Warum relative Erstattung für absolute Verspätung? (Allgemeines Forum)

Hermes, Donnerstag, 25.07.2013, 19:49 (vor 3945 Tagen)

Auf einer relativ kurzen Strecke mit einer planmäßigen Fahrtzeit von knapp 40 Minuten hat mein ICE heute wegen eines Triebfahrzeugschadens eine Verspätung von etwa 45 Minuten aufgebaut. Obwohl sich die Fahrtzeit dadurch mehr als verdoppelt hat, besteht offensichtlich kein Anspruch laut Fahrgastrechten, weil die Verspätung unter einer Stunde liegt. Insofern sind Reisende, die kürzere Strecken zurücklegen, bei der Bahn grundsätzlich im Nachteil, weil sie selbst bei deutlichen prozentualen Fahrtzeitverlängerungen keine Erstattungsansprüche erwerben. Offensichtlich muss man aber damit leben, dass Verspätung absolut und nicht relativ gemessen wird und ein Pendler, der pro Woche zweieinhalb Stunden Verspätung einsammelt gegenüber einem Fernreisenden, dem dasselbe auf einer längeren Strecke gelingt, diskriminiert wird.

Wird jedoch die absolute Verspätungsgrenze von 60 bzw. 120 Minuten überschritten, dann wird nicht etwa ein Absolutbetrag erstattet, sondern ein prozentualer Anteil des Fahrkartenpreises. Das scheint mir nicht in sich schlüssig zu sein.

Würden nämlich die Fahrgastrechte darauf abstellen, dafür zu entschädigen, dass die erworbene Dienstleistung nicht die zugesagte Qualität aufweist, dann wäre eine prozentuale Minderung des Preises naheliegend, wie sie tatsächlich erfolgt. Die Messung der Qualität der Dienstleistung hinsichtlich einer Verspätung sollte dann aber möglichst durch das Verhältnis von zugesicherten zu tatsächlichen Produkteigenschaften erfolgen, also als relative Verspätung. Bei einer Urlaubreise würde vermutlich auch eine Reklamation bezüglich eines Hotels, das sich statt 200 Meter vom Strand entfernt 1200 Meter vom Strand entfernt befindet auch anders gehandhabt als eine entsprechende Reklamation bezüglich eines Hotels, das sich 5 km vom Meer entfernt befinden soll, tatsächlich aber 6 km von dort entfernt liegt.

Will man nun umgekehrt nicht für die Schlechtleistung entschädigen, sondern Schadensersatz für den Zeitverlust leisten, dann ist nachvollziehbar, warum absolute Grenzen gesetzt werden. Dann jedoch ist wiederum nicht nachvollziehbar, warum keine Pauschalbeträge erstattet werden, sondern relative Anteile des Fahrkartenpreises. Der Fahrkartenpreis spiegelt nämlich keineswegs in geeigneter Weise wider, wie wertvoll die Zeit eines Reisenden ist und in welcher Höhe er für ihren Verlust infolge einer Zugverspätung entschädigt werden muss. Hier sollte also entweder nach anderen Kriterien oder überhaupt nicht differenziert werden - der Fahrkartenpreis ist kein geeignetes Kriterium.

Warum gibt es nun so eine eigenartige Mischform bei der Ermittlung eines Anspruchs und der Bestimmung der Erstattung? Leider bin ich kein Jurist und kann insofern nur auf Basis sehr rudimentären Hintergrundwissens argumentieren. Kennt sich irgendjemand besser damit aus, oder wurde dieses Thema schon einmal diskutiert?

Eine Geschichte von mir :)

JumpUp, Donnerstag, 25.07.2013, 21:42 (vor 3945 Tagen) @ Hermes

Auch wenn ich keine Antwort dazu habe eine kleine Geschichte:

Neulich bin ich von Dänemark nach Südhessen gefahren, natürlich alles mit dem ICE und einer Fahrtstrecke von über 1000 km und insgesamt ca. 11 Stunden Fahrzeit. Mein ICE hatte in Frankfurt 15 Minuten Verspätung, so dass mein RE verpasst wurde und der nächste erst zwei Stunden später fuhr.

Naja, da habe ich mich halt noch die 1:45 h in Frankfurt in eine Bar gesetzt, einen netten Cocktail getrunken und bin dann ganz gemütlich am Abend in meinen kleinen Ort gefahren: Ob ich jetzt 11 oder 13 Stunden unterwegs bin - mir doch egal...

