OT, wenig Bahn/ÖPNV: Teure Berge. Kapitel 2, Teil 2 (Reiseberichte)
Am Samstagmittag um 12:30 Uhr erfolgte dann also die Abfahrt. Offenbar landete die Norwegian-Maschine aus Oslo diesmal pünktlich, denn pünktlich ging’s los (und ich hörte auch kein Flugzeug durchstarten).^^
Hurtigruten startete ursprünglich als Postschifflinie, um die Versorgung der kleinen Küstenorte in Nordnorwegen sicherzustellen. Heute verdienen sie freilich ihr Geld mit den Touristen. Um die Orte zu beliefern, halten die Schiffe meist alle paar Stunden, Tag wie Nacht. Die Schiffe fahren täglich immer zur gleichen Zeit (kleinere Unterschiede gibt es zwischen den Jahreszeiten). In den kleinen Orten ohne touristisches Potential sind die Haltezeiten meist 15 – 30 min bloß für das Be- und Entladen der Fracht, in den größeren Orten teils einige Stunden. Bei längeren Standzeiten verabreden sich die Einheimischen gern für einen Kaffee an Bord des Schiffes. Die Route führt von Bergen die gesamte restliche norwegische Küste hinauf bis nach Kirkenes und wieder zurück. Die Abschnitte, die man auf der Fahrt gen Norden tagsüber sieht, passiert man auf der Rückfahrt in den Süden bei Nacht und umgekehrt. Wir nahmen die komplette Route von Kirkenes in fünf Tagen und zwei Stunden runter bis nach Bergen. Natürlich kann man auch Kurzstrecken buchen, diese dann ohne Kabine und Verpflegung. Auch Fahrzeuge werden in begrenztem Umfang transportiert. Die Fahrt erfolgte im Großen und Ganzen pünktlich, klar machen 5 – 10 min Verspätung bei 15 – 30 min Haltezeit einiges aus, aber größer war die Verspätung nie. Seegang gab es kaum, denn die Route führt entlang der Küste, meist ist man durch vorgelagerte Inseln geschützt.
Die 2002 gebaute MS Finnmarken ist das zweitgrößte Schiff der Hurtigruten. Sie hat 620 Betten, ist also erheblich kleiner als klassische Kreuzfahrtschiffe. Beim Frühstück und Mittagessen gab es freie Platzwahl, abends vorgegebene Zeiten und eine feste Tischnummer für die ganze Reise. Vollpension war inklusive, Wasser auch, andere Getränke unbezahlbar (ein „Wein-Pass“ 200 € pro Kabine, was sich bei 10 € pro Weinglas durchaus rechnen kann ;-) ). Englisch können (außer den Stewardessen bei Norwegian) eh alle Skandinavier sehr gut, ein Großteil des Schiffspersonals sprach auch Deutsch. Fast die Hälfte der Schiffsgäste waren Norweger (bzw. ein paar Schweden waren auch dabei, vielleicht auch der eine oder andere Däne, wenn man die Sprachen nicht kann, klingt das ja alles sehr ähnlich), die zweitgrößte Gruppe sicher die Deutschen, zudem viele Schweizer und Amerikaner (vllt einige Kanadier). Der Altersdurchschnitt lag bei deutlich über 60.^^ Mit unserer Reisezeit waren wir deutlich vor der Hochsaison unterwegs. Zwar herrschte schon Mitternachtssonne, aber es war eben noch sehr kalt. Ich gehe davon aus, dass in der Hochsaison im Juli der Anteil der skandinavischen Gäste deutlich geringer ist.
Anbei einige Bilder vom Schiff:
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19 In Kirkenes: Da ist das Ding!
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20 – 21
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22 In Svolvær
Nach Abfahrt in Kirkenes setzte der Kutter Kurs Richtung Nordost. Der erste Halt war in Vardø, der östlichsten Stadt Norwegens. Hier ist man weiter im Osten als in St. Petersburg, Kiew oder Istanbul! Während der einstündigen Haltezeit sahen wir die nördlichste Festung der Welt und unternahmen einen Rundgang durch den Ort. Ich frage mich, was die Einheimischen sich bei dem ganzen Spektakel denken – jeden Tag um 15:45 Uhr fallen mehrere Hundertschaften Touris ein, stapfen eine Stunde lang durch den Ort und fotografieren alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Dann ist wieder Ruhe – bis zum nächsten Tag 15:45 Uhr (denn das Schiff in Gegenrichtung hält nachts).
