Merry X-Mas aus EC 8 Teil 1 (Reiseberichte)
Total frustriert von ganzen Reihen an ICE3 mit defekten Bistros und noch mehr defekte Redesign-ICE3 mit defekten Restaurants beschloss ich - auch wenn es Einschränkungen im Workflow mit sich brachte - 2019 so gut wie ausschließlich mit EC 6, 7, 8, 9 zu fahren, die Quote also von 50% bis nahe 100% zu steigern. Ziel: Einfach verlässlicher und erholter am Ziel ankommen.
Schnell lernt man:
Mit Bahncard spart man zwische Rhein-Ruhr und Schweiz hin und zurück locker 30-40 Euros gegenüber dem ICE, Geld, dass man doch besser in vernüftiges Essen und Trinken im SBB-Speisewagen investieren kann.
Vorweg:
Das war eine sehr gute und sehr erfolgreiche Entscheidung, auch, weil öfters mein Kommilitone Richard David Precht ebenfalls den EC nimmt, so konnten wir viele Erinnerungen auffrischen. Köln, Zülpicher Straße, seine Wohnung direkt neben Ormanns Buchladen, Café Krümel, schon damals sah er beinahe so aus wie heute und schon damals war er sicher, dass die Welt mehr Philosophie benötige. Nun, er hat hier seine Berufung gefunden.Unvergessen: Wenn zum Semesterende Professor Basler zu Frikadellschen und Kölsch einlud. Gut gesättigt und heiter vom Bier belehrte er uns über Nietzsche und Freud und über die Entdeckung des Unbewussten.
Ich sitze aktuell im EC8, angenehmst im Panoramawagen, ab Fahrplanwechsel hat die SBB den APS in der A-Klasse auf die ganze Woche ausgedehnt, und es gibt aktuell, möglicherweise ein Test, das Komplettangebot aus dem Restaurant auch am Platz, und „Ottmar“ darf Thai-Curry, Risottos, Wein, Wein und nochmals Wein an die Plätze bringen, während Lady X Dienst im Speisewagen hat. Und wir haben wieder Jubelmontag, also 50% Rabatt auf Essen und Trinken.
Kaum fahre ich in Baden los, im IR 1966, der seit 2-3 Monaten als DoSto-Twindexx mit Restaurant unterwegs ist, lädt das Restaurant im Obergeschoss zu einem zweiten Frühstück bis Basel ein, während man von hoch oben auf die landschaftlich herrliche Strecke durch das Fricktal hinab zum Rhein rollt, geheimnisvolle Nebel wallen, füllen Täler aus, während oben drüber die helle Sonne lacht. Anfangs leergeblasen sitzen nun immer mehr Reisende auf diesem Stück dort. Jener IR fährt um 12:33 ab Basel SBB dann als IC nach Chur, dann ist jenes Restaurant rappelvoll zum Mittagessen.
Ankunft in Basel SBB nun auf Gleis 9, bestens, kaum steigt man aus, da rollt gegenüber am gleichen Bahnsteig der EC8 ein, nun wieder bis Hamburg fahrend. Nicht einmal mehr Bahnsteigwechsel ist vonnöten, bravo SBB.
EC8 und EC9 sind die hochwertigsten Züge auf dieser Relation Basel - Köln- Hamburg mit großzügigen Sitzen und Sitzabständen, dem Lichtwunder namens Panoramawagen, dem leisesten Speisewagen weit und breit (weil extrem schall-isoliert und mit luftgefederten Drehgestellen), der auch mikrowellenfrei das Essen zubereiten lässt.
Mittagessenszeit, Lady X hat alle Hände voll zu tun, und „Ottmar“ hilft mit. Die Renner sind seit Wochen das Tessiner Risotto, natürlcih der Klassiker Zürcher Geschnetzeltes und neu und formidable mit einer fantastisch abgeschmeckten Soße: Rindfleischvogel mit Kartoffel-Gnocchi nach Großmutters Art. Für jene, die nicht wissen, was das ist: Es erinnert an die deutsche Roulade: EIne dünne feine Rindfleischhülle umhüllt eine mit Schinken umwickelte Füllung aus gut gewürztem freinen Rindergehacktes.
Dazu unbedingt folgenden Wein nehmen:
Belles Filles, Assemblage Garanoir & Gamaret, Cave de Genève.
Herrlicher Schmelz aus „Kirschen, Pflaumen und Schokolade“.
Man bekommt ihn in den Mengen 0,1 / 0,2 / 0,3 / 0,4 und 0,5l. Bei 0,5 Litern wird die Flasche fein gebracht, am Tisch entkorkt, man darf probieren, wie es sich gehört. Kleinere Portionen kommen in schön geformten Glaskaraffen auf den Tisch. Und natürlich: Es gibt unterschiedliche Gläser aus Kristallglas für Weiss- bzw. Rotwein.