Schließlich haben mich die 1:45 h in der Frankfurter Bar auch nicht traurig werden lassen, es war echt ein angenehmer Abend um den Urlaub ausklingen zu lassen.

Und was bekomme ich dafür, dass ich gerade mal 15 Minuten länger im ICE saß und noch in aller Ruhe in einer netten Bar am Main den Abend habe genießen können? JA RICHTIG! 50 Prozent vom Fahrpreis erstattet!

Als Student nimmt man natürlich immer gerne Geld, wenn es denn gerade so einfach kommt, dennoch hatte ich ganz subjektiv überhaupt keinen Schaden im eigentlichen Sinn erlitten und mein Urlaub wurde durch den netten Abend in Frankfurt sogar noch besser, als er eh schon gewesen ist.

Und auf der anderen Seite gibt es im Nahverkehr, wo die subjektive Verspätung viel ärgerlicher ist, bekommt man fast nix

Idee

Chikorita, Freitag, 26.07.2013, 01:12 (vor 3945 Tagen) @ JumpUp
bearbeitet von Chikorita, Freitag, 26.07.2013, 01:13

Auch kleine Verspätungen können bereits große Probleme verursachen, als Pendler erlebe ich das selbst immer wieder, z.B. wenn wegen geringer Zugverspätung der Bus weg ist.

Mein Lösungsvorschlag wäre folgender:

Pro Minute Verspätung: 0,25 % Entschädigung vom Fahrpreis

Allerdings erst ab 10 Minuten Verspätung (das wären 2,5 %), damit nicht jeder schon ab der ersten Minute Geld fordert.

Und vielleicht mit einer Obergrenze von 75 % (das wäre bei 300 Minuten erreicht).

Was würdet ihr davon halten?

Ich würde das deutlich fairer finden - nach der jetzigen Regelung finde ich vor allem den krassen Unterschied "59 Minuten = gar nichts" zu "60 Minuten = 25 %" sehr gemein.

Und die Bahn würde dabei auch sparen: Für 60 Minuten müssten nur 15 % (statt 25 %) ausgezahlt werden, für 120 Minuten nur 30 % (statt 50 %). Der Fahrgast würde also zwar weniger bekommen - die Verteilung wäre aber fairer.

Derzeitige Vorgehensweise ist nachvollziehbar

GUM, Freitag, 26.07.2013, 12:03 (vor 3945 Tagen) @ Hermes
bearbeitet von GUM, Freitag, 26.07.2013, 12:04

Auf einer relativ kurzen Strecke mit einer planmäßigen Fahrtzeit von knapp 40 Minuten hat mein ICE heute wegen eines Triebfahrzeugschadens eine Verspätung von etwa 45 Minuten aufgebaut. Obwohl sich die Fahrtzeit dadurch mehr als verdoppelt hat, besteht offensichtlich kein Anspruch laut Fahrgastrechten, weil die Verspätung unter einer Stunde liegt. Insofern sind Reisende, die kürzere Strecken zurücklegen, bei der Bahn grundsätzlich im Nachteil, weil sie selbst bei deutlichen prozentualen Fahrtzeitverlängerungen keine Erstattungsansprüche erwerben. Offensichtlich muss man aber damit leben, dass Verspätung absolut und nicht relativ gemessen wird und ein Pendler, der pro Woche zweieinhalb Stunden Verspätung einsammelt gegenüber einem Fernreisenden, dem dasselbe auf einer längeren Strecke gelingt, diskriminiert wird.

Wer sich dem Thema der Verspätungserstattungen nähern möchte, der sollte einmal auf den Zeitraum zurückblicken an dem es dieses Erstattungssystem noch nicht gab. Und zusätzlich einen Blick auf den Autoverkehr werfen.

Bis zur Einführung der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr waren die Fahrzeiten mehr oder weniger unverbindlich. Verspätungsgeld gab es - wenn überhaupt - erst nach einer saftigen Klage und dem Nachweis der groben Fahrlässigkeit.

Diese frühere Rechtsauffassung war eine Umsetzung der unglaublichen Komplexität des Eisenbahnverkehrs. Verspätete Übergabe aus dem Ausland bedeutete für die Reisenden eine Verspätung am Zielort oft von bis zu zwei Stunden, wenn es den Bayerntakt und ähnliche Instrumente nicht gab.