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23 Die nördlichste Festung der Welt
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24 Selbst in Nordnorwegen ist das kein schönes Sommerwetter^^
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25 Abfahrt aus Vardø. Die Kuppeln links dienen offiziell zur Verfolgung von Weltraumschrott und sind zudem Teil des US-amerikanischen Raketenverteidigungsschildes. ;-)
Auf dem Schiff gab es achtern einen kleinen, windgeschützten Pool. Nie werde ich den Anblick vergessen, wie dort ein Norweger in Badehose und Sonnenbrille saß und sich die Sonne auf den Pelz scheinen ließ – bei 3 °! :D Währenddessen fuhr das Schiff mit Kurs NW entlang einer gänzlich menschenleeren Küste.
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26 Menschenleere Küste
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27 Das Schiff steuert den Fischerort Båtsfjord am Ende dieses Fjordes an
Irgendwann gingen wir schlafen. Nachts wachte ich einmal auf. Es fielen dicke Schneeflocken, und die Sonne schien schräg vom Himmel. Ich schaute auf die Uhr: 28. Mai, kurz vor ein Uhr nachts. Wir lagen im Hafen von Mehamn, dem nördlichsten Hafen der Route. Ok, ich schlief weiter. Aber nicht lange.
Um 5:30 Uhr erreichte das Schiff Honningsvåg, für hiesige Verhältnisse mit 2.400 EW schon eine Metropole. Hier begann der Ausflug zum Nordkap. Morgens um halb sieben hatten wir es noch für uns allein. Das Nordkap an sich fand ich nicht so spektakulär, es ist halt eine Klippe, 300 m über dem Meer, mit Sicht auf selbiges. Es gibt einen großen Metall-Globus als Fotomotiv, den obligatorischen völlig überteuerten Souvenir-Shop (natürlich kauft trotzdem jeder etwas :D) und sonst v a jede Menge Schnee, mit dem man unliebsame Mitmenschen beschmeißen kann. Es ist übrigens nicht der nördlichste Punkt Europas. Der nördlichste Punkt des Festlands liegt bei Mehamn und ist nur per Wanderung (1 Tag – pro Richtung!) zu erreichen, gleich neben dem Nordkapp ragt noch eine Landzunge ca. 1,4 km weiter gen Norden (Wanderung hin und zurück ca. 3,5 h), aber die ist natürlich nicht so spektakulär wie das 300 m hohe Kap. Deshalb ist natürlich aus dem Nordkap die berühmte Touristenattraktion geworden.
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28 Nordkap
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29 – 30 Rechts die Spitze ist der nördlichste Punkt der Insel Magerøya, die 1400 m weiter nördlich endende Landzunge mit dem einprägsamen Namen Knivskjellodden
Interessanter als das Kap selbst war die Fahrt dorthin und v. a. zurück: auf der Nordkapp-Insel Magerøya lag Ende Mai noch eine geschlossene Schneedecke, und Rentiere grasten/schneeten zahlreich. Nach dem Besuch des Kaps ging es per Bus durch die norwegische Landschaft bis Hammerfest. Dabei durchquerten wir zuerst den nördlichsten Tunnel der Welt allgemein sowie später auch den nördlichsten Unterwasser-Tunnel weltweit, fast 7 km lang, an der tiefsten Stelle 212 m unter dem Meeresspiegel (zum Vergleich: der Eurotunnel ist nur 75 m unter dem Meeresspiegel). Die Norweger haben übrigens ein interessantes System: wo Tunnels Fährverbindungen ersetzen, ist nach dem Bau eine Maut fällig, die genau so viel kostet wie die Fährverbindung zuvor. Und sobald die Kosten für den Bau abbezahlt sind (üblicherweise nach 10 – 15 Jahren), wird die Maut komplett abgeschafft und die Durchfahrt kostenlos. Südlich von Honningsvåg verschwand die geschlossene Schneedecke bald, weiter im Süden wuchsen sogar Bäume.
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31 Rentier im Schnee
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32 Skarsvåg, der nördlichste Ort Norwegens bzw. wahrscheinlich sogar Europas (ohne Spitzbergen) sowie der nördlichste Fischerort und nördlichste ganzjährig eisfreie Hafen weltweit
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33 – 35 Auf der Rückfahrt
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36 – 37 Häuser am Meer
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38 Allein dafür hat sich der Ausflug rentiert ;-)
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39 Weite
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40 Wenn man keine Menschen mag, ist man hier sicher gut aufgehoben. Allerdings sollte man gern Fisch essen ;-)
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41 Küste
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42 – 43 Weiter südlich wachsen wieder Bäume
Es geht gleich weiter…
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