? FGR bei vorher angekündigter Fahrplanänderung (Allgemeines Forum)

Principal Kohoutek, Mittwoch, 04.09.2024, 14:00 (vor 14 Tagen)

Hallo allerseits!

Im 11. Juni habe ich ein Ticket samt Reservierung für eine Fahrt mit ES 452 von Berlin Hbf nach Brüssel Süd gebucht. Auf dem Fahrschein steht eine Ankunftszeit von 9:27 Uhr am 14. August. Am 12. August, ca. 32 Stunden vor der planmäßigen Abfahrt des Zuges, wurde eine Fahrplanänderung bekanntgegeben, nach der der Zug erst um 10:27 Uhr in Brüssel eintreffen würde. Tatsächliche Ankunft war dann, dank einer Sperrung des Willemsspoortunnels und Umleitung über Utrecht, 12:18 Uhr. Ich habe einen FGR-Antrag mit der Bitte um Erstattung von 50% des Fahrpreises eingereicht, dies wurde aber von European Sleeper abgelehnt mit dem Argument, dass die Verspätung des Zuges weniger als zwei Stunden betragen hätte und die korrekte Entschädigung 25% beträgt, weil der zuletzt kommunizierte Fahrplan maßgeblich sei. Die Änderung hätte mir die Möglichkeit eingeräumt, vom Beförderungsvertrag zurückzutreten, was ich nicht getan und mich dadurch mit der neuen Ankunftszeit einverstanden erklärt hätte.

Die EU-Fahrgastrechteverordnung definiert „Verspätung“ als „die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft am Zielbahnhof“, und der veröffentlichte Fahrplan war dann wohl oder übel der mit der Ankunft um 10:27 Uhr – also passt das tatsächlich so? Für mich widerspricht diese Rechtsauffassung zumindest der Intention, die ich den Verfassern der Fahrgastrechte unterstellen würde. Bei einer zwei Monate im Voraus gebuchten Auslandsreise zu erwarten, dass der Kunde bei einem am Vortrag geänderten Fahrplan noch irgendwie seine Pläne ändern könnte und „selbst schuld“ ist, wenn er das nicht tut, halte ich für absurd; wenn ich mir stattdessen auf den letzten Drücker ein teures Flugticket gekauft hätte, hätte mir European Sleeper die Mehrkosten schon gar nicht ersetzt. Meiner Meinung nach muss der veröffentlichte Zeitpunkt zum Buchungszeitpunkt maßgeblich sein und nicht der bei Fahrtantritt – ansonsten könnte sich ein EVU ja in bestimmten Situationen einfach vor Entschädigungszahlungen drücken, indem es den Fahrgästen kurz vor Abfahrt Fahrplanänderungen kommuniziert, um sich einen Verspätungspuffer zu erlauben. Ob ich verspätet bin, weil sich kurz vor Abfahrt der Fahrplan geändert hat oder weil es während der Reise zu Verzögerungen kam, ist mir als Fahrgast doch realistischerweise egal.

Kennt hier jemand eine klare Antwort auf die Frage, welcher Fahrplan bei der Berechnung der Verspätung heranzuziehen ist, idealerweise mit einer Quelle, auf die ich mich beim Rumdiskutieren berufen kann? Sonst muss ich mit der Fragestellung wahrscheinlich an eine Schlichtungsstelle herantreten. Wäre ILT der richtige Adressat dafür (weil ich das Ticket bei European Sleeper mit Sitz in Utrecht erworben habe)?

Viele Grüße
Michael

Dynamische Fahrpläne

Fulda_NBS, Mittwoch, 04.09.2024, 16:07 (vor 14 Tagen) @ Principal Kohoutek

Das wäre doch mal was. Man veröffentlicht gar keine Fahrpläne im voraus mehr sondern gibt 5 Minuten vor Ankunft die tatsächliche Abfahrt bekannt. Und voilá hätte man neben keinen fgr auch kein pünktlichkeitsproblem mehr. </sarkasmus>

! FGR bei vorher angekündigter Fahrplanänderung

sflori, Mittwoch, 04.09.2024, 23:21 (vor 13 Tagen) @ Principal Kohoutek

Es gilt der zum Kaufzeitpunkt veröffentlichte Fahrplan. Also wären 50 % korrekt.


Bye. Flo.

! FGR bei vorher angekündigter Fahrplanänderung

bahnfahrerofr., Donnerstag, 05.09.2024, 07:35 (vor 13 Tagen) @ sflori

Es gilt der zum Kaufzeitpunkt veröffentlichte Fahrplan. Also wären 50 % korrekt.