Die neuere - und auch von der EU propagierte - Rechtsauffassung für Flug- und Eisenbahnreisende sucht einen Kompromiss zwischen Gerechtigkeit und Erstattungsanspruch.

Um eine Fülle von Mini-Zahlungen und Bagatellerstattungen zu vermeiden, muss ja irgendwo eine Grenze gesetzt werden. So wäre eine Erstattung ab 6 Minuten Verspätung sicherlich nicht machbar.

Im Endeffekt hat man sich dann dafür entschieden - auch unter Berücksichtigung des Taktverkehrs - eine Entschädigung erst ab 61 Minuten zu bezahlen. Also dem Verpassen eines Anschlusszuges und einer zusätzlichen Verspätung von 1 Minute.

Damit stellt man die Bahnfahrer nicht schlechter oder besser als die Autofahrer. Wer schon einmal auf der Autobahn München-Stuttgart fährt, weiss dass es auch hier zu Verspätungen und Staus kommt.

Das "Kurzstreckler" aus diesem Raster herausfallen ist schade, aber nicht anders machbar. Nehme einmal einen Fahrschein München-Ausgburg mit BC 50 für 10,25 Euro.

Und rechne die Erstattungen aus.


Die prozentuale Erstattung geht davon aus, dass eben ein gewisser Prozentsatz der Leistung nicht erbracht wurde. So bekommt derjenige, der mehr bezahlt hat, auch eine höhere Erstattung.

Insofern ist dieses Verfahren in doppelter Hinsicht transparent sowie fair: Es gibt klare Minutengrenzen und einen berechenbaren Anspruch.

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61? Du meinst sicherlich 60 Minuten?

ICE-T-Fan, Freitag, 26.07.2013, 12:13 (vor 3945 Tagen) @ GUM

- kein Text -

Danke für die Korrektur!

GUM, Freitag, 26.07.2013, 13:12 (vor 3944 Tagen) @ ICE-T-Fan

Vielen Dank für die Verbesserung.

Ich hatte immer noch "mehr als eine Stunde" im Kopf, in der Tat sind 60 Minuten richtig.

bahn.de schreibt dazu:
"Ab 60 Minuten Verspätung an ihrem Zielbahnhof..."

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Zu den 60 Minuten bei FGR-Entschädigungen

michael_seelze, Montag, 29.07.2013, 00:19 (vor 3942 Tagen) @ GUM

Man beachte zur 60-Minutenregelung auch folgenden
Ausschnitt aus dem dem Beschluss Verwaltungsgericht Köln, AZ 18 L 102/13

Die Frage, ob sich die Antragstellerin an die Vereinbarung mit der Antragsgegnerin hält, bei Verspätungen von 59 Minuten eine Entschädigung nicht mit Rücksicht auf die eine fehlende Minute zu versagen, stellt sich angesichts des hier vorliegenden Sachverhalts zugleich als die Frage danach dar, ob die Antragstellerin ihre Verpflichtungen aus Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) 1371/2007 einhält.
Angesichts der von der Antragstellerin festgestellten Ungenauigkeiten in dem
Messverfahren bzw. dem Feststellungsverfahren (Abschneiden von Sekunden) hat
sich die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin selbst dazu bereit erklärt,
bei Verspätungen von 57 bis 59 Minuten eine Verspätungsentschädigung zu leisten. Da die Antragstellerin aufwändigere Messungen oder Prüfungen vermeiden wollte, die ggf. eine weitergehende Klarheit hinsichtlich der konkreten Dauer einer Verspätung hätten erbringen können, hat sie sich aus Praktikabilitätsgründen für dieses Verfahren entschieden. Dabei handelt es sich nach dem Verständnis der Kammer nicht um eine reine Kulanzregelung, deren Nichteinhaltung rechtlich nicht zu einem Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) 1371/2007 führen könnte, weil dort ein Anspruch auf Verspätungsentschädigung erst ab einer Verspätung von 60 Minuten vorgesehen ist. Vielmehr handelt es sich - angesichts des Kontextes mit den Ungenauigkeiten der Feststellung - um eine Regelung, die sicherstellen soll, dass begründete Anträge auf Verspätungsentschädigung nicht unter Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) 1371/200 abgelehnt werden.

Antragsstellerin war lt. EBA-Mittelikung die DB Fernverkehr AG und antragsgegenerin das EBA.

