Mit dem Freundschaftspass zum Pajares-Pass (1/15) (Reiseberichte)
Nach zwei Berichtreihen über Altlasten von 2019 und 2022 kann ich nun einen deutlich aktuelleren „Berichtmarathon“ beginnen. Im vergangenen Jahr 2023 gehörte ich zu den 10.000 glücklichen Gewinnern des deutsch-französischen Freundschaftspasses. Das war gar nicht so einfach, denn wie ihr bestimmt mitbekommen habt, war pünktlich zum Vergabebeginn im Juni der Server down. Konnte ja auch keiner ahnen, dass bei Vergabe nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ alle gleichzeitig versuchen, ins System zu kommen. Nach einigen Minuten kam mir die Idee, ob es für Frankreich, eine eigene Seite gibt, und tatsächlich die gab es, ich kam rein und konnte dann im System trotzdem Deutschland als Wohnort wählen. Glück gehabt! Bei meinen Freunden funktionierte das dann danach nach meinem Tipp leider nicht mehr.
Im Gegensatz zu den anderen Gewinnern des Tickets, die ich kenne und nur einen Teil der Reisetage oder sogar gar keinen nutzten, hatte ich natürlich auch den Vorsatz alle 7 Reisetage auszunutzen. Da ich Ende August mit meine Masterarbeit abgeben und erst zum 1. November zu arbeiten beginnen würde, war eh ein ausgiebiger Urlaub geplant und der Pass kam mir sehr gelegen. Damit stand entgegen meiner vorherigen Pläne Frankreich als Haupturlaubsland fest. Aufgelockert wird der Monat Frankreich durch eine Woche in Nordspanien mit Thomas, den Leser meiner älteren Berichte schon kennen, wo ich natürlich nicht mit dem Freundschaftspass unterwegs war, sondern mit „gewöhnlichen“ Tickets.
Tag 1: Karlsruhe – Basel – Délemont – Belfort
Los geht es am letzten Donnerstag im September. Erster gesetzter Fixpunkt war der Nachtzug von Paris nach Briançon. Um nicht ganz langweilig den TGV von Karlsruhe nach Paris zu nehmen, wollte ich von Belfort über die Ligne 1 nach Paris fahren. Dann war nur noch die Frage, wie nach Belfort kommen.
Plan A war der TER von Müllheim nach Mulhouse nutzen. Wegen des seit August währenden SEV aufgrunf von Personalmangel, fiel dieser Plan aus. Im SEV bin ich hier schon vor Weihnachten 2021 gefahren (https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?030,10554507) und auf ein zweites Mal kann ich verzichten.
Plan B war, von Straßburg über Saint-Dié und Epinal zu fahren. Das scheiterte aber an terminlichen Zwängen, da der Nachtzug am Samstagabend nicht fährt, und ich am Donnerstag erst mittags losfahren konnte. Bis Mittwoch war ich nämlich auf meiner ersten Fachtagung und am Donnerstagmorgen musste ich dann nach 6 Jahren schweren Herzens aus meinem Wohnheim ausziehen.
Für den halben Tag sollte keiner der sieben wertvollen Reisetage meines Passes draufgehen. Nach erfolgreicher Wohnungsübergabe ging es deswegen am Donnerstagmittag mit dem RE 7 von Karlsruhe nach Basel Bad Bf los, dann mit der S 6 nach Basel SBB und mit dem IC Richtung Délemont. Die Fahrt durchs Jura ist immer wieder schön. Ist die Baustelle für ein zweites Gleis?
Nach Délemont kommt dann die für mich neue Strecke nach Belfort, für die ich den Umweg gemacht habe. 2014 war ich mal mit der Familie mit dem Auto in Sainte-Ursanne mit seiner Bahnbrücke, die das Stadtbild dominiert. Seitdem wollte ich mal mit der Bahn hier rüberfahren. Jetzt hat es endlich geklappt.
Am Grenzbahnhof Delle ist ein Umstieg vom SBB Flirt in einen AGC der SNCF erforderlich. Dies ist so erst seit 2018 wieder notwendig. Nach der Stilllegung 1992 von französischer Seite bzw. 1995 von Schweizer Seite wird Delle seit 2006 wieder von der SBB angefahren. Die SNCF zog erst 2018 nach.
Nach einer Viertelstunde überqueren wir den Hauptgrund für die Reaktivierung: Belfort-Montbéliard TGV. Zur Verwirrung der Fahrgäste heißt der Regionalhalt dagegen Meroux
Belfort war jahrhundertelang eine bedeutende Festungsstadt. Der Großteil de Festung wurde zur Regierungszeit Ludwigs XIV. von dessen berühmten Festungsbaumeister Vauban erbaut.