Mannheim:
Nebenan steht der ICE4 nach Dortmund mit seinem Ölsardinen-Feeling, Kleinstrestaurant mit Mikrowelle und gepampter Schüsselkost, Wandfensterplätzen und den Rückenschmerzsitzen. Möge er davonrollen…
Das Essensangebot in den DB-Restaurants ist für mich ein schlechter Scherz, hier jedoch zählen noch Niveau und Ess- und Trinkkultur.
Tipp:
Tessiner Risotto, ein frischer Salat dazu, als Wein, das ist meine Ansicht:
2 dl des Belle Filles, Assemblage Sylvaner & Pinot Blanc, der hat einen einzigartigen Geschmacksmoment nach Limetten.
Apropos Risotto: Der Reis für dieses Gericht, wer wusste es, stammt ebenfalls aus der Schweiz. Genau gesagt aus dem Maggiadeltagebiet, „Loto" ist der Name der Sorte. Ich wollte das gar nicht glauben, im Sommer ergab sich die Gelegenheit die Gegend zu besuchen, die Reisfelder zu bestaunen und einige Kilos „Loto" zu erwerben. Viel davon gibt es nicht, und nur sporadisch gibt es ansonsten in den großen Migros-Märkten etwas davon zu kaufen. Ein Risotto kochen kann eine einfache Sache sein oder eine Passion. Wehe der Reis oder der Wein taugen nichts, dann ist das Risotto ein Desaster. So manche Schweizer Familie schwört auf ihr persönliches Rezept. Wer Risotto als Gast gekocht bekommt, der weiss, dass er in der Schweiz gewertschätzt wird.
Rustikaler:
Rindsgehacktes und Hörnli mit Röstzwiebeln, Apfelmus und Sbrienz.
Komisch, aber es schmeckt nahezu exakt so, wie ich es als Kind bei meiner Großmutter verputzt habe. Dazu passt dann ein einfacher roter Merlot.
Noch rustikaler:
Cervelat-Käse-Salat mit ordentlich viel Brot und dazu Eidgenoss Amber-Bier.
Dessert-Tipp:
Panacotta mit Himbeercoulis, das wird man nie leid. Aktuell gibt es auch einen extrem süssen Schokokuchen mit warmer Schokoladensoße, Kinds scheinen ihn zu lieben.
Montags bis zum Jahresende 50% Rabatt, Mittwochs bis Jahresende Rabatt auf alkoholische Getränke, ausser am rabattierten Montag geht das Dessert nach einem Warmgericht „auf’s Haus“.
Kaum hat man das gute Essen verputzt, ist der Zug schon mindestens in Baden-Baden eingeschwebt, hat zur Linken die heute noch verschneiten Gipfel der Vogesen und zur Rechten die schneefreien Gipfel des Schwarzwaldes beinahe hinter sich gelassen.
Also geht es in das Lichtwunder, den Panoramawagen, dem Eisenbahnwagen mit den größten Scheiben, die ich je gesehen habe. Auch die Sitzabstände sind ungemein großzügig bemessen. Wie könnte sich eine Bahnfahrt entlang des Rheins mit Blick auf die vielen Burgen und Schlösser besser genießen lassen als aus diesem Wagen, dazu vielleicht ein Tee oder ein Weinchen oder ein Cappuccino? Wir hier alles gerne genommen und kommt natürlich in Glas- beziehunhsweise Pozellangefäßen an den Platz.
Solchen Genuss kann man doch wunderbar preiswert bekommen, wenn man Bonuspunkte nutzt.
Wer danach noch die Enge des ICE mag, nun bitte sehr.
Vor Bonn wird es in der Regel eng. Stop & Go, bis irgendwann der letzte RE zur Seite genommen ist, und wenn nicht irgendein Schlaukopf auch noch den RE oder RB aus der Eifel in Kalscheuren vorfahren lässt, kommt man doch ziemlich oft zeitnah zur planmäßigen Ankunftszeit in Köln Hbf an, maximal erholt.
In der Gegenrichtung habe ich mir den EC7 oder EC9 verordnet - und zwar via Düsseldorf.
Beim morgendlichen Einsteigen ist es toll, dass das Gastropersonal seine Stammkunden kennt, Hallo hallo, wie gehts, Handschlag, und schon stehen Tee und 2 Gipfeli auf dem Tisch. Das Verrückte ist, dass dann fast nahtlos Mittagessenszeit kommt, weswegen so mancher von Düsseldorf/Köln bis Mannheim im Speisewagen sitzt, genießt und plaudert, die herrliche Rheinstrecke während des Mittagessens genießend.
Ganz nebenbei: Solch ein Zug in dieser Zeitlage hat Tradition. EC9 liegt fast minuten-genau in der Zeitlage des TEE Rheingold, auch vor Jahrzehnten bestaunte man bereits die Burgen und Schlösser aus einem Aussichtswagen und tafelte im großen Rheingold-Speisewagen. Jener hatte 48 Sitzplätze und der Schweizer Wagen hat gar 56 Sitzplätze und große Fensterscheiben.
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Schöne Grüße aus den EC 6/7/8/9,
wo es Wein in Karaffen, keine Mikrowelle und kein in Schüsseln gepamptes Essen gibt.
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