40er (Kontrollgebühr) im Rechtlichen Graubereich? (Allgemeines Forum)

Maggus, Ravensburg (Württ), Donnerstag, 17.07.2008, 11:47 (vor 6363 Tagen)

Aus Wikipedia:

Juristisch ist die Einhebung der „Kontrollgebühr“ zudem umstritten.

Laut § 15 Eisenbahnbeförderungsgesetz ist es – so meinen Juristen übereinstimmend – fraglich, ob diese Kontrollgebühr überhaupt in allen Fällen legal eingehoben wird.
Der Anspruch des Reisenden auf Ausgabe eines Fahrausweises erlischt fünf Minuten vor der Abfahrt des Zuges‘, ist dem Gesetzestext zu entnehmen. Die Dauer der Fahrscheinausgabe beim Automaten beträgt geschätzt knapp über eine Minute.

Daraus folgt, dass bei einer Schlange von z.B. 5 Personen vor dem Automaten, der Zug eigentlich nicht abfahren darf, sofern sich die Kaufwilligen mehr als 5 Minuten vor der Abfahrt des Zuges eingefunden haben.
Wenn einer dieser Wartenden dann – ohne Kauf einer Fahrkarte den Zug besteigt, um diesen doch noch zu erwischen – dürfte diese Kontrollgebühr von ihm nicht eingehoben werden.
Die Eisenbahn müsste dann – so die Argumentation – beweisen, dass beim Fahrschein-Automaten keine Schlange angestanden ist. Nur wenn der ÖBB dies gelingt, dürfte eine Kontrollgebühr von dieser Person eingehoben werden‘…“
Es konnten jedoch keine Unterlagen gefunden werden, ob es in einem solchen Fall bereits zu einem Präjudizurteil gekommen ist.


Also Leute, wozu habt ihr Rechtsschutz?!

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40er (Kontrollgebühr) im Rechtlichen Graubereich?

Steffen, Donnerstag, 17.07.2008, 12:20 (vor 6363 Tagen) @ Maggus
bearbeitet von Steffen, Donnerstag, 17.07.2008, 12:20

Betrifft das denn Österreich oder Deutschland?

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40er (Kontrollgebühr) im Rechtlichen Graubereich?

Maggus, Ravensburg (Württ), Donnerstag, 17.07.2008, 12:55 (vor 6363 Tagen) @ Steffen

Zu Deutscheland sagt Wikipdia:
Verfassungsrechtlich bedenklich ist, dass der unbeschränkte Wortlaut der Vorschrift einen Anspruch des Bahnunternehmens selbst dann begründet, wenn der Reisende den Umstand, aufgrund dessen er keinen gültigen Fahrausweis vorzeigen kann, nicht zu vertreten hat. Ein solcher Umstand kann etwa auch durch den Defekt eines Ticketautomaten oder die Verspätung eines Zuges begründet sein.
Klagen der Bahn gegen Fahrgäste auf Zahlung des „erhöhten Fahrpreises“ wurden in der Rechtsprechung soweit ersichtlich regelmäßig abgewiesen, weil die Gerichte § 12 Abs. 1 EVO für verfassungswidrig erkannten. Da es sich um eine untergesetzliche Rechtsnorm und kein formelles Gesetz handelt, sind auch Amtsgerichte dazu befugt.


Das Amtsgericht Essen entschied 1979, die Bahn „kann sich … nicht darauf berufen, dass § 12 EVO … vorsieht, dass der Reisende 40 DM zahlen muss, wenn er bei Antritt der Reise nicht mit einem gültigen Fahrausweis versehen ist. Diese Rechtsverordnung ist mindestens insoweit, als sie auch für Fälle nicht vorsätzlichen Erschleichens der Beförderungsleistung Bezahlung der Vertragsstrafe von 40 DM vorsieht, wegen des Verstoßes gegen das Grundgesetz und höherrangige Gesetze nichtig. … Die Regelung des § 12 EVO verstößt … gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, weil sie ungleiche Sachverhalte unzulässigerweise gleich behandelt. Es wird der Schwarzfahrer mit dem Vergesslichen und dem Unwissenden auf dieselbe Stufe gestellt. Der bahnbenutzende Mensch soll mit zivilrechtlichen Sanktionen auf den Automaten zugerichtet werden. Es ist unsachlich, weil es grundlegende Unterscheidungen des Zivilrechts und die Würde des Menschen missachtet, das ‚Erschleichen‘ und das ‚Nachlösenwollen ohne Aufforderung‘ gleich zu behandeln“.