Erstaunlich, danke für den Link (owT)

GUM, Montag, 29.07.2013, 09:46 (vor 3942 Tagen) @ michael_seelze

- kein Text -

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Link nachgereicht

michael_seelze, Montag, 29.07.2013, 23:56 (vor 3941 Tagen) @ michael_seelze

Hier der tatsächliche Link zum Beschluss des VG Köln: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2013/18_L_102_13beschluss20130215.html

FGR bei Teilstrecken

bskf, Freitag, 26.07.2013, 12:32 (vor 3945 Tagen) @ Hermes

Hi,

die letzten Tage hatte ich mich auch geärgert:

Berlin -> Göttingen -> Nürnberg -> München mit 2 x Fahrtunterbrechung:

Verspätung in Göttingen: ~50min
Verspätung in Nürnberg: ~10min
Verspätung in München: ~40min
Gesamt: ~1:40
-> kein Erstattungsanspruch, da (wenn ich's richtig sehe) nur Verspätung am Zielort gilt und ich die Verspätungen unterwegs durch die Zwischenhalte sozusagen "verschenkt" habe.

Dennoch finde ich das Prinzip insgesamt fair.

Grüße,

bskf

Was ist nerviger? 15 x 4min oder 1 x 60min Verspätung?

brodo, Freitag, 26.07.2013, 12:55 (vor 3944 Tagen) @ Hermes

Der Fahrkartenpreis spiegelt nämlich keineswegs in geeigneter Weise wider, wie wertvoll die Zeit eines Reisenden ist und in welcher Höhe er für ihren Verlust infolge einer Zugverspätung entschädigt werden muss.

In diesem Zusammenhang folgende Frage, was euch mehr Nerven kostet:

a) 15 Fahrten mit je 4 Minuten Ankunftsverspätung, oder
b) 14 pünktliche Fahrten sowie 1 Fahrt mit 60 Minuten Verspätung

Mich persönlich stört Variante a) mehr, denn da liegt die Vermutung doch nahe, dass ein systematischer Fehler seitens der Bahn vorliegt, sprich chronische Überlastung eines Streckenabschnitts, nicht im Fahrplan berücksichtigte Baustelle usw. Bei b) hingegen gibt es ja meist einen "triftigen" externen Grund (Streckensperrung o.ä.).

Aber was meint ihr? Was stört euch eher?

Gute Frage, mein Versuch einer Antwort!

GUM, Freitag, 26.07.2013, 13:22 (vor 3944 Tagen) @ brodo

Eine Verspätung von 4 Minuten nehme ich vom Zeitverlust nicht wahr.

Das Einzige was mich daran stört: Schlechter Eindruck bei anderen Mitreisenden.

Diese haben beispielsweise einen 150%-igen Relationspreis der ICE-Klasse bezahlt und müssen dann sehen, wie der Zug von München-Pasing nach München Hbf "schneckt".

Also außerhalb des Weichenfeldes schon aus Energiespargründen langsam fährt.

Damit macht sich das Unternehmen Bahn einen ansonsten positiven Eindruck des Premium-Produktes ICE kaputt.

4 Minuten an sich sind gerade mal eine Ampelphase im Straßenverkehr.

--
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Eher ersteres – und zwar…

maxiboy, IBNR: 700K001, Freitag, 26.07.2013, 20:39 (vor 3944 Tagen) @ brodo

Vor allem dann, wenn man nicht direkt an einem Fernbahnhof wohnt und dann noch evtl. Nahverkehrszüge, U-Bahn, Bus verpasst.

Nächtlicher DB-Netz-überschreitender Anschlussverlust

Hermes, Samstag, 27.07.2013, 09:51 (vor 3944 Tagen) @ maxiboy

Vor allem dann, wenn man nicht direkt an einem Fernbahnhof wohnt und dann noch evtl. Nahverkehrszüge, U-Bahn, Bus verpasst.

Oft genug erlebt, auch in der Form, dass die letzte Anschlussverbindung des Tages verpasst wurde. Eine Erstattung der Taxikosten gab es dennoch nicht, weil dazu die Verspätung über 60 Minuten betragen muss und die Leistungspflicht der Bahn mit dem Erreichen des letzten Bahnhofs laut geplanter Verbindung erlischt. Wohnt man also nicht fußläufig vom Bahnhof entfernt und will garantiert noch nach Hause kommen, so hat man keinerlei Möglichkeit, dieses Risiko gänzlich auszuschließen. Ich habe auch schon mal den letzten Bus um 23:48 h verpasst, als mein Zug gegen 19 Uhr eintreffen sollte.

