ICE1 mit 280: Was bringts wirklich? (Allgemeines Forum)

Sese, Montag, 18.07.2011, 18:48 (vor 5257 Tagen)

Hallo,

nachdem wir an der Uni momentan eh viel mit Simulationsprogrammen zu tun haben, bot es sich an, mal obiger Fragestellung nachzugehen: Wieviel Zeit gewinnt man, wenn man einen alten ICE1 auf 280 prügelt? Mit Stift und Taschenrechner lassen sich wenig aussagekräftige Berechnungen anstellen, sodass man für eine sinnvolle Aussage auf ein Simulationsprogramm zurückgreifen muss.

An der TU Dresden steht mit Opentrack ein zeitschrittbasiertes Bahnbetriebssimulationsprogramm zur Verfügung, das sehr gut fahrdynamische Problemstellungen abbilden kann.

In diesem Prgramm habe ich einmal exemplarisch die Strecke Hannover-Göttingen eingegeben, hier wird ja gerne mal 280 gefahren, denn zwischen Göttingen und Kriebergtunnel sind rund 30 km für 280 freigegeben, dazu kommen einige kürzere Abschnitte. Die Streckendaten standen als Excel-Liste zur Verfügung und bestanden aus zulässiger Vmax, Gradienten, Bogenradien und entsprechenden Kilometerangaben. So konnte die Strecke relativ genau abgebildet werden.

Als Fahrzeug hab ich den ICE1 hergenommen und das aus der Literatur bekannte Zugkraft-Geschwindigkeits-Diagramm mit entsprechender Fahrwiderstandskurve hinterlegt. Bis zur Übergangsgeschwindigkeit bei 92 km/h sinkt die Zugkraft von 400 kN auf 375 kN ab. Danach wird sie durch die 9,6 MW Leistung am Rad begrenzt. Bedingt durch das absinkende Kippmoment des Fahrmotors zwischen 250 und 280 muss die Fahrmotorspannung und damit auch die Leistung abgesenkt werden. Raus kommt folgender Verlauf, der im Simulationsprogramm hinterlegt wurde:

[image]

Als Bremsverzögerung wurden konstant 0,6 m/s² angenommen, das Zuggewicht mit 804 t. Zur Energieberechnung wurde dem Zug ein konstanter Wirkungsgrad von 0,82 unterstellt. Im Anfahrbereich hat man zwar kleinere Wirkungsgrade, aber da diese Abschnitte im Fahrzyklus sehr gering sind, dürfte man mit 0,82 nicht groß daneben liegen.

Nachdem nun Strecke und Fahrzeug modelliert sind, konnte die Zugfahrt simuliert werden. Ich habe dabei jeweils eine Zugfahrt für 250 und 280 für jeweils beide Richtungen laufen lassen bei einer Schrittweite von 0,1 s.

Folgende Geschwindigkeits-Weg-Verläufe ergeben sich:

[image]
Hannover-Göttingen

[image]
Göttingen Hannover; Fahrtrichtung im Diagramm von rechts nach links

Man sieht, die 280 werden zwar erreicht, allerdings nur auf langen Abschnitten und da dauert es ganz schön. Bedingt durch das Gefälle kann im Fahrtrichtung Hannover-Göttingen auf längeren Abschnitten 280 gefahren werden. Schön zu sehen sind auch einige Geschwindigkeitseinbrüche unter 250, die der starken Steigung geschuldet sind.

Wenn man einen Blick auf die Fahrzeit wirft, fallen die Resultate recht ernüchternd aus. Folgende Diagramme zeigen den gefahrenen Weg über der Zeit. Die unterschiedlichen Endpunkte von roter und blauer Linie drücken die Fahrzeitersparnis aus:

[image]
Hannover-Göttingen

[image]
Göttingen-Hannover

In absoluten Zahlen ergibt sich in Fahrtrichtung Hannover-Göttingen eine gesamte Fahrzeitersparnis von 37 Sekunden bei einer Gesamtfahrzeit von 29:23 min bei 250 km/h. In der umgekehrten Richtung sind es 43 Sekunden bei 29:06 min Fahrzeit bei 250 km/h. Nicht gerade viel, wenn man sich dem gegenüber die Energiebilanz ansieht:

