Über den Stoss zum Rheinbähnle | 72 Bilder (Reiseberichte)

TD, Sonntag, 05.01.2025, 11:41 (vor 11 Tagen)

Hallo zusammen,

nachdem ich zuletzt einen aktuellen Reisebericht einer Adventsreise zwischen Bodensee und Inn dazwischen geschoben habe, mache ich nun weiter mit der Aufarbeitung von Altlasten. Im Juni 2022 hatten wir einen kleinen Tagesausflug am Bodensee unternommen, im Fokus standen die Tango-Züge der Appenzeller Bahnen, der offene Aussichtswagen auf der Zahnradstrecke Gais-Altstätten sowie die Dienstbahn der Internationalen Rheinregulierung.

[image]

Wir fahren von Konstanz nach St. Gallen und von dort auf Meterspurgleisen über Gais nach Altstätten. Anschließend führt die Route über die Grenze nach Lustenau und mit dem Rheinbähnle nach Widnau bevor wir am Bodenseeufer zurück nach Konstanz fahren.

Vor uns liegt eine entspannte Tagestour, es genügt, wenn wir am späten Vormittag am Bahnhof von Konstanz aufbrechen. Und so wollen wir vor Abfahrt des ersten Zuges ein Bild des Konstanzer Bahnhofs aus einer neuen Perspektive einfangen, nämlich aus der Höhe vom Riesenrad am Hafen. Rechts der Bildmitte das Empfangsgebäude mit Turm. Die Eisenbahngleise zum Hafenbecken im Vordergrund werden nicht mehr genutzt, bringen aber immer wieder Radfahrer zu Fall.

[image]

Im Hafen sind Teile eines alten Fernschnelltriebwagens vom Typ „Bauart Köln“ abgestellt, ein End- und ein Mittelwagen von VT 06 106 dienen der Wassersportabteilung des Eisenbahner-Sportvereins als Vereinsheim. Das Fahrzeug wurde 1938 für die Deutsche Reichsbahn gebaut, es war bis 1963 bei der Bundesbahn im Einsatz.

[image]

Aber nun zurück in die Gegenwart, wir fahren jetzt mit dem RegioExpress von Konstanz nach St. Gallen. Auf der schnellen Direktverbindung wird ein GTW von Thurbo eingesetzt.

[image]

[image]

Die Route verläuft auf der Seelinie am schweizerischen Bodenseeufer von Konstanz nach Romanshorn, anschließend geht es durch das Bodensee-Hinterland hinauf nach St. Gallen.

[image]

[image]

Nach der Ankunft am Bahnhof St. Gallen wechseln wir zum Nebenbahnhof, wo die schmalspurigen Züge der Appenzeller Bahnen verkehren. Zunächst werfen wir aber noch einen Blick auf das Hauptgebäude, die blauen Symbole sind eine binäre Uhr.

[image]

Seit 2018 sind die bis dahin getrennten Kopfbahnhöfe von Gaiserbahn und Trogenerbahn zu einem Durchgangsbahnhof zusammengelegt. Als Durchmesserlinie verkehren die Züge der Appenzeller Bahnen nun durchgehend von Trogen bis Appenzell, für das Projekt wurden Tango-Gelenktriebwagen von Stadler beschafft.

[image]

[image]

Mit dem Ruckhaldetunnel ist die einstmals engste Zahnradkurve der Welt Geschichte, ebenso der Zahnstangenabschnitt auf dieser Strecke. Dafür gibt es mit bis zu 80 Promille hier nun einen neuen Superlativ als steilste Adhäsionsbahn der Schweiz. Nach der Tunneldurchfahrt geht es hinauf ins Appenzellerland. Beim übernächsten Bild fahren wir durch den Ort Bühler.

[image]

[image]

Nach knapp 30 Minuten Fahrt erreichen wir den Ort Gais, dort verlassen wir den Zug. Wir sind extra einen Zug früher gefahren, um uns noch den Ort anschauen zu können. Zunächst werfen wir aber noch einen Blick über die Bahnanlagen, links die Gleise von und nach Appenzell, am Hausbahnsteig werden wir nachher nach Altstätten abfahren.

