BüGA 00: Holprige Fahrt in das Land der Steinböcke [m34B] (Reiseberichte)

Math5D, Samstag, 19.11.2022, 16:02 (vor 495 Tagen)

Im August 2022, dem letzten Monat des 9-Euro-Tickets, verschlug es mich mal wieder für ein paar Tage in die Schweiz, genauer gesagt nach Chur, um die lokalen Bahn- und Busstrecken zu erkunden. Dafür bietet sich das "Bündner Generalabo", kurz BüGA an, das man praktischerweise in dem Monat sogar für den halben Preis bekam. Die Planung für das Ganze begann entsprechend exakt sechs Monate vorher, um die Bahntickets für die Anreise zu buchen. Von einem 9€-Ticket war damals noch absolut keine Rede, und so heckte ich den folgenden Plan mit recht hohem NV-Anteil aus:

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01 Mit 9 Umstiegen geht es von Aachen nach Chur, insbesondere über die Schwarzwaldbahn sowie entlang des Bodensee-Nordufers. Das Ganze kostet bei der frühen Buchung in der ersten Klasse kaum mehr als 30€, also gönne ich mir mal dieses "Upgrade" - zum Glück!

Schon irgendwann im Mai muss ich diesen Plan leider begraben, denn - wie hier größtenteils bekannt sein dürfte - wurde die Schwarzwaldbahn ja leider kaputtrenoviert und mit einem dermaßen bescheuerten SEV-Fahrplan belegt, dass kein Anschluss mehr erreicht wird. Nun ist zwar meine Zugbindung natürlich aufgehoben und ich könnte lustig irgendwie fahren, aber zumindest einen kleinen Teil der geplanten Route möchte ich doch mitnehmen.

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02 Die Alternative: Schon in Mannheim aus dem 101 raus und dann mit dem ICE nach Ulm und dem RE5 nach Friedrichshafen. Diese letzte Strecke bin ich immerhin auch noch nie gefahren und außerdem gibt mir das Ganze so 2,5h zusätzlichen Puffer, den ich bei den Pünktlichkeitswerten während des 9€-Tickets gut gebrauchen kann.

Apropos Puffer, natürlich möchte ich auch entgegen der Angabe auf dem Ticket bereits um 4:51 nach Köln fahren, denn der Umstieg vom 5:51er RE1 auf den 101 klappt erfahrungsgemäß vielleicht so in 10% aller Fälle.

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03 Um 3:30 stehe ich also auf und gucke erstmal nach den Zügen, da sehe ich, dass nicht nur der 4:51er RE1, sondern auch der darauf folgende RE9 ausfallen. Das ist ja mal wieder typisch! Für mich ist das nicht so schlimm, aber was sollen denn die Pendler sagen, die pünktlich nach Köln oder weiter müssen?

Erstaunlicherweise ist der spätere RE1 dann aber pünktlich und so erreiche ich den 10min verspäteten 101 locker. Für den steht aber auch bei der Abfahrt schon eine +20 bei der Ankunft in Mannheim drin mit dem Kommentar, dass wir wegen Bauarbeiten diese Verspätung aufbauen würden. Derselbe Kommentar steht auch beim 513, dort jedoch ohne die +20-Prognose... Als wir schließlich mit +15 aus Frankflug abfahren, sehe ich aber, dass der 513 ungefähr dieselbe Verspätung jetzt schon hat, und somit hinter uns auf der Umleitung über Darmstadt einsortiert werden dürfte. Diese kostet dann tatsächlich nur etwas mehr als 20min - bis zur Einfädelung in Friedrichsfeld, in der wir nochmal eine viertel Stunde stehen, weil wohl ein paar S-Bahnen wichtiger sind und vorgelassen werden müssen. Weitere 5min bummeln wir vorm Hauptbahnhof in Mannheim ab, den wir schließlich mit +55 erreichen. Top Baustellenplanung an der Stelle! Der 513 kommt aber immerhin 5min später bahnsteiggleich reingefahren - und hindert so den 101 nochmal daran, abzufahren, da sich die Wege der beiden nun nochmal kreuzen müssen (Der gegenseitige Umstieg müsste nicht mehr abgewartet werden, schließlich wurden so knappe Umstiege ja zur Verbesserung der Zuverlässigkeit aus dem System entfernt... ohne Worte!).