[image]
Hannover-Göttingen

[image]
Göttingen-Hannover

Leider kann das Simulationsprogramm keine Energierückspeisung berücksichtigen, daher sind obige Verläufe irreführend. Auch die absoluten Zahlen werden so in der Praxis nicht stimmen, sind aber dennoch interessant: Insgesamt kostet die Raserei in Fahrtrichtung Hannover-Göttingen 543 kWh bzw. 16% mehr Energie. In der umgekehrten Richtung sind es 695 kWh oder 24%! Würde man die Rückspeisefähigkeit mit reinrechnen, und überschlägt man, dass der Zug zwischen 250 und 280 km/h eine elektrische Bremskraft von rund 120 kN hat und in der Simulation 804 t wiegt, erreicht man damit eine Verzögerung von rund 0,15 m/s². Bei geforderten 0,60 m/s² Verzögerung kann man somit rund 1/4 elektrisch Bremsen. Über den Daumen gepeilt würde damit der zusätzliche Energiebedarf für die 280 km/h um rund 1/4 sinken. Die 280 km/h würden somit "nur" 12% respektive 18% mehr Energie benötigen ;-)

Fazit: 12% / 18 % mehr Energiebedarf bei 2,1% / 2,4% Fahrzeitersparnis ;-)

Dabei ist natürlich noch zu berücksichtigen, dass das Simulationsprogramm eigentlich zu optimistisch rechnet. Einerseits werden systembedingt Fehler bei der Berechnung gemacht, denn für einen Zeitschritt von 0,1 s werden alle Variablen als konstant angesehen, was sie natürlich nicht sind. Im Grunde werden stets eine zu hohe Zugkraft und ein zu geringer Fahrwiderstand angesetzt - bei Schrittweiten von 0,1 s ist das allerdings nicht sehr schlimm.
Viel mehr dürfte ins Gewicht fallen, dass das System jede Mögliche Beschleunigungsphase ausnützt. Nur wenige Lokführer werden wirklich die gesamte Fahrt über die AFB auf 280 stehen lassen und eine "ruckelige" Fahrt zulassen, bei der ständig für nur wenige 100 m beschleunigt und dann gebremst wird.
Hinzu kommt, dass das Simulationsprogramm keine Regelzeiten für Zugkraft und Bremse kennt: Hier werden die Zug- und Bremskraft praktisch sofort von 0 auf maximal gesetzt - in der Realität wird weich auf- und abgeschaltet bzw. sind die Ansprech- und Lösezeiten der Bremse zu berücksichtigen.

Alles in allem fällt damit die Bilanz für die Fahrzeitersparnis noch dürftiger aus ;-)

--
Grüße,
Sese

ICE1 mit 280: Was bringts wirklich?

ice-t-411, Montag, 18.07.2011, 19:25 (vor 5257 Tagen) @ Sese

Hi!

Erstmal danke für die interessante Rechnung. Hatte in der Vergangenheit mit einmal ähnliches Simulationstool zu tun und da wichen die Ergebnisse gar nicht so weit von der Praxis ab, was den Energieverbrauch betrifft. Allerdings wurde dort auch der komplette Trafo + Umrichter + Fahrmotor simuliert.

Als Fahrzeug hab ich den ICE1 hergenommen und das aus der Literatur bekannte Zugkraft-Geschwindigkeits-Diagramm mit entsprechender Fahrwiderstandskurve hinterlegt. Bis zur Übergangsgeschwindigkeit bei 92 km/h sinkt die Zugkraft von 400 kN auf 375 kN ab. Danach wird sie durch die 9,6 MW Leistung am Rad begrenzt. Bedingt durch das absinkende Kippmoment des Fahrmotors zwischen 250 und 280 muss die Fahrmotorspannung und damit auch die Leistung abgesenkt werden. Raus kommt folgender Verlauf, der im Simulationsprogramm hinterlegt wurde:

[image]

Hast du die Kurve so aus der Literatur? Der Knick bei 250 km/h würde mich extrem wundern. Zwar sinkt das Kippmoment mit steigender Motordrehzahl, aber der begrenzende Faktor müsste hier die Leistung seien. Wenn du sagst, dass die Fahrmotorspannung gesenkt wird, kann ich das nicht nachvollziehen. Die Spannung bei der ASM steigt bis nur Nennspannung (die bei Nenndrehzahl erreicht wird). Danach bleibt sie konstant bei UN während die Frequenz weiter steigt. Bei der U/f-Steuerung ist bis dorthin U ~ f, danach nicht mehr, bei der in allen modernen Fahrzeugen eingesetzten Vektorregelung ist der Sachverhalt etwas komplizierter, der physikalische Zusammenhang ändern sich aber nicht, auch wenn jetzt nicht mehr U sondern diverse (virtuelle) Ströme berücksichtigt werden.
Die Nenndrehzahl der Motoren des ICE1 liegt aber sicher weit unter 250 km/h, da die Auslegung sonst eher ineffizient wäre und man Probleme mit dem Anfahrmoment bekommt, wenn man die Übersetzung so wählt.

