Mit dem Freundschaftspass zum Pajares-Pass (10/15) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Montag, 24.06.2024, 20:10 (vor 545 Tagen)

Im letzten Teil bin ich abends im Dunkeln in Limoges angekommen: https://www.ice-treff.de/index.php?id=700774
Heute werde ich mir die Stadt anschauen. Danach fahre ich weiter Richtung Nordwesten.

Tag 17: Limoges und Ussel

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Da ich zum ersten Mal in Limoges bin und sowohl gestern im Dunkeln angekommen bin als auch morgen kurz nach Sonnenaufgang abfahren werde, bleibe ich hier für zwei Nächte. Mein erster Gang des Tages führt mich in die sehr ansprechende Markthalle.

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Nachdem ich mich mit Frühstück und Leckereien für die Mittagspause versorgt habe, muss ich wegen meiner Probleme am Vorabend zum Bahnhof. Ein großer Bahnhof, nur das spärliche Zugangebot passt nicht ganz dazu.

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Die Frau am Schalter ist sehr nett und stimmt mir zu, dass meine Reservierung für die 1. Klasse so vermutlich nicht gültig ist. Meinem Wunsch in die 2. Klasse umzubuchen will sie auch nachkommen. Bei der Auswahl der korrekten Rabattkarte gerät sie jedoch ins Straucheln. Neben Interrail gibt es nämlich auch den Freundschaftspass als eigene Option und mit dieser ist die Reservierung kostenlos. Das fände ich zwar nett, ist aber eigentlich nur für die französichen Freundschaftspässe. Für den eigenen Nachwuchs hat Frankreich nämlich an kostenlose Reservierungen für die Ein- und Ausreise nach bzw. von Deutschland gedacht. Wir Deutschen sind in Frankreich dumm dran und müssen zahlen. Das erkläre ich ihr, aber sie ist verunsichert und ruft den Kollegen. Der schaut sich die Situation an, wird ziemlich unfreundlich und fällt ein eindeutiges Urteil: Was ich überhaupt hier wolle? Ich solle das Ticket auf der Website von Interrail buchen. Die SNCF habe damit überhaupt nichts mehr zu tun. Die Kollegin soll alles stornieren.
Das ist eine klare Aussage, aber falsch. Ich streite mich so lange rum, bis er geht. Dann sage ich seiner netten Kollegin, sie soll auf mein Risiko für 17 € mit normalem Interrail-Rabatt auf die 2. Klasse umbuchen. Damit gab es wenig überraschend zwei Wochen später bei der Fahrt keine Probleme. Das Ticket war ja auch korrekt. Ihr Kollege hat erneut meine Meinung über SNCF-Mitarbeiter bekräftigt. Sie war immerhin freundlich und hilfsbereit.

Danach ist es in meiner kleinen Ferienwohnung Zeit für meine Leckereien vom Markt. Nach Austern folgt ein halber Schweinefuß mit Vinaigrette.

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Ein Stück hinter meiner Wohnung ist der Bahnhof Limoges-Montjovis an der Strecke nach Angoulême oder genau genommen an ihrem Reststück bis Saint-Junien. Während meines Besuchs ist jedoch Langzeit-SEV zwecks Sanierung. Inzwischen fahren wieder Züge.

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Um die Kathedrale gibt es ein hübsches Altstadtviertel.

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Unterhalb der Kathedrale führt der mittelalterliche Pont Saint-Étienne über die Vienne. Hierüber verläuft die Via Lemovicensis des Jakobswegs.

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In Limoges ist heute am Sonntag ziemlich tote Hose. Der restliche Nachmittag würde sich noch perfekt für einen kleinen Ausflug anbieten. Ohne Auto ist das Angebot aber eingeschränkt, erst recht durch den SEV auf den beiden Stichstrecken nach Saint-Junien und Saint-Yrieix-la-Perche. Also entscheide ich mich für die relativ lange Fahrt nach Ussel.

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Bei der Ausfahrt nach Norden stehen mehrere abgestellte Aspirateurs.

