Mit dem Freundschaftspass zum Pajares-Pass (4/15) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Montag, 27.05.2024, 22:06 (vor 568 Tagen)

Tag 7: León und Mattallana

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Nach dem gestrigen Marathon-Bahntag von Marseille bzw. Tarragona nach León ( https://www.ice-treff.de/index.php?id=699517 ) haben wir heute einen gemütlichen Tag in León ohne Bahnfahrt geplant. Doch Pläne sind zum Ändern da. Ihr müsst also nicht Wegklicken.
In unserem Hostel sind wir vermutlich die einzigen Gäste, die nicht auf dem Jakobsweg unterwegs sind. Das sehr mitteilungsfreudige internationale Klientel auf Selbstfindungstrip finde ich etwas anstrengend. Als ich 2018 in Südfrankreich unterwegs war, fand ich die dortigen überwiegend französischen Mitwanderer deutlich angenehmer. Erfreuliche Ausnahme ist ein sympathischer Frühpensionär, der mit dem Fahrrad auf dem Weg von Rostock nach Huelva in Andalusien ist. Den Jakobsweg nach Santiago nimmt er dabei nebenbei mit. In Huelva will er sich einschiffen auf die Kanaren, wo er sich dann mit seiner Frau für einen ganz bürgerlichen Urlaub trifft. Kann man mal machen. :-)
Nach gemütlichem Frühstück im Hostel starten wir die Stadterkundung mit dem Markt und dem Rathaus.

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Gefolgt von der gotischen Kathedrale.

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Sehr spannend ist auch die romanische Basílica San Isidoro.

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In den interessantesten Teilen ist jedoch Forografoerverbot: einerseits der Heilige Gral von Leon und andererseits die Grablege der Könige von León, der Panteon Real mit farbenfrohen mittelalterlichen Deckenmalereien.
Der Panteon Real hier in León ist kein Zufall. Ab 910 war die Stadt Namensgeberin und Hauptstadt des lange Zeit bedeutendsten christlichen Königreichs auf der iberischen Halbinsel León. Seit 1230 war es in Personlaunion mit seiner ehemaligen Provinz Kastilien, das in der Union dominanter wurde.
Nachdem wir in 2022, weil wir zu geizig für den Eintritt in die Kathedrale, den Heiligen Gral von Valencia verpassten haben, freuen wir uns hier den einzig „echten“ zu sehen.
Danach haben wir schon kurz nach 12 Uhr unser Tagesprogramm erfüllt und gehen auf die Essenssuche. Für unschalgbare 14 € bekommen wir einen selbst für Spanien günstigen Mittagstisch mit drei Gängen und einer Flasche Rotwein. Als Vorspeise nehmen wir Carpaccio von Cecina, dem lokalen Rindertrockenfleisch.

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Die Flasche Wein haut vor allem bei Thomas ganz schön rein. Eigentlich wollte er nur Wasser und wir rechneten mit nur einem Glas Wein für mich und nicht einer ganz Flasche. Da wir unser Programm durchhaben, geht Thomas ins Hostel für eine Mittagsruhe. Die habe ich nicht nötig und nutze den Nachmittag für eine Mitfahrt mit der ehemaligen FEVE.
Am Schmaslpurbahnhof Burgos fährt schon länger kein Zu mehr.

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Die Gleisseite ist abgesperrt. Der Umbau sieht aber schon ziemlich vollendet aus.

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Ich folge der Schmalspurtrasse durch die Stadt zu ihrem aktuellen Endpunkt Asunción/Universidad am Stadtrand.

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Auch hier sieht die Trasse aus, als könnte jeden Moment der Betrieb aufgenommen werden.

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An der Endstation wartet tatsächlich schon ein zweiteiliger Triebwagen auf mich. In wenigen Minuten fährt Richtung Matallana los.

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Viel los ist noch nicht, aber ich werde nicht der einzige Fahrgast sein.

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In San Feliz ist eine Zugkreuzung. Der Bahnhofsvorsteher kontrolliert den Betrieb.

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León liegt am Nordrand der kastilischen Hochebene. Bald nach dem nördlichen Stadtrand beginnen die ersten Hügel des Kantabrischen Gebirges.

