Mit tåg und tog durch Skandinavien (5/7 m. 48 B) (Reiseberichte)
Hallo zusammen,
willkommen zum fünften Teil unserer kleinen Skandinavien-Rundfahrt. Im letzten Teil waren wir von Åndalsnes über Dombås nach Oslo gefahren und waren auf der Bergensbane bis Finse gereist. Der sechste Reisetag wird nun so intensiv und eindrucksvoll, dass es genug Bilder für zwei Reiseberichtsteile gibt. Der erste Teil widmet sich der Etappe von Finse nach Myrdal und der Flåmsbana, im zweiten Teil geht es dann weiter nach Bergen und Oslo.
Tag 6a: Finse - Myrdal – Flåm - Myrdal
Wir haben in Finse auf 1.222 Meter über dem Meer übernachtet und wollen nun die Fahrt auf der Bergensbane fortsetzen. Am Bahnhof herrscht noch morgendliche Ruhe und es bleibt Zeit für Spaziergang zum Ufer des Finsevatnets.
Heute sieht man auch den Plateaugletscher Hardangerjøkul besser. Während des Zweiten Weltkriegs versuchten die deutschen Besatzer erfolglos, auf dem Gletscherplateau eine Landebahn zu errichten. Dahinter stand die Idee, mit ähnlichen Flugplätzen auf Island oder Grönland die USA angreifen zu können. Später war der Gletscher Drehort für eine Szene in einem Star Wars-Film und diente als Kulisse für den Eisplaneten Hoth.
Wir fahren von Finse eine Station bis Myrdal. Diesmal treffen wir auf einen Triebzug vom Type 75. Die Niederflurtriebzüge stammen von Stadler und basieren auf dem Flirt.
Die Züge gibt es in einer Intercity- und einer Lokalzugvariante, das Akronym FLIRT wurde hierzu umgedeutet und als „flinker leichter Intercity- und Regional-Triebzug“ erklärt. Auch in der Lokalzugvariante ist ein Kaffeeautomat verbaut.
Nun gibt es noch ein letztes Bild vom Finsevatnet, dann verschwindet der Zug im Finsetunnel. Im Vordergrund sehen wir den Rallarvegen, der Weg entlang der Bahnstrecke diente früher als Baustraße für die Bergensbane, heute ist er ein Rad- und Wanderweg und Teil der nationalen Fahrradroute von Oslo nach Bergen.
Der Finsetunnel ist über 10 Kilometer lang, im Tunnel liegt der Scheitelpunk der Bergensbane auf 1.237 Meter über dem Meer.
Auf der anderen Seite des Tunnels ist die Landschaft nicht weniger bizarr, hier führt der Rallarvegen über den Låghellervatnet-See. Die Landschaft ist äußerst karg, man muss fast ganzjährig mit Schnee rechnen.
Die Bahnstrecke führt mit unzähligen Tunnel durch die Gebirgslandschaft, dabei geht es nun deutlich bergab. Der nächste Halt in Myrdal liegt nur noch 866 Meter hoch. Kurz vor Myrdal fällt der Blick hinab auf zwei Seen, das nächste Bild zeigt den Seltuftvatnet.
Und hier sind wir am Bahnhof von Myrdal angekommen. In Myrdal zweigt die Flåmsbana von der Bergensbane ab. Der Bahnhof liegt in den Bergen zwischen zwei Tunneln, neben einigen zerstreuten Häusern gibt es hier viel Natur.
Wir schauen noch dem Zug nach, der nun im Gravhals-Tunnel verschwindet und widmen uns dann der Flåmsbana. Die Flåmsbana ist eine 20 Kilometer lange Nebenstrecke, die von Myrdal hinab nach Flåm am Aurlandsfjord führt.
Die Flåmsbana ist heute eine reine Touristenbahn. Die Züge werden im Sandwich-Betrieb mit Lokomotiven des Typs El 18 betrieben, die dunkelgrünen Wagen sind für den Touristenverkehr hergerichtet.
Wir fahren von Myrdal hinab zum Fjord – die meisten Touristen befahren die Strecke in der anderen Reihenfolge, nämlich vom Kreuzfahrtschiff aus. Bahntechnisch interessant ist besonders der obere Abschnitt bei Myrdal, wo sich die Bahn mit einem Kehrtunnel durchs Gebirge windet – das ist auf dem Monitor nur ansatzweise dargestellt.
Von Myrdal führt die Strecke zum Reinungavatnet, der See liegt rund 100 Meter tiefer als Myrdal. Wenig später fährt der Zug in den Vatnahalsenkehrtunnel ein.
Dann erreicht der Zug den Wasserfall Kjosfossen. Zwischen zwei Tunneln gibt es hier eine Plattform, der Zug hat dort einen Fotohalt. Nein, den Zug kann man hier nicht fotografieren, der steht mit Anfang und Schluss im Tunnel. Aber…
…die Huldra! Zu theatralischen Klängen erscheint die mystische Sagenfigur und betört die Fahrgäste mit ihrem verführerischen Tanz.
Die Bahnstrecke folgt im weiteren Verlauf dem Fluss Flåmselvi. In der Hauptsaison verkehren zwei Garnituren, die am Bahnhof Berekvam kreuzen. Die Weichen werden von Hand gestellt, zwei Wochen vor unserem Besuch stießen hier zwei Züge frontal zusammen, es gab 10 Verletzte.
Um besonders lawinengefährdete Bereiche zu umfahren, wechselt die Bahnstrecke mehrfach die Uferseite. Dabei wurden teilweise keine Brücken errichtet, sondern stattdessen Tunnel für den Fluss gebohrt. Im weiteren Verlauf weitet sich das Flåmstal, beim nächsten Bild sehen wir auf dem Talboden die Siedlung Håreina mit der Kirche aus dem Jahr 1667.