Gruß
Johannes

ICE1 mit 280: Was bringts wirklich?

Sese, Montag, 18.07.2011, 19:49 (vor 5257 Tagen) @ ice-t-411

Hi!

Erstmal danke für die interessante Rechnung. Hatte in der Vergangenheit mit einmal ähnliches Simulationstool zu tun und da wichen die Ergebnisse gar nicht so weit von der Praxis ab, was den Energieverbrauch betrifft. Allerdings wurde dort auch der komplette Trafo + Umrichter + Fahrmotor simuliert.

Könnte man hier auch noch machen, in dem man Openpowernet dran hängt, aber das wäre mir zu viel Aufwand geworden ;-) Außerdem bräuchte man dann Standorte und Parameter der Unterwerke, Fahrleitungsschaltungen usw, um die Strecke realitätsgetreu abzubilden.

Hast du die Kurve so aus der Literatur? Der Knick bei 250 km/h würde mich extrem wundern. Zwar sinkt das Kippmoment mit steigender Motordrehzahl, aber der begrenzende Faktor müsste hier die Leistung seien. Wenn du sagst, dass die Fahrmotorspannung gesenkt wird, kann ich das nicht nachvollziehen.

Die verkette Fahrmotorspannung beträgt laut Literaturwert bei Höchstdrehzahl des Fahrmotors (entsprechend 280 km/h) 2050V. Ab der Übergangsgeschwindigkeit liegt sie aber laut Literatur bei 2200V, sprich: zwischen 250 und 280 wird sie abgesenkt. Hinzu kommt, dass in der Literatur davon die Rede ist, dass die Dauerleistung von 4,8 MW nur bis 250 km/h aufrecht erhalten wird.

Die Spannung bei der ASM steigt bis nur Nennspannung (die bei Nenndrehzahl erreicht wird). Danach bleibt sie konstant bei UN während die Frequenz weiter steigt. Bei der U/f-Steuerung ist bis dorthin U ~ f, danach nicht mehr, bei der in allen modernen Fahrzeugen eingesetzten Vektorregelung ist der Sachverhalt etwas komplizierter, der physikalische Zusammenhang ändern sich aber nicht, auch wenn jetzt nicht mehr U sondern diverse (virtuelle) Ströme berücksichtigt werden.
Die Nenndrehzahl der Motoren des ICE1 liegt aber sicher weit unter 250 km/h, da die Auslegung sonst eher ineffizient wäre und man Probleme mit dem Anfahrmoment bekommt, wenn man die Übersetzung so wählt.

Die Nenndrehzahl liegt laut Literatur bei 92 km/h, das ist richtig. Mit einem abgenutzten Raddurchmesser von 950 mm und einer Getriebeübersetzung von 2,597 bekommt man bei Nenndrahzahl für eine vierploige Maschine eine Grundschwingungsfrequenz von 44 Hz. Bei 280 km/h beträgt die Drehzahl des Fahrmotors laut Literatur 4032 min-1, entsprechend 135 Hz.

Das heißt, zwischen 0 und 92 km/h wird die Fahrmotorspannung linear auf 2200 V erhöht, die Motorfrequenz linear auf 44 Hz, gleichzeitig steigt die Leistung linear von 0 auf 4800 kW. Ab 92 km/h wird die Spannung konstant gehalten, die Frequenz aber weiter bis 135 Hz bei 280 km/h erhöht. Wenn nun zwischen 250 und 280 die Fahrmotorspannung abgesenkt wird, was ja de facto gemacht wird, dann kann ich mir das nur mit dem Kippmoment erklären, das ja quadratisch mit der Frequenz absinkt.

--
Grüße,
Sese

ICE1 mit 280: Was bringts wirklich?

ice-t-411, Montag, 18.07.2011, 20:01 (vor 5257 Tagen) @ Sese

Hi!

Das heißt, zwischen 0 und 92 km/h wird die Fahrmotorspannung linear auf 2200 V erhöht, die Motorfrequenz linear auf 44 Hz, gleichzeitig steigt die Leistung linear von 0 auf 4800 kW. Ab 92 km/h wird die Spannung konstant gehalten, die Frequenz aber weiter bis 135 Hz bei 280 km/h erhöht. Wenn nun zwischen 250 und 280 die Fahrmotorspannung abgesenkt wird, was ja de facto gemacht wird, dann kann ich mir das nur mit dem Kippmoment erklären, das ja quadratisch mit der Frequenz absinkt.

