Von Côte Bleue, Train Jaune & Tramvia Blau (3/8 | 55 B.) (Reiseberichte)

TD, Samstag, 21.10.2017, 17:41 (vor 2378 Tagen)

Hallo zusammen,

willkommen zum dritten Teil unserer kleinen Rundreise zwischen der französischen Mittelmeerküste und den Pyrenäen. Im zweiten Teil waren wir von Marseille über Nîmes und die Cevennenbahn nach Clermont-Ferrand gefahren, hier setzen wir den Bericht nun fort.

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Tag 3: Clermont-Ferrand - Puy de Dôme - Clermont-Ferrand – Neussargues – Béziers

Heute wollen wir wieder in den Süden fahren, auf unserem Reiseplan steht die Ligne des Causses nach Béziers. Wir haben uns eine Verbindung am Nachmittag ausgesucht – wobei man das so gar nicht unbedingt schreiben kann, denn so groß ist die Auswahl an Verbindungen nicht. Jedenfalls haben wir am Vormittag noch einen anderen Programmpunkt ins Auge gefasst: den Vulkan Puy de Dôme.

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Der Vulkan liegt rund 15 Kilometer von Clermont-Ferrand entfernt, in den Sommermonaten gibt es eine Busverbindung von Clermont-Ferrand zur Talstation der Zahnradbahn am Fuße des Vulkans. Hier sind wir gerade aus dem Bus gestiegen, das holzverkleidete Gebäude ist das Besucherzentrum mit Ausstellung, Restaurant und Talstation. Der graue Himmel verheißt nichts Gutes.

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Prägt Euch dieses Bild vom Puy de Dôme bitte schon mal ein, denn viel mehr werden wir vom Gipfel heute nicht mehr sehen.

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Die Ausstellung in der Talstation widmet sich verschiedenen Themen wie Geologie, Natur und Geschichte des Vulkans – und auch der Zahnradbahn. Im Jahr 1905 wurde eine Bahnlinie von Clermont-Ferrand auf den Puy de Dôme gebaut, die Strecke war seinerzeit 14,7 Kilometer lang und überwand eine Höhendifferenz von über 1000 Metern. Der Betrieb der Bahn war nie rentabel und als im Ersten Weltkrieg vorübergehend die Bergstrecke demontiert und die Lokomotiven eingezogen wurden, hat dies der Bahn ebenfalls zugesetzt, so dass im Herbst 1925 der letzte Zug auf den Gipfel fuhr und die Trasse schließlich einer Straße weichen musste. Die Talstrecke blieb noch einige Zeit als Teil des Tramnetzes in Betrieb.

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Im Jahr 2008 fiel der Beschluss für den Bau einer neuen Bahn auf den Puy de Dôme, im Jahr 2010 begannen die Bauarbeiten mit Wartungshalle, Tal- und Bergstation und schließlich der Zahnradbahnstrecke. Im Sommer 2012 nahm die Bahn unter dem Namen „Panoramique des Dômes“ den Betrieb auf. Auf der Strecke verkehren vier Gelenktriebwagen von Stadler aus Bussnang, die dem Grundtyp GTW 2/6 entsprechen.

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Die Meterspurgleise wurden größtenteils auf die bergseitige Spur der vorhandenen Straße gebaut, die seinerzeit auf der Trasse der früheren Bahn errichtet worden war. Die talseitige Spur ist als Not- oder Rettungsstraße erhalten geblieben. Die neue Zahnradbahn hat eine Streckenlänge von 5,1 Kilometer und verfügt über eine Ausweiche.

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Noch ein letzte Blick aus dem Zugfenster auf die Landschaft rund um den Puy de Dôme...

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...dann tauchen wir ein in die Wolkendecke.

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Nach einer Fahrzeit von 12 Minuten erreicht der Zug die Bergstation auf 1.406 Metern, gut 500 Höhenmeter trennen uns von der Talstation.

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Hmm, das hatte ich mir anders vorgestellt: wir sind eigentlich noch auf Sommer eingestellt und treffen hier oben auf eine nasse und kalte Gipfelwolke.

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Der Puy de Dôme ist der höchste Gipfel einer Vulkankette im Zentralmassiv, auf dem Gipfel befindet sich heute eine Sendeanlage, keltische und römische Überbleibsel zeugen jedoch von einer wesentlich früheren Nutzung. Bei klarer Sicht soll man auf eine Entfernung von ungefähr 30 Kilometer rund 100 inaktive Vulkane überblicken. Die meisten werden den Puy de Dôme unbewusst schon einmal gesehen haben, denn er schmückt das Etikett von Volvic-Mineralwasser.

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Da es für uns hier jedoch nicht viel zu sehen gibt, widmen wir uns nun der Talfahrt. Mit dem Bau der Bergstation wurde der Gipfel ein Stück weit renaturiert und Parkplätze hier oben fielen weg.

