Mit Lion, Travys und vinifuni durch die Schweiz - 2/2 m 54 B (Reiseberichte)

TD, Dienstag, 06.05.2025, 17:47 (vor 12 Tagen)

Hallo zusammen,
willkommen zum zweiten Teil unserer kleinen Tour durch die Westschweiz. Im ersten Teil hatten wir die Travys-Strecke im Vallée de Joux besucht und waren auf dem Rückweg bis Chavornay gefahren.

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Nun nehmen wir uns die kurze Stichstrecke von Chavornay nach Orbe vor. Sie wird ebenfalls von Travys betrieben, als Übergangslösung sind hier Stadtbahnzüge anzutreffen, die von der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) übernommen wurden. Chavornay hat einen Keilbahnhof, die Züge nach Orbe fahren auf dem Bahnhofsvorplatz ab.

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Bei der Eröffnung im Jahr 1894 war die Strecke die erste elektrisch betriebene Normalspurbahn der Schweiz. Sie wird mit Gleichspannung betrieben, daher sind für die Strecke besondere Fahrzeuge notwendig. Travys hatte zuletzt nur noch einen einzigen Personentriebwagen für die Strecke. Nachdem dieser 2021 einen Schaden erlitt und nicht mehr eingesetzt werden konnte, holte man zwei Triebzüge der AVG aus dem Badischen, die mit Gleichspannung zurechtkommen.

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Die Bahnstecke ist nur 3,9 Kilometer lang, der größte Teil verläuft fast gerade parallel zu einer Straße durch die Orbeebene.

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Auf der letzten Etappe wird es dann interessanter, in der Ferne ist schon das Städtchen Orbe zu sehen, das auf einem Geländevorsprung liegt.

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Mit bis zu 30 Promille steigt die Strecke auf den letzten Metern vor dem Endbahnhof an. Nach dem Haltepunkt St-Eloi führt die Strecke im Stadtgebiet über den Fluss Orbe.

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Nach acht Minuten hat der Zug den Endbahnhof erreicht. Orbe hat knapp 8.000 Einwohner, wir drehen nun zu Fuß eine Runde durch das historische Städtchen. Neben Bürger- und Patrizierhäusern aus dem 16. bis 19. Jahrhundert sind auch Reste von Schloss und Stadtmauer zu finden.

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Orbe entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem Industriestandort. Vom Stadthügel aus geht der Blick über das ausgedehnte Gewerbegebiet in der Orbeebene, wichtigster Betrieb ist eine Kaffeefabrik von Nestlé.

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Doch nun zurück zum Bahnhof. Die Bahnstrecke wurde von dem Elektrizitätsunternehmen Usines de l’Orbe eröffnet und fast 100 Jahre von diesem betrieben, später wurde das Eisenbahngeschäft ausgegliedert in die Chemin de fer Orbe–Chavornay (OC) und ging dann in Travys auf.

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In Orbe befinden sich ein Depot und eine Werkstätte, auf dem nächsten Bild links der kaputte Triebwagen Nr. 14. Er wurde 1990 als Einzelanfertigung von Stadler gebaut. Schade, dass ich diese Strecke nicht früher auf dem Schirm hatte, eine Mitfahrt mit dem Unikat blieb mir daher verwehrt.

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Im Vergleich zum früheren Fahrzeug haben die AVG-Triebzüge ein sehr großzügiges Platzangebot. Für die Rückfahrt wählen wir einen Platz ganz hinten und können beim Blick durch den rückwärtigen Führerstand noch einige Streckenbilder erhaschen. Beim übernächsten Bild sehen wir den Haltepunkt St-Eloi. Bis 2026 erhalten die drei Stationen der Strecke neue Bahnsteige.

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Der andere Unterwegshalt ist Les Granges, hier gibt es eine einfache Remise. Der Haltepunkt liegt in der Industriezone, der Güterverkehr spielt auf der Strecke eine wichtige Rolle.

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Die Bahnstrecke Orbe-Chavornay gilt als kürzeste Bahnstrecke der Schweiz (knapp vor der Oensingen-Balsthal-Bahn), sie wird in Anlehnung an die Abkürzung OC umgangssprachlich auch „Ottawa-Chicago“ genannt.

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Mit der Ankunft am Bahnhof Chavornay endet unser Besuch bei der OC. Eigentlich wollte Travys die Strecke schon 2021 auf Wechselspannung umstellen, was sich jedoch verzögert. Der neue Plan sieht eine Umstellung bis 2026 vor, in diesem Zusammenhang wird die Strecke auf etwa einem Kilometer neu trassiert und zweigleisig ausgebaut, mit einer neuen Einbindung in den Bahnhof Chavornay sollen durchgehende Züge von Lausanne bis Orbe möglich werden. Dann wird die Übergangslösung mit den AVG-Triebzügen ein Ende finden.

