Fieser Vinter beim verrückten Finnen-Volk – 1/2 (Reiseberichte)
In Skandinavien ist es den ganzen Winter kalt & dunkel.
Den Wikingern ging das so sehr auf den Geist, dass sie dann immer in ihre Schiffe stiegen und irgendwohin fuhren, um Leute zu verkloppen.
Ich kann die Wikinger verstehen…
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Hallo liebes Forum,
willkommen zu meinem letzten Reisebericht aus dem zweiten saublöden Seuchenjahr.
Bei der Einleitung ist natürlich klar: Es ging nach Skandinavien. Allerdings nicht zu den Wikingern. ;-)
Da sich meine Silvester-Planung erst recht kurzfristig entschied und ich dann niemanden mehr fand, der bereit war, so viel Geld für so viel Dunkelheit zu bezahlen, war ich allein unterwegs.
Finnland war ja eines der wenigen Länder, die ich noch nie „richtig“ besucht hatte, denn ich kannte nur Helsinki (und den Weg von dort zur Russengrenze).
Den Seuchenbonus, den es in der Arbeit gab, warf ich also den Rentieren zum Fraß vor. :-/ Ich glaube, ich habe für eine Woche noch nie so viel Geld ausgegeben wie jetzt in Finnland. :D
Letztlich habe ich im zweiten saublöden Seuchenjahr (das Wort ist verflucht, „Voldemort“ darf man ja schließlich auch nicht sagen!) fürs Reisen nicht weniger Geld ausgegeben als 2018 (2019 war ein extremes Jahr :D). Bloß bin ich dafür deutlich weniger weit gekommen. Kurzfristige Buchungen sind eben erheblich teurer, und immer wieder mal ging halt auch was schief. -.- Und bei den Angaben fürs zweite saublöde Seuchenjahr ist die teure Finnland-Reise noch gar nicht mitgezählt, meine Reisen um/nach Weihnachten rechne ich immer schon komplett ins neue Jahr.^^
Meine Grenze für Flüge ist ja eine Tagesreise: Alles, was man innerhalb eines Tages zurücklegen kann, wird normalerweise nicht geflogen (solange es die Möglichkeit auch an dem Tag gibt, an dem ich sie brauche, und solange ich frei entscheiden kann). Das ist aber bei Finnland eindeutig nicht gegeben.^^ Zwar gibt es eine Fähre ab Travemünde (auch im Winter, aber dann nur 2 x/Woche oder so), dafür müsste ich an Tag 1 mittags in Deutschland losfahren, um an Tag 3 morgens in Helsinki anzukommen… Mit der Fähre ab Schweden wäre es auch nicht so viel schneller, man muss ja auch erstmal nach Schweden.
Ich flog…
Der Vogel, der mich in den Norden bringen sollte, war am Tag vorher in London & Kopenhagen gewesen, bei beiden Omikron-Pionieren – ein wahrer Seuchenvogel. (Ok, in Stockholm war er am Abend auch noch.^^)
Es war mein erster Abflug ab dem Problem-BER. Ich war reichlich vorher da. Blöderweise öffnete der Check-In für meinen Flug „erst“ 2:15 h vor Abflug. Es gab drei Schlangen: 1 x Business Class/VIP, 1 x eine Schlange, wo etwas passierte, und 1 x meine… (Als ich sowas in Larnaca mal hatte, hat der Typ hinter mir in der Schlange den Check-In-Menschen ordentlich die Meinung gegeigt auf Griechisch. Viele Worte kannte ich auch dem Büro, nichts was man normalerweise als Tourist braucht. ;-) Danach hat es funktioniert. :D) In Deutschland rechnete ich mir wenig Erfolgschancen mit Beleidigungen aus.^^ Selbst die Leute, die sich eine halbe Stunde nach mir angestellt hatten, überholten in der zweiten Schlange… Nach anderthalb Stunden anstehen war ich mein Gepäck losgeworden und hastete zur Sicherheitskontrolle.