OK, selten so eine Lastkurve gesehen, aber bei Straßenbahnen geht's halt nicht bis 280 km/h, d.h. man kommt gar nicht in den Bereich, wo das Kippmoment interessant werden könnte. Danke für die Aufklärung!

Gruß
Johannes

P.S.: Naja, das mit den Unterwerken wird dann schon etwas übertrieben, ich habe immer mit "starrem Netz" gerechnet, d.h. die 15 kV 16,7Hz liegen konstant an.

ICE1 mit 280: Was bringts wirklich?

Sese, Montag, 18.07.2011, 20:10 (vor 5257 Tagen) @ ice-t-411

Hallo!

OK, selten so eine Lastkurve gesehen, aber bei Straßenbahnen geht's halt nicht bis 280 km/h, d.h. man kommt gar nicht in den Bereich, wo das Kippmoment interessant werden könnte. Danke für die Aufklärung!

Bei Vollbahnfahrzeugen ist mir das schon öfter über den Weg gelaufen. Beim Taurus 3 fährt gibt es den Knick ab 200 km/h ebenfalls, beim Talent 2 kommt er etwa bei 105 km/h ;-)

--
Grüße,
Sese

Wirklich interessant, aber was wäre wenn ...

Baselaner, Montag, 18.07.2011, 20:19 (vor 5257 Tagen) @ Sese

Vielen Dank für diese Simulation!

Hier sieht man sehr schön was es bringt und was nicht. (auch wenn es nicht zu 100% stimmt) Man könnte es ja mal berechnen, wenn durchgängig 280 Km/h erlaubt wären. Was könnte man "sparen" und würde es wirklich was bringen? Weil mit diesem abgehake von 280 Km/h und 250 Km/h versaut man sich wirklich alles!

Mit freundlichen Grüßen
Baselaner

Im nächsten langweiligen Seminar ... ^^

Steffen, Montag, 18.07.2011, 20:32 (vor 5257 Tagen) @ Sese

Hi Sese,

interessant, vielen Dank :)

Im nächsten langweiligen Seminar könntest Du die Daten wieder rauskramen und das ganze noch mit einer HG von 230 km/h und von 200 km/h durchrechnen - wäre super! Mich würde nämlich sehr interessieren, wie sich die Fahrzeit und der Energieverbrauch dann verhalten (naja, wahrscheinlich ungünstiger, weil die 250 ja konstant gefahren werden können, aber die Zahlen dazu sind mit Sicherheit interessant).

Danke :)

--
[image]

Im nächsten langweiligen Seminar ... ^^

Sese, Montag, 18.07.2011, 21:19 (vor 5257 Tagen) @ Steffen

Das lässt sich ja fix machen, man muss nur die Vmax des Zuges auf 230 oder 200 herabsetzen ;-) Kann ich mal machen, wenn ich wieder drin sitze.

Auch das mit den durchgehenden 280 wäre mal ne Untersuchung wert.

--
Grüße,
Sese

Im nächsten langweiligen Seminar ... ^^

GP4Flo, Montag, 18.07.2011, 23:45 (vor 5256 Tagen) @ Sese
bearbeitet von GP4Flo, Montag, 18.07.2011, 23:46

Ich würde die Bremsverzögerung geringer ansetzen. Da ja mit LZB gefahren wird und diese eine sehr konservative Bremskurve verwendet:
"The ICE3, which has a full service braking deceleration of 1.1 m/s2 below 160 km/h, dropping to 0.65 km/h by 300 km/h, has a LZB target speed deceleration of only 0.68 m/s2 to 120 km/h, 0.55 m/s2 between 120 km/h and 170 km/h, and 0.5 m/s2 at higher speeds.[5]"
http://en.wikipedia.org/wiki/Linienzugbeeinflussung

P.s. Darf ich fragen in welchem Studiengang man so interessante Sachen macht?

Im nächsten langweiligen Seminar ... ^^

Sese, Montag, 18.07.2011, 23:52 (vor 5256 Tagen) @ GP4Flo

Ich würde die Bremsverzögerung geringer ansetzen. Da ja mit LZB gefahren wird und diese eine sehr konservative Bremskurve verwendet:
"The ICE3, which has a full service braking deceleration of 1.1 m/s2 below 160 km/h, dropping to 0.65 km/h by 300 km/h, has a LZB target speed deceleration of only 0.68 m/s2 to 120 km/h, 0.55 m/s2 between 120 km/h and 170 km/h, and 0.5 m/s2 at higher speeds.[5]"
http://en.wikipedia.org/wiki/Linienzugbeeinflussung

Naja, im Mittel schienen mit 0,6 m/s² am sinnvollsten ;)

P.s. Darf ich fragen in welchem Studiengang man so interessante Sachen macht?

