Unterwegs in der Westschweiz 3/3: MBC (53 Bilder) (Reiseberichte)
Hallo zusammen,
willkommen zum dritten und letzten Teil unserer Rundfahrt durch die Westschweiz. Im zweiten Teil hatten wir die Strecke der NStCM von Nyon nach La Cure erkundet. Der Bericht hatte in Morges geendet, dort setzen wir die Reise nun fort.
Die nachfolgenden Bilder stammen aus dem September 2022, als ich nochmals in der Region unterwegs war. Da ich zu faul bin, die Anreise vom Bodensee zum Genfersee ein zweites Mal aufzubereiten, hänge ich das hier an, zumal das auch thematisch passt.
Teil 3: Morges - Bière – Apples - L’Isle – Apples – Morges – Lausanne – Zürich - Konstanz
Wir sind mit einem InterRegio der SBB von Nyon auf der Hauptstrecke Genf-Lausanne eine Station nach Morges gefahren und stehen nun vor dem Bahnhof Morges.
Unser Interesse gilt dem Meterspurteil des Bahnhofs, wo die MBC ihren Ausgangspunkt hat. Die MBC befährt ein y-förmiges Streckennetz im Kanton Waadt mit einer Hauptstrecke von Morges über Apples nach Bière und einer Zweigstrecke von Apples nach L’Isle. Die Bahn ist vielleicht auch unter ihrem früheren Namen BAM bekannt.
Wir befahren zunächst die Hauptrecke komplett bis Bière. Wir treffen auf eine Garnitur, die komplett aus der jüngsten Fahrzeuggeneration besteht. Unverkennbar handelt es sich um Fahrzeuge aus der Familie der Westschweizer Meterspurzüge von Stadler wie bei tpf und NStCm in den beiden vorherigen Berichtsteilen. Die MBC verzichtet auf eine erste Klasse.
Kein Bericht über die MBC ohne ein Bild von Château de Vufflens! Die Bahnstrecke führt direkt an dem markanten Bau aus dem frühen 15. Jahrhundert vorbei, Château de Vufflens gilt als eines der bedeutendsten Schlösser der Westschweiz.
Die Strecke steigt nur sanft an, sie ist deutlich flacher als die der NStCM, den höchsten Punkt erreicht die Bahn auf 710 Metern über dem Meer. Die im Personenverkehr befahrene Hauptstrecke ist 19 Kilometer lang, es gibt zudem noch ein Anschlussgleis zu einer Kaserne in Bière, das jedoch ausschließlich dem Güterverkehr dient.
Nach 30 Minuten haben wir die Endstation in Bière erreicht. Bière ist der Betriebsmittelpunkt mit Depot und Werkstatt. Der Ort Bière hat rund 1.700 Einwohner.
Bière war ursprünglich ein landwirtschaftlich geprägtes Dorf, ab 1822 entstand hier ein Militärstandort, der heute als Waffenplatz und Ausbildungszentrum schweizweit bekannt ist. Wir drehen eine kleine Runde durch den Ort.
Die Bahnstrecke von Morges nach Bière wurde 1895 eröffnet, im Vordergrund stand dabei der Güterverkehr zur Kaserne. Die Strecke wurde zunächst mit Dampfzügen bedient, 1943 wurde der elektrische Betrieb aufgenommen.
Der Aufenthalt in Bière diente nicht nur der Ortsbesichtigung, sondern sollte auch die Fahrzeugvielfalt erhöhen – und dieser Plan geht auf. Die Garnitur des Folgetakts besteht aus jüngeren Trieb- und Zwischenwagen sowie einem älteren Steuerwagen. Wir fahren nun bis Apples.
In Apples gibt es einen Keilbahnhof. Links steht der Zug auf der Zweigstrecke nach L’Isle, unser Zug fährt auf das Gleis der Hauptstrecke in Richtung Morges. Die Lage des Keilbahnhofs ist etwas irritierend, weil so keine Direktverbindungen zwischen L’Isle und dem Bezirkshauptort Morges möglich sind. Der Fahrplan sieht auch keine Direktzüge oder Flügelungen vor, auf der Relation zwischen L’Isle und Morges muss stets in Apples umgestiegen werden. Auch in Apples drehen wir eine kleine Runde durch den Ort.
Bei der MBC legt man offenbar großen Wert auf das Corporate Design, das Bahnhofsgebäude von Apples präsentiert sich in den Unternehmensfarben creme und grün. Die Zweigstrecke nach L’Isle wurde ein Jahr nach der Hauptstrecke eröffnet, hierfür gründeten Gemeinden und Private mit der Chemin de fer Apples–L’Isle (AL) eine eigene Gesellschaft.
Für die Fahrt auf der Zweigstrecke steht eine zweiteilige alt+neu-Komposition bereit, der Steuerwagen führt. Die Steuerwagen wurde 1982 ausgeliefert.