Im Gedenken an die Verteidiger während der Belagerung im deutsch-Französischen Krieg 1879/71 schuf der Schöpfer der New Yorker Freiheitsstatue Auguste Bartholdi unter der Festung den Löwen von Belfort.
Die Festung und der Zugang zum Löwen haben zu dieser Zeit schon geschlossen, aber eine gute Aussicht auf die Stadt habe ich hier oben trotzdem. Hinter der Kathedrale von Belfort sind schon die südlichen Vogesen zu sehen. In diese Richtung werde ich Belfort morgen verlassen.
Tag 2: Belfort – Troyes – Paris ( – Briancon)
Heute wird der erste Reisetag mit dem Freundschaftspass und an dem will ich richtig viele Kilometer machen. Der Reisetag beginnt morgens um 8 Uhr am Bahnhof Belfort, dessen heutiges Erscheinungsbild aus den 1930er-Jahren stammt.
In den weitläufigen Gleisanlagen steht eine TGV-Wagengarnitur, die vermutlich aus dem örtlichen Alstomwerk stammt.
Kurz nach Ausfahrt passieren wir dieses und dort steht ein neuer TGV M. Später im Urlaub werde ich einen weiteren beim TGV-Werk La Rochelle sehen, aber auch nicht besser fotografiert bekommen.
Ich fahre heute auf der alten Magistrale Ligne 1 von Belfort nach Paris mit einem längeren Zwischenhalt in Troyes. In meiner Anfangszeit als Bahnfan und Forist war gefühlt das halbe Auslandsforum hier an der Strecke unterwegs, um die lokbespannten Intercités mit den letzten CC 72000 der SNCF zu fotografieren. Seit hier die Régiolis-Hybridtriebwägen übernommen haben, ist es um die Strecke ruhig geworden.
Eine lokbespannte Garnitur wäre mir jetzt auch lieber, aber man nimmt, was man bekommt. Aus den Intercités sind heute TER der Region Grand Est geworden, aber trotzdem in Fernverkehrsausführung des Régiolis. Über das Innenraumdesign kann man streiten.
Durch den hügeligen Norden der Franche-Comté geht die Fahrt nach Nordwesten.
Nach etwas über einer Stunde erreichen wir den Bahnknoten Culmont-Chalindrey mit seinen Überwerfungsbauwerken.
Den Bahnhöfen und ihren weitläufigen Gleisanlagen sieht man die frühere Bedeutung der Strecke an. Da ich vermute, dass strategische Gründe ein Hauptgrund für die großzügige Auslegung der Infrastruktur in Richtung der französischen Ostgrenze waren, finde ich es aber gar nicht so bedauerlich, dass sie nicht mehr benötigt wird. In diesem Sinne ein Hoch auf die deutsch-französische Freundschaft, der ich die heutige Fahrt zu verdanken habe!
Um Viertel vor 11 erreiche ich den Bahnhof Troyes mit einer typisch französischen Bahnhofshalle. Mein TER aus Belfort wird gleich nach Paris weiterfahren.
Etwas Richtung Stadtzentrum liegt der erste Bahnhof von Troyes von 1848. Bei der Verlängerung der Strecke Richtung Osten 1857 hinderte seine innenstadtnahe Lage als Kopfbahnhof, weshalb der neue Durchgangsbahnhof gebaut wurde. Heute dient er unter Anderem als Mediathek.
In der Nähe des alten Bahnhofs liegt die Markthalle. Bei der ersten von noch zahlreichen Marktrunde kaufe ich mir etwas Käse. Zusammen mit einem Baguette wird dieser heute Abend mein Abendessen werden. Der linke mit oranger Rinde ist ein Langres, ein kräftiger Weichkäse. Durch die namensgebende Festungsstadt bin ich heute Morgen durchgefahren.
Jetzt aber zur Stadt: Einige Wochen vor dem Urlaub las ich, dass Troyes die granzösische Stadt mit der höchsten Prokopfdichte an (mittelalterlichen) Kirchen ist. Da will ich hin!
Im Hochmittelalter war Troyes die prunkvolle Residenz der mächtigen Grafen der Champagne. Zu dieser Zeit war die Stadt ein bedeutendes ökonomisches und kulturelles Zentrum. Neben dem ersten Autor der Parsival-Sage Chrétien von Troyes lebte hier als Mitglied der großen christlichen Gemeinde der bis heute jüdische Talmudgelehrte Raschi. Mit dem Aussterben des Grafenhauses und der Hochzeit der Erbtochter Johanna mit dem zukünftigen französischen König Philipp IV. dem Schönen, bekannt für die Zerschlagung des Templerordens, fiel die Champagne an das französische Königshaus und Troyes fiel seiner Funktion als Residenz beraubt in einen Dornröschenschlaf, weshalb es heute vergleichsweise wenig gewachsen ist und somit seine hohe Kirchendichte aus dem Mittelalter behalten hat.