[image]

Rund um den schmucken Dorfplatz präsentiert sich der 3.000-Einwohner-Ort mit traditionellen Holzhäusern mit geschweiften Giebeln und repräsentativen Bauten. Die meisten Gebäude entstanden nach einem großen Brand im Jahr 1780, der nahezu das ganze Dorf verwüstet hatte.

[image]

[image]

[image]

Im Jahr 1889 nahm die damalige Appenzeller Straßenbahn den Betrieb auf der Linie St. Gallen-Gais auf, 1904 wurde die Verlängerung nach Appenzell eröffnet. 1911 kam die Bahnstrecke nach Altstätten hinzu, zu jener Zeit entstand auch das heutige repräsentative Bahnhofsgebäude.

[image]

Und die Bahnstrecke nach Altstätten steht nun auf unserem Tourplan. Was im Fahrplan schlicht und schmucklos als „S 24“ geführt wird, präsentiert sich im Sommer an bestimmten Wochentagen…

[image]

…als besonderes Bahnerlebnis mit einem offenen Aussichtswagen. Der Aussichtswagen befindet sich auf der Talseite des Zugs, so sind uns nun Logenplätze sicher. Zwischen Aussichtswagen und Triebzug ist außerdem ein Velowagen eingereiht. Die erste Etappe führt durch das Appenzellerland hinauf zum Scheitelpunkt der Strecke.

[image]

[image]

[image]

Die Bahnstrecke von Gais nach Altstätten kannte ich schon - bisher aber nur aus dem Zugfenster. Vom Aussichtswagen an der Zugspitze ergibt sich nun eine neue Perspektive. Beim nächsten Bild erreichen wir die Station Stoss. Der Stoss ist ein Passübergang, der das Appenzellerland mit dem St. Galler Rheintal verbindet. Die Station liegt an der Passhöhe, dort beginnt der erste von drei Zahnstangenabschnitten.

[image]

[image]

Der Blick geht nun hinab ins St. Galler Rheintal. Später werden wir irgendwo da unten entlang des Rheins unterwegs sein.
Die Meterspurstrecke von Gais nach Altstätten ist 7,65 Kilometer lang, der Höhenunterschied vom Scheitelpunkt bis zur Endstation in Altstätten beträgt gut 500 Meter.

[image]

[image]

Bald sind schon die ersten Häuser und die beiden Kirchen von Altstätten zu sehen, nach 23 Minuten Fahrzeit ist das Vergnügen mit dieser besonderen S-Bahn (zum regulären Tarif) schon wieder vorbei. Derzeit gilt der Betrieb auf der Strecke bis zum Jahr 2035 als gesichert, wie es danach weitergeht, wenn das Rollmaterial das Ende seiner Lebenszeit erreicht haben wird, ist offen. Aktuell werben die Appenzeller Bahnen mit einer öffentlichen Fahrgastzählung um weitere Nutzer um eine Stilllegung abzuwenden. Vielleicht kann dieser Reisebericht ja ein kleiner Beitrag dazu leisten?

[image]

Die Bahnstrecke endet am westlichen Rand der Altstadt von Altstätten – etwa anderthalb Kilometer vom SBB-Bahnhof am anderen Ende der Stadt entfernt. Bis 1975 konnte man die Strecke zwischen beiden Stationen mit einer Straßenbahn zurücklegen, heute verkehren verschiedene Buslinien.

[image]

Wir entscheiden uns jedoch für den Fußweg, so können wir die historische Altstadt erkunden. Auch Altstätten wurde Opfer eines Stadtbrands, die Stadt wurde ab 1567 neu aufgebaut.

[image]

[image]

Altstätten liegt an der SBB-Rheintallinie von Rorschach nach Chur. Mit einem Flirt der SOB fahren wir durch das Rheintal nach St. Margrethen.

