Angebot München-Zürich (Allgemeines Forum)

MartinN, Fricktal, Schweiz, Donnerstag, 16.06.2022, 16:49 (vor 652 Tagen)

Hallo zusammen
Das Positive zuerst, die Strecke Zürich - München ist von den Fahrgastzahlen her ein Erfolg. Die Züge sollen stets gut belegt und an den Wochenenden sehr gut oder gar ausverkauft sein.

Das Negative, die neu gebaute Infrastruktur ist bereits am Anschlag oder sogar unterdimensioniert. Bereits werden stimmen laut die dies beklagen und fordern längere zweispurige Abschnitte, damit sich Verspätungen nicht so sehr auswirken.
Die Bahnsteige an einigen Bahnhöfen sind auch zu knapp bemessen, sodass die von den SBB eingesetzten Astoro(ETR610) nicht in Doppeltraktion geführt werden können.
durch diese Umstände sind die Züge meistens verspätet. Allerdings werden die Verspätungen nicht nur im Deutschen Abschnitt, sondern auch im Schweizer Abschnitt eingefahren.

Um diesen Umstand zu verbessern gibt es von mir aus 2 Szenarien.
1. Man baut die neu elektrifizierte Strecke aus, verlängert die Zweispurabschnitte und verlängert die Bahnsteige dass man in Doppeltraktion fahren kann.
oder
2. Man setzt andere Züge ein

Zu 1.: Persönlich denke ich, dass die DB an dieser Strecke in den nächsten Jahren sicher nichts ausbauen werden. Bis dass der Fall sein würde müssten erst noch viele Strecken vorher elektrifiziert werden.

Zu 2.:Das ist sicher die einfachere Variante. Nur was für Züge wären hier gefordert. Da die Bahnsteiglänge für Doppeltraktion nicht ausreicht, blieben da nur Doppelstockzüge. Leider gibt es aber keine Neigedoppelstockzüge. Das ist ja auch technisch gar nicht möglich.
Aber einen gibt es, den Twindexx der SBB.
Er hat hervorragende Beschleunigungswerte, besitzt die sogenannte Wankkompensation und ein sogenannter Variophanto soll an ihm verbaut werden. Dieser Zug könnte die Fahrzeiten auf der Strecke wohl einhalten und das obwohl man mit der Wankkompensation nicht ganz so schnell durch die Kurven sausen kann wie mit Neigetechnik. Die bessere Beschleunigung und die breiteren Türen sowie die Türhöhe von 55cm würden ein schnelleres Ein- und Aussteigen ermöglichen und somit die Haltezeit verkürzen. bei einer Türhöhe von 55cm müsste zwar in Deutschland immer noch ein guter Tritt nach unten gemacht werden, was aber immer noch besser ist als zwei Tritte nach oben wie beim Astoro. An den schweizer Perrons wären dann die Tritte ebenerdig und man kan stufenlos in den Zug treten, also auch da besser für die Fahrplanstabilität.

Jetzt gibt es aber einige Probleme, weder die Wankkompensation ist für schnelleres Fahren in den Kurven zugelassen noch der Variophanto ist über die Testphase hinausgekommen. Ich bin der Meinung die SBB sollte in diesen zwei Punkten wirklich vorwärts machen und so schnell wie möglich versuchen das schnelleres fahren unter Wankkompensation möglich wird und der Variophanto abgenommen ist. Hat man diese beiden Dinge erreicht sollten sie sich so schnell wie möglich an die Zulassung für Deutschland machen

Angebot München-Zürich

Ambros, Augsburg, Donnerstag, 16.06.2022, 18:37 (vor 652 Tagen) @ MartinN

Das Positive zuerst, die Strecke Zürich - München ist von den Fahrgastzahlen her ein Erfolg. Die Züge sollen stets gut belegt und an den Wochenenden sehr gut oder gar ausverkauft sein.

Mich würde sehr interessieren, ob es dazu belastbare Daten gibt. Man hört nämlich auch häufig das Gegenteil, und der (regelmäßige, aber natürlich nicht aussagekräftige) Augenschein in Buchloe spricht eher für letzteres. Vielleicht bezieht sich die sehr gute Auslastung auf den Schweizer Abschnitt?

Angebot München-Zürich

MartinN, Fricktal, Schweiz, Freitag, 17.06.2022, 11:53 (vor 651 Tagen) @ Ambros

Ich selber habe ihn noch nicht ausprobiert aber laut Informationen aus dem Bahnforum Schweiz ist er stets gut bis sehr gut belegt. Zeitweise ist man sogar ohne Platzreservierung nicht mehr Einstiegsberechtigt. Wobei ich denke, dass der Schweizer Abschnitt hier schon höhere Fahrgastzahlen generiert. Unter anderem wegen den hohen Fahrgstzahlen den relativ schmalen Türen und dem nicht ebenerdigen Einstieg gibt es relativ oft Verspätungen. Das wäre mit anderen Fahrzeugen sicher besser.

Anmerkungen zu München-Zürich

JumpUp, Freitag, 17.06.2022, 12:36 (vor 651 Tagen) @ MartinN

Ich bin in den letzten Wochen und Monaten häufig mit den ECE München - Zürich gefahren und kann folgendes Anmerken, alles natürlich nur Stichpunkthaft:

- Ja, die Strecke ist im deutschen Bereich auf vielen Abschnitten eingleisig. Aber nichtsdestotrotz funktioniert es erstaunlicherweise gut, insgesamt sogar besser als auf den meisten hoch ausgelasteten zweigleisigen Strecken in Deutschland.

- Wenn der ECE pünktlich (bzw. max. +10) aus der Schweiz und Österreich in Lindau ankommt, wird er einigermaßen pünktlich bis München weiterfahren. Zwischen Buchloe und München scheint es erstaunlich viel Puffer zu geben. Die Anschlüsse in Memmingen sind natürlich immer etwas kritisch.

- Derzeit gibt es nähe Bregenz noch eine Baustelle, die immer mal die Pünktlichkeit beeinträchtigt. Wenn dort fertig ausgebaut ist, dürfte der ECE noch zuverlässiger werden.

- Die Auslastung ist grundsätzlich gut, auf dem nationalen Schweizer Abschnitt natürlich höher. Grundsätzlich war bislang keine Verbindung bei mir zu voll, Zugräumungen etc. hat es auch nicht gegeben. Nur wenn man ein Zug ausfällt oder es eine größere Störung gibt, wird es richtig ungemütlich.

- Im Winter und Frühjahr hat es anfangs noch Probleme mit den neuen NV-Fahrzeugen (FLIRT) gegeben, auch musste sich die dynamische Transition in St. Margrethen noch einspielen. Dies läuft jetzt aber recht gut.

- Längere Züge sind m. E. im deutschen Abschnitt derzeit nicht notwendig. Die Taktlücken sollten mal gefüllt werden, sowie zusätzliche Früh- und Spätverbindungen. Aber vom Grundsatz her erscheint mir das Angebot so in Ordnung zu sein!

Angebot München-Zürich

Twindexx, St. Gallen (CH), Sonntag, 19.06.2022, 22:33 (vor 649 Tagen) @ MartinN
bearbeitet von Twindexx, Sonntag, 19.06.2022, 22:34

Hoi,

Das Positive zuerst, die Strecke Zürich - München ist von den Fahrgastzahlen her ein Erfolg. Die Züge sollen stets gut belegt und an den Wochenenden sehr gut oder gar ausverkauft sein.

Das ist so. An den verlängerten Wochenenden kam es in Lindau und München bereits schon zu Polizeiräumungen und Fahrgäste ohne Reservation wurden an die frische Luft gesetzt.

Ich bin im Mai mal an einem Dienstagabend nach München und Samstagabend zurück gefahren. Also eher nicht die Tage mit der höchsten Nachfrage. Trotzdem waren die EC-Züge in der ersten Klasse auch im deutschen Abschnitt zu 90 bis 95% ausreserviert und entsprechend belegt. Allerdings wird im deutschen Binnenverkehr kaum Nachfrage gewonnen, das waren fast alles grenzüberschreitende Fahrgäste.

Das Negative, die neu gebaute Infrastruktur ist bereits am Anschlag oder sogar unterdimensioniert. Bereits werden stimmen laut die dies beklagen und fordern längere zweispurige Abschnitte, damit sich Verspätungen nicht so sehr auswirken.

Das ist zuerst mal die Politik in der Schweiz, welche nun mit Deutschland ins Gespräch über die Finanzierung der nötigen Ausbauten für eine stündliche statt zweistündliche Führung der EC-Züge kommen will. Aber auch die SBB bestätigen mittlerweile eine hohe Nachfrage nach München. Es gibt Tage, an denen es unmöglich ist, die vorhandene Nachfrage mit ausreichend Angebot zu bedienen, weil die nötigen Kapazitäten wegen der begrenzten Infrastruktur im Allgäu nicht bereitgestellt werden können.