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Zuerst führt die Strecke flussaufwärts durch das Tal der Vienne. Das müsste das Viadukt von Saint-Léonard -de-Noblat.

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Später führt die Strecke durch die fast menschenleeren Weiten des Naturpark Millevaches de Limousin.

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Während der Fahrt durch einen EInschnitt rumpelt es auf einmal kurz kräftig, als hätten wir etwas überfahren. Da die Notbremsung ausbleibt, schließe ich erleichtert einen Personenunfall aus und vermute Äste. Auf meine Nachfrage weicht die Zugbegleiterin erst aus, antwortet dann jedoch, es seien Hunde gewesen. Ob da mitten im Nirgendwo ein Besitzer dabei war oder wildlaufende Hunde? Oder ich habe vielleicht etwas falsch verstanden. Uff!
Nach fast zwei Stunden ist der heutige Endhalt Ussel erreicht. Wie gestern in Rodez wäre es hier bis vor einigen Jahren weiter nach Osten gegangen, hier Richtung Auvergne. Bis zur Sperrung 2014 gab es sogar noch in Form des Ventadour Fernverkehr.

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Auch hier sind Bauarbeiten im Gange.

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Ein Arbeitszug von SNCF Infra steht im Bahnhof. Vielleicht ein Unkrautspritzzug?

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Mein Blauwal wartet für die Rückfahrt am Hausbahnsteig.

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Von hier gäbe es noch alternativ die Bahnstrecke nach Brive-la-Gaillarde. Der dünne Fahrplan und der nahende Sonnenuntergang machen eine Mitfahrt aber nicht sinnvoll, weshalb ich über die gleiche Strecke zurückfahre. Meine nette Zugbegleiterin wird sich auch ihren Teil zu mir denken …
Es geht also wieder durch die Millevaches. Ob der Name der Region (wörtlich übersetzt 1000 Kühe) etwas mit den zahlreichen Kühen hier hat?

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Der Bahnhof von Pérols-sur-Vézère muss in Privatbesitz sein und kommt sehr gepflegt daher.

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Dann wird es dunkel. Zurück in Limoges kehre ich noch ein wenig ein und esse einen Happen. Am Bildschirm wird das Viertelfinale der Rubgy-WM des Gastgebers gegen Südafrika übertragen. In der ersten Urlaubswoche in Marseille kam mir das Turnier ja schon etwas in die Quere. Leider verlieren die Franzosen denkbar knapp. Da Rugby hier in Südfrankreich im Gegensatz zu Deutschland eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu König Fußball ist, herrscht wenig überraschend Katerstimmung.

Tag 18: Limoges – Périgueux – Bordeaux – Nantes

Nachdem ich gestern ausschlafen konnte, muss ich heute für den vierten Freundschaftspass-Tag früh raus, um meinen TER nach Bordeaux zu bekommen. Das letzte Bild von Limoges-Bénedictins gibt es deshalb im Morgengrauen.

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Wie schon am vierten Urlaubstag fährt nach wieder ein langweiliger AGC statt dem erhofften Aspirateur. In Périgueux wird kopfgemacht. Hier verlasse ich den Zug für einen Stadtrundgang. Die romanische Kathedrale Saint-Front ist von sehr markanten Kuppeln gekrönt. Diese stammen aber erst aus dem 19. Jh. und wurden von dem Architekten von Sacre-Coeur in Paris entworfen.

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Schon die Kelten und danach die Römer siedelten hier. Vom Vorgängerbau der Kathedrale aus dem 6. Jh. im Übergang von Antike zu Frühmittelalter ist sogar noch das Westwerk vor der „neuen“ Kathedrale erhalten.

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Hier auf dem Vorplatz mit Blick zur Kathedrale nutze ich das angenehme Wetter, um zum Frühstück bei einem Café einzukehren. Ab morgen soll das Wetter leider schlechter werden.
Danach fahre ich wieder mit einem AGC nach Bordeaux Saint-Jean weiter.