Bei der Fahrt durch Flåm passieren wir noch diese Halle. Hier hat man den Elektroloks des Typs El 17 ein Denkmal gesetzt. Die Lok ist verwandt mit der Baureihe 120 der Deutschen Bahn, der Typ prägte lange Zeit die Flåmsbana, die Lokomotiven wurden 2014 ausgemustert.
So, nach einer Fahrzeit von 55 Minuten sind wir nun also in Flåm angekommen. Flåm liegt am Aurlandsfjord, wir haben mit der Flåmsbana somit nun einen Höhenunterschied von 863 Metern überwunden.
Flåm hat nur 450 Einwohner, ist aber durch eine ganzjährig befahrbare Fernstraße und einen Kai mit Tiefwasseranleger gut zu erreichen. Neben Schnellbootverbindungen laufen auch Kreuzfahrtschiffe Flåm regelmäßig an. Englische Sportfischer begründeten um 1860 den Tourismus in Flåm, heute finden sich um den Hafen mit dem Kreuzfahrtanleger touristische Gastronomie und Souvenirläden.
Im ehemaligen Bahnhofsgebäude von Flåm befindet sich das Flåmsbana Museet, bei freiem Eintritt werden Eindrücke vom Bau der Bahnstrecke vermittelt und verschiedene Schienenfahrzeuge ausgestellt.
Baubeginn der Flåmsbana war 1923, eröffnet wurde die Strecke 1940 zunächst mit Dampfbetrieb, 1944 wurde die Strecke elektrifiziert. Die Bahnstrecke verfügt über 20 Tunnel, hiervon wurden 18 Tunnel in mühsamer Handarbeit vorgetrieben.
Die Holzträger sind der Fotografierbarkeit der Exponate nicht unbedingt zuträglich, hier sollte man eigentlich eine Rangierlok (Skiftetraktorer SKA 207) aus dem Jahr 1945 sehen. Dahinter steht eine Elektrolokomotive vom Typ El 9, von der Baureihe gab es drei Exemplare, sie waren von 1947 bis 1983 auf der Flåmsbana im Einsatz.
Gut, beim Vergleich des historischen Modells mit dem heutigen Flåm hat sich der Ort durch den Tourismus schon sehr verändert. Die Flåmsbana wurde ursprünglich für den Güterverkehr gebaut, mit dem Rückgang des Güterverkehrs war die Strecke in den 1950er und 1960er-Jahren von der Stilllegung bedroht. Vom Modell…
…nun wieder zum Original. Der Name Flåm bedeutet „kleine Ebene zwischen steilen Bergen“.
Der Tourismus sicherte das Überleben der Bahnstrecke. Seit 1998 wird die Flåmsbana gemeinsam von der norwegischen Eisenbahngesellschaft NSB und einer privaten Marketinggesellschaft betrieben. Durch Marketing und Produktentwicklung wurde die Flåmsbana zu einer der meistbesuchten Touristenattraktionen in Norwegen. Für die Kreuzfahrttouristen gibt es während der Fahrt deutschsprachige Bandansagen.
Noch weitere Zahlen und Fakten gewünscht?
Wir fahren nun wieder hinauf nach Myrdal. Die Landschaft mit der Schlucht, wilden Wasserfällen, den steilen Abhängen und einsamen Bergbauernhöfen ist schon beeindruckend.
Bei der Fahrt zum Wasserfall Kjosfossen sind auf der gegenüberliegenden Talseite zwei weitere Ebenen der Bahnlinie zu sehen. Auf der oberen Ebene ist der Kehrtunnel durch eine kurze Aussichtsgalerie unterbrochen.
Beim nächsten Bild blicken wir auf den Rallarvegen, der vom Myrdalberg in Serpentinen nach unten führt. Ganz oben sehen wir die dritte Ebene der Flåmsbana, die in einer Galerie zum Bahnhof Myrdal führt.
Unglaublich! Vielen Menschen ist eine Begegnung mit der Huldra niemals in ihrem Leben vergönnt – und uns erscheint wunderschöne Waldfee nun bereits zum zweiten Mal an einem Tag. Uns kann die Huldra jedoch nicht bezirzen und uns nicht von unserem Weg abbringen.
Das letzte Bild entstand bei Vatnahalsen, hier sieht man die Kehrschleife am Reinungavatnet. Gegen 12 Uhr sind wir dann wieder in Myrdal. Damit ist der Tag aber noch lange nicht zu Ende, wir fahren jetzt weiter nach Bergen und später zurück nach Oslo. Da dieser Teil jetzt aber schon recht lang ist, machen wir hier einen Schnitt, in den nächsten Tagen geht es dann im sechsten Teil weiter.
Viele Grüße und einen schönen Sonntag
Tobias
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- Mit tåg und tog durch Skandinavien (5/7 m. 48 B) -
TD,
29.05.2021, 17:57
- Mit tåg und tog durch Skandinavien (5/7 m. 48 B) - Turbonegro, 29.05.2021, 19:23
- Mit tåg und tog durch Skandinavien (5/7 m. 48 B) - JanZ, 29.05.2021, 23:32
- Mit tåg und tog durch Skandinavien (5/7 m. 48 B) - Garfield_1905, 29.05.2021, 23:37
- Schlimm, der Touristenklimbim ... -
Der Blaschke,
30.05.2021, 14:36
- Aber echt! -
MC_Hans,
30.05.2021, 17:18
- Hä??? - Der Blaschke, 30.05.2021, 22:22
- Schlimm, der Touristenklimbim ... - Alibizugpaar, 01.06.2021, 00:33
- Aber echt! -
MC_Hans,
30.05.2021, 17:18