Allerdings werden die Verspätungen nicht nur im Deutschen Abschnitt, sondern auch im Schweizer Abschnitt eingefahren.

Nein, im Schweizer Abschnitt stimmt die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit.

Von Zürich nach St. Margrethen ist die Performance der EC-Verbindungen auf Niveau der nationalen IC 5, welche Zürich-St. Gallen(-Rorschach) ebenfalls den schnellen Sprintertakt bedienen. Das sind gute Werte, die Probleme beginnen erst hinter der Schweizer Grenze.

In Gegenrichtung sind es entsprechend die eingeschleppten Verspätungen, wegen denen nicht der ganze Bahnverkehr von St. Margrethen bis Aarau zur Seite genommen werden kann. Die vorgesehene Fahrplantrasse im Schweizer Abschnitt ist zuverlässig und pünktlich produzierbar. Aber wenn der EC ständig mit mehr als sechs Minuten Verspätung in St. Margrethen eintrifft, dann liegt das Problem nicht zwischen St. Margrethen und Zürich, sondern eindeutig zwischen München und St. Margrethen.

Für den EC 290 fuhr von April bis Juni für drei Monate der IC 10290 von St. Gallen nach Zürich ebenfalls in 58 Minuten Fahrzeit, zum Einsatz kam jedoch ein FV-Dosto mit Zug- und Bremsreihe R135 statt N150. Der EC-Fahrplan von St. Gallen nach Zürich kann also mit spurtstarkem Rollmaterial sogar ohne Neigetechnik pünktlich gefahren werden.

Zu 2.:Das ist sicher die einfachere Variante. Nur was für Züge wären hier gefordert. Da die Bahnsteiglänge für Doppeltraktion nicht ausreicht, blieben da nur Doppelstockzüge. Leider gibt es aber keine Neigedoppelstockzüge. Das ist ja auch technisch gar nicht möglich.
Aber einen gibt es, den Twindexx der SBB.

Wofür die 62 Züge dann aber nicht ausreichend würden, da vor allem die 23 Exemplare der mit Speisewagen ausgerüsteten Version IC200 für die halbstündliche IC-Verbindung mit Reihe W Bern-Lausanne ab 2028/29 schon gebraucht werden. Nachdem die SBB nun wegen dem Zug jahrelang auf den Deckel bekommen haben, ist der aktuelle Stand, dass keine weiteren Züge nachbestellt werden sollen, obwohl die Zuverlässigkeit mittlerweile deutlich über dem SBB Schnitt liegt (Giruno und Twindexx sind etwa gleich zuverlässig). Damit würden aber schon mal grundsätzlich die nötigen Züge für nach München fehlen.

Er hat hervorragende Beschleunigungswerte, besitzt die sogenannte Wankkompensation und ein sogenannter Variophanto soll an ihm verbaut werden. Dieser Zug könnte die Fahrzeiten auf der Strecke wohl einhalten und das obwohl man mit der Wankkompensation nicht ganz so schnell durch die Kurven sausen kann wie mit Neigetechnik. Die bessere Beschleunigung und die breiteren Türen sowie die Türhöhe von 55cm würden ein schnelleres Ein- und Aussteigen ermöglichen und somit die Haltezeit verkürzen. bei einer Türhöhe von 55cm müsste zwar in Deutschland immer noch ein guter Tritt nach unten gemacht werden, was aber immer noch besser ist als zwei Tritte nach oben wie beim Astoro. An den schweizer Perrons wären dann die Tritte ebenerdig und man kan stufenlos in den Zug treten, also auch da besser für die Fahrplanstabilität.

In Lindau-Reutin hat man sogar 55 cm hohe Bahnsteige gebaut, sodass dort die Ebenerdigkeit auch gegeben wäre.

Jetzt gibt es aber einige Probleme, weder die Wankkompensation ist für schnelleres Fahren in den Kurven zugelassen noch der Variophanto ist über die Testphase hinausgekommen. Ich bin der Meinung die SBB sollte in diesen zwei Punkten wirklich vorwärts machen und so schnell wie möglich versuchen das schnelleres fahren unter Wankkompensation möglich wird und der Variophanto abgenommen ist. Hat man diese beiden Dinge erreicht sollten sie sich so schnell wie möglich an die Zulassung für Deutschland machen

Die SBB können da gar nicht vorwärts machen, da das nicht in ihrem direkten Einflussbereich liegt. Zur Einführung der Zug- und Bremsreihe W180 gibt es Pendenzen an der Infrastruktur und am Fahrzeug.