Mit nur noch +50 erreichen wir schließlich den Stuttgarter Hauptbahnhof auf Gleis 15 statt 16 - dort steht nämlich noch der vor 2min abfahren sollende RE5 nach Ulm. Ich gehe daher davon aus, dass wir nun zuerst fahren dürfen (normalerweise fährt der RE knapp 15min vor dem ICE, der den RE dann in Ulm einholt, wo dieser ein paar Minuten Aufenthalt hat, um des ICEs Fahrgäste gen Süden aufzunehmen), doch denkste - mit einem lauten Dröhnen ballert eine 218 mit vier DoStos an uns vorbei. Dabei haben sie die Gesamtstrecke bis Lindau doch gerade erst elektrifiziert? Naja mir solls recht sein, gegen eine gute alte 218 habe ich natürlich nichts. Wohl aber dagegen, dass wir nun hinter dem RE herzuckeln dürfen, um ihn dann in Göppingen endlich zu überholen, inzwischen mit +60. Warum haben sie dann nicht einfach den RE pünktlich abfahren lassen und uns mit von vorneherein +60 dahintergelassen, dann hätte die Überholung wie geplant in Ulm stattfinden können...

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04 Nun geht es die Geislinger Steige hoch,

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05 bevor direkt vor Ulm die NBS dazukommt.

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06 Nebenan steht in Ulm noch ein 612er,

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07 den Gegenzug nach Stuttgart (der allerdings nicht ganz aus Lindau kommt) fährt ein FLIRT.

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08 Mit auch +15, die er größtenteils unseretwegen hat, kommt nun der RE5 eingefahren. Bei einem geplanten Aufenthalt von 15min kann er das immerhin auf +10 reduzieren - aber auch nicht weniger, da der Fahrgastwechsel in den gnadenlos überfüllten Wagen auch wegen eines guten Dutzends Fahrräder ewig dauert. Auch die erste Klasse, die nur aus einem drittel Oberdeck mit 2+1 Bestuhlung besteht, ist irre voll. Ich habe zwar Glück und bekomme einen Sitzplatz, aber immerhin habe ich ja auch ein 1. Klasse-Ticket, was ich bei den meisten anderen nicht vermute. Für den Schaffner ist aber sowieso kein Durchkommen, um das kontrollieren zu können.

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09 Die gesamte nun folgende Strecke (Stuttgart, Ulm und Biberach, Meckenbeuren, Durlesbach) ist ganz schön, aber für alle Eisenbahn-Romantik-Gucker ist das Highlight wohl das Öchsle, das jedes Mal im Vorspann zu sehen ist. In Durlesbach, wo es keinen Bahnhof mehr gibt, steht auch noch ein kleines Denkmal zu Ehren des zitierten Lieds, davon habe ich aber leider kein Foto.

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10 In Friedrichshafen geht es mit +12 endlich aus dem Gewusel raus, sodass ich die Lok aufnehmen kann.

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11 Nebenan steht der IRE nach Basel, heute immerhin mal nicht mit 612, sondern mit einer 245.

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12 Neben der 218 sieht die aber ganz schön langweilig aus.

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13 Aus den 2,5h Puffer sind inzwischen 1,5 geworden, wovon ich eine Stunde gerne noch mit nach Lindau nehmen möchte. Die anderen 30min nutze ich für den kurzen Abstecher zum Hafenbahnhofsteil, zu dem mich ein solcher Mini-Quietschie bringt. Der hing allerdings hinter meinem RE5 fest und ist entsprechend auch mit +10 unterwegs. Für den Rückweg zum Stadtbahnhof bleiben mir zu Fuß so nur noch 8min. Dabei soll die RB93 nach Lindau-Insel auf Gleis 5 fahren, wohingegen der RE5 nach Ulm auf Gleis 3 angekündigt wird. Als ich gerade so rechtzeitig den Bahnhof erreiche, sehe ich von Weitem aber nur auf Gleis 3 einen Zug mit der Aufschrift "IRE3 Lindau-Insel" - hä? Naja, Richtung stimmt, also schnell dorthin, und tatsächlich ist es trotz falscher Aufschrift am Zug und völlig falscher Anzeige am Bahnsteig die RB93, wie deshalb noch mindestens 5x durchgesagt wird - auch bei der letzten Durchsage verlassen noch einige Leute den Zug in Richtung von Gleis 5, wo nun der RE5 halten soll. Der fährt dann aber auf Gleis 2 ein... Mit schon wieder +10 fahren wir endlich ab,

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14 hier vorbei am Abzweig zum Hafen,

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15 und hier auf die Insel.