Wer sich an der TU Dresden für die Vertiefungsrichtung Elektrische Bahnen im Rahmen des Diplom-Studiengangs Verkehrsingenieurwesen entscheidet, der kommt in den Genuss einer Lehrveranstalung für Simulationssysteme auf dem Gebiet elektrischer Bahnen ;-)

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Grüße,
Sese

Im nächsten langweiligen Seminar ... ^^

Bernina-Express, Dienstag, 19.07.2011, 10:12 (vor 5256 Tagen) @ Sese

Nachdem die Cracks sich hier ausgetobt haben, erlaube ich mir mal als Laie dazu etwas zu sagen. Die Vergleiche 250/280 haben als Grundlage eine Strecke, die im Prinzip für 250 konzipiert ist und millimeterweise für 280 zugelassen ist. Da braucht man eigentlich keine große Wissenschaft, um sich auszurechnen, dass bei Ausnutzung der 280 nur Sekunden herauszuschinden sind. Das ist systembedingt.
Genausogut kann man eine Strecke für 100 konzipieren und stückchenweise 130, dann käme eben auch heraus, dass es keinen Sinn macht, diese 130 auch zu fahren.
Als Laie kann ich nur folgendes Fazit ziehen: Es macht wenig Sinn,eine Strecke in Stückchen für eine höhere Vmax auszubauen. Entweder die ganze Strecke oder gar nicht. Alles andere rechnet sich nicht.

So, jetzt wieder die Fachleute.

Millimeterweise?

Fabian318, Münster i. W., Dienstag, 19.07.2011, 10:18 (vor 5256 Tagen) @ Bernina-Express

Die Vergleiche 250/280 haben als Grundlage eine Strecke, die im Prinzip für 250 konzipiert ist und millimeterweise für 280 zugelassen ist.

Wie du im Geschwindigkeitsprofil siehst, ist der weitaus überwiegende Teil des Schnellfahrabschnittes für 280 km/h zugelassen. Das Problem sind natürlich die vielen Tunnel.

Als Laie kann ich nur folgendes Fazit ziehen: Es macht wenig Sinn,eine Strecke in Stückchen für eine höhere Vmax auszubauen. Entweder die ganze Strecke oder gar nicht. Alles andere rechnet sich nicht.

Wie ich es sehe, ist die Strecke durchaus für 280 km/h durchgehend ausgebaut. Lediglich weil Begegnungen mit Güterzügen nicht ausgeschlossen werden können, sind in den Tunnel nur 250 km/h zugelassen. Korrigiert mich, wenn ich falsch liege.

Spannend fände ich aber nun auch, wie es mit durchgehend 280 km/h aussieht.

Danke für das Diagramm

ICE-T-Fan, Dienstag, 19.07.2011, 11:25 (vor 5256 Tagen) @ Sese

Hallo,


Wenn man einen Blick auf die Fahrzeit wirft, fallen die Resultate recht ernüchternd aus. Folgende Diagramme zeigen den gefahrenen Weg über der Zeit. Die unterschiedlichen Endpunkte von roter und blauer Linie drücken die Fahrzeitersparnis aus:

[image]
Hannover-Göttingen

[image]
Göttingen-Hannover

In absoluten Zahlen ergibt sich in Fahrtrichtung Hannover-Göttingen eine gesamte Fahrzeitersparnis von 37 Sekunden bei einer Gesamtfahrzeit von 29:23 min bei 250 km/h. In der umgekehrten Richtung sind es 43 Sekunden bei 29:06 min Fahrzeit bei 250 km/h. Nicht gerade viel, wenn man sich dem gegenüber die Energiebilanz ansieht:

Das es nicht viel bringen würde, war aber auch schn früher klar, als ich es mit Stift und Zettel bzw. Excel näherungsweise gerechnet habe. Damals kam ich auf 2-5 min Zeitersparnis für die ganze Strecke Würzburg-Hannover, je nach angenommenen Zugdaten. (Meistens die optimistischen, die zu 5 min führten.) Deine Rechnung geht in der Summe in Richtung 1,5 min.

Danke!