Dazu stelle ich mir die Frage, inwieweit das City-Ticket, oder im Falle der BC 100 die City-Option, Teil der gebuchten Dienstleistung ist und ein Ersatzanspruch besteht, falls die Zugverspätung die Nutzung dieses Teils der gebuchten Dienstleistung verunmöglicht. Und damit meine ich nicht die Erstattung von 2,50 Euro für die nicht nutzbare Busfahrkarte, sondern die vollständige Übernahme der Taxikosten, falls keine anderen Verkehrsmittel mehr fahren.

Nächtlicher DB-Netz-überschreitender Anschlussverlust

GibmirZucker, Samstag, 27.07.2013, 11:33 (vor 3944 Tagen) @ Hermes

Dazu stelle ich mir die Frage, inwieweit das City-Ticket, oder im Falle der BC 100 die City-Option, Teil der gebuchten Dienstleistung ist und ein Ersatzanspruch besteht, falls die Zugverspätung die Nutzung dieses Teils der gebuchten Dienstleistung verunmöglicht. Und damit meine ich nicht die Erstattung von 2,50 Euro für die nicht nutzbare Busfahrkarte, sondern die vollständige Übernahme der Taxikosten, falls keine anderen Verkehrsmittel mehr fahren.

Sofern kein SEV sind bei einem Bus ja die FGR eh nicht gültig, die beziehen sich auf eine Bahnfahrt. FGR im Busverkehr wurden zuerst gar nicht, jetzt gesondert von der EU behandelt. Theoretisch hätte man auch keinen Anspruch, falls es analog zur Schweiz möglich wäre, in der Regel durchgehende Fahrkarten Bahn-Bus zu kaufen (oder sogar Bahn-Bus-Schiff-Seilbahn). Im Zweifelsfall lohnt es sich natürlich, eine Fahrkarte bis zum nächstgelegenen S-Bahnhof zukaufen. Z.B. Berlin-Leipzig-Connewitz, falls man im Raum Connewitz wohnt. Verpasst man die letzte SBahn, hätte man Anspruch.

Die FGR weise da einige Lücken auf. Ein typisches EU-Bürokratiemonster, das die Praxis der einzelnen Länder nicht genügend berücksichtigt.

Leicht OT: Danke für die Verfrühung im Nahverkehr!

GUM, Freitag, 26.07.2013, 13:17 (vor 3944 Tagen) @ Hermes
bearbeitet von GUM, Freitag, 26.07.2013, 13:17

An diesem sonnigen Freitag einmal ein Dank an alle Triebfahrzeugführer, die aufpassen!

Auf einen Bahnsteig eilend konnte ich nach einem mindestens 150 Meter langen Sprint noch einen roten Zug des Nahverkehrs erreichen.

Folge: Sozusagen eine Verfrühung von 60 Minuten. Konnte ich an dem Tag auf dem Heimweg wirklich gut gebrauchen.

:-)

P.S.: Muss ich jetzt 25 % des Fahrpreises nachzahlen, schickt mir die Bahn ein "Befördererrechte bei Erreichen eines abgefahrenen Zuges"-Formular ?

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Warum relative Erstattung für absolute Verspätung?

markw, Sonntag, 28.07.2013, 09:57 (vor 3943 Tagen) @ Hermes

Ich denke, dass System ist nur zum Teil dazu da die Fahrgäste zu "entschädigen". So ein System wie die Bahn ist halt komplex, da kann es halt zu Verspätungen kommen. Ich denke das System ist halt im wesentlich dazu da, dass die Bahn sich aus Rentabilitätserwägungen zu sehr spart und Verspätungen in Kauf nimmt. Seit der Einführung des Systems haben meiner subjektiven Wahrnehmung nach die Verspätungen abgenommen, d.h. die Bahn wurde wohl dazu motiviert, sich besser zu organisieren und auch an manchen Stellen realistischere Fahrpläne einzuführen. Das ist natürlich nicht überall so, wohl auch streckenabhängig (wo so wie es sehe der Staat gefragt wäre, Streckenneubauten, Ausbauten oder Sanierungen zu finanzieren) bzw. hängt daran, dass der Bahn immer noch Züge fehlen.
Insgesamt finde ich die Fahrgastrechte daher ok, wüßte daher nicht, ob sie wirksamer werden können. Eine perfekte Gerechtigkeit kann es da nicht geben. Was ich verbesserungswürdig finde sind nicht die Entschädigungen, sondern die Ausgestaltung der Rechte:
Die Rechte für die Nutzung eines anderen Zuges sollten auch gelten, wenn man aus irgendwelchen Gründen zwei oder mehr Fahrkarten hat. Also zum Beispiel bei Fahrten ins Ausland, dem Wechsel zwischen zwei Unternehmen (HKX und Bahn) oder wenn für einen Teilabschnitt eine Abokarte und den Rest des Abschnitt eine andere Fahrkarte vorhanden ist.