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Mit dem nächsten Zug der Linie S 1 setzen wir unsere Heimfahrt Richtung Bodensee fort. Wir fahren etwa zehn Minuten durch die Orbeebene…

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…bis nach Yverdon-les-Bains. Dort wechseln wir auf einen ICN-Neigetechnikzug nach Zürich.

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Die Strecke führt entlang des Neuenburgersees / Lac de Neuchâtel in den namensgebenden Ort. Bei der Einfahrt in den Bahnhof von Neuchâtel geht der Blick über die Dächer der Altstadt zum Schloss.

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Auf seiner weiteren Route durchfährt der ICN auch den Ort Ligerz – hält dort aber nicht. Da wir uns jedoch in Ligerz umschauen möchten, wechseln wir in Neuchâtel auf einen Regio-Zug; auf der Verbindung zwischen Neuchâtel und Biel verkehren NPZ der SBB.

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Die Strecke führt zunächst weiter entlang des Neuenburgersees, wenig später dann entlang des Bielersees. Eine Baustelle kündigt Veränderungen an der Strecke an.

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Ligerz ist ein hübsches 500-Einwohner-Dorf, es liegt zwischen Weinbergen am Ufer des Bielersees. Vom historischen Dorfkern sind es nur wenige Meter bis zum See.

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Mitten durch den Ort zwischen Dorfmitte und Ufer verläuft die Jurasüdfußlinie, hier ist der letzte eingleisige Abschnitt der wichtigen Ost-West-Verbindung. Oberhalb des Bahnhofsgebäudes in den Weinbergen liegt die Kirche von Ligerz.

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Die Tage der eingleisigen Strecke sind allerdings gezählt. Das Nadelöhr wird durch den im Bau befindlichen Ligerztunnel beseitigt, ab 2029 sollen die Züge in einem rund zwei Kilometer langen doppelspurigen Tunnel durch den Berg fahren, die Haltestelle Ligerz wird aufgehoben.

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Der direkte Zugang der Anwohner zum Bahnsteig wird dann Geschichte sein. Der Halt der Regionalzüge in Ligerz wurde bereits im Dezember 2024 eingestellt, seither wird der Ort mit einer Buslinie bedient.

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Gegenüber des Bahnhofsgebäudes befindet sich die Talstation der Standseilbahn Vinifuni Ligerz–Prêles. Die Bahn ist Teil des öffentlichen Verkehrs und ist in den lokalen Tarifverbund integriert, somit gilt auch unsere SBB-Tageskarte – damit steht einer Mitfahrt Nichts im Wege!

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Die Bahn wurde 1912 eröffnet und war lange Zeit als Ligerz-Tessenberg-Bahn bekannt. Im Jahr 2004 wurde sie zu einer Windenbahn umgebaut, seither ist nur noch ein Fahrzeug im Einsatz. Aus Marketinggründen trägt die Bahn seither den Namen vinifuni.

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Nach sechs Minuten ist die Bergstation Prêles erreicht. Das Dorf liegt auf einer Hochfläche des Montagne de Diesse / Tessenbergs hoch über dem Bielersee.

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Wir fahren gleich wieder hinab, die Strecke ist rund 1,2 Kilometer lang, sie hat eine Spurweite von einem Meter und überwindet eine Höhendifferenz von 380 Metern, es gibt unterwegs zwei Haltestellen.

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Gegenüber der Talstation befindet sich das Bahnhofsgebäude von Ligerz. Die Bahninfrastruktur in Ligerz wird abgerissen, das Bahnhofsgebäude bleibt jedoch erhalten. Mit dem nächsten Regio – wieder ein NPZ – fahren wir am Ufer des Bielersees nach Biel.

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Damit sind nun alle Programmpunkte, die wir für heute auf der Agenda hatten, abgehakt. Ohne weitere Umwege und unnötige Zwischenhalte fahren wir jetzt nach Hause. In Biel steigen wir in einen ICN zur Fahrt nach Zürich, auf dem übernächsten Bild queren wir die Aare in Solothurn, weiter geht die Fahrt durch das Mittelland.

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Von Zürich fahren wir mit einem Intercity nach Weinfelden, auf der Strecke verkehren Doppelstockzüge vom Typ IC2000. Bei der Fahrt durch das Thurtal fällt der Blick auf Schloss Weinfelden am Südhang des Ottenbergs.

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Die letzte Etappe legen wir mit der S 14 zurück, ein GTW von Thurbo bringt uns von Weinfelden über den Seerücken nach Konstanz.

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Und damit sind wir auch am Schluss dieses kleinen Reiseberichts angekommen. Ich bedanke mich für das Interesse und fürs Mitkommen.


Viele Grüße


Tobias

PS: Meine früheren Reiseberichte gibt’s unter www.bahnreiseberichte.de.

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