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Nach unter einer Stunde ist der Endhalt Matallana erreicht. Hier trifft die Strecke aus Leon auf den eigentlichen Ferrocarril de La Robla von La Robla an der Pajarespassstrecke nach Bilbao.

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Auch hier wird kräftig gebaut, weshalb nur ein Gleis benutzbar ist.

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Nach einigen Minuten Wendezeit fahre ich wieder mit der Rückleistung meines Zugs nach León zurück. Auf dem Heimweg vom Bahnhof komme ich an der römischen Stadtmauer hinter der Kathedrale vorbei.

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Und auch die Kathedrale möchte ich noch einmal im Abendlicht zeigen.

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Abends gehen Thomas und ich noch einmal für ein paar Bier aus. Ganz begeistert sind wir von der Bar Entreprenas an der Plaza San Martin. Der Ein-Mann-Betrieb gibt in bei der RENFE unbekannter Effizienz zu jedem Getränk, wie es sich gehört, Tapas raus und diese sind lokale Käse und Wurst und Cecina in bester Qualität.

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Tag 8: León – Oviedo

Heute folgt eines der Highlights dieser Reise: unsere Fahrt über den Pajares-Pass. Fahrplanbedingt können wir es heute Morgen gemütlich angehen lassen und noch das Frühstück im Hostel mitnehmen, bevor wir aus der Altstadt zum Bahnhof gehen.
Über dem vor wenigen Jahren eröffneten Tunnelbahnhof steht noch die alte Bahnhofshalle. Die runden Elemente sind die Lichtschächte des Tunnelbahnhofs.

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Unser eigentlicher Plan war, den einzigen Regionalzug zu nehmen. Als wir am Schalter unsere Tickets kaufen wollen, ist aber der kurz vorher verkehrende Alvia günstiger. Einige Wochen zuvor bei der Planung war er das auf der Website von RENFE noch nicht. Da sagen wir nicht nein. Nach der bisher unmotiviertesten Sicherheitskontrolle an einem spanischen Bahnhof sind wir in unserem Zug, ein Patito von Talgo.
Hier zweigt die Neubaustrecke zum neuen Basistunnel, die wenige Wochen später in Betrieb gehen wird, ab.

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Im Vergleich zu meiner bisher einzigen Mitfahrt in eiem Triebzug dieser Baureihe ( https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?030,10637145,10637145 ) sind wir hier in einer modernisierten oder einer anderen Ausstattungsvariante mit Ledersitzen statt grünen Stoffsitzen.

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Dann wird die Umgebung steiler und felsiger.

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Die Fahrt über den Pass mit ihrer aufwendigen Trassierung bietet tolle Einblicke. Wer Interesse hat und noch nie hier war, sollte die Chance ergreifen solange noch das eine verbliebene Regionalzugpaar verkehrt.

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Die Fotoqualität ist leider ausbaufähig, aber die Sicht kann mir zum Glück keiner nehmen. Aus dem Tunnel in der Bildmitte rechts werden wir wenige Minuten später kommen.

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Unten im Tal nähern wir uns wieder der Neubaustrecke die hinten links am Hang verläuft.

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Wenig später erreichen wir den ziemlich düsteren Bahnhof von Oviedo. Bis zum Früh-Check-In in unserem Hotel erkunden wir schon mal ein wenig die altstadt und genehmigen uns ein Getränk.
Oviedo hat für Spanien eine herausragende historische Bedeutung als Hauptstadt des Königreichs Asturien. Das erste christliche Königreich, das sich nach der Vernichtung des Westgotenreichs in Folge der islamischen Invasion 711 „hinter den Bergen bei den sieben Zwergen“ wieder bildete, wurde zur Wiege der meisten christlichen Königreiche auf der Iberischen Halbinsel. In Erinnerung an dieses Reich trägt seit 1388 der kastilische bzw. später der spanische Thronfolger, aktuell die älteste Tochter König Felipes Leonor, den Titel eines Fürsten von Asturien.
Erhalten haben sich davon überwiegend einige Kirchen, die zum UNESCO-Welterbe gehören. Hier wollte ich schon seit Jahren mal hin. Die drohende Ende der Pajares-Passstrecke gab dieses Jahr endlich den Anlass mal hin zu fahren. Am Nachmittag steigen wir deshalb auf den Monte Naranco, auf dessen Hängen oberhalb der Hauptstadt eine Sommerresidenz der Könige lag. Davon zeugen noch zwei kleine vorromanische Kirchen auf grünen Wiesen.