Anoj 1, Dresden (D) / Vbg. (A), Dienstag, 19.07.2011, 22:20 (vor 5255 Tagen) @ Sese

- kein Text -

Zusatzfrage: ICE-W mit 250 km/h und ICE-T mit 230 km/h

ICE-T-Fan, Mittwoch, 20.07.2011, 08:06 (vor 5255 Tagen) @ Sese

Was würde denn im Vergleich der ICE-W (BR 403 oder 407) mit vmax. 250 km/h bringen?

Durch die bessere Beschleunigung sollte er ja auch schneller als der ICE-A bei 250 km/h sein.

Und wie sieht es mit den ICE-T bei 230 km/h aus?

Könntest du das auch damit ausrechnen?

Zusatzfrage: ICE-W mit 250 km/h und ICE-T mit 230 km/h

Sese, Mittwoch, 20.07.2011, 14:47 (vor 5255 Tagen) @ ICE-T-Fan

Was würde denn im Vergleich der ICE-W (BR 403 oder 407) mit vmax. 250 km/h bringen?

Durch die bessere Beschleunigung sollte er ja auch schneller als der ICE-A bei 250 km/h sein.

Und wie sieht es mit den ICE-T bei 230 km/h aus?

Wenn ich mal wieder im Rechenlabor sitze und etwas Zeit habe kann ich das mal probieren Leider hab ich für den ICE-T keine Fahrwiderstandsgleichung, sodass man sie maximal aus der des ICE3 abschätzen kann. Ist halt dann ungenau...

--
Grüße,
Sese

Schade, kein T zum Kaffee;-) Trotzdem danke.

fjk, Mittwoch, 20.07.2011, 15:15 (vor 5255 Tagen) @ Sese

Was würde denn im Vergleich der ICE-W (BR 403 oder 407) mit vmax. 250 km/h bringen?

Durch die bessere Beschleunigung sollte er ja auch schneller als der ICE-A bei 250 km/h sein.

Und wie sieht es mit den ICE-T bei 230 km/h aus?


Wenn ich mal wieder im Rechenlabor sitze und etwas Zeit habe kann ich das mal probieren Leider hab ich für den ICE-T keine Fahrwiderstandsgleichung, sodass man sie maximal aus der des ICE3 abschätzen kann. Ist halt dann ungenau...

Moin,

und erstmal noch ein danke für die Simulation und die "ordentliche Ausarbeitung" - sowas sieht man als Ex-Übungsblattkorrektor gerne;-) Und dann noch die Ergänzung mit Profil: so macht man Gutes noch besser.

Ich hoffe, ich habe die ganze Chose auch laienhaft besser gelesen als ein schlechtes Übungsblatt und sage darum besonders auf den ICE-T bezogen "schade". Denn da die 250 auch mit einem echten ICE ja fast durchgefahren werden, würde die bessere Beschleunigung beim Dreier wohl in der Fahrtzeit nur sehr wenig bringen. Es fallen halt (im Weg-Geschwindigkeitsdiagramm) die drei (bzw. ein und vier halbe = auch drei;-)) steigungsbedingten Einbrüche in Tunnels weg oder noch kleiner aus, außerdem wird etwas steiler beschleunigt. Wenn man aber die Flächen=Fahrtzeitvorteile zwischen 280 und 250 mit den möglichen Versteilerungen der Beschleunigung vergleicht, kann da nur noch sehr viel weniger als das hier erzielte knappe Minütchen rauskommen.

Oder war ein Vergleich zwischen Strecken-vmax und 250 mit einem besser beschleunigenden Dreier, oder gar einer hypothetisch zu fahrenden Dreier-vmax und 250, gemeint? Das könnte noch interessanter sein (und ist ja für's nächste Mal versprochen:-)). So wie der ICE-T (und die Ersatzverkehre mit 200), wobei die beide ja kaum bremsen müssen und man mit der Papierundbleistiftabschätzung auch schon sehr nah an die (simulierte) Wahrheit herankommen müsste...


... schiebt ein eigenes Fahrdynamikmodul noch ein bisschen vor sich her
fjk

Schade, kein T zum Kaffee;-) Trotzdem danke.

ICE-T-Fan, Donnerstag, 21.07.2011, 08:58 (vor 5254 Tagen) @ fjk

Ich behaupte einfach mal aus dem Bauch heraus, dass auf der gesamten SFS von Würzburg nach Hannover ein ICE-W mit vmax 250 km/h aufgrund der besseren Beschleunigung aus Würzburg, Fulda, Kassel und Göttingen die Fahrzeit eines ICE-A mit vmax 280 km/h beinahe erreichen kann. Die 280er-Abschnitt sind ja nicht lang. Die drei hier gezeigten Abschnitte zwischen Göttingen und Hannover und dazu noch zwei Abschnitte zwischen Fulda und Würzburg.

