Vom Monte Generoso ins Ilztal – 1/5 | 53 Bilder (Reiseberichte)

TD, Samstag, 28.05.2022, 18:20 (vor 671 Tagen)

Hallo zusammen,

nachdem ich Euch zuletzt auf drei Touren zur Rhätischen Bahn mitgenommen hatte, möchte ich Euch jetzt wieder zu einer Bahnreise einladen, dies ist die letzte Reise aus meinem Arbeitsvorrat von 2019 und aus Vor-Corona-Zeit.

Ziele sollten das Schweinbarther Kreuz und die Aschacher Bahn in Österreich sein, die im Dezember 2019 den Personenverkehr verlieren würden.
Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, mal wieder mit einem Nachtzug fahren zu wollen, allerdings waren die Schlafwagen aus Bregenz und Zürich nach Wien am Wunschtermin längst ausgebucht. Die Lösung für dieses Problem war dann eigentlich recht einfach, man muss hierzu nur etwas den Blick weiten: ab Venedig gab es noch ein freies Abteil im Schlafwagen nach Wien.

Eine gute Gelegenheit übrigens, um auch die Sache mit diesem Kuchen anzugehen:

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Der Generoso-Kuchen wird in den Geschäften des Handelsunternehmens Migros in der Schweiz angeboten. Nachdem ich den Kuchen schon kannte, war das darauf abgebildete Motiv in meinen Fokus geraten.

Damit war der Grundstein für eine viertägige Tour gelegt: wir besuchen die Monte-Generoso-Bahn, fahren mit dem Nachtzug von Venedig nach Wien, erkunden Strecken in und um Wien, widmen uns der Aschacher Bahn und planen zum Abschluss die Ilztalbahn ein.

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Am ersten Reisetag fahren wir von Konstanz in den Süden der Schweiz zur Monte-Generoso-Bahn und anschließend über Mailand nach Venedig, wo wir am Abend den Nachtzug nach Wien besteigen. Den zweiten Reisetag nutzen wir zur Befahrung des Schweinbarther Kreuzes, der Badner Bahn und des CAT. Am dritten Reisetag steht die Fahrt von Wien über Wels zur Aschacher Bahn und weiter nach Passau auf dem Reiseplan. Den Abschluss am vierten Tag bildet die Fahrt mit der Ilztalbahn von Passau nach Freyung, dann weiter mit Bus und Waldbahn über Zwiesel nach Plattling und via München zurück an den Bodensee.
Die Tour fand Ende September/Anfang Oktober 2019 statt.


Tag 1: Konstanz – Zürich – Lugano - Capolago-Riva San Vitale - Generoso Vetta - Capolago-Riva San Vitale – Mendrisio – Como – Milano – Venezia – Nachtzug nach Wien

Nördlich der Alpen herrscht ein grauer und regnerischer Tag. Von der ersten Etappe der Tour von Konstanz nach Zürich habe ich daher diesmal keine Bilder, diese Strecke habe ich schon in vielen meiner Reiseberichte beschrieben.

In Zürich besteigen wir einen ICN zur Fahrt nach Lugano. Auch von dieser Fahrt nördlich des Gotthard-Basistunnels habe ich nur ein Alibi-Bild, es zeigt die Fahrt am Vierwaldstättersee mit vielen Regentropfen auf dem Zugfenster.

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So muss das sein! Auf der Alpensüdseite herrscht schönes Wetter. Hier blicken wir aus dem Zugfenster auf die Magadinoebene, wir sind nun im Tessin unterwegs.
Nach der Ankunft in Lugano wechseln wir auf die S 10 und setzen die Fahrt mit einem Flirt-Triebzug von TILO fort.

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Wir fahren auf der Gotthardbahn weiter nach Süden, die Strecke führt entlang des Luganersees, erst an dessen Westufer, dann über den Seedamm von Melide und weiter am östlichen Ufer. Am gegenüberliegenden Ufer sehen wir den Ort Riva San Vitale am Osthang des Monte San Giorio. Kurz darauf erreichen wir den Bahnhof Capolago-Riva San Vitale.

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Hier steigen wir um auf die Ferrovia Monte Generoso (MG). Die Monte-Generoso-Bahn ist die einzige schweizerische Schmalspur-Zahnradbahn südlich der Alpen, sie führt von Capolago hinauf auf den Monte Generoso.

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Südlich des Bahnhofs von Capolago-Riva San Vitale überquert die Zahnradbahn die Gotthardbahn, hier blicken wir zurück zum Bahnhof. Anschließend führt die Strecke steil den Hang hinauf. Zunächst verläuft die Strecke südwärts, dann folgt ein Kehrtunnel.

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Hier sind wir an der Station Bellavista angekommen. Von 1891 bis 1938 gab es hier eine Pferdebahn, die Tramway Bellavista führte zu einem 600 Meter entfernten Hotel. Bellavista ist eine Kreuzungsstation, auf der Strecke werden Zahnrad-Doppeltriebwagen eingesetzt. Die MG verfügt über vier Fahrzeuge dieses Typs, sie wurden 1982 gebaut.

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Der Großteil der Strecke verläuft auf der dem Luganersee abgewandten Seite des Hauptkamms, anfangs am bewaldeten Hang, weiter oben durch offene Landschaft. Die eingleisige Strecke ist knapp neun Kilometer lang, hat eine Spurweite von 800 Millimeter und ist mit Zahnstange nach System Abt ausgestattet. Wenn man aufpasst…

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…kann man bei der Bergfahrt links einen kurzen Blick auf den Luganersee erhaschen. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 22 km/h bergauf reicht die Zeit für ein Foto.

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Wir erreichen nun bald die Bergstation. Unterwegs gibt es einige kurze Tunnel, oben am Hang führt die Strecke teilweise über einen gemauerten Bahndamm. Die Strecke überwindet eine Höhendifferenz von 1.328 Metern, die maximale Neigung liegt bei 22 Prozent.

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Schließlich erreichen wir die Endstation Generoso Vetta auf 1.601 Meter über dem Meer. Im Jahr 2017 wurde hier das „Fiore di pietra“ (Steinblume) eröffnet, der Bau ersetzte ein baufälliges Gipfelrestaurant.

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Der Monte Generoso oder Calvagione ist 1.701 Meter hoch, er ist ein beliebter Aussichtsberg in den Südalpen zwischen Luganersee und Comersee. Heute herrscht hier oben eine sonderbare Wetterstimmung, im Westen Sonne und blauer Himmel, im Osten dicke Nