Technische Frage zu Eis an der Oberleitung (Allgemeines Forum)

ICE11, Aachen, Sonntag, 01.02.2015, 19:00 (vor 3975 Tagen)

Da meine Physikkenntnisse nicht allzu ausgeprägt sind, kann mir vielleicht hier jemand folgende Frage beantworten:

Warum scheinen die Oberleitungen in den Niederlanden anfälliger für Vereisung (dort heißt es "Ijzel") zu sein, als hier in Deutschland? In den letzten Wochen lese ich in NL-Foren immer wieder, dass nachts Strecken extra befahren werden um die Oberleitungen eisfrei zu halten oder an neuralgischen Punkten extra Fahrzeuge dafür vorgehalten werden, während das hier in Deutschland kein allzu großes Thema zu sein scheint. Liegt es an der niedrigeren Stromspannung in den NL, oder hat es damit zu tun, dass bei uns auf den meisten Strecken auch nachts (Güter-) Verkehr ist, oder womit sonst??

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

JeDi, überall und nirgendwo, Sonntag, 01.02.2015, 19:12 (vor 3975 Tagen) @ ICE11

Die Spannung dürfte in der Tat ein entscheidendes Kriterium sein. Derartige Netzweite Totalausfälle wie in den Niederlanden oder auch im Dezember in Tschechien hab ich in Deutschland noch nie erlebt...

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Weg mit dem 4744!

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

TEE Rheingold, Sonntag, 01.02.2015, 19:16 (vor 3975 Tagen) @ JeDi

Nein, die Spannung ist vollkommen egal.
Bei niedriger Spannung fließen bei gleicher Leistung höhere Ströme. Die Leitung erwärmt sich durch den Strom und nicht durch die Spannung.
Bei ungünstiger Witterung werden auch manche Straßenbahnlinien nachts befahren, um der Vereisung entgegen zu wirken.

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

JeDi, überall und nirgendwo, Sonntag, 01.02.2015, 19:19 (vor 3975 Tagen) @ TEE Rheingold

Nein, die Spannung ist vollkommen egal.

Mmh. Hat hier ggf. Wechsel- statt Gleichstrom einen Vorteil?

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Weg mit dem 4744!

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

sflori, Sonntag, 01.02.2015, 19:22 (vor 3975 Tagen) @ JeDi

Mmh. Hat hier ggf. Wechsel- statt Gleichstrom einen Vorteil?

Die Leitungen sind dicker, da mehr Strom fließt. Die größere Oberfläche bietet dem Eis mehr Angriffsfläche.


Bye. Flo.

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

Jens, Bayern/NRW, Sonntag, 01.02.2015, 21:40 (vor 3975 Tagen) @ ICE11

Da meine Physikkenntnisse nicht allzu ausgeprägt sind, kann mir vielleicht hier jemand folgende Frage beantworten:

Warum scheinen die Oberleitungen in den Niederlanden anfälliger für Vereisung (dort heißt es "Ijzel") zu sein, als hier in Deutschland? In den letzten Wochen lese ich in NL-Foren immer wieder, dass nachts Strecken extra befahren werden um die Oberleitungen eisfrei zu halten oder an neuralgischen Punkten extra Fahrzeuge dafür vorgehalten werden, während das hier in Deutschland kein allzu großes Thema zu sein scheint. Liegt es an der niedrigeren Stromspannung in den NL, oder hat es damit zu tun, dass bei uns auf den meisten Strecken auch nachts (Güter-) Verkehr ist, oder womit sonst??

Ich bin kein Techniker, aber solche "Eisfreiloks" mit vorgefertigten Fahrplantrassen gibt es auch bei uns in Deutschland, morgen früh schicke ich wieder so eine durchs Werdenfels ;) Deien Vermutung mit dem Güterverkehr stimmt aber, denn diese Lok im Werdenfels z.b. fährt nicht über Garmsich hinaus, weil dahinter Güterzüge die Nacht bereichern :)


Viele Grüße


Jens

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

ICE-TD, Sonntag, 01.02.2015, 22:00 (vor 3975 Tagen) @ Jens

Auch auf der SFS Köln-Frankfurt wurden schon "Putzloks" vor den ersten Zügen morgens über die Strecke geschickt bei starker Rauhreif- oder Eisbildung an der Fahrleitung.