Aber bitte mit Sahne: Bauch liegt richtig beim Kaffeeklatsch

fjk, Donnerstag, 21.07.2011, 10:49 (vor 5254 Tagen) @ ICE-T-Fan

Ich behaupte einfach mal aus dem Bauch heraus, dass auf der gesamten SFS von Würzburg nach Hannover ein ICE-W mit vmax 250 km/h aufgrund der besseren Beschleunigung aus Würzburg, Fulda, Kassel und Göttingen die Fahrzeit eines ICE-A mit vmax 280 km/h beinahe erreichen kann. Die 280er-Abschnitt sind ja nicht lang. Die drei hier gezeigten Abschnitte zwischen Göttingen und Hannover und dazu noch zwei Abschnitte zwischen Fulda und Würzburg.

Der südniedersächsische Bauch liegt da wohl richtig: denn in der gezeigten Untersuchung für Göttingen-Hannover (und umgekehrt) kommt ja raus, dass der echte ICE von seinen 280-Versuchen nicht viel hat, u.a. weil er vergleichsweise mühsam aus den Puschen kommt. Also erreicht sogar der ICE-A mit 250 fast die Fahrzeit eines ICE-A mit vmax 280. Das schafft der Plastikkram ("W" steht für Werkstoffwunder?) dann wohl allemal.
Interessanter wird vielleicht, was man aus dem rausholen könnte, wenn er auch 280 führe (oder schneller, das iszt dann aber nicht mehr vergleichbar, und erlaubt schon gar nicht), denn wegen der besseren Beschleunigung sollte er die 280 fixer erreichen, so dass sich auch die kurzen Stückchen "lohnen". Ob es die Energie dann wert ist, ist eine andere Frage.

brüht frisch auf
fjk

Aber bitte mit Sahne: Bauch liegt richtig beim Kaffeeklatsch

ICE-T-Fan, Freitag, 22.07.2011, 16:28 (vor 5253 Tagen) @ fjk

Das W steht für Wirbelstrombremse und ist der Grund dafür, warum beispielsweise ICE 1223/1224 auf der alten SFS nur 250 km/h fahren dürfen, auch wenn sie stellenweise 280 km/h locker erreichen könnten. Aber W-Bremse ist nur für Schnellbremsung freigegeben und daher würden die Scheibenbremsen im normalen Betrieb etwas überhitzt werden, wenn die ICE-Ws die 250 km/h überschreiten.

Jedenfalls behaupte ich, dass die Beschleunigungsgewinne eines ICE-W ausgangs der Bahnhöfe und Streckensteigungen die Verluste aufgrund der 30 km/h niedrigeren Endgeschwindigkeit locker ausgleichen können.

Zusatzfrage: ICE-W mit 250 km/h und ICE-T mit 230 km/h

ice-t-411, Donnerstag, 21.07.2011, 09:32 (vor 5254 Tagen) @ Sese

Hi!

Eventuell hab ich die Daten daheim, müsste ich aber am WE mal nachschauen. ICE TD ist auf jeden Fall dabei, ICE T bin ich mir nicht ganz sicher. Allerdings lässt sich die Kurve recht gut aus Anfahrzugkraft, Kraftschluss bei ca. 0,25 und der Maximalleistung zusammenbauen.

Gruß
Johannes

Zusatzfrage: ICE-W mit 250 km/h und ICE-T mit 230 km/h

Sese, Donnerstag, 21.07.2011, 15:43 (vor 5254 Tagen) @ ice-t-411

Hi!

Eventuell hab ich die Daten daheim, müsste ich aber am WE mal nachschauen. ICE TD ist auf jeden Fall dabei, ICE T bin ich mir nicht ganz sicher. Allerdings lässt sich die Kurve recht gut aus Anfahrzugkraft, Kraftschluss bei ca. 0,25 und der Maximalleistung zusammenbauen.

Die Zugkraftkurve habe ich auch, aber die Fahrwiderstandskurve nicht ;-)

--
Grüße,
Sese

Richtung verwechselt?

fabs, Braunschweig, Mittwoch, 20.07.2011, 08:25 (vor 5255 Tagen) @ Sese

Moin!
Kann es sein, daß es unter dem dritten Diagramm heißen muß "...von rechts nach links..."?
Weiterhin verwundert der Hinweis auf das Gefälle, daß es in Fahrtrichtung Göttingen geben soll. Ich dachte immer, daß Hannover deutlich niedriger liegt, als Göttingen?! Aus eigener Erfahrung weiß ich auch, daß es bei einem 120er Güterzug möglich ist, leistungslos und ohne nennenswerten Geschwindigkeitsverlust von Sorsum bis Wülfel zu rollen.