Dem schließe ich mich an.
Ich würde noch 1x nachhaken und bei Ablehnung ans EBA wenden. Der Fall ist m.E. zu eindeutig für eine Schlichtungsstelle. EBA sollte in dem Fall auch tätig werden, weil der Startbahnhof in Deutschland war.

! FGR bei vorher angekündigter Fahrplanänderung - Quellen

Neitech_BR611, Baden-Württemberg / Bayern, Sonntag, 08.09.2024, 12:52 (vor 10 Tagen) @ bahnfahrerofr.

Ärgerlich wenn Kunden den FGR hinterherlaufen müssen und gezwungen werden ihr vollständiges Recht durchzusetzen. So lange das nicht abgestraft wird, dürfte das immer wieder vorkommen.

Deine Quellen:

EU Verordnung 2021/782 Artikel 19 Absatz 1

Zitat: "...hat ein Fahrgast bei Verspätungen Anspruch auf eine Entschädigung durch das Eisenbahnunternehmen, wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte oder Durchgangsfahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet..."

(Hinweis / meine Meinung: Da steht "oder"! Somit spielt es keine Rolle was im Fahrplan angegeben ist. Es zählt die Verspätung bezüglich der Durchgangsfahrkarte!)

EU Verordnung 2021/782 Artikel 19 Absatz 1 (b)

Zitat: "50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten."


EU Verordnung 2021/782 Artikel 19 Absatz 7

Zum Druck aufbauen, weil da ganz klar "Zeitpunkt nach Einreichung" und nicht "Zeitpunkt nach Beendigung mühseliger Diskussionen" steht.

Zitat: "Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von einem Monat nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung."


EU Verordnung 2021/782 Artikel 3 Punkt 9

Nur der Vollständigkeit halber, würde ich selbst nicht mit angeben. Ein Widerspruch darf knapp sein. Nicht der Fahrgast ist in der Pflicht Rechtsverordnungen umzusetzen (und auch nicht gegen willkürliche Entgegnungen durchzusetzen).

Zitat: "Durchgangsfahrkarte„ eine Durchgangsfahrkarte im Sinne des Artikels 3 Nummer 35 der Richtlinie 2012/34/EU;"

! FGR bei vorher angekündigter Fahrplanänderung - Quellen

Berliner65, Berlin, Sonntag, 08.09.2024, 16:22 (vor 10 Tagen) @ Neitech_BR611

Zitat: "...hat ein Fahrgast bei Verspätungen Anspruch auf eine Entschädigung durch das Eisenbahnunternehmen, wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte oder Durchgangsfahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet..."

(Hinweis / meine Meinung: Da steht "oder"! Somit spielt es keine Rolle was im Fahrplan angegeben ist. Es zählt die Verspätung bezüglich der Durchgangsfahrkarte!)

Warum hebst Du Durchgangsfahrkarte hervor?
Der Threaderöffner reiste mit ES von Berlin nach Brüssel. Null Umstiege, eine Fahrkarte, ein anzusprechendes Unternehmen. Einfacher geht es nicht. "Fahrkarte" reicht völlig aus. Was versprichst Du Dir davon, wenn Du Durchgangsfahrkarte statt Fahrkarte empfiehlst?

EU Verordnung 2021/782 Artikel 3 Punkt 9
Nur der Vollständigkeit halber, würde ich selbst nicht mit angeben.

Wenn ein juristischer Laie an juristische Profis schreibt (bei EVU darf man davon ausgehen, dass die professionell aufgestellt sind), dann ist der Laie gut beraten, wenn er weitestgehend auf das Zitieren von Paragrafen verzichtet. Wofür sollte das nötig sein? Die 'andere Seite' kennt die FGR doch ohnehin bis ins letzte Detail. Oder wird das ernsthaft bezweifelt?