[image]

[image]

[image]

[image]

In St. Margrethen gibt es einen knappen 3-Minuten-Übergang auf die S 3 in Richtung Bregenz – so knapp, dass es gar nicht mehr für einen Außenbild des ÖBB-Talent reicht. Wir fahren eine Station bis nach Lustenau, dabei überqueren wir den Rhein und damit auch die Landesgrenze zwischen der Schweiz und Österreich.

[image]

[image]

Nach der Ankunft in Lustenau steht ein kleiner Fußweg zum Werkhof der Internationalen Rheinregulierung (IRR) an. Der Werkhof beherbergt heute das Museum Rhein-Schauen, das sich der Geschichte der Rheinregulierung widmet.

[image]

Neben dem stationären Museum gehört dazu auch die Dienstbahn der Internationalen Rheinregulierung. Auf der Bau- und Güterbahn werden touristische Fahrten angeboten, dazu wird auf dem Gelände des Werkhofs gerade die Dampflokomotive „Liesl“ bereit gemacht.

[image]

Im Jahr 2017 waren wir schon einmal hier, damals hatten wir die Strecke des Rheinbähnles von der Rheinmündung bis zum Werkhof befahren und auch das Museum besucht. Daher heute vom Museum nur ein kurzer Einblick, weitere Bilder gibt’s im damaligen Reisebericht.

[image]

Die Strecke der Dienstbahn wurde immer wieder verändert, sie führte von der Mündung des Rheins in den Bodensee zu verschiedenen Steinbrüchen und diente vorwiegend dem Transport von Gestein für Bau und Ausbesserung des Rheindamms. Sie ist teilweise elektrifiziert, bei unserem letzten Besuch waren wir mit einer Elektro-Diesel-Lokomotive unterwegs. Heute wollen wir die uns noch unbekannte Strecke vom Werkhof rheinaufwärts nach Widnau erkunden, diesmal mit Dampftraktion.

[image]

Die Strecke verläuft auf dem Rheindamm, auf der linken Seite reichen die Häuser der Gemeinde Lustenau an den Damm, beim übernächsten Bild blicken wir über den Rhein in die Schweiz auf den Ort Au, dort waren wir vorhin mit dem SOB-Flirt in entgegengesetzter Richtung gefahren.

[image]

[image]

Der Rhein bildet hier die Grenze zwischen Österreich und der Schweiz. Die Zollstellen befinden sich jeweils hinter dem Rheindamm, ein Bahnübergang des Rheinbähnles führt direkt an der Zollstelle Lustenau über eine Bundesstraße.

[image]

[image]

[image]

Nun kommt bald die Wiesenrainbrücke ins Blickfeld. Die etwa 260 Meter lange Stahlbrücke überspannt seit dem Jahr 1914 den Alpenrhein, neben dem Kraftfahrzeug-, Fußgänger- und Fahrradverkehr dient die Brücke auch der Dienstbahn.

[image]

Die Zufahrt mit dem Rheinbähnle auf die Brücke ist nur von Süden her möglich. Der Zug fährt zunächst zur Haltestelle Wiesenrain…

[image]

…dort umfährt die Lok den Zug…

[image]

…und zieht den Zug anschließend auf die Brücke.

[image]

Das Gleis der Dienstbahn ist in die Fahrbahn eingelassen, während der Zugdurchfahrt wird die Brücke für den Autoverkehr gesperrt. Mit dem Rhein queren wir auch die Grenze zur Schweiz. Beim übernächsten Bild blicken wir rheinaufwärts in Richtung Alpen.

[image]

Die Fahrt führt nun noch für ein kürzeres Stück auf der schweizerischen Seite des Rheins parallel zum Rheinradweg flussaufwärts.

[image]

[image]

In Widnau am Rhy-Schopf ist Endstation für den Museumszug. Die Gleise führen von hier weiter rheinaufwärts ins schweizerische Kriessern, bis zum Jahr 2012 führte von dort eine weitere Rheinbrücke zu einem Steinbruch. Die Dienstbahn hat eine Spurweite von 750 Millimeter, sie wurde im Jahr 1895 auf Basis eines Staatsvertrags zwischen der Schweiz und Österreich errichtet.