1420 bekam die Stadt im Hundertjährigen Krieg nochmal unrühmliche Berühmtheit in Frankreich durch den Vertrag von Troyes, in dem der regierungsunfähige französische König seinen Schwiegersohn, den englsichen König Heinrich V., der große Teile Nordfrankreichs besetzt hielt, anstatt seines eigenen Sohns zum Thronfolger erklärte. Der frühe Tod Heinrichs 1422 zwei Monate vor seinem Schwiegervater und ab 1429 die französischen Siege um die Jungfrau von Orléans vereitelten die Umsetzung und der französische Dauphin wurde doch als Karl VII. König.
Eine der Kirchen ist die gotische Kathedrale-
In Troyes wurde ein eigener Glasfensterstil entwickelt. In Sainte-Madeleine mit seinen besonders schönen Fenstern passiert ein kleines Malheur. Ich werde während der Mittagspause eingeschlossen. Eine gotische Kirche mit tollen Fenstern schön und gut, aber 1,5 Stunden muss dann doch nicht sein. Dummerweise ist niemand zu entdecken, die angegebene Telefonnummer klingelt im Infohäuschen, das gerade Mittagspause hat. Nach einigen Minuten kann ich mich durch die Tür bei den Bauarbeitern, die vor dem Westportal tätig sind, bemerkbar machen, die mich rauslassen.
Um den Norden und Osten der Altstadt fließt die hier noch junge Seine.
Ab Troyes verkehren die TER abgesehen von einer Lücke am Mittag annähernd im Stundentakt nach Paris und so bin ich recht flexibel. Später als gedacht fahre ich nach Paris weiter und bin gegen halb Sechs am Bahnhof Paris Est.
Da weder im RER noch im Transilien Interrail anerkannt wird, habe ich keine größeren Pläne mehr bis zur Abfahrt meines Nachtzuges und so gehe ich zuerst rüber zum Gare du Nord, an dem ich bisher noch nicht war. Auf dem kurzen Fußweg dort hin, habe ich eine gute Sicht auf die ausgedehnten Bahnsteigeüberdachungen von Gare de l’Est.
Keine zehn Minuten später bin ich am momentalen Gare du Nord.
Noch ist es ein Thalys, der hier wartet. Wenige Tage später wird es ein Eurostar sein.
Auch zahlreiche Nez Cassés erreichen noch den Gare du Nord.
Für eine kurze Biopause besuche ich den recht ansehnlichen Salon à Grands Voyageurs.
Da dann doch gar nicht mehr so ewig Zeit ist, nehme ich für zwei Stationen den RER B nach Saint-Michel Notre-Dame. Als ich zwei Tage später von Problemen mit Bettwanzen in den RER-Zügen lese, bereue ich es sehr, mich für die zwei Stationen gesetzt zu haben. Zum Glück bin ich aber bettwanzenfrei geblieben.
Im nahegelegenen Decathlon muss ich noch eine dringende Besorgung für meine Reiseausrüstung machen. Danach gehe ich entlang der Seine zum Gare d’Austerlitz. Der Wiederaufbau von Notre-Dame hat sichtbar Fahrt angenommen. Bei meinem nächsten Besuch Ende Januar 2024 (https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?030,10728475) wird der Dachstuhl schon weitgehend fertiggestellt sein.
Offensichtlich nutzt die Lebensmittelgeschäftekette Franprix für seine Logistik auch die Seineschifffahrt.
Bis ich bei Austerlitz und der Seinebrücke der Metrolinie 5 bin, ist es dunkel geworden.
Bis zur Abfahrt bleibt noch ein wenig Zeit, um mich in Bahnhofsnähe mit einem perlenden Getränk für die Reise zu versorgen, Proviant habe ich schon aus Troyes dabei. Dann geht es zum Nachtzug. Gezogen wird dieser von einer Nez Cassé, die mit dem vorderen Zugteil nach Nizza fahren wird.
Das Bild täuscht. Mein 6er-Abteil ist komplett gefüllt und so genieße ich die Ausfahrt mit meinem Schlummertrunk am offenen Fenster.
Nachdem die Schaffnerin mein Fenster schließt, gehe ich ins Bett.
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