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Dort habe ich etwas über eine Stunde Umsteigezeit bis zur Abfahrt meines IC nach Nantes. Für eine Runde durch die Stadt ist das etwas knapp und ich war hier schon 2018 mehrere Tage auf dem Rückweg vom Jakobsweg. Viel besser passt die Zeit für ein Mittagsmenu in der großen Brasserie auf dem Bahnhofsvorplatz. Als Hauptgang wähle ich die Brandade de Morue, ein Auflauf mit Kabeljau.

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Zum Nachtisch wähle ich einen Moelleux au Chocolat.

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Schon 2018 hat mich diese große Karte vom Netz der Chemins de Fer du Midi begeistert. Heute ist dieses leider bei Weitem nicht mehr so umfangreich, vor allem innerhalb des Dreiecks Bordeaux – Bayonne – Toulouse sieht es heute sehr leergefegt aus.

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In der Bahnhofshalle wartet mein IC unter der großen Uhr auf seine Abfahrtszeit.

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Meiner ist leider der Régiolis links. Der rechte ist aus Marseille angekommen.

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Im Zug ist es diesmal tatsächlich gut voll. Hier wird endlich korrekt durchgesagt, dass Reisende ohne Reservierung ihren Platz räumen müssen, wenn ihn jemand reserviert hat. Also ist es ganz offensichtlich zulässig, ohne Reservierung mitzufahren. Der Zugbegleiter weist mich bei der Kontrolle meines Pass nochmal extra darauf hin. Als ich ihm dann sage, dass ich sehr wohl eine Reservierung habe, möchte er auch diese sehen und beglückwünscht mich zu dieser klugen Entscheidung. Die 1,50 € waren heute wirklich eine gute Investition, aber der Preis war ja im IC von Lourdes nach Toulouse gar nicht mein Problem, sondern die Buchbarkeit.
Kurz nach Bordeaux beginnt die Strecke über der Ebene anzusteigen. Dabei passieren wir dieses Schild.

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Grund für die Steigung ist die Hochbrücke über die Dordogne.

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Danach folgt eine längere gemächliche Fahrt durch das Bordeaux-Weinbaugebiet. Als Pfälzer sind die Reben in der Ebene etwas gewöhnungsbedürftig.

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Zwischendurch wird die gemütliche Fahrt extrem gemütlich, so gemütlich wie in Rumänien. Das passt gar nicht für eine Fernverkehrsstrecke. Aber sie führt ja nicht auf Paris zu …
Bei Saintes scheint mir ein Stillstandsmanagement der SNCF zu sein.

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Vor La Rochelle kommt an einigen Stellen kurz der Atlantik in IScht.

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Nachdem ich schon am zweiten Reisetag bei Alstom in Belfort einen neuen TGV-M gesehen habe, sehe ich bei Alstom in La Rochelle den nächsten.

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Zwei Stunden später erreiche ich mein Tagesziel Nantes. Bis es dunkel wird, bleibt mir noch ein kurzes Zeitfenster, dass ich für eine kleine Fahrt nutzen will. Ich fahre auf der Strecke Richtung Saint-Gilles bis Rézé Pont-Rousseau. Diese führt über die Loire.

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Eigentlich wollte ich noch eine Station weiterfahren. Da aber alle Gegenzüge signifikant verspätet sind, steige ich schon hier aus und nehme einen Zug früher als geplant zurück.

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Bei meiner Rückkehr zum Hauptbahnhof fährt gerade ganz auf der anderen Seite des Gleisvorfelds ein Ouigo Train Classique aus.

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Mein IC ist inzwischen nicht mehr da, aber ein baugleicher aus Lyon ist angekommen.

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Im letzten Tageslicht schaue ich mir noch das Residenzschloss von Nantes an. Da möchte ich morgen, aber dann ist kein blauer Himmel mehr zu erwarten. Hier residierten im 15. Jh. die fast unabhängigen Herzöge der Bretagne. Mit der Hochzeit der letzten unabhängigen Herzogin Anne mit dem französischen König 1491 endete diese Ära. Heute liegt Nantes nicht mal mehr in der Region Bretagne, womit viele Einwohner aber nicht sonderlich glücklich sind.