[image]

Während die Lok umgesetzt wird, können die Fahrgäste im Rhy-Schopf des Werkhofs Widnau eine Dauerausstellung besuchen, sie informiert über die Anfänge und die Zukunft des Hochwasserschutzes am Alpenrhein, die Arbeit des Rheinunternehmens und über die Tradition der Rheinholzer. Oder…

[image]

…die Zeit des Aufenthalts für einen Besuch am Rheinufer nutzen.

[image]

Die Dampflok 200-90 „Liesl“ wurde im Jahr 1920 bei Maffei gebaut, die Lokomotive war vor ihrem Einsatz im Museumsverkehr bei der Dienstbahn der Internationalen Rheinregulierung. Nun wird es Zeit für die Rückfahrt.

[image]

[image]

[image]

[image]

Auch bei der Wiesenrainbrücke gibt es eine Zollstation, unmittelbar beim schweizerischen Zoll Widnau schwenkt das Gleis auf die Fahrbahn. Das Bauwerk steht heute unter Denkmalschutz.

[image]

[image]

[image]

Beim Aufbereiten des Reiseberichts stelle ich fest, dass das Rheinbähnle mittlerweile nicht mehr über die Brücke verkehrt. Wegen Korrosionsschäden ist die Brücke für Fahrzeuge nur noch einspurig freigegeben, der Autoverkehr wird jetzt mit einer Ampel geregelt. Nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten soll die Brücke wieder beidseitig befahren werden können, ob auch das Rheinbähnle zurückkehren kann, weiß ich nicht. Auf dem nächsten Bild sehen wir übrigens links das Gebäude der österreichischen Zollstation.

[image]

Nun geht es wieder in die „Spitzkehre“ bei der Station Wiesenrain. Wiesenrain war nicht immer ein Stumpfgleis, die Strecke führte früher weiter zu einem Steinbruch, dieser Streckenabschnitt ist allerdings nicht mehr in Betrieb.

[image]

[image]

Auf dem Rheindamm fahren wir zurück nach Lustenau. Wer genau hinsieht, erkennt auf dem nächsten Bild einen Eurocity auf der Route München-Zürich, der hier den Rhein in Richtung St. Margrethen überquert. Das Rheinbähnle unterquert die Bahnstrecke kurz vor dem Werkhof.

[image]

Mit der Rückkehr zum Werkhof endet unser Besuch beim Rheinbähnle. Die Strecke von einstmals rund 33 Kilometern ist mittlerweile schon ziemlich zusammengeschrumpft, eine geplante Renaturierung des Rheins könnte das Ende der Trasse auf den Rheindämmen mit sich bringen.

Wir laufen zurück zum Bahnhof Lustenau und fahren von dort mit der S 3 nach St. Margrethen.

[image]

[image]

Wir befahren nun die Brücke über den Rhein, auf der wir vorhin den Eurocity gesehen haben. Wir blicken hier rheinabwärts Richtung Bodensee, hinter dem Damm rechts liegt der Werkhof.

[image]

Von St. Margrethen fahren wir mit der S 7 nach Romanshorn, von dort weiter über Kreuzlingen nach Konstanz. Auf den Strecken verkehren GTW von Thurbo. Stellvertretend für die Rückfahrt am Ufer des Bodensees abschließend zwei Bilder aus Rorschach und mit Blick durchs Zugfenster auf das schweizerische Bodensee-Hinterland im Thurgau.

[image]

[image]

[image]

[image]

Und damit sind wir am Ende dieses kleinen Reiseberichts angekommen. Ich bedanke mich für das Interesse und fürs Mitkommen.


Viele Grüße und einen schönen Sonntag


Tobias


PS: Meine früheren Reiseberichte gibt’s unter www.bahnreiseberichte.de.

--
[image] "Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/

RSS-Feed dieser Diskussion
powered by my little forum