Mit dem Nachtzug nach Lissabon 3/7 | 48 B (Reiseberichte)

TD, Freitag, 15.02.2019, 17:14 (vor 1897 Tagen)

Hallo zusammen,

willkommen zum dritten Teil unserer kleinen Rundreise nach Portugal. Im zweiten Teil waren wir von Girona mit einem Abstecher zum Kloster Montserrat nach Madrid gefahren und hatten dort den Nachtzug nach Lissabon bestiegen.

Eigentlich sollte dieser Teil erst morgen erscheinen, allerdings hat mich der Wetterbericht motiviert, am Wochenende noch ein paar Gutscheine und Coupons zu verfahren – und deshalb kommt der Bericht schon heute.

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Nachdem wir in den letzten beiden Tagen große Distanzen im Fernverkehr zurückgelegt haben, verbringen wir den dritten Reisetag in und um Lissabon.


Tag 3: Lissabon – Cascais – Sintra – Lissabon

Der letzte Teil des Reiseberichts hatte im Nachtzug nach Lissabon geendet, und genau dort setzten wir den Bericht nun fort. Der erste morgendliche Blick aus dem Zugfenster des Nachtzugs ist zwar unspektakulär – aber unser Premieren-Bild aus Portugal, denn das ist unser erster Besuch in dem Land.

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Wir kommen pünktlich an der Endstation des Zuges am Bahnhof Lissabon Santa Apolónia an. Es ist 7.30 Uhr und uns steht nun ein ganzer Tag für Lissabon zur Verfügung. Wir bringen zunächst das Gepäck ins Hotel, dabei entdecken wir schon den ersten „Miradouro“ (Aussichtspunkt) mit Blick über die Dächer der Stadt und den Tejo.
Eine ganz andere Art von MiraDouro werden wir dann an Tag 5 erleben, aber alles zu seiner Zeit.

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So, des Gepäcks haben wir uns entledigt und unbeschwert können wir nun zur Erkundung von Stadt und Umkreis starten. Hier sind wir am Praça do Comércio angekommen. Im Hintergrund der Arco da Rua Augusta mit dem Durchgang zur Unterstadt (Baixa). Wenn man sich umdreht...

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…ist man am Ufer des Tejo. Der Fluss weitet sich hier kurz vor der Mündung stark, so dass man das Gewässer gar nicht als Fluss wahrnimmt. Am Cais das Colunas (Kai der Säulen) führt eine Marmortreppe mit zwei hohen Säulen in den Tejo hinein.

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Wie wir so am Ufer des Tejo entlang schlendern, kommen wir am Bahnhof Cais do Sodré vorbei. Nein, Quatsch, das war kein Zufall, dass wir hier gelandet sind. Der Kopfbahnhof ist ein Verkehrsknotenpunkt mit Anbindung an das Fährterminal und den Stadtverkehr.

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Hier hat unter anderem die Bahnstrecke Linha de Cascais ihren Ausgangspunkt. Die Strecke führt in den 25 Kilometer entfernten Vorort Cascais, es verkehren S-Bahn-ähnliche Nahverkehrszüge der CP Urbanos de Lisboa, eine Tochtergesellschaft der portugiesischen Staatsbahn CP.

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Die Bahnstrecke stellt praktisch einen Inselbetrieb dar, da sie mit Gleichstrom elektrifiziert ist, während sonst in Portugal Wechselspannung üblich ist. Auf der Strecke können deshalb auch nur die speziell ausgerüsteten Fahrzeuge der Baureihe 3150/3250 eingesetzt werden.

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Die Bahnstrecke folgt dem Tejo bis zu dessen Mündung in den Atlantik und führt weiter entlang der Atlantikküste. Deshalb der Tipp: links sitzen. Dort gibt es das Padrão dos Descobrimentos (Denkmal der Entdeckungen) zu sehen und auch den Atlantik bei der Fahrt an der Costa do Estoril.

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Nach der Ankunft in Cascais machen wir uns auf den Weg durch die schmucke Altstadt ans Meer, hier die Statue von Peter I. auf dem Rathausvorplatz.

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Von der Hafenmole geht der Blick über die Bucht zu den Stränden und zum Palacio Seixas. Ein Badeurlaub liegt uns jedoch fern, und so geht es...

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…wieder am schmucken Rathaus vorbei…

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…zurück zum Bahnhofsplatz (Largo da Estação).

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Ich meine ja, in Cascais wäre der westlichste Bahnhof Europas. Kann das jemand bestätigen oder widerlegen? Ich bin mir nicht sicher und hatte auch vor Ort keinen Hinweis wie eine Infotafel oder ähnliches gefunden.
Der Bahnhof wurde 1889 in Betrieb genommen, Pläne für einen Weiterbau der Strecke bis Porto wurden nicht realisiert, so dass der Bahnhof Endstation blieb.

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Auch für die Rückfahrt nach Lissabon gilt: auf der dem Wasser zugewandten Seite gibt es deutlich mehr zu sehen. Zu den Wahrzeichen von Lissabon zählt der der Torre de Belém. Der Leuchtturm an der Tejomündung wurde 1521 fertiggestellt, er gehört zum UNESCO-Welterbe und erinnert an die Glanzzeit des portugiesischen See- und Handelsimperiums.

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Wenig später führt die Strecke unter der Ponte 25 de Abril hindurch. Die kombinierten Straßen- und Eisenbahnbrücke über den Tejo merken wir uns mal für später vor.

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Nun wollen wir uns zunächst in Lissabon selbst umsehen. Bekannt ist die portugiesische Hauptstadt unter anderem für drei Standseilbahnen. Und so steuern wir nun den Elevador oder Ascensor da Bica an.

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Offenbar gibt es jedoch technische Probleme und die Bahnen stehen verwaist auf der Strecke. Tja, da müssen wir die 260 Meter bergauf wohl laufen. Die Bahn ging 1892 in Betrieb, damals noch mittels Wasserballast angetrieben. 1914 wurde die Bahn elektrifiziert, sie überwindet einen Höhenunterschied von 45 Metern. Das Zugseil verläuft in einem Kanal unter der Straßenoberfläche.

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Schließlich erkunden wir die Oberstadt (Bairro Alto). Lissabon wurde 1755 von einem verheerenden Erdbeben mit einem Großbrand und einem Tsunami heimgesucht und fast vollständig zerstört, das frühere Handwerkerviertel in der heutigen Oberstadt blieb jedoch in Teilen verschont.

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In der Unterstadt (Baixa) liegt der Rossio, einer der bedeutendsten Plätze der Stadt. Die Bronzestatue auf der Säule stellt den portugiesischen König Pedro IV. dar.

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Auf der anderen Seite des Rossio befindet sich ein Bronzebrunnen, darüber ist die Ruine des ehemaligen Klosters Convento do Carmo zu sehen. Das Bauwerk wurde bei dem großen Erdbeben zerstört und nur teilweise wieder aufgebaut.

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Wenn man in Lissabon unterwegs ist, ist das ein auf und ab. Jetzt sind wir von der Unterstadt schon wieder auf dem nächsten Hügel angelangt, nämlich am Castelo de São Jorge. Von der Festungsanlage aus hat man einen schönen Blick über die Stadt und den Tejo. Die Burg wurde ursprünglich von den Mauren gebaut und bei dem Erdbeben weitgehend zerstört.

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In die andere Richtung geht der Blick über die Dächer des Stadtteils Alfama, aus denen sich die Kirche Igreja de Santo Estêvão erhebt.

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Vor der Westfassade der Catedral Sé Patriarcal begegnet uns eine jener berühmten Straßenbahnen von Lissabon. Angesichts der Touristenmassen in den Bahnen sehen wir heute von einer Mitfahrt ab...

Es geht gleich weiter...

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Mit dem Nachtzug nach Lissabon 3/7 | 48 B Fortsetzung

TD, Freitag, 15.02.2019, 17:15 (vor 1897 Tagen) @ TD

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...und machen uns stattdessen erneut auf den Weg zum Rossio. Dieses prächtige Gebäude ist ein Bahnhof, nämlich der Kopfbahnhof Lissabon Rossio – oder etwas wohlklingender Estação de Caminhos de Ferro do Rossio. Der Innenstadtbahnhof wurde 1890 eröffnet.

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Im Inneren des Gebäudes geht es nach oben zur Bahnsteighalle. Der Bahnhof wird planmäßig nur von Vorortzügen angefahren, er ist Ausgangspunkt für die Linie nach Sintra. Auf der Linie verkehren Elektrotriebzüge der Baureihe 2300, die von Siemens und Sorefame gebaut wurden.