Infrastruktur:
Nötig ist der schwere Oberbau. Dies geschieht über die Zeit bei planmässigen Fahrbahnerneuerungen. Eine Forcierung des Umbaus würde zu grösseren Einschränkungen im Bahnverkehr führen und auch höhere Kosten verursachen, die vom Bund als Geldgeber bewilligt werden müssten. Allerdings hat der Bund nun schon genug damit zu tun, die Covid-Finanzlöcher der SBB zu stopfen und die AS2035-Grossprojekte zeitlich nicht zu verzögern (z.B. ist im Gespräch den Brüttenertunnel erst 2037 fertigzustellen statt 2035 zwecks Kostenreduktion), sodass man hier sicher keine Zusatzkosten im Bahninfrastrukturfonds des Bundes generieren möchte, wo dies nicht zwingend nötig ist. Die planmässige Fertigstellung im normalen Unterhaltszyklus ist etwa im Zeitraum 2030/35 möglich und damit bis zur bisher angedachten Eröffnung des Brüttenertunnels.

Fahrzeug:

- Die erste Version des Variopanto war zu schwer für vmax 200 km/h. Derzeit wird ein gänzlich neu konzipierter Variopanto konstruiert und später dann validiert und dann hoffentlich irgendwann zugelassen. Das wird noch etwas dauern. Da muss Alstom liefern.

- Für die Zug- und Bremsreihe W180 müssen die Bremsen neu validiert werden. Derzeit fahren die Züge mit Reihe R135, also mit 135 Bremsprozenten, für W180 bräuchten sie mindestens 180 Bremsprozente. Zwar errechnet sich das Fahrzeug immer 200 Bremsprozente, dabei wird jedoch die Magnetschienenbremse mitberechnet. In der Schweiz werden Magnetschienenbremsen jedoch im Grundsatz nicht in der Bremsrechnung angerechnet. Es können also bei einem normalen Zug auch alle Magnetschienenbremsen an einem Zug defekt sein und der Zug hätte keine Einschränkungen (vereinzelte fahrzeugspezifische Besonderheiten mal ausgeblendet).
Die Bremskraft der pneumatischen Bremse ist jedoch grundsätzlich dafür ausgelegt, zusammen mit der elektrischen Bremse über 180 Bremsprozente zu erreichen. Um das auch zu validieren für eine Zulassung sind derzeit zwei Triebzüge in Velim. Bis nächstes Jahr sollte das abgeschlossen sein. Das liegt in der Verantwortung von Alstom.

- Als letztes steht noch die Frage im Raum, wie die Reihe W in Sachen Zugsicherung umgesetzt werden soll. Eigentlich sollte das nicht mehr auf Basis der Altsysteme geschehen, also ZUB. Daher rückt ETCS L1 LS in den Fokus, was auf den FV-Dosto aber erstmal noch kein Thema ist. Es gibt den Plan, dies in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts umzusetzen, zusammen mit FRMCS. FRMCS ist der Nachfolger von GSM-R und nutzt 5G-Mobilfunktechnologie. Da wohl infrastrukturseitig die Reihe W sowieso nicht vor 2028 fahrplanmässig eingesetzt werden könnte, gibt es hier auch keinen Zeitdruck, die Züge zugsicherungstechnisch vor 2028 für Reihe W tauglich herzurichten.


Grüsse aus der Ostschweiz.

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Aktuell im Einsatz auf den Linien IC 1, IC 2, IC 3, IC 21, IR 13, IR 15, IR 27 und IR 70:
Der SBB FV-Dosto.

Angebot München-Zürich

MartinN, Fricktal, Schweiz, Montag, 20.06.2022, 14:25 (vor 648 Tagen) @ Twindexx

Danke für die ausführliche Erklärung

Mit anderen Worten heisst dies nun allerdings, dass auf der Strecke Zürich - München niemals ein Twindexx zum Einsatz kommen wird. Aus dem einfachen Grund weil keine mehr von der SBB bestellt werden. Das heisst also, dass die Astoro trotz ihrer geringerer Kapazität gegenüber einem Twindexx bleiben werden und da die Bahnsteige frisch erbaut sind wird auch nichts aus Doppeltraktion.
Schade eigentlich, dass Dinge wie der Variophanto nun so quasi wie umsonst konstruiert wurden.

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