Das Amtgericht Aachen schloss sich 1992 diesem Urteil an, indem es die Vorschrift ebenfalls für verfassungwidrig erkannte. Nach der Begründung des Gerichts kann es „dahinstehen, ob die Beklagte bei Fahrtantritt gutgläubig angenommen hat, im Besitz eines gültigen Fahrscheins zu sein. Der Anspruch der Klägerin scheitert jedenfalls daran, dass § 12 Abs. 1 EVO gegen das Übermaßverbot verstößt und damit unwirksam ist. … § 12 Abs. 1 EVO bezweckt in erster Linie die Verhinderung von Schwarzfahrten. … Indem § 12 EVO weder zwischen Fällen vorsätzlicher Beförderungserschleichung und Fällen unvorsätzlichen Fahrens ohne gültigen Fahrausweis differenziert, noch dem Reisenden zumindest die Möglichkeit des Entlastungsbeweises offenhält, schießt die Vorschrift über das Ziel hinaus, vorsätzlichem Schwarzfahren entgegenzuwirken.“

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40er (Kontrollgebühr) im Rechtlichen Graubereich?

Inspector71, Donnerstag, 17.07.2008, 17:36 (vor 6363 Tagen) @ Maggus

Also kann man für Deutschland locker sagen:

"Kommt drauf an" weil jeder Richter so entscheiden kann wie er möchte. Kann mir nicht vorstellen, daß die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft so dumm ist, gegen so ein Urteil Rechtsmittel einzulegen. Da ist es besser, damit zu leben, daß ein Teil derer, von denen man das Geld gefordert hat, dagegen klagt und dann auch noch der ein oder andere Richter zu Ungunsten der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft entscheidet.

Wer aus dem AG Bezirk Hannover kommt hat Chancen, auch als Schwarzfahrer davon zu kommen, hier gibt es einen Richter, der grundsätzlich niemanden wegen Schwarzfahren verurteilt (zufälligerweise soll sein Sohn als notorischer Schwarzfahrer auffällig sein, er bestreitet aber, daß das was miteinander zu tun hat).

9999 = Anfangsticket

GUM, Donnerstag, 17.07.2008, 19:46 (vor 6363 Tagen) @ Maggus

In diesem Fall würde ich (z. B. an den Nahverkehrsautomaten des MVV) folgende Variante empfehlen:

Wenn es für einen Nahverkehrsfahrschein grenzüberschreitend über den MVV hinaus z. B. mit Punktesammeln bei der BahnCard und die Suche der "richtigen" Zielnummer nicht ausreicht, ganz offiziell und schnell das

"Anfangsticket" ziehen ! Dies berechtigt ganz legal zur Fahrt bis zum nächsten Umsteigepunkt und dort dann Umtausch in den "richtigen" Fahrschein. Damit müßte man immer auf der richtigen Seite liegen und schnell geht's auch.

(Ist eine rein theoretische Überlegung, da ich mit meiner MVV-Monatskarte eigentlich immer bis zum nächsten besetzten Bahnhof komme).

wie lösen, wenn lange Warteschlange?

Maggus, Ravensburg (Württ), Donnerstag, 17.07.2008, 21:16 (vor 6362 Tagen) @ GUM

Darum geht es ja im Ausgangsbeitrag. Und in Österreich kann man bedenkenlos einsteigen, da die Beweislast bei der Bahn liegt. In Deutschland muss man nur widersprechen und sich auf die Urteile berufen.
Müsste doch gehen oder?

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wie lösen, wenn lange Warteschlange?

stuttgarter, Donnerstag, 17.07.2008, 22:17 (vor 6362 Tagen) @ Maggus

Und in Österreich kann man bedenkenlos einsteigen, da die Beweislast bei der > Bahn liegt.

In Deutschland muss man nur widersprechen und sich auf die Urteile berufen.
Müsste doch gehen oder?

Wie wäre es denn damit: Komm 5 Minuten früher auf den Bahnhof und kauf dir einfach ein Ticket! Und mal im Ernst: Wie oft kommt das schon vor, dass du am Automat länger als 5 Minuten stehst??? Das sind sicher <0,1 % der Fälle.

Und wenns einen dann doch mal erwischt mit nem 40-er: Nimms locker.
Ist mir auch schon passiert, hatte unwissenderweise den falschen Fahrschen gezogen. Pech, dumm gelaufen. Hier gilt es eben, sich an der eigenen Nase zu fassen für seine Blödheit und innere Größe zu zeigen, in dem man sich den eigenen Fehler eingesteht.

Wenn ich Kontrolleur im Nahverkehr wäre, und jemand würde mir mit so nem Mist kommen (von wegen Urteile, bla bla bla), den würd ich ohne lange Diskussion am nächsten Halt an die frische Luft setzen... wahrscheinlich besser, dass ich das nicht bin. :)

wie lösen, wenn lange Warteschlange?

Steffen, Donnerstag, 17.07.2008, 22:34 (vor 6362 Tagen) @ stuttgarter

Wie wäre es denn damit: Komm 5 Minuten früher auf den Bahnhof und kauf dir einfach ein Ticket! Und mal im Ernst: Wie oft kommt das schon vor, dass du am Automat länger als 5 Minuten stehst??? Das sind sicher <0,1 % der Fälle.

Das kann an irgendwelchen Nebenbahn-Haltepunkten schon mal passieren, wenn es nur einen Automaten gibt.

Früher kommen ist manchmal so eine Sache, wenn der stündlich verkehrende Bus auf die Abfahzeiten des Zuges "optimiert" ist (und man im Bus keine durchgehende Fahrkarte lösen kann).

Aber alles in allem sollte der Fall seltenst eintreten.

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wie lösen, wenn lange Warteschlange?

stuttgarter, Donnerstag, 17.07.2008, 22:47 (vor 6362 Tagen) @ Steffen

Das kann an irgendwelchen Nebenbahn-Haltepunkten schon mal passieren, wenn es nur einen Automaten gibt.

Früher kommen ist manchmal so eine Sache, wenn der stündlich verkehrende Bus auf die Abfahzeiten des Zuges "optimiert" ist (und man im Bus keine durchgehende Fahrkarte lösen kann).


Ja, mag schon mal passieren, aber meist ist an diesen Nebenbahnhaltepunkten auch nicht viel Betrieb am Automat. Innerhalb von 5 min an nen Fahrschein zu kommen sollte fast immer drin sein.

Aber alles in allem sollte der Fall seltenst eintreten.

Und wenn man wirklich ab und zu in die Situation kommt, dann gibts ja immer noch die Möglichkeit, sich vorher ein Online-Ticket zu buchen, oder für unterwegs das Handy-Ticket. Zumindest für uns junge und medienkompetente Menschen. Und Oma fährt aus Sorge ja sowieso schon gestern zum Schalter und holt sich ihr Ticket damit alles seine Ordnung hat. Oder sie nimmt den nächsten Zug, hat ja meistens genug Zeit :-)

Defekt Fahrkartenautomat

ICE3-THALYS, Samstag, 19.07.2008, 10:02 (vor 6361 Tagen) @ stuttgarter

WIr wohnen im Randbereich des RMVund auf dem AUtomaten am Bahnhof steht Wissen/Sieg nicht drauf. Was ist wenn zu allem Überfluss der Automat im Zug streikt? WIe verhält sich die Sache dann?

Defekt Fahrkartenautomat

Steffen, Samstag, 19.07.2008, 10:09 (vor 6361 Tagen) @ ICE3-THALYS

Was ist wenn zu allem Überfluss der Automat im Zug streikt? WIe verhält sich die Sache dann?

Ist das der einzige Automat am Bahnhof/Haltepunkt? Dann einfach einsteigen und bei einer Kontrolle sagen dass der Automat nicht funktioniert. Dann wirst Du zwar erstmal als Schwarzfahrer behandelt (d.h. Adresse notiert), wenn sich aber herausstellt dass Du nicht gelogen hast wirst Du ... ich glaube den normalen Fahrpreis nachbezahlen müssen. So jedenfalls kenne ich das Prozedere.

Auf jeden Fall ist es so, dass wenn Dir die Bahn keine Möglichkeit bietet, die Fahrkarte vor Ort zu kaufen, darfst Du trotzdem einsteigen und hast dabei keine Nachteile (vereinacht ausgedrückt).

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Defekt Fahrkartenautomat

ICE3-THALYS, Sonntag, 20.07.2008, 02:25 (vor 6360 Tagen) @ Steffen

Ist der eizige Automat an diesem Haltepunkt

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