Wenn ein Laie in solchen Schreiben Paragrafen zitiert, dann kann das leicht nach hinten gehen (= man macht sich lächerlich, wenn man falsch liegt). Das Nachstehende reicht inhaltlich völlig aus (enthält Rechtsauffassung, Summe, Bankverbindung und Fristsetzung):
[Grußformel],
aus den Europäischen Fahrgastrechten ergibt sich, dass die zu zahlende Entschädigung auf Basis der Ankunftszeit 09:27h zu berechnen ist (Ankunftszeit zum Kaufzeitpunkt). Die Höhe der Entschädigung beträgt somit ...€, bisher durch ES gezahlt wurden erst ...€. Bitte überweisen Sie den Restbetrag in Höhe von ...€ bis zum [Datum] auf mein Konto "Name, IBAN".
[Grußformel]

Zitat: "Durchgangsfahrkarte„ eine Durchgangsfahrkarte im Sinne des Artikels 3 Nummer 35 der Richtlinie 2012/34/EU;"

Vorsicht beim Arbeiten mit Paragrafen!
Die Rili 2012/34/EU enthält
- keine Nummer 35 in Artikel 3
- an keiner Stelle den Begriff "Durchgangsfahrkarte"

--
Die 1. Klasse im SÜWEX gefällt mir. Aber warum ist die einzige Tür, die dorthin führt (und nicht in den 2. Klasse-Bereich) nicht deutlicher gekennzeichnet?

Quellen wurden zitiert, das war die Bitte des Threadstarters

Neitech_BR611, Baden-Württemberg / Bayern, Sonntag, 08.09.2024, 20:21 (vor 10 Tagen) @ Berliner65

Warum hebst Du Durchgangsfahrkarte hervor?

Um von dem unsinnigen Beharren auf irgendwelchen geänderten veröffentlichten Fahrplänen wegzukommen. Siehe vorherige Diskussion.

Wenn ein juristischer Laie an juristische Profis schreibt (bei EVU darf man davon ausgehen, dass die professionell aufgestellt sind), dann ist der Laie gut beraten, wenn er weitestgehend auf das Zitieren von Paragrafen verzichtet. Wofür sollte das nötig sein? Die 'andere Seite' kennt die FGR doch ohnehin bis ins letzte Detail. Oder wird das ernsthaft bezweifelt?

Nö. Der Threadstarter bat um Quellen, die habe ich geliefert.
Alle anderen Foristen bis einschließlich 08.09.2024 - 20:21 Uhr beglückten ihn lediglich mit wohlmeinenden Kommentaren / Hinweisen.

Wenn ein Laie in solchen Schreiben Paragrafen zitiert, dann kann das leicht nach hinten gehen (= man macht sich lächerlich, wenn man falsch liegt).

Es ist unwahrscheinlich, dass ein juristischer Laie der im Rahmen eines Widerspruchs auf einer FGR-Entschädigung besteht, diese durch eine "falsche Zitierung" von Rechtsnormen verliert.

Das kann schlussendlich nur vor Gericht passieren und selbst dort gibt es ein Vorverfahren mit Entgegung des Beförderers.
Davon scheint der Threadstarter aber noch entfernt zu sein - obwohl die Sachlage (gemäß Schilderung) eindeutig zu sein scheint.

Und wo wir gerade bei "Lächerlich machen sind" => Never ever würde sich ein Beförderer bei einem, augenscheinlich so klarem, FGR-Entschädigungs-Fall vor Gericht wagen. Der Verlierer zahlt alles, inkl. Anfahrt, Gehaltsausfall sämtlichen Anwaltgebühren und ggf. Übernachtung am Verhandlungstag.

Das Nachstehende reicht inhaltlich völlig aus ... Grußformel

Genau eine solche Erwiderung erhofft sich vermutlich der Beförderer...
Deshalb gab ich den Hinweis auf die per EU-Verordnung festgelegte Entschädigung binnen eines Monats ab Einreichungsdatum.

Nur mit sanftem Druck kommt man weiter.

Außerdem ist jeder (egal ob juristischer Laie oder nicht) stets gut beraten damit, eine vernünftige Frist zu setzen, um die (offenbar ausführlich vom Beförderer bewertete) FGR-Entschädigung einzufordern.

Danach kann man, dank Fristsetzung, meines Wissens direkt zum Anwalt gehen oder selbst Klage einreichen. Wird sowieso viel zu wenig geklagt - sonst gäbe es eine solche Kundenverarsche nicht.

Die Rili 2012/34/EU enthält
- keine Nummer 35 in Artikel 3
- an keiner Stelle den Begriff "Durchgangsfahrkarte"

Wurde wahrscheinlich zusammen mit den Korruptions-SMS in der EU-Kommision gelöscht. Einfach weg, keine Fragen mehr, neue Amtszeit ist save...