Ansonsten sollte es wohl eine "neutrale" Instanz geben, die Verspätungen bemisst. Ich selbst habe es noch nicht erlebt, habe aber schon mehrfach gehört, dass die Bahn sich um Entschädigungen drückt, weil in ihrem System angeblich eine geringere Verspätung gespeichert ist. Das finde ich ein bisschen schäbig.

Schlau fände ich es, wenn die Bahn von sich aus ein bisschen an ihrem Verspätungsmanagement schrauben würde:
- Einführung eines höherer Entschädigungssatzes, wenn man statt Geld einen Bahngutschein nimmt. Vorteil: Das Geld bleibt im System :-)
- Entlastung des Personals im Zug durch automatische Schaltung einer Hotline mit der Zugnummer als Durchwahl im Verspätungsfalle, die ein bisschen Service (Anschlüsse prüfen, Termine verschieben) übernimmt. Das Zugpersonal leistet hier oft eine Menge, aber gerade wenn der Zug voll ist, kommen sie natürlich an ihre Grenzen. Insofern wäre eine Form von externer Unterstützung sicher hilfreich. Es müsste nur sicher gestellt werden, dass keine widersprüchlichen Auskünfte gegeben werden.
- Einführung von Kulanzleistungen ab 30 min Verspätung, wie es sie früher gab. Früher waren das ICE-Aufpreise, heute könnten das vielleicht Gutscheine für Reservierungen, ein Freigetränk oder eine kleine Ermäßigung auf die nächste Fahrt sein.

Verspätungsmessung u. a.

michael_seelze, Montag, 29.07.2013, 00:00 (vor 3942 Tagen) @ markw
bearbeitet von michael_seelze, Montag, 29.07.2013, 00:01

Die Rechte für die Nutzung eines anderen Zuges sollten auch gelten, wenn man aus irgendwelchen Gründen zwei oder mehr Fahrkarten hat. Also zum Beispiel bei Fahrten ins Ausland, dem Wechsel zwischen zwei Unternehmen (HKX und Bahn) oder wenn für einen Teilabschnitt eine Abokarte und den Rest des Abschnitt eine andere Fahrkarte vorhanden ist.

Wenn HKX mit DB Vertrieb oder umgekehrt eine Vereinbarung zum Verkauf der FK des jeweils anderen Unternehmens schließen würde, ginge dies.
Siehe hier (BB PV), S. 7

2.4.2 Soweit aus den Beförderungsbedingungen klar ersichtlich, verkörpern mehrere Fahrkarten dann einen Beförderungsvertrag, wenn sie zur selben Zeit und am selben Ort für dieselbe Fahrt ausgestellt sind und sofern sie

  • (i) in einem hierfür vorgesehenen Umschlag oder einer
    Fahrkartentasche zusammengefügt,
  • (ii) dauerhaft zusammengeheftet,
  • (iii) alphanumerisch verkettet sind,
  • (iv) nur einen Gesamtpreis angeben oder
  • (v) in anderer Weise aufgrund einer Regelung
    in besonderen Beförderungsbedingungen miteinander verbunden sind.

Zur an einer anderen Stelle gestellten Frage bzgl. des Zusatzes "+City".
In diesem Fall verkörpert die FK

mehrere selbständige Beförderungsverträge

Vgl. Punkt 2.4.3 BB PV.

Ansonsten sollte es wohl eine "neutrale" Instanz geben, die Verspätungen bemisst. Ich selbst habe es noch nicht erlebt, habe aber schon mehrfach gehört, dass die Bahn sich um Entschädigungen drückt, weil in ihrem System angeblich eine geringere Verspätung gespeichert ist. Das finde ich ein bisschen schäbig.

Diese neutrale Instanz müsste dann die die Verspätungsdaten direkt an der Quelle DB Netz (Haltfall von Ein- bzw. Ausfahrsignalen) abgreifen und ihre Gewinnung überprüfen.