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Die Linha de Sintra führt zunächst durch den Túnel do Rossio und weiter durch das Hinterland. Die Strecke ist 27 Kilometer lang und landschaftlich weniger spektakulär.

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Die Kleinstadt Sintra zieht mit ihren Palästen und der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Kulturlandschaft zahlreiche Touristen an. Um alle Sehenswürdigkeiten einschließlich der Burganlage oben am Berg und einer Überlandstraßenbahn zu besuchen, bräuchte man wahrscheinlich einen ganzen Tag. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit müssen wir Abstriche machen und begnügen uns mit dem ehemaligen königlichen Palast Palácio Nacional...

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...einem Blick über die Umgebung mit dem Rathaus...

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...und hinauf zum Castelo dos Mouros.

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Der Bahnhof Sintra ist Endpunkt der Linha de Sintra. Die Züge verkehren von hier im Viertelstundentakt nach Lissabon, die Linie ist die am stärksten frequentierte Vorortlinie. Wir steigen nun in den Zug nach Lissabon,...

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...fahren diesmal aber nur bis zum Bahnhof Campolide. Campolide ist eine Stadt im Großraum Lissabon und ein wichtiger Bahnknoten im Vorortverkehr. An dem Keilbahnhof gibt es eine Umsteigemöglichkeit von der Linha de Sintra zur Linha do Sul. Diese Strecke ist gleich aus zwei Gründen interessant, denn sie führt auf der Ponte 25 de Abril über den Tejo und sie wird von der Privatbahn Fertagus befahren.

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Fertagus setzt doppelstöckige Elektrotriebzüge der Baureihe 3500 ein, die auch unter dem Markennamen X'TRAPOLIS Tagus bekannt sind. Fahrzeuge dieses Typs sind auch bei der portugiesischen Staatsbahn CP im Einsatz.

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Die Fahrt unternehmen wir nur, um einen Blick von der beeindruckenden Brücke auf den Tejo zu werfen. Hier der Blick flussabwärts zur Mündung des Tejo in den Atlantik.

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Am ersten Halt jenseits des Flusses in Pragal steigen wir aus und fahren gleich wieder zurück. Zwischen 1996 und 1999 wurde die Ponte 25 de Abril um die Eisenbahn-Ebene erweitert und der Verkehr auf der Neubaustrecke ausgeschrieben. Seither befährt Fertagus als erster und einziger privater Anbieter in Portugal die Strecke mit den blau-weißen Zügen.

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Die Ponte 25 de Abril (Brücke des 25. April) ist eine 2.278 Meter lange Hängebrücke über den Tejo. Die Brücke umfasst zwei Gleise und darüber 6 Autospuren, sie führt in 70 Metern Höhe über den Fluss. Hier nun der Blick Richtung Lissabon. Der 25. April ist der Tag der Nelkenrevolution, ein Militärputsch führte 1974 zum Sturz der Diktatur und mündete schließlich in freien und demokratischen Wahlen.

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Bis wir schließlich wieder im Zentrum von Lissabon angekommen sind und uns gestärkt haben, legt sich die Dunkelheit über die Stadt. Hier das Teatro Nacional D. Maria II am Rossio.

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Weiter geht es zum Praça do Comércio...

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...und zum Tejo. Das beleuchtete Etwas links der Ponte 25 de Abril ist die Chistus-Statue Cristo Rei in Almada.

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Und mit einem nächtlichen Blick über die Dächer von Alfama beenden wir diesen Reiseberichtsteil. In den nächsten Tag folgt Teil 4 mit der Fahrt auf der Linha da Beira Baixa und nach Porto.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende

Tobias

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Mit dem Nachtzug nach Lissabon 3/7 - Frage?

Holger2, Freitag, 15.02.2019, 18:02 (vor 1897 Tagen) @ TD

Hallo,

und vielen herzlichen Dank für die tollen Bilder. Noch eine Frage: Wo und wie bekommt man günstig Tickets für den Nachtzug nach Lissabon?
Ich möchte vsl. im Mai von Irun nach Lissabon fahren und habe einfach das Problem, dass der Flieger deutlich billiger ist. Lohnt es sich den Zug zu nehmen?

Viele Grüße,
Holger

Mit dem Nachtzug nach Lissabon 3/7 - Frage?