Quellen wurden zitiert, das war die Bitte des Threadstarters

611 040, Erfurt, Sonntag, 08.09.2024, 21:09 (vor 10 Tagen) @ Neitech_BR611

Ich bin da ganz bei meinem Namensvetter.
M.E. ist es nicht falsch Quellen für die geforderten Ansprüche zu liefern, eher im Gegenteil.
Erstens weis das EVU nun, dass man sich mit seinen Rechten befasst hat und kann einen nicht total vera***** ohne das man es merkt. Zweitens kann das EVU auf ein einfaches "Ich will xyz" viel einfacher mit "Nö bekommst du aber nicht" antworten als auf einen rechtlich begründeten Anspruch, wo man schon darlegen muss, warum nur dieser gesetzlich garantierte Anspruch gerade in diesem Fall nicht greift.

Grüße vom 611 040

--
❤ 611, 612, 642, 644, 425, ICE-T, IC1 ❤

Durchgangsfahrkarte?

JanZ, HB, Sonntag, 08.09.2024, 21:21 (vor 9 Tagen) @ 611 040

Jetzt habe ich aber immer noch nicht verstanden, warum der Passus mit der Durchgangsfahrkarte nun so wichtig ist.

Quellen wurden zitiert, das war die Bitte des Threadstarters

gnampf, Montag, 09.09.2024, 16:24 (vor 9 Tagen) @ 611 040

M.E. ist es nicht falsch Quellen für die geforderten Ansprüche zu liefern, eher im Gegenteil.

Man sollte sich im Zweifel halt sehr sicher sein das man alles korrekt verstanden hat, sonst fordert man ggf. absoluten Blödsinn statt berechtigter Forderungen. Und Blödsinn kann man dann auch "kommentarlos" ablehnen mit "nö".

Erstens weis das EVU nun, dass man sich mit seinen Rechten befasst hat

oder das sie es mit einem absoluten Laien der sich wichtig macht zu tun haben

und kann einen nicht total vera***** ohne das man es merkt. Zweitens kann das EVU auf ein einfaches "Ich will xyz" viel einfacher mit "Nö bekommst du aber nicht" antworten als auf einen rechtlich begründeten Anspruch, wo man schon darlegen muss, warum nur dieser gesetzlich garantierte Anspruch gerade in diesem Fall nicht greift.

Da kann ich dich beruhigen: man kann auf jegliche Forderung mit einem völlig unpassenden 0815-Textbaustein antworten, auch ganz egal von wem sie kommt, sogar gegenüber dem Anwalt und im Zweifel auch gegenüber dem Richter. Folgen hat erst letzteres.

Die Sache ist für das EVU eigentlich sehr simpel: solange man nicht soviel unberechtigt ablehnt das es für die Verbraucherschützer attraktiv wird einen zu verklagen ist man safe. Eine Privatperson kann ja für die paar Euro-fuffzich mal versuchen einen Anwalt zu finden. Wenn einer bereit ist wird der weit mehr fordern, und das am besten im Voraus. Und auf den Kosten bleibst du hängen, die Rechtsschutz wird wohl entweder die Deckung verweigern, oder einem mitteilen das es der letzte Fall war... und damit auch auf Jahre die letzte Rechtschutzversicherung. Auf eine Übernahme der Anwaltskosten durch das EVU muss man auch nicht hoffen, die zahlen maximal die Fahrgastrechteforderung, alles weitere kannst du dann auf deine Kosten einklagen. Und da sind die Erfolgsaussichten bekanntlich auch nicht 100%, die Kosten aber nochmal höher.

! FGR bei vorher angekündigter Fahrplanänderung - Quellen

sibiminus, Montag, 09.09.2024, 03:49 (vor 9 Tagen) @ Berliner65

Vorsicht beim Arbeiten mit Paragrafen!
Die Rili 2012/34/EU enthält
- keine Nummer 35 in Artikel 3
- an keiner Stelle den Begriff "Durchgangsfahrkarte"

Richte den Einwand bitte an die Autoren von Artikel 3 Absatz 9 der Verordnung 2021/782/EU, welche diese Referenzierung als Definition einführt. Das scheint auch kein Übersetzungsfehler zu sein. In den von mir gecheckten Sprachen steht das gleichermaßen so drin.

--
"Diese Preise sorgen dafür, daß die Bahn an anderer Stelle immer mehr rationalisieren und einsparen wird. Nicht oben in den Höhenluftbüros, nein, unten an der Basis auf dem Bahnsteig oder im Zug. Am Fahrkartenschalter. Bei den Ansagen." ~ Alibizugpaar

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