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16 Dort kann ich nun die letzte Stunde Puffer mit einem Mittagessen verbringen, während auf Gleis 2 schon einer der halbstündlich fahrenden Züge in Richtung meines nächsten Ziels, Bregenz, steht. Sehr schön mit Wiesel-Wagen, die ich die tatsächlich irgendwie noch nie gefahren bin, obwohl ich sie schon hundertfach von außen gesehen habe.

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17 Geschoben werden die von einem Taurus der Reihe 1116, nebenan der RE nach München über Memmingen, der immerhin die neue Elektrifizierung nutzt.

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18 Eine halbe Stunde später fährt dieser Talent nach Bregenz - darauf hätte ich allerdings wenig Lust. Muss ich halt hoffen, dass mein Zug nachher wieder ein Wiesel ist.

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19 Hier die Abfahrt meines Zuges von eben, der im Wagenstandanzeiger mit 2 Fahrradwagen angezeigt wird, ohne 2. und 1. Klasse?!

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20 Tatsächlich ist es ein ganzer Quietschie, der sogar an beiden Enden jeweils eine erste Klasse hat. Ich hatte dabei die hintere für mich alleine, während sich in der vorderen ein paar Maskenverweigerer breit machen konnten. Da ich keine Lust auf Diskussionen hatte, setzte ich mich aber einfach um.

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21 Hier nun auch einer der FLIRTs in der Sonne.

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22 Dieses Schild ist wohl etwas älteren Datums.

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23 Der nächste Bregenzer Zug ist wieder ein Talent, dieses Mal auch ein etwas abgeranzterer als eben.

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24 Drüben fährt dafür noch ein FLIRT nach Lindau-Reutin - die bedienen hier aber auch echt viele Strecken.

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25 Dann kommt mein Zug endlich, zum Glück wieder mit Wieseln

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26 und einer besser geputzten 1116.

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27 Damit geht es nun wieder über den Bodensee nach Bregenz, übrigens in der 2. Klasse, da es hier keine 1. gibt (obwohl der Zug als RE fährt).

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28 Als S-Bahn hingegen ist nun dieser Talent nach St. Margrethen unterwegs, der ebenfalls nur eine 2. Klasse hat.

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29 Damit überqueren wir zunächst die Bregenzer Ach, die aufgrund der anhaltenden Trockenheit erschreckend wenig Wasser führt.

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20 Dann geht es entlang der 750mm-spurigen Dienstbahn der Internationalen Rheinregulierung,

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31 die wir schließlich

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32 kurz vor dem Rhein überqueren, der aufgrund der anhaltenden Trockenheit erschreckend wenig Wasser führt.

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33 In St. Margrethen geht es weiter mit der S4, die doch tatsächlich auch etwa 5min verspätet ist und so aufgrund einer woanders als geplant stattfindenden Zugbegegnung im noch eingleisigen Rheintal noch mehr aufbaut. Den IC ab Sargans hätte ich aber sowieso nicht nehmen können, er fällt nämlich aus - was ist denn da in der Schweiz los?! Offenbar war irgendwas im ZBT dicht, was dann auch den Railjet erklärt, dem wir vor Buchs SG begegnet sind - der fuhr wohl über St. Gallen statt Sargans nach Zürich.

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34 Stattdessen bekomme ich aber die S12, die nun ultra voll ist und nach der nächsten Rheinüberquerung Chur nur 3min nach meiner geplanten Ankunftszeit erreicht - damit hatte ich ja fast nicht mehr gerechnet.

Mit dem bereits vorher online gekauften BüGA, das auf meinen noch vorhandenen SwissPass geladen wurde, mache ich nun auch direkt die erste Fahrt in der S2 (dank des Ticketwechsels wieder in der 2. Klasse) nach Chur West, wo sich mein Hotel befindet, das ich so sogar absolut pünktlich erreiche. Und genau das ist nunmal der Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz - in beiden gibt es unvorhergesehene Störungen und Verspätungen, aber hier wird daraus immer eine den ganzen Tag dauernde Chaoskatastrophe, während dort am Ende fast alle doch noch pünktlich irgendwie an ihr Ziel kommen. Aber dazu mehr im Laufe der Serie, die nun endlich richtig losgehen kann.

Vielen Dank für den Bericht!

JanZ, HB, Montag, 21.11.2022, 11:18 (vor 493 Tagen) @ Math5D

- kein Text -

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Im Volk, da ist sie sehr beliebt, unsere Eisenbahn,
Doch dort, wo's keine Schienen gibt, da hält sie selten an.

(EAV: Es fährt kein Zug)

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