Viele Grüße
fabs

--
Es gibt Dinge im Leben, die dich schnell aus der Bahn werfen können!
Zugbegleiter zum Beispiel...

Richtung verwechselt?

Sese, Mittwoch, 20.07.2011, 14:43 (vor 5255 Tagen) @ fabs

Hallo!

Kann es sein, daß es unter dem dritten Diagramm heißen muß "...von rechts nach links..."?

Natürlich! Ich hab es extra noch hingeschrieben, aber leider verkehrt rum ;-) Danke für den Hinweis!

Weiterhin verwundert der Hinweis auf das Gefälle, daß es in Fahrtrichtung Göttingen geben soll. Ich dachte immer, daß Hannover deutlich niedriger liegt, als Göttingen?! Aus eigener Erfahrung weiß ich auch, daß es bei einem 120er Güterzug möglich ist, leistungslos und ohne nennenswerten Geschwindigkeitsverlust von Sorsum bis Wülfel zu

Absolut gesehen liegt Göttingen 100 m über Hannover, das stimmt. Allerdings geht es im Abschnitt von Göttingen aus die 30 km bis zum ersten Tunnel ein Stück bergauf, sodass man dort - obwohl der Abschnitt recht lange 280 km/h erlaubt, nur ganz kurz die 280 km/h erreicht. In der Gegenrichtung kommt man schon mit 250 aus dem Tunnel und kann dann zum Schwung holen sogar noch das Gefälle nutzen. Wenn man die Höhenlinie mit ins Diagramm nimmt, sieht man das recht gut: Zwischen km 70 und 80 geht es für den Zug aus Hannover (km 0) bergab, während der Zug aus Göttingen (km 100) erstmal auf die 250 kommen muss und dann, wenn er die erreicht hat, die Steigung einsetzt.

[image]

Zwischen Hannover und dem ersten Tunnel (km 0 - 30) gibts zwar einen vergleichbaren Abschnitt, wo das Gefälle dem Zug aus dem Tunnel hilft, allerdings ist der 280-km/h Abschnitt gut 10 km kürzer.

Anhand der Höhenlinie lässt sich auch deine Aussage nachvollziehen, dass man ohne Leistung von Sorsum bis Wülfel fahren kann ;-)

--
Grüße,
Sese

Danke für den genialen Beitrag

GUM, Mittwoch, 20.07.2011, 12:49 (vor 5255 Tagen) @ Sese

Meint staunend

GUM

Vielen Dank und Anmerkung

Traktion, Mittwoch, 20.07.2011, 20:36 (vor 5255 Tagen) @ Sese

Auch von mir ein herzliches Dankeschön für Deine Mühe! Wirklich schön aufgearbeitet das Thema! Mit dem Rechenweg Pi * Daumen kam ich auch auf etwa 30 Sekunden Fahrzeitersparnis...

Anzumerken wäre aber noch, dass es eine Information für Tf gibt, wonach die 280 km/h nur in dem Streckenabschnitt zwischen Kriegberg- und Eschenbergtunnel freizugeben sind, da auf den anderen Abschnitten kein Fahrzeitgewinn, sondern nur ein höherer Verbrauch zu erwarten ist.

Vielen Dank und Anmerkung

ICE-T-Fan, Donnerstag, 21.07.2011, 09:26 (vor 5254 Tagen) @ Traktion

Für 300 km/h durchgehend auf den SFS-Abschnitten kommt man übrigens auf theoretisch 6 min -> http://ice-fanforum.de/index.php?id=8200

Allerdings ohne Berücksichtigung fahrdynamischer Aspekte wie Steigungen/Gefälle und Energieumsatz.

Vielen Dank und Anmerkung

Sese, Donnerstag, 21.07.2011, 16:12 (vor 5254 Tagen) @ Traktion

Anzumerken wäre aber noch, dass es eine Information für Tf gibt, wonach die 280 km/h nur in dem Streckenabschnitt zwischen Kriegberg- und Eschenbergtunnel freizugeben sind, da auf den anderen Abschnitten kein Fahrzeitgewinn, sondern nur ein höherer Verbrauch zu erwarten ist.

Das machen aber auch nicht viele ;-)

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Grüße,
Sese

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