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Der Streckenverlauf ist eher unspektakulär, die Bahn kommt ohne große Kunstbauten aus – dennoch sollten die Naturgewalten hier oben nicht unterschätzt werden, denn just am Eröffnungstag der Panoramique des Dômes führte ein Gewitter zu Erdrutschen und Überschwemmungen, so dass die Touristen vom Gipfel evakuiert werden mussten und die Bahn für drei Wochen unterbrochen war.

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Mit dem Bus fahren wir nun zurück nach Clermont-Ferrand. Schade, dass man beim Neubau der Bahn nicht auch die Talstrecke bis in Zentrum wiederaufgebaut hat, sondern die Entscheidung für eine Talstation auf der grünen Wiese fiel.

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Es geht gleich weiter...

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Von Côte Bleue, Train Jaune & Tramvia Blau (Forts. Teil 3)

TD, Samstag, 21.10.2017, 17:43 (vor 2378 Tagen) @ TD

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Zurück in Clermont-Ferrand holen wir das Gepäck aus dem Hotel und machen uns dann gleich auf den Weg zum Bahnhof. Clermont-Ferrand liegt im Schatten des TGV-Netzes, der nächste Fernbahnhof ist in Lyon.

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Gut sechseinhalb Stunden dauert die Fahrt von Clermont-Ferrand nach Béziers, die ersten anderthalb Stunden bis Neussargues verbringen wir in einem Dieseltriebwagen. In der DB-Fahrplanauskunft ist der Zug als Interregio klassifiziert, die SNCF nennt ihn schlicht „Train“.

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Langsam bessert sich das Wetter und wir haben vom Zug aus noch einen Blick auf die Vulkanberge Chaîne des Puys, die die Auvergne prägen. Bis zum Bahnhof von Arvant fahren wir die gleiche Strecke zurück, auf der wir am Vortag aus Nîmes angereist sind, dann zweigt die Bahnstrecke nach Neussargues nach Westen ab.

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Zu Füßen des Château d'Aurouze führt die Strecke landschaftlich ganz reizvoll durch das Tal des Alagnon am Rande des Naturparks Volcans d’Auvergne.

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Der Zug endet in Neussargues, hier gibt es einen Korrespondenzanschluss mit einem Elektrotriebwagen nach Béziers. Der 2.000-Einwohnerort Neussargues war früher ein wichtiger Eisenbahnknoten, mit dem Wegfall von Verbindungen und Strecken hat der Bahnhof einen großen Teil seiner Bedeutung verloren.

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Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof von Neussarges fällt der Blick auf die Strecke von Clermont-Ferrand, im Hintergrund der Gebirgszug des Rocher de Laval.

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Die Bahnstrecke von Neussargues nach Béziers ist 277 Kilometer lang, die elektrifizierte Strecke trägt den Namen Ligne des Causses nach dem gleichnamigen Gebirge. Vor uns liegen nun knapp fünf Stunden Fahrt auf einer wunderschönen Strecke. Während die Cevennenbahn am Vortag auf weiten Etappen von Tälern und Wäldern geprägt war, hat die Ligne des Causses mit der offenen Landschaft einen ganz anderen Charakter. Hier passieren wir gerade das Château du Saillant.

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Das bedeutendste und bekannteste Bauwerk der Strecke ist das Garabit-Viadukt über den aufgestauten Fluss Truyère. Erbaut wurde die stählerne Brücke von Gustave Eiffel, mit einer Höhe von 122 Metern hielt der Garabit-Viadukt 25 Jahre lang den Rekord der höchsten Eisenbahnbrücke der Welt. Nur schade, dass man aus der Fahrgastperspektive den filigranen Bau gar nicht richtig erfassen kann.

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Noch heute wird hier Rinderzucht betrieben, schon früher war die Rinderzucht ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der unwirtlichen Region; dies war auch der Auslöser für den Bau des Garabit-Viadukts, denn so konnten die Rinder besser zu den Handelsplätzen transportieren werden.

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Mit dem Ort Aumont-Aubrac erreichen wir die Hochfläche des Aubrac, ein dünn besiedelter und abgelegener Landstrich. Den Namen Aubrac trug auch ein Zuglauf, der von Béziers über diese Strecke bis Paris verkehrte, teilweise taucht der Name auch heute noch für den verbliebenen Zuglauf bis Clermont-Ferrand auf.

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Auch der Ort Marvejols ist eingebettet in die Landschaft des Zentralmassivs, wie auf der Cevennenbahn fallen auch hier zweisprachige Bahnhofsschilder mit dem okzitanischen Ortsnamen auf.