Schlau fände ich es, wenn die Bahn von sich aus ein bisschen an ihrem Verspätungsmanagement schrauben würde:
- Einführung eines höherer Entschädigungssatzes, wenn man statt Geld einen Bahngutschein nimmt. Vorteil: Das Geld bleibt im System :-)

Eine Art Testballon gibt es ja aktuell mit Ameropa-Gutscheinen in einem solchen Falle in drei RZ.

- Entlastung des Personals im Zug durch automatische Schaltung einer Hotline mit der Zugnummer als Durchwahl im Verspätungsfalle, die ein bisschen Service (Anschlüsse prüfen, Termine verschieben) übernimmt. Das Zugpersonal leistet hier oft eine Menge, aber gerade wenn der Zug voll ist, kommen sie natürlich an ihre Grenzen. Insofern wäre eine Form von externer Unterstützung sicher hilfreich. Es müsste nur sichergestellt werden, dass keine widersprüchlichen Auskünfte gegeben werden.

Termine zu verschieben kann nicht Aufgabe der Bahn als Beförderer sein. Wie sollten widerspruchsfreie Auskünfte sichergestellt werden?
Die Hotline-Mitarbeiter müssten live über das Ergebnis des Abstimmungsprozesses über die Anschlussgewährung zwischen EVU-Leitstellen und Betriebszentralen unterrichtet werden und dieses dann weitergeben. Da bietet es sich ja dann doch an, dass das Zugpersonal die entsprechende Information weitergibt.
Man könnte in Zügen mit vielen Sitzplätzen und in Zügen, in denen kein/e Fahrgastbetreuer/in vorhanden ist, ja über die Einrichtung von Touchscreen-Monitoren pro Wagen nachdenken, durch die man seine Bitte nach Anschlussgewährung bis zu einer festzulegenden zeitlichen Frist vor der planmäßigen Abfahrtszeit des Anschlusszuges an den Zugführer weiterleiten kann.

- Einführung von Kulanzleistungen ab 30 min Verspätung, wie es sie früher gab. Früher waren das ICE-Aufpreise, heute könnten das vielleicht Gutscheine für Reservierungen, ein Freigetränk oder eine kleine Ermäßigung auf die nächste Fahrt sein.

Das Freigetränk würde ich aber auf eh vorhandenes stilles "Notfallwasser" einschränken. Die Speisewagen und Bistros sollen schließlich nicht durch Verspätungen unrentabler werden.

Verspätungsmessung u. a.

markw, Montag, 29.07.2013, 08:19 (vor 3942 Tagen) @ michael_seelze

Die Rechte für die Nutzung eines anderen Zuges sollten auch gelten, wenn man aus irgendwelchen Gründen zwei oder mehr Fahrkarten hat. Also zum Beispiel bei Fahrten ins Ausland, dem Wechsel zwischen zwei Unternehmen (HKX und Bahn) oder wenn für einen Teilabschnitt eine Abokarte und den Rest des Abschnitt eine andere Fahrkarte vorhanden ist.

Wenn HKX mit DB Vertrieb oder umgekehrt eine Vereinbarung zum Verkauf der FK des jeweils anderen Unternehmens schließen würde, ginge dies.
Siehe hier (BB PV), S. 7

2.4.2 Soweit aus den Beförderungsbedingungen klar ersichtlich, verkörpern mehrere Fahrkarten dann einen Beförderungsvertrag, wenn sie zur selben Zeit und am selben Ort für dieselbe Fahrt ausgestellt sind und sofern sie

Ich fände es gut, wenn es das so wäre unabhängig davon, ob die Unternehmen solche Vereinbarungen abgeschlossen. Auch finde ich reicht das o.g. Kriterium der Ausstellung zur selben Zeit am selben Ort nicht. Es erfasst nicht:
- Kombination einer Zeitkarte für den (Bahn)Nahverkehr mit einer Fernverkehrskarte. Es ist einfach ärgerlich, wenn ich um meine Fahrgastrechte zu bekommen, ich für eine Teilstrecke doppelt zahlen muss.
- Kombination einer DB-Karte mit der eines ausländischen Unternehmens.
- Kombination von 2 DB-Karten, wo ein Teilstück nicht online zu erwerben war, aber ein Teil schon so gekauft wurde.
Kriterium sollte sein, das die kombinierten Fahrkarten mit min 10 Umsteigezeit eine Reisekette ergeben hätten.