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Der Weg zu meinem Airbnb-Zimmer führt mich entlang der Erdre. An anderen Ufer fährt die Tram, die zu einem der ersten Netze der großen Straßenbahnrenaissance in Frankreich gehört.

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Morgen werde ich mehr Zeit haben, um Lyon zu besichtigen. Das und noch mehr könnt ihr im nächsten Teil lesen.

Mit dem Freundschaftspass zum Pajares-Pass (10/15)

paulb1997, Montag, 24.06.2024, 21:00 (vor 545 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

Vielen Dank für die tolle Berichtreihe :)

Ich war exakt zur gleichen Zeit mit dem Freundschaftsspass in Frankreich unterwegs. Meine Route war Bordeaux - Toulouse - Montpellier - Nizza - Lyon. Dort bin ich auch in den Genuss des klassischen Intercity mit Corailwagen zwischen Bordeaux - Toulouse - Montpellier - Marseille gekommen. Leider habe ich nur klassische Urlaubsfotos gemacht, die Zugreise habe ich erst bei meiner nächsten Interrailreise dokumentiert.

Das mit den Reservierungen war bei mir auch eine Katastrophe. Ich wollte einen Tag früher von Nizza nach Lyon weiter, als ursrpünglich geplant. Natürlich waren 5 Tage vorher schon alle TGVs aus reserviert. Gezwungenermaßen bin ich dann mit TERs von Nizza über Marseille und Valence Ville nach Lyon gefahren. Das war ein Erlebnis. Erst hatte ich bis Valence zwei Stunden Verspätung, dafür hatte mein nächster TER dann Corailwagen mit wahrscheinlich original Interieur. Es sah zumindest so aus, als wäre es über 50 Jahre alt.

Viele Grüße ebenfalls aus der Pfalz

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https://www.youtube.com/@TravelbyRails?app=desktop&cbrd=1 Reiseberichte in anderer Form

Mit dem Freundschaftspass zum Pajares-Pass (10/15)

Bahne aus Leidenschaft, Freitag, 28.06.2024, 17:47 (vor 541 Tagen) @ paulb1997

Vielen Dank für die tolle Berichtreihe :)

Ich war exakt zur gleichen Zeit mit dem Freundschaftsspass in Frankreich unterwegs. Meine Route war Bordeaux - Toulouse - Montpellier - Nizza - Lyon. Dort bin ich auch in den Genuss des klassischen Intercity mit Corailwagen zwischen Bordeaux - Toulouse - Montpellier - Marseille gekommen. Leider habe ich nur klassische Urlaubsfotos gemacht, die Zugreise habe ich erst bei meiner nächsten Interrailreise dokumentiert.


Da hätten wir uns ja fast über den Weg laufen können. Bei meinen ersten Bahnreisen habe ich auch deutlich weniger Bahnfotos gemacht. So fängt die Todesspirale der Bahnreisen wohl an: Erst fährt man mit dem Zug in den Urlaub, dann beginnt man den Zug zu fotografieren und am Ende fährt wegen eines speziellen Zugs in den Urlaub. ;-)

Das mit den Reservierungen war bei mir auch eine Katastrophe. Ich wollte einen Tag früher von Nizza nach Lyon weiter, als ursrpünglich geplant. Natürlich waren 5 Tage vorher schon alle TGVs aus reserviert. Gezwungenermaßen bin ich dann mit TERs von Nizza über Marseille und Valence Ville nach Lyon gefahren. Das war ein Erlebnis. Erst hatte ich bis Valence zwei Stunden Verspätung, dafür hatte mein nächster TER dann Corailwagen mit wahrscheinlich original Interieur. Es sah zumindest so aus, als wäre es über 50 Jahre alt.

Die angestaubten Corailwagen im Rhonetal kenne ich auch noch aus meiner Zeit in Lyon. Sollten die aber nicht inzwischen abgelöt worden sein?