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Die Ligne des Causses teilt ein ähnliches Schicksal wie die Cevennenbahn: beide Strecken führen durch tolle Landschaften und bieten grandiose Ausblicke, haben in den dünn besiedelten Regionen aber kaum Fahrgäste und sind zudem in Sachen Geschwindigkeit der Konkurrenz durch die Autobahn nicht gewachsen. Teilweise liegen die Orte recht weit von der Bahnstrecke entfernt und an vielen der Unterwegshalte findet kein Fahrgastwechsel statt. Die Ligne des Causses hat gerade noch ein einziges Zugpaar am Tag, da ist die Bahn im Alltag ohnehin nicht zu gebrauchen.

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Die Strecke folgt nun dem Fluss Lot und erreicht dann den Ort Sévérac-le-Château mit der weithin sichtbaren mittelalterlichen Burg.

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Der Fahrkomfort ist nicht der beste, es rumpelt und schaukelt – aber dafür entschädigt ein großes Kino vor dem Zugfenster mit den Kalkplateaus im Naturpark Grands Causses. Beeindruckend ist auch die Fahrt hinab nach Aguessac mit dem Blick zum Causse Noir. Der Name rührt von der dunklen Pinienbewaldung auf dem Plateau her.

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Normalerweise knipse ich keine Autobahnbrücken – aber beim Viaduc de Millau machen wir eine Ausnahme. Die längste Schrägseilbrücke der Welt wurde 2004 eingeweiht, sie ist mit Pfeilerhöhen von bis zu 343 Metern auch das höchste Bauwerk Frankreichs. Während die Brücke das Tal des Flusses Tarn in großer Höhe überspannt, geht es für uns direkt unten am Fluss entlang weiter.

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Auf der Fahrt passieren wir unzählige Tunnel und Brücken, so auch hier ein Viadukt bei Joncelets in den südlichen Ausläufern des Zentralmassivs.

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Die letzten Kilometer führen dann unspektakulär durch das Flachland nach Béziers und wir beenden damit den Besuch der Ligne des Causses. Es ist schon eine feine Sache, mit dem TGV ans Mittelmeer zu brausen – wer aber Zeit und Muße hat, abgelegene Landschaften und sehenswerte Bahnstrecken zu entdecken, dem sei der Umweg über Clermont-Ferrand und die Cevennenbahn oder die Ligne des Causses ans Herz gelegt.

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Heute nehmen wir in Béziers Quartier, zu den Sehenswürdigkeiten der 75.000-Einwohner-Stadt gehört die Kathedrale Saint-Nazaire, von hier hat man auch einen Blick über den Fluss Orb hin zu den Ausläufern des Massif Central.

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Nach Einbruch der Dunkelheit drehen wir noch eine Runde vorbei am Theater...

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...zu dem in Landesfarben illuminierten Rathaus und beenden dann den dritten Reisetag und damit auch diesen Reiseberichsteil.

Im nächsten Teil fahren wir von Béziers in die Pyrenäen zum train jaune auf der Ligne de Cerdagne, aber dazu dann mehr in den nächsten Tagen.


Viele Grüße und einen schönen Sonntag

Tobias

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Herrlich ...

Blaschke, Samstag, 21.10.2017, 21:01 (vor 2378 Tagen) @ TD

Hey.

Normalerweise knipse ich keine Autobahnbrücken – aber beim Viaduc de Millau machen wir eine Ausnahme. Die längste Schrägseilbrücke der Welt wurde 2004 eingeweiht, sie ist mit Pfeilerhöhen von bis zu 343 Metern auch das höchste Bauwerk Frankreichs.

Jau. Da stand ich mal unten direkt am Pfeiler, schaute nach oben und dachte daran, dass ich da oben gleich herumfahren werde. Da wurde mir tatsächlich mal etwas komisch im Magen.

Die Anfahrt durch das Tal der Tarn war auch schon extrem faszinierend. Das war Rheintal hoch 5 so in etwa.

Und bevor jemand wieder wegen des Autos tobt: Auf dem Hinweg nahm ich den Autoreisezug von Hildesheim bis Lörrach. Auf dem Rückweg den von Avignon nach ichweißnichtmehrwohin Düsseldorf oder Dortmund?! Ich meine ersteres ... Irgendwann bin ich auch mal von Dortmund gefahren. Aber wohin? Nach Bozen, kann das sein? Was ich alles vergesse... In Avignon hatte ich Glück: die Fremden, die ich mit im Abteil gehabt hätte, sind nicht erschienen. Und wenn man 11 Sek nach Abfahrt in Avignon weiß, dass man bis daheim allein in Abteil bleibt ... Übrigens ne irre Autoverladung damals: weit weg vom Bahnhof. Ein Shuttlebus brachte mich dann zum Zug ...

Ein geile Gegend da unten. Zum Auswandern!

Schöne Grüße von

jörg

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