TD, Freitag, 15.02.2019, 18:30 (vor 1897 Tagen) @ Holger2

Hallo Holger,
die Tickets hatte ich online bei der Renfe gebucht.
Zu "günstig" und "lohnen" kann ich nichts sagen, für mich war klar, dass ich gerne mit dem Nachtzug fahren möchte, von daher hatte ich auch keine Alternativen verglichen. Nach dem Motto "der Weg ist das Ziel" habe ich den Nachtzug nicht nur als Verkehrsmittel betrachtet, sondern als Teil der Reise. Was sich "lohnt" liegt sicherlich im Auge des Betrachters, mir war es das Erlebnis "Nachtzug nach Lissabon" wert...

Viele Grüße

Tobias

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Mit dem Nachtzug nach Lissabon 3/7 - Frage?

Labradorit, Karlsruhe, Freitag, 15.02.2019, 20:22 (vor 1897 Tagen) @ Holger2

Ich habe vor zwei Jahren auch über Renfe online gebucht. Hat wunderbar funktioniert, ich denke nicht, dass es irgendwo billiger ist. Mit ca 110 € pro Person im Abteil wie hier im Bericht beschrieben (Unter 26 Jahre) war das eben fest im Urlaubsbudget eingeplant. Zurück gibgs damals dann aber auch mit dem (deutlich günstigeren) Flug mit TAP.

Mit dem Nachtzug nach Lissabon 3/7 - Frage?

brandenburger, Perleberg, Samstag, 16.02.2019, 12:58 (vor 1896 Tagen) @ Holger2
bearbeitet von brandenburger, Samstag, 16.02.2019, 13:01

und vielen herzlichen Dank für die tollen Bilder. Noch eine Frage: Wo und wie bekommt man günstig Tickets für den Nachtzug nach Lissabon?
Ich möchte vsl. im Mai von Irun nach Lissabon fahren und habe einfach das Problem, dass der Flieger deutlich billiger ist. Lohnt es sich den Zug zu nehmen?

Hallo Holger,

natürlich "lohnt" sich das. Die Umweltbelastung durch den starken und immer weiter wachsenden Flugverkehr können wir und einfach nicht mehr leisten. Zumal wenn es um eine touristische Reise geht und du die Zeit hast.

Es ist total schön über die Wolkendecke zu schauen und bei Start und Landung die Welt von oben zu sehen. Gleichzeitig ist der Ausstoß von CO2 in mehreren Tsd. Metern Höhe ca. dreimal so schädlich wie unten.

Meine Frau und ich sind 1997 das letzte Mal geflogen, schon damals mit schlechtem Gewissen, uns erschien eine mehrtägige Bahn- und Fähranreise nach Irland mit Kleinkind als zu stressig. Wir möchten nicht beschwören dass wir nie wieder im Leben fliegen werden. Aber wir möchten es so weit wie möglich vermeiden.

Wertvolle Hinweise, wie man Tickets günstig kriegt, findet man auf Seat61.com, ansonsten kann ich die spezialisierten Agenturen (Bahnfüchse, Gleisnost u. a.) empfehlen.

Obrigado!

JanZ, HB, Freitag, 15.02.2019, 19:46 (vor 1897 Tagen) @ TD

Danke auch für diesen Teil des Berichts. Dein Reiseweg deckt sich ziemlich mit meinem von 2013. Nur den Fertagus hatte ich nicht auf dem Schirm. Dafür habe ich auf dem Weg von Cascais nach Sintra Halt am Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt des europäischen Festlands, gemacht. Daher gehe ich mal davon aus, dass Cascais auch dessen westlichster Bahnhof ist.

--
Im Volk, da ist sie sehr beliebt, unsere Eisenbahn,
Doch dort, wo's keine Schienen gibt, da hält sie selten an.

(EAV: Es fährt kein Zug)

Westlichster Bahnhof Europas

Krümelmonster, München, Freitag, 15.02.2019, 21:22 (vor 1897 Tagen) @ TD

Nabend

Vielen Dank für den tollen Reisebericht! Der liefert mir bestimmt einige Inspirationen. ;-)

Cascais ist sicher der westlichste Bahnhof auf dem europäischen Festland. Die Elétrico de Sintra erreicht am Praia das Maçãs zwar einen noch weiter westlich gelegenen Punkt, ist aber nur eine Tram.
Der westlichste Bahnhof Europas müsste allerdings Tralee sein. ;-)

Es grüßt
Das Krümelmonster

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)

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