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Santa María del Naranco hat eine recht unübliche Bauform für eine Kirche, da sie ursprünglich eine Palastaula, also eine Art Thronsaal, König Ramiros I. war. Zumindest wird das angenommen.

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Wie der Bauzaun ahnen lässt, sind beide Kirchen leider während der Nebensaison wegen Sanierungsarbeiten geschlossen. Die ehemalige Palastkapelle San Miguel de Lillo war von Beginn an eine Kirche, jedoch ursprünglich deutlich größer. Ein Erdrutsch auf der Ostseite zerstört im Hochmittelalter gut zwei Drittel des Bauwerks.

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Im Besucherzentrum können wir uns als Fürst Pelayo, dem heldenhaften Gründer Asturiens, fotografieren lassen.

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Die Getränkespezialität Asturiens ist der Apfelwein Sidra. Einer meiner neuen Arbeitskollegen, ein Halbasturier, empfahl mir unbedingt, in eine Sidreria zu gehen. Das lässt sich hier auch kaum vermeiden. Etwas unterhalb der Kirchen kehren wir in eine mit Aussichtsterrasse ein.

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Weil die Sidra nicht sprudelt muss man sie aus abenteuerlicher Höhe auf den Rand des geneigten Glases einschenken, sodass ein Teil wegspritzt. Thomas versucht sich daran.

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Da die Flasche ziemlich günstig ist, denken wir zuerst wir hätten kein Glück bei der Wahl gehabt. Der Sidra ist nämlich ziemlich herb sauer, und gefühlt völlig zuckerfrei. Später am Abend stellen wir dann aber fest, dass das so muss.
Die Aussicht von hier oben ist fantastisch. König Ramiro wusste schon, wo er seine Sommerresidenz hinbaut. Das futuristische „UFO“ auf der rechten Bildseite unten in der Stadt ist der Kongresspalast des Stararchitekten Santiago Calatrava. Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten hat er sich hier aber nicht mit Ruhm bekleckert. Wegen zahlreichen Problemen musste er hohe Schadensersatzzahlungen leisten.

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Hier sieht es gar nicht aus, wie man sich Spanien vorstellt, eher wie im Allgäu. Die meiste spanische Milch kommt, sofern nicht aus Deutschland importiert, hier aus Asturien und den angrenzenden Regionen an der Atlantikküste.

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Inzwischen ist 18 Uhr vorbei und es wird langsam Zeit, in die Stadt runterzugehen. Dor tkehren wir später in einer belebten Sidreria. DIe lokalen Spezialitäten sind passend zur Milchviehhaltung sehr reich an Kalb- und Rindfleisch. Wir entscheiden uns für ein Cachopo, ein Cordon Bleu vom Kalb oder RInd, für zwei. Die Perspektive täuscht natürlich ein wenig, aber es ist wirklich monströs!

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Das hätte locker auch für drei oder vier Gäste gereicht. Da hätten wir uns die Vorspeise besser gespart. Nachdem Thomas weit vor der Hälfte schlapp macht, sind meine Spitzenleistungen als Kampfesser gefragt. Ich sage mal so: Am nächsten Tag durften wir auf schönes Wetter hoffen. Nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität konnte überzeugen. Es war sehr delikat.
Auf dem Heimweg zum Hotel kommen wir an einem weiteren Relikt des Königreichs Asturien vorbei, ausnahmsweise keine Kirche. Die Fuente de Foncalada ist ein Brunnen aus dem 9. Jh. und scheint noch oder wieder zu funktionieren.

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Nach dem Freundschaftspass ist hiermit auch der zweite Bestandteil des Berichttitels abgearbeitet und ich kann mir die weiteren Teile sparen. Nein, natürlich nicht aber eine Woche müsst ihr euch nun gedulden. Über Fronleichnam bin ich unterwegs, um Stoff für einen neuen Bericht zu sammeln. :-)


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