OT: Kundenorientierung des Bahnpersonals od. wessen Problem?

Tobs, Region Köln/Bonn, Montag, 01.07.2024, 16:38 (vor 538 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

Bonjour Eric, bonjour à toutes et à tous*,

Das ist eine klare Aussage, aber falsch. Ich streite mich so lange rum, bis er geht. Dann sage ich seiner netten Kollegin, sie soll auf mein Risiko für 17 € mit normalem Interrail-Rabatt auf die 2. Klasse umbuchen. Damit gab es wenig überraschend zwei Wochen später bei der Fahrt keine Probleme. Das Ticket war ja auch korrekt. Ihr Kollege hat erneut meine Meinung über SNCF-Mitarbeiter bekräftigt. Sie war immerhin freundlich und hilfsbereit.

Hier möchte ich mal die SNCB/NMBS ins Rennen schicken. Hast Du mit denen schon die Ehre gehabt? Auch wenn die positiven Erfahrungen überwiegen, möchte ich meine schlechteste Erfahrung - überhaupt im Bahnverkehr, und da ist mir auch seitens der DB schon einiges widerfahren - zum Besten geben. So geschehen, vor ca. zehn Jahren in Antwerpen Centraal. Für zwei Freundinnen hatte ich damals (online) den sogenannten Webdeal gekauft, mit dem man - seinerzeit - eine festgelegte, innerbelgische Relation, z. B. Hergenrath >< Oostende (oder umgekehrt), einfach befahren konnte. Mit einem festen Preis à 5.00 € schon damals günstiger als der Standard Multi. Da beschriebene Freundinnen kreuz und quer durch Belgien reisten, kamen einige Tickets zusammen. Irgendwie lief die Buchung aber schief, so dass die Tickets mehrfach abgebucht wurden. Also ging ich abends zum Schalter in Antwerpen Centraal und schilderte den Fall; mangels (damals noch) unzureichender Niederländischkenntnisse "direkt" auf Französisch (= was ich aus heutiger Sicht als etwas unhöflich ansehe, wenngleich ich natürlich der Kunde war und der Mitarbeiter auch diese Sprache perfekt beherrschte). Was mich noch mehr als die unzureichende Motivation meines Gegenübers mir zu helfen störte, war die Tatsache, dass er wohl meinte mich duzen zu dürfen. (Wohl gemerkt, das Gespräch wurde auf Französisch - statt Niederländisch - geführt und da ist mir das "du" in einem solchen Kontext eher fremd.) Ich hätte online gebucht, so dass er da nichts ausrichten könnte und überhaupt wäre das ja allein mein Problem (wortwörtlich: "Et ton problème, c´est mon problème à moi ?"). Ohne mich wirklich zu Wort kommen zu lassen, deutete er auf seine Vorgesetze, bei der ich mich über ihn beschweren könnte, wenn ich das wolle und dann ging er und ließ mich am Tresen stehen. Ich blieb noch - aus Prinzip - ein Weilchen stehen und ging dann, nachdem ich kollektiv ignoriert wurde und fuhr nach Brüssel. Dort schilderte ich dann den Fall erneut, das Personal war sehr freundlich und gab mir zu verstehen, dass meine Vermutung zutreffend sei, dass ein technischer Fehler vorläge. Ich möge ihn bitte schriftlich erläutern und einsenden. Kein einfacher Fall, aber nachdem meiner - ebenfalls in Brüssel ansässigen Französischlehrerin - den Fall, übrigens mit reichlich Mühe, da ihr der bahntechnische Hintergrund fehlte, verständlich machen konnte, verfasste sie mit mir einen Brief und der Schaden wurde mir umgehend centgenau erstattet.