Die Zweigstrecke ist knapp 11 Kilometer lang, sie führt leicht geschwungen über das flache Land. Größere Kunstbauten gibt es an den Strecken der MBC nicht.
Es gibt mehrere Haltepunkte und Stationen, wobei die zugehörigen Ortschaften teilweise entfernt liegen. Nachfolgend das Empfangsgebäude von Montricher – ebenfalls in Unternehmensfarben. Insgesamt wohnen nur rund 3.000 Personen im Einzugsbereich der Bahnstrecke.
Beim nächsten Bild erreichen wir schon die ersten Häuser von L’Isle und wenig später den dortigen Endbahnhof.
Ich hatte keine rechte Vorstellung davon, was uns in L’Isle erwarten würde - wenn der Wikipedia-Eintrag zu einem Ort als Aufmacher ein Luftbild in schwarz-weiß zeigt, interpretiere ich das üblicherweise als Warnsignal, die Erwartungen hinsichtlich eines sehenswerten Ortsbilds runterzuschrauben. Das 1.000-Einwohner-Dorf stellt sich jedoch als idyllisches Kleinod heraus. Der Ort liegt am Fluss Venoge, der unweit von hier entspringt. Die Venoge ist hier gefasst und zu einem langgezogenen Weiher aufgestaut.
Da sich die Venoge in mehrere Bachläufe aufspaltete, erhielt der Ort 1299 den Namen Insula, daraus wurde das heutige L’Isle (die Insel). Im 13. Jahrhundert entstand hier ein ummauertes Städtchen. Die Pfarrkirche wurde 1732–1734 neu erbaut, besitzt aber noch ein Rundbogenportal des Vorgängerbaus.
Von der einstigen städtischen Siedlung ist nichts mehr zu sehen, L‘Isle hat heute einen Dorfcharakter mit einigen Bauernhäusern aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.
Und mittendrin das klassizistische Schloss aus dem Jahr 1696 mitsamt ausgedehntem Schlosspark. Es wurde von einem Offizier der französischen Armee erbaut, heute gehört es der Gemeinde und beherbergt Gemeinschaftsräume, Wohnungen und Schulräume.
Doch nun zurück zum Zug, der Bahnhof verfügt über eine Remise. Für Rückfahrt wählen wir wieder den Steuerwagen, da sich hier die Fenster öffnen lassen. Bei der Fahrt über das Plateau des Jurasüdfußes ist in der Ferne der Genfersee zu sehen.
Auf dem nächsten Bild sehen wir den Bahnhof von Pampigny-Sévery. Hier steigen nun auch mal ein paar Fahrgäste ein, bisher waren die Züge sehr überschaubar besetzt, wobei wir außerhalb der Hauptverkehrszeit unterwegs sind.
Nach 14 Minuten sind wir in Apples, wo wir Richtung Morges umsteigen. Die Personenzüge auf der Hauptstrecke sind an unserem Reisetag nicht so ganz pünktlich, vor unserem Regio kommt zunächst ein Güterzug eingefahren. Die MBC hat traditionell einen starken Güterverkehr. Neben Zuckerrüben und Getreide waren dies überwiegend Panzertransporte zur Kaserne in Bière, später kamen Kies- und Aushubtransporte von und zu einer Kiesgrube bei Apples hinzu. Für den Güterverkehr werden Normalspurwagen mit Rollböcken eingesetzt.
Schließlich rollt auch der Regio nach Morges in den Bahnhof ein, am Zugschluss wieder ein älterer Steuerwagen, den wir aufgrund der öffenbaren Fenster bevorzugen. Mit dem Zug geht es für uns nun wieder hinab zum Genfersee.
Das letzte Bild von der MBC zeigt nochmals Schloss Vufflens, diesmal aus anderer Perspektive. Der quadratische Wohnturm Donjon ist 60 Meter hoch. Der Weinberg gehört zum Schloss, die Weine werden in den Kellern des Schlosses ausgebaut.
Und damit endet unser Besuch bei den westschweizerischen Meterspurbahnen tpf, NStCm und MBC. Wir fahren nun zurück an den Bodensee, ein InterRegio bringt uns nach Lausanne, von dort geht es über Zürich nach Konstanz. Die Verbindungen werden mit IC2000-Doppelstockwagen gefahren, dafür stellvertretend nachfolgend nur zwei Bilder.
Mit der Abendsonne über den Weinberge des Lavaux verlassen wir den Genfersee, das letzte Bild bei Tageslicht entsteht dann irgendwo im Mittelland.
Und damit sind wir am Ende dieser Berichtsreihe angelangt, vielen Dank für das Interesse und fürs Mitkommen.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Tobias
PS: Meine früheren Bahnreiseberichte gibt’s unter www.bahnreiseberichte.de.
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