EU muss toppe Regelungen schaffen und diese Praxis beenden! (Fahrkarten und Angebote)

bahn.patient, Freitag, 23.03.2018, 21:55 (vor 2229 Tagen) @ Blaschke

Ich vermute, dass die Schuld hier eher bei der DB zu suchen ist als bei den ÖBB. Dass die "Gespräche abgeschlossen" sind bedeutet ja nicht, dass man auch zu einer Einigung gekommen ist. Sicherlich weiß man bei der DB nur zu gut, dass durchgehende Tickets hier regelmäßig zu teuren FGR-Fällen wegen Anschlussverlust auf den NJ (Hotelübernachtung, 50% Erstattung) führen dürften.

Der europäische Gesetzgeber sollte hier endlich durchgreifen. Das Problem der Relevanz von Durchgangsfahrkarten - also einheitlichen Beförderungsverträgen, selbst wenn mehrere Fahrkarten ausgestellt werden - hat die EU-Kommission schon 2015 in ihren Leitlinien zur Fahrgastrechteverordnung erkannt (Ziff. 4.2.1., Hervorheb. durch mich):

Gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung müssen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer, soweit verfügbar, Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen anbieten.

Bei Verspätung haben Fahrgäste nur dann Anspruch auf Fahrpreiserstattung und Weiterreise mit geänderter Streckenführung (Artikel 16) bzw. auf Fahrpreisentschädigung in Höhe eines prozentualen Anteils des Fahrpreises einschließlich aller Zuschläge (Artikel 17), wenn die Verspätung bei „Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag“ mehr als 60 Minuten beträgt. Dies kann zu Problemen bei Fahrten mit Anschlussverbindungen und eventuell mehreren Beförderern führen, insbesondere wenn der Fahrgast trotz des Versuchs, nur einen Beförderungsvertrag zu schließen, statt einer einzigen Fahrkarte für die gesamte Reise mehrere getrennte Fahrkarten für die einzelnen Teilstrecken erhält. Entsprechend Artikel 4 in Verbindung mit Anhang I Artikel 6 Absatz 2 kann ein Beförderungsvertrag auch mehrere getrennte Beförderungsausweise umfassen. In den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Fahrgast und dem Eisenbahnunternehmen sollte klar angegeben sein, ob der Fahrgast im Rahmen eines einzigen Vertrags oder mehrerer getrennter Verträge unterwegs ist.

Gemäß Artikel 3 Absatz 10 der Verordnung sind getrennte Fahrkarten, die im Rahmen eines einzigen Beförderungsvertrags verkauft werden, als „Durchgangsfahrkarte“ zu verstehen, wenn sie „einen Beförderungsvertrag für aufeinanderfolgende durch ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen erbrachte Eisenbahnverkehrsdienste belegen“. Fahrgäste mit mehreren getrennten Fahrkarten im Rahmen eines einzigen Beförderungsvertrags genießen die Rechte nach den Artikeln 16 und 17, wenn die Verspätung bei Ankunft am Zielort mehr als 60 Minuten beträgt, selbst wenn die Verspätungen auf den einzelnen Teilstrecken jeweils weniger als 60 Minuten betragen (siehe auch Abschnitt 2.2 über Verspätungen). Wie in Artikel 27 festgelegt, können die Fahrgäste bei Problemen ihre Beschwerde bei jedem an der Reise beteiligten Eisenbahnunternehmen einreichen und müssen sich nicht an jedes Unternehmen gesondert wenden. Bei der Bearbeitung solcher Beschwerden müssen die beteiligten Eisenbahnunternehmen zusammenarbeiten.

Die tatsächlichen Verhältnisse bewertet der Kommissionsvorschlag für die Neufassung der FGR-Richtlinie aus dem September 2017 völlig korrekt:

Im Rahmen der Folgenabschätzung bestätigte sich, dass Durchgangsfahrkarten nur in begrenztem Umfang angeboten werden. Wenn Eisenbahnunternehmen lediglich Fahrkarten für einzelne Fahrtabschnitte anbieten, können sie Verpflichtungen in Bezug auf Entschädigungen, anderweitige Beförderung und Hilfeleistungen umgehen. Große Marktteilnehmer wiederum bieten Durchgangsfahrkarten nur für ihre eigenen Verkehrsdienste an und halten damit neue Akteure, die keine durchgehenden Fahrten anbieten können, vom Markt fern.

Schöne Erkenntnis. Der aktuelle Zustand schadet dem europäischen Eisenbahnsektor insgesamt massiv. Leider verschläft die Komission, etwas gegen diese Praxis zu unternehmen. In Artikel 10 des Entwurfs heißt es läppisch:

Die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer bieten, soweit verfügbar, Fahrkarten, und, soweit verfügbar, Durchgangsfahrkarten und Buchungen an. Sie bemühen sich nach besten Kräften (sic!), Durchgangsfahrkarten auch für grenzüberschreitende Fahrten und für von mehr als einem Eisenbahnunternehmen durchgeführte Fahrten anzubieten.

Was passiert, wenn sich die Deutsche Bahn "nach Kräften bemüht", ist hier ja allgemein bekannt. Hier ist jetzt die Politik - konkret: das EU-Parlament - gefragt, diesen Artikel 10 deutlich zu verschärfen. Alle Fahrgastrechte stehen und fallen mit einer durchgehenden Durchgangsfahrkarte - und ob solche ausgestellt werden, darf nicht der Willkür der EVU überlassen bleiben!


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