Dem möchte ich aber noch eben ein positives Erlebnis gegenüberstellen: In Eupen hieß es, dass der IC wegen einer Verspätung bereits in Welkenraedt (w)enden würde. Eine (sehr) nette Dame aus Eupen, nahm sich einer Gruppe Flüchtlinge (= eine Familie mit Kind und ein alleinreisender, junger Mann) an, die - aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse (= Deutsch bzw. Französisch) etwas "aufgeschmissen" waren und bot Ihnen spontan an, Sie eben nach Welkenraedt zu fahren. Ich fragte die Schaltermitarbeiterin, ob es noch irgendeine Möglichkeit gäbe (= Bus oder Taxi), den Zug in Welkenraedt zu erreichen. Sie meinte, ich möge fragen, ob die Dame mich auch mitnehmen könne (= was sie auch tat, zu meinem Glück fuhr sie einen Neunsitzer). Andernfalls würde sie ihren Feierabend vorziehen und mich selbst nach Welkenraedt fahren, damit ich den Zug auch noch sicher erreiche. Selten soviel Herzlichkeit erlebt, daran denke ich gern zurück. Unsere Fahrerin unterhielt sich mit dem jungen Herrn übrigens auf Englisch, eine bewegende Geschichte. Beschriebene Familie sprach wohl "nur" Französisch und mit denen kam ich dann parallel ins Gespräch, allerdings eher über pragmatische Inhalte, wie sie z. B. von Welkenraedt nun am besten nach Brüssel weiterkämen. Nachdem wir ausgestiegen waren, fragte ich Fahrerin, auch der Diskretion wegen, auf Deutsch, ob ich ihr etwas für den Sprit geben dürfte. Ich musste regelrecht insistieren, dass sie meinen Zehn-Eu­ro-Schein akzeptierte, schließlich wolle sie sich an keiner Selbstverständlichkeit bereichern. Wir sprachen dann noch kurz über das bewegende Schicksal des jungen Mannes und dann kam auch schon der Zug.

Eines zum Schluss: Ich habe grundsätzlich großen Respekt vor Bahnpersonal und ziehe den Hut, vor dem, was sie, insbesondere in diesen Tagen, leisten. Ausnahmen, wie ich sie hier auch geschildert habe, bestätigen die Regel. Daher an dieser Stelle mein herzliches Dankeschön an alle Bahnangestellten, ohne die keine Räder rollen würden.

Herrje, jetzt habe ich mich aber mal wieder richtig in meinen Memoiren ergossen.

PS: Eine schlechte Erfahrung mit der SNCF habe ich doch gemacht. Meine Schwester wollte damals mit einer Freundin, die Mosel entlang von Koblenz bis zur Quelle - weitestgehend möglich - mit dem Zug. Für eine Teilstrecke fand ich bei der DB (innerfranzösisch) einen Zug, bei der SNCF war dieser jedoch unauffindbar. Daraufhin sprach ich die Dame im Chat (der SNCF) darauf an und zeigte ihr den Screenshot der DB. Sie äußerte, dass für sie irrelevant sei, was seitens der DB angezeigt werde und nur die Auskunft der SNCF für sie relevant sei. Und laut dieser sei "mein" Zug inexistent. Punkt. Damit war das Gespräch dann auch beendet und der Chat wurde - ihrerseits - geschlossen. (Die Tour entfiel dann später auch aus anderen Gründen.)

* Weiß hier jemand zufällig, ob das so gendergerecht (Stichwort: Kollegen und Kollegen statt Kolleg*innen) ist?

OT: Kundenorientierung des Bahnpersonals od. wessen Problem?

bahnfahrerofr., Montag, 01.07.2024, 17:55 (vor 538 Tagen) @ Tobs

Ich hätte online gebucht, so dass er da nichts ausrichten könnte und überhaupt wäre das ja allein mein Problem 

Nun, genau diese Aussagen zu Fahrgästen mit Onlinebuchungen gab es an DB-Schaltern bis vor wenigen Jahren auch sehr regelmäßig zu hören. Was diese Mitarbeiter wohl jetzt dazu sagen würden, wenn sie gewusst hätten, dass sie im Jahr 2023 selbst (fast) nur noch Online-Tickets verkaufen dürfen?

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