Ansonsten sollte es wohl eine "neutrale" Instanz geben, die Verspätungen bemisst. Ich selbst habe es noch nicht erlebt, habe aber schon mehrfach gehört, dass die Bahn sich um Entschädigungen drückt, weil in ihrem System angeblich eine geringere Verspätung gespeichert ist. Das finde ich ein bisschen schäbig.

Diese neutrale Instanz müsste dann die die Verspätungsdaten direkt an der Quelle DB Netz (Haltfall von Ein- bzw. Ausfahrsignalen) abgreifen und ihre Gewinnung überprüfen.

Keine Ahnung, wie groß das Problem ist. Aber vielleicht müsste dies tatsächlich passieren.

Schlau fände ich es, wenn die Bahn von sich aus ein bisschen an ihrem Verspätungsmanagement schrauben würde:
- Einführung eines höherer Entschädigungssatzes, wenn man statt Geld einen Bahngutschein nimmt. Vorteil: Das Geld bleibt im System :-)

Eine Art Testballon gibt es ja aktuell mit Ameropa-Gutscheinen in einem solchen Falle in drei RZ.

Damit könnten sie mich eher jagen.

- Entlastung des Personals im Zug durch automatische Schaltung einer Hotline mit der Zugnummer als Durchwahl im Verspätungsfalle, die ein bisschen Service (Anschlüsse prüfen, Termine verschieben) übernimmt. Das Zugpersonal leistet hier oft eine Menge, aber gerade wenn der Zug voll ist, kommen sie natürlich an ihre Grenzen. Insofern wäre eine Form von externer Unterstützung sicher hilfreich. Es müsste nur sichergestellt werden, dass keine widersprüchlichen Auskünfte gegeben werden.

Termine zu verschieben kann nicht Aufgabe der Bahn als Beförderer sein. Wie sollten widerspruchsfreie Auskünfte sichergestellt werden?

Ich würde das als Service sehen. Die Kosten müssten sich natürlich in Grenzen sein. Ich selbst würde so was nie in Anspruch nehmen brauchen, habe aber manchmal den Eindruck, dass viele FG bei Verspätungen sich zu viele Sorgen machen und es nicht reicht, wenn viel zu selten der Schaffner (der ja auch anderes zu tun hat) durchläuft. Die könnten ein wenig "aufgehobenseingefühl" gebrauchen.

Die Hotline-Mitarbeiter müssten live über das Ergebnis des Abstimmungsprozesses über die Anschlussgewährung zwischen EVU-Leitstellen und Betriebszentralen unterrichtet werden und dieses dann weitergeben. Da bietet es sich ja dann doch an, dass das Zugpersonal die entsprechende Information weitergibt.
Man könnte in Zügen mit vielen Sitzplätzen und in Zügen, in denen kein/e Fahrgastbetreuer/in vorhanden ist, ja über die Einrichtung von Touchscreen-Monitoren pro Wagen nachdenken, durch die man seine Bitte nach Anschlussgewährung bis zu einer festzulegenden zeitlichen Frist vor der planmäßigen Abfahrtszeit des Anschlusszuges an den Zugführer weiterleiten kann.

Auch eine Idee :-)

- Einführung von Kulanzleistungen ab 30 min Verspätung, wie es sie früher gab. Früher waren das ICE-Aufpreise, heute könnten das vielleicht Gutscheine für Reservierungen, ein Freigetränk oder eine kleine Ermäßigung auf die nächste Fahrt sein.

Das Freigetränk würde ich aber auf eh vorhandenes stilles "Notfallwasser" einschränken. Die Speisewagen und Bistros sollen schließlich nicht durch Verspätungen unrentabler werden.

Da hast Du recht, ich hatte eher den Hintergedanken, dass viele Leute schon genervt sind und den Umstand, dass es der Bahn mit den Verspätungen egal zu sein scheint, weil die Regelungen erst ab 60 Min greifen, einen falschen Eindruck erweckt. Persönlich fand ich es auch erst ärgerlich, dass mit der Einführung der Fahrgastrechte es nunmehr nicht ab 30 sondern ab 60 Minuten Entschädigung gab. Gleichzeitig habe (entgegen dem weit verbreiteten Eindruck) die Erfahrung gemacht, dass Bahnfahren für mich günstiger geworden ist (durch Angebote, Gutscheine), so dass ich das Verzeihen kann, zu mal ich eh relativ gelassen mit Verspätungen umgehe :-)

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