Auf meiner Bordkarte stand kein Gate. Das Gate erfahre ich dann hinter der Sicherheitskontrolle, hatte die Schlaftablette am Check-In gesagt, als mein Vogel bereits in Berlin gelandet war… Wenn ich das Gate wüsste, hätte ich gleich den passenden Bereich der Sicherheitskontrolle auswählen können. Aber es stand halt auch nirgends, welcher Bereich am schnellsten zu welchen Gates führt. Es gab eine Anzeige, an welchem Bereich der Sicherheitskontrolle gerade am wenigstens los war. Just nachdem ich meinen Koffer losgeworden war, war die allerdings aus. Also zum nächsten Bildschirm. Der verkündete, Bereich 1 sei gerade am leersten. Also dorthin. Das dachten sich blöderweise auch alle anderen Reisenden. Und noch blödererweise dachte sich das auch das Flughafen-Personal, als sie mehrere Kontroll-Schleusen plötzlich dichtmachten. Kannste dir nicht ausdenken! Ich begann dann, die Leute vor mir zu fragen, wann ihre Boarding-Zeit war, denn entgegnete ich, meine sei bereits in 10 min aber ich war 1½ h in der Schlange am Check In gestanden hatte, und fragte freundlich, ob ich vorgehen könnte. Anders hätte ich meinen Flug nicht erreicht. Und ich war über 2 h vor Abflug am Check-In, gleich als der geöffnet hat! An der Sicherheitskontrolle ließ ich dem Personal gar keine Zeit für Fragen, sondern rannte gleich weiter. Bereich 1 führte zunächst zum Gate A1. Mein Gate hatte ich zwischenzeitlich per Internetz ermittelt (wenn der Flughafen es mir nicht verriet), es war A31. Bereich 1 war der, der am weitesten weg war. Tolle Wurst! Ausgeschrieben war ein Fußweg von 8 min. Diese automatischen Fahrtreppen waren geschlossen, vielleicht hatte niemand damit gerechnet, dass Leute am 27. Dezember reisen möchten, ist ja auch ne völlig crazy Vorstellung. Ich schaffte den Weg in der Hälfte der Zeit und erreichte mein Gate 4 min vor der angegebenen Schließzeit. Das Boarding hatte gerade erst begonnen… Das eigentlich schlimme war ja, dass ich seit dem Check-In die ganze Zeit schon aufs Klo musste und das erst auf Reiseflughöhe erledigen konnte. -.-
Auf dem Fensterplatz meiner Reihe im Vogel saß eine junge Deutsche, die nach Kittilä weiterflog. Sie hatte erstmal zwei oder drei große Pullen Jägermeister mitgebracht. :D Bereits nach gut anderthalb Stunden landete der Finnenvogel schon. In Helsinki war klarer Himmel (das heißt im Winter i. d. R., es ist extrem kalt), man hatte einen traumhaften Ausblick auf die Schärenküste und die zugefrorenen Seen! Kurz vor 16 Uhr war es schon mächtig gewaltig am Dämmern. Zwei meiner drei Einreisen nach Finnland waren an einem 27. Dezember – bei der zweiten blieb ich aber nicht lange in Finnland. Der Mensch, der eine Billigairline gründete und ihr den Namen „Norwegian“ gab, muss ja einen wahnsinnig schrägen Humor haben. :D
1 Es könnte mehr Platz sein^^
2 Eisiger Winter
3 Willkommen in Skandinavien^^
4 Vielsprachiges Willkommen
5 Brrrrrrr! (mit Bildlink)
Nachdem ich meinen Koffer hatte, war es schon dunkel. Ich kaufte mein Bahn-Ticket und begab mich in die Unterwelt zum Flughafen-Bahnhof. Um fahrstuhlfrei dorthin zu kommen, muss der Reisende nicht weniger als drei Rolltreppen bewältigen – 45 m in der Tiefe liegen die Bahnsteige. Am Flughafen halten grundsätzlich nur Ess-Bahnen, die Helsinki im Nordwesten oder Nordosten erreichen. Beide Linien führen letztlich zum Hauptbahnhof. Ich wählte die Variante über Nordosten und fuhr bloß 8 min weit bis Tikkurila. Denn heute wollte ich noch gar nicht nach Helsinki.
Tikkurila ist quasi der Fernbahnhof vom Flughafen. Hier halten grundsätzlich alle Fernzüge, sogar die Russenzüge (zwei Allegro-Zugpaare fuhren seit 12. Dezember wieder nach 1¾ Jahr Pause). Seit Mitte März 2022 fahren die Russenrennen nicht mehr. Weiß jemand, was mit den Fahrzeugen passiert ist? Die finnische Bahn hat die Fahrzeuge komplett abgeschrieben. Das deutet daraufhin, dass die Fahrzeuge in Russland stehen, denn innerfinnisch könnten sie ja recht einfach eingesetzt werden – innerrrussich sind die Möglichkeiten da doch eher beschränkt. :-s
In Tikkurila hatte ich 20 min Zeit. Die Passage quer über den Gleisen mit Geschäften bietet beheizte Wartemöglichkeiten (solche gab es an fast jedem Bahnhof, sollte bei dem Klima auch selbstverständlich sein :D). Anschließend fuhr ich mit einem IC in 1:17 h fast 175 km weit nonstop (macht 135 km/h!) Richtung Nordwesten ins Landesinnere. Ich verließ den Zug in Tampere, der drittgrößten Stadt Finnlands bzw. der größten Stadt außerhalb vom Großraums Helsinki (Tampere hat 240.000 EW, mit Umland 335.000) und brachte erstmal meinen Koffer ins Hotel. Ich war tatsächlich froh, die Reise so geplant zu haben, dass ich den Koffer kaum bewegen musste. Denn bei geschlossener Schneedecke, Rollsplitt und Streusalz bleibt einem nur Tragen übrig.^^
6 – 7 Ab in die Unterwelt! (Das zweite Bild entstand zu einer anderen Jahreszeit, da isses nämlich hell, und ist auch nicht von mir. ;-) )
8 Das ist die zweite Rolltreppe. Der Fahrstuhl (auch ein guter Größenvergleich) überbrückt die erste & zweite Rolltreppe. Von der dritten (kürzeren) hab ich leider kein Foto.^^
9 Nichts Geringeres als der nördlichste Tunnel-Bahnhof der Welt
10 Eine Minute Verspätung :D
11 Breitspur-Flirt
12 Wenn man an Weihnachten zu viel Sand gegessen hat, bekommt man eine … . (Das ist der schwedische Name. Finnisch ist Hiekkaharju.)
13 Mit der Wikingervectron geht’s weiter (jaaa, die Wikinger haben nie in Finnland gelebt, ich weiß. Aber Leute verkloppt haben sie dort bestimmt.^^)
14 Interessante Ortsnamen gibt’s hier auch^^
15 Angekommen in Tampere
16 Der Zug fährt weiter nach Vaasa
17 Der Bahnhof von außen in all seiner Schönheit ;-)
18 – 19 Tampere hat eines der nur zwei Tram-Netze in Finnland. Die nördlichste Tram Europas bzw. der Welt findet man aber in Trondheim (ab Bild 80).
20 Blick aus meinem Hotel-Zimmer
Tampere ist eine alte Industriestadt. Manchmal wird es als „Manchester des Nordens“ bezeichnet. Die Stadt gilt als wirklich nicht schön! :D Das wollte ich mir mal anschauen, schlimmer als Duisburg würde es schon nicht werden. :p Nun ja, eine Schönheit ist es wahrlich nicht, aber es gibt schon hässlichere Städte – erst recht in Finnland. :D Ich hätte ja damit gerechnet, dass es weiter Richtung Norden und weg vom Meer noch kälter wäre als in Helsinki, doch hier in Tampere herrschten „nur“ minus 11 Grad.^^ Als ich mit der Stadtbesichtigung anfing, hatte ich ein bisschen über 75 % Akku. Bei der Stadtbesichtigung hatte ich das Handy immer wieder draußen, um zu fotografieren oder nach dem Weg zu schauen. Nach einer Dreiviertelstunde später hatte ich plötzlich eine Warnung: Achtung, Akkuladung nur noch 7 %. What!? Mein Koreanerknochen mochte die Kälte nicht.^^ Ich hatte nur einmal ein Smartphone, das man mit Handschuhen bedienen konnte. Es kam – wenig überraschend – aus Finnland. :D (Dabei wird es in Seoul doch auch kalt. :-s)
21 Tuomikirkko, die Domkirche
22 – 23 An wenigen Stellen ist alte Bausubstanz erhalten geblieben
24 Die fotogene Finlayson-Kirche
25 Ein Gebäude mit dem putzigen Namen Pikkupalatsi („Kleiner Palast“). Hier residierten die Chefs des Finlayson-Industriekomplexes.
