdienstleiter (?) am Schalter mein Anliegen mit dem Fahrtunterbrechung klarmachen. Wie gestern wird der Zug erst kurz vor planmäßiger Abfahrt bereitgestellt und Jackpot, es ist ein alter Schwede von Fiat. Ich weiß, Graffiti sind in Bahnforen ungern gesehen. Hätte ich diese verpixelt, wäre aber wenig übrig geblieben. ;-)
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Drinnen empfängt der Zug den Fahrgast in zeitlosem beige, grau und braun, so peppig wie eine Übergangsjacke von Jack Wolfskin. Mich hat es gefreut, mal mitgefahren zu sein und die Übergangsfenster sind ein Pluspunkt, als täglicher Pendler wäre mir aber wohl der moderne Triebwagen lieber, vor allem im Hochsommer. Dem Fahrgastaufkommen ist der einteilige Fiat jedoch deutlich angemessener als der am Mittwochabend völlig überdimensionierte dreiteilige Končar.
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An diesem Abschnitt der Strecke steht noch weitgehend die Telegrafenleitung.
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Der Istrien und insbesondere Vodnjan rühmt sich seines seit der Antike begehrten Olivenöls, das hier angebaut wird. Im Hintergrund ist zum vorerst letzten Mal die Adria zu sehen. Auf den Brioni-Inseln hatte Tito sein Feriendomizil.
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Beim Ausstieg in Vodnjan darf ich völlig überraschend eine wichtige Rolle im Bahnbetrieb übernehmen. Der Zugchef gibt mir beim Ausstieg ein Bündel Unterlagen für die Fahrdienstleiterin mit.
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Der Bahnhof Vodnjan ist gut gepflegt, wie Pula mit Weinreben am Dach des Hausbahnsteigs. Vielleicht werden die Fahrdienstleiter hier aus Langeweile zu Gärtnern. Das rustikale Stellwerk ist noch in Betrieb, wie ich nach Abfahrt meines Zuges beobachten durfte.
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Am Bahnhofsgebäude ist noch gut der alte italienische Name Dignano zu lesen. Da Vodnjan/Dignano heute offiziell zweisprachig ist, ist die Anschrift aber tatsächlich noch mehr oder weniger korrekt.
Während ich hier unterwegs bin und meinen Urlaub genieße, geht in Teilen Süddeutschlands gerade die Welt unter. Die Folgen dieser Überschwemmungen werde ich auf der Rückreise noch leicht zu spüren bekommen. Doch auch hier ziehen quasi täglich Gewitter mit schweren Regengüssen wie gestern Abend durch, wobei ich fast immer Glück habe. Hier in Vodnjan scheint es kurz vor meiner Ankunft kräftig geschüttet zu haben.
Vodnjan/Dignano ist im Vergleich zum von Touris überlaufenen Pula angenehm entspannt und bietet ein nettes Ortsbild. Hauptattraktion ist die größte Kirche von Istrien mit der laut eigenen Angaben zweitgrößten Reliquiensammlung Europas. Die würde mich schon ein wenig interessieren aber nicht zu dem erhobenen Eintrittspreis.
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Dann lieber einen Cappuccino und eine Weinschorle, hier interessanterweise „Gemišt“ genannt. Von der Wirtin erfahre ich, dass der Schulunterricht hier bilingual auf Kroatisch und Italienisch ist. Daneben ist Vodnjan laut Wikipedia eine der letzten Hochburgen der istro-romanischen Sprache.
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Dementsprechend ist hier auch das Partisanendenkmal zweisprachig.
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Um 18.30 Uhr kommt dann der Istria eingefahren, der mich aus den Fängen der maroden HZ befreien und nach Slowenien bringen soll. Wie schon am Mittwoch ist es ein 715.
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Meine Fahrt mit dem Istria erwartet euch dann im nächsten Teil.
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