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

Jens, Bayern/NRW, Sonntag, 01.02.2015, 22:01 (vor 3975 Tagen) @ ICE-TD

Wird Zeit das da nachts Güterzüge fahren :P

Aber danke das du mir den entfallenen Begriff Putzlok ins Gedächtnis gerufen hast, war mir gerade entfallen ;)

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

Meinrad aus Kanada, Oakville, Canada, Sonntag, 01.02.2015, 22:13 (vor 3974 Tagen) @ ICE11

Ich will jetzt die gutgemeinten Beitraege nicht in der Luft zerreissen, aber hier ein paar Fakten, die alle fuer das System in D sprechen, wenn es um Wintertauglichkeit geht:
- Da die Spannung in D 10-mal hoeher ist als in NL [15'000Volt <> 1500V] , kann auch ein zehnmal dickerer Eispanzer per Durchschlagsspannung ueberwaeltigt werden.
- Die Oxyd-Schicht an der Kabeloberflaeche ist eine CuO-Schicht, die zusammen mit dem Eis eine p-n Sperrschicht bildet, die einer Diode entspricht. Eine Diode haelt Gleichstrom in eine Richtung auf (dummerweise kann man den Gleichstrom nicht umpolen, da die Erdungsgegebenheiten dies nicht zulassen. Bei Wechselstrom kommt eine Halbwelle ungehindert (oder nur leicht behindert) durch die Schicht; durch die Ionisierung ist dann auch die Gegenwelle weniger behindert, da die Schichtdicke insuffizient ist unter diesen Bedingungen. Das Problem aehnelt der "common path distortion" Problematik bei Kabelfernsehinstallationen.
- Die lokale Erwaermung spielt nur bei hohen Lasten; der erste Zug am Morgen stellt immer Schwachlast dar. Wenn also das System zum Funktionieren gebracht wurde, dann bleibt es auch so, bis sich in Schwachlastzeiten erneut Eis bildet.

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

ICE-TD, Sonntag, 01.02.2015, 23:28 (vor 3974 Tagen) @ Meinrad aus Kanada

Trotzdem zieht es auch in Deutschland erhebliche Probleme nach sich. Bei Eisbildung an der Fahrleitung fließt der Strom nur "unsauber" (mit Unterbrechungen) ins Fahrzeug. Das war für ältere Loks bis zu einem gewissen Grad verkraftbar, Drehstromfahrzeuge mögen das überhaupt nicht, bei denen führt das dazu das sehr oft die 100 Hz-Störstromüberwachung anspricht und somit der Hauptschalter ausgeschaltet wird, passiert das zu oft sperrt die Elektronik diesen.
Dazu kommt ein starker Abrieb am Stromabnehmer durch starke Funkenbildung der zum Ansprechen der Schleifleistenüberwachung führt und dann ist oft erstmal Feierabend.

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

Meinrad aus Kanada, Oakville, Canada, Sonntag, 01.02.2015, 23:32 (vor 3974 Tagen) @ ICE-TD

Ja, da hast du gewiss recht: BR110, 103 oder 150 hatten allemal geringere Probleme... Wenn beim Drehstrom eine Phase aussetzt, wird es schnell kritisch.

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

Colaholiker, Frankfurt / Hildesheim, Montag, 02.02.2015, 07:00 (vor 3974 Tagen) @ Meinrad aus Kanada

Ja, da hast du gewiss recht: BR110, 103 oder 150 hatten allemal geringere Probleme... Wenn beim Drehstrom eine Phase aussetzt, wird es schnell kritisch.

Richtig - wobei auch bei einer Drehstromlok (ausgehend von den Modellen, die in Deutschland fahren) nicht durch Eis an der Oberleitung mal eben eine Phase aussetzen kann. Extern wird ja einphasig gearbeitet. ;-) Der Dreiphasen-Drehstrom wird ja erst durch die Traktionsumrichter aus dem Gleichspannungszwischenkreis erzeugt, der seinerseits durch den Trafo und Gleichrichter aus dem Fahrdraht gespeist wird. Was allerdings sicher auch nicht ohne ist, sind die Spannungsspitzen durch Induktion in den Trafowicklungen, wenn der Stromfluß wegen Kontaktproblemen abreißt...

Das Problem hatten wir in Frankfurt vorletzten Winter nach einem Eisregen bei den Straßenbahnen. Die ganzen neuen Fahrzeuge mit viel Elektronik haben beim kleinsten Aussetzer sofort wegen Unterspannung abgeschaltet und sind liegengeblieben. Letztlich mußten dann wieder die ganzen Veteranen aus den 50ern bis 70ern raus, die noch vollkommen elektromechanisch nur durch Zuschalten von Widerständen und wechselnde Reihen-/Parallelschaltung der Motoren den Motorstrom einstellen. Wenn da mal kurz die Spannung weg ist, ruckelt es zwar etwas, aber sobald wieder Strom da ist, geht es weiter.
Zugegeben, angesichts der Abnutzung am Stromabnehmer sicher nichts, was man jeden Tag machen sollte, aber irgendwie mußte man den Betrieb ja wieder ans Laufen kriegen. Und mit den vorhandenen Turmwagen jede Strecke abfahren und von Hand die Leitung abtauen hätte noch länger gedauert.

Eisfreie Grüße,
der Colaholiker

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

guru61, Arolfingen, Montag, 02.02.2015, 09:32 (vor 3974 Tagen) @ Colaholiker

Zugegeben, angesichts der Abnutzung am Stromabnehmer sicher nichts, was man jeden Tag machen sollte, aber irgendwie mußte man den Betrieb ja wieder ans Laufen kriegen. Und mit den vorhandenen Turmwagen jede Strecke abfahren und von Hand die Leitung abtauen hätte noch länger gedauert.

Eisfreie Grüße,
der Colaholiker

Ihhh von Hand!
In Winterthur zirkulierte in den 70er Jahren ein Trolleybus auf dem Netz, der eine Abtauflüssigleit auf due Fahrleitung spritzte. Dem Vernehmen nach handelte es sich um ein Glykolgemisch. Böse Zungen behauptetet später, es könne sich auch um Weisswein aus Oesterreich handeln.

Aber die Frage: Wird das in den Niederspannungsnetzen nicht mehr gemacht?

Gruss Guru

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

Colaholiker, Frankfurt / Hildesheim, Montag, 02.02.2015, 09:48 (vor 3974 Tagen) @ guru61

Aber die Frage: Wird das in den Niederspannungsnetzen nicht mehr gemacht?

Zumindest in Frankfurt bis zu diesem Eisregen nicht. Danach wurde auf dem Fahrschulwagen eine Enteisungsvorrichtung mit Frostschutzbenetzungsgeblubbs montiert... und dann fiel der Winter aus.

Amüsierte Grüße,
der Colaholiker

Schnee Talent 2 Update

BahnCard100First, Hamburg, Sonntag, 01.02.2015, 23:40 (vor 3974 Tagen) @ ICE-TD

Die Werdenfelsbahn Talent 2 (nur die Werdenfelsbahn Talent 2)sollen schon lange ein Update bekommen das diese Fahrzeuge im Winter nicht so empfindlich sind,und man sich die Putzzüge sparen kann. Das EBA hat im Dezember 2014 zum vierten Mal das Update abgewiesen, weil es Fehlerhaft ist. Mal schauen wann der Hersteller es hinbekommt ein Update ohne Fehler einzureichen.

Schnee Talent 2 Update

zweisystemwagen, Montag, 02.02.2015, 18:33 (vor 3974 Tagen) @ BahnCard100First

Die Werdenfelsbahn Talent 2 (nur die Werdenfelsbahn Talent 2)sollen schon lange ein Update bekommen das diese Fahrzeuge im Winter nicht so empfindlich sind,und man sich die Putzzüge sparen kann. Das EBA hat im Dezember 2014 zum vierten Mal das Update abgewiesen, weil es Fehlerhaft ist. Mal schauen wann der Hersteller es hinbekommt ein Update ohne Fehler einzureichen.

Quelle?

Das Update ist doch zugelassen? M. W. will DB Regio es nicht auf den Zügen haben.

16'000 Volt Köln-Rhein-Main

BahnCard100First, Hamburg, Sonntag, 01.02.2015, 23:30 (vor 3974 Tagen) @ Meinrad aus Kanada

Die Putzzüge spart man sich mittlerweile weil es zu teuer ist. Man erhöht Nachts von 15000 Volt auf 16000 Volt.

Für die TGV Züge von und nach Frankreich gibt es die Putzzüge noch. Auch zwischen Erzingen Baden und Singen. Anscheinend haben die SBB Fahrzeuge bei Eis Probleme mit der deutschen Oberleitung.

16'000 Volt Köln-Rhein-Main

Sese, Sonntag, 01.02.2015, 23:52 (vor 3974 Tagen) @ BahnCard100First

Die Putzzüge spart man sich mittlerweile weil es zu teuer ist. Man erhöht Nachts von 15000 Volt auf 16000 Volt.

Was genau soll das bringen, wenn kein Verbraucher auf der Strecke ist und kein Strom fließt? Nur durch Spannung wird nix warm. Abgesehen davon wird sowieso aus Gründen der Spannungshaltung nahe 17 kV am Unterwerk eingespeist.

Was es auf Köln-Frankfurt mal gab, ist eine Abtauschaltung. Dabei wurde die Strecke so gegen Erde durchgeschaltet, dass ein hinreichend großer Strom die Oberleitung binnen einiger Minuten abgetaut hat. Soweit ich weiß wird das aber inzwischen nicht mehr gemacht, da einerseits die Schalthandlung so lange gedauert haben (bei der DB wird generell sequenziell geschaltet - bei einigen Dutzend Schaltern zwischen K und F kann das schon mal dauern), dass nach dem Abtauen und Herstellen des Schaltzustandes für den Betrieb die Oberleitung wieder vereist war. Andererseits hat wohl eine einzige Abtauschaltung einen mittleren 5-stelligen Betrag gekostet.

--
Grüße,
Sese

16'000 Volt Köln-Rhein-Main

Sensi, Montag, 02.02.2015, 10:17 (vor 3974 Tagen) @ Sese

Auf der KRM wird auch dieses Jahr wieder geheizt und geputzt..

Technische Frage zu Eis an der Oberleitung

ICE11, Aachen, Montag, 02.02.2015, 13:14 (vor 3974 Tagen) @ ICE11

Euch allen danke für die Antworten, da lag ich ja mit meiner Vermutung schon in der richtigen Richtung...!

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