26 Auch hier gibt es schildkrötige Verkehrsmittel^^
27 Was essen finnische Eichhörnchen? ;-)
28 Eichhörnchen-Bus zum wohlklingenden Pyynikintori. :-)
29 – 30 „Wie hässlich wollt ihr eure Gebäude haben?“ – Finnland: „Ja.“. Die Form der Zentralbibliothek von Tampere soll an ein Auerhuhn erinnern. :-s (Immerhin ist es das halbe Jahr dunkel, da muss man das nicht ansehen…)
31 Das Grauen von vorn^^
32 Die orthodoxe Kirche von Tampere schaut von außen gar nicht so orthodox aus :-s
33 Ich fast das gesamte zweite saublöde Seuchenjahr
34 – 35 Noch zwei hübsches Gebäude (hat ja durchaus Seltenheitswert hier^^)
36 Das winterlich beleuchtete Rathaus am Hauptplatz
37 In der Bildmitte die alte Kirche von Tampere
38 Kirche, Glockenturm & Theater
39 Zwei Gebäude an der Südseite des Hauptplatzes
40 Der Busbahnhof am Hauptplatz
41 Noch ein Blick über den Hauptplatz mit Christbaum zum Rathaus
Ich finde die Finnische Sprache unfassbar toll, wohlklingend & faszinierend! *‿* Vor ein paar Jahren hab ich sie mir mal genauer angeschaut, um zu prüfen, ob das lernbar ist. Daraufhin habe ich Slowakisch gelernt. ;-)
Finnisch ist zwar urst schön, aber auch unendlich kompliziert. :-( Und der Nutzen ist auch nur sehr begrenzt, wenn man nicht gerade in Finnland ist (dort kann jeder Englisch^^). Es gibt auch keine Sprache, die Finnisch wirklich ähnlich ist (außer Karelisch, und das spricht erst recht niemand :D); Finnisch und Estnisch sollen sich ungefähr so ähnlich sein wie Deutsch & Englisch, hab ich mal gelesen.
Mehrere Punkte dürften die Finnen wirkungsvoll am Scrabble Spielen hindern:
-- Es gibt sehr wenige Buchstaben: kein b, c, f, q, w, x, y, z.
-- Worte werden gebildet, indem man 100.000 Endungen hinten dranhängt, die wir häufig mit Präpositionen, Hilfsverben o. ä. ausdrücken.
-- Es gibt reichlich zusammengesetzte Substantive.
-- Die eigentliche Schwierigkeit: Oft sind Unterschiede zwischen völlig verschiedenen Worten minimal:
tili = Konto
tiili = Ziegel
tilli = Dill
Sowohl Vokale als auch Konsonanten können lang ausgesprochen werden (außer h, j, r, v).
Die Worte haben auch keine gemeinsame Wortherkunft. Das sind grundverschiedene Worte, und für die Finnen ist das auch völlig eindeutig. :D
Fremdworte gibt es fast gar keine. In der Regel nimmt man dann die sinngemäßen Worte auf Finnisch und bildet Neologismen. Die wenigen (!) Ausnahmen werden in der Schreibweise dann konsequent angepasst, Fysioterapia sieht halt schon echt grausam aus.^^
42 Finnisch, auch genannt: Die Buchstaben kannte ich schon alle, nur noch nicht in dieser Reihenfolge.
43 Und als Gott am Ende zu viele Y’s und Ä’s übrig hatte, schuf er Finnisch. Auch gut ist ja das Wort „Laden“/„Geschäft“: myymälä – so kurz und doch so komisch.^^ Mein absolutes finnisches Lieblingswort ist aber das Nachtleben: yöelämä :D Gefolgt wird es von der Kleinen Flechteneule, die heißt nämlich kyläjäkäläyökkönen! :D :D :D
In den folgenden Teilen werfe ich immer wieder mal allerlei Merkwürdigkeiten der finnischen Sprache ein. :D
Normalerweise versuche ich ja immer, mich wenigstens rudimentär in der jeweiligen Landessprache zu verständigen. Aber auf Finnisch kam ich nicht über „Guten Tag“, „Entschuldigung“, „Danke“ und „Sprechen Sie Englisch?“ hinaus.^^
Hier erledigte ich wirklich alles auf Englisch. Ging wie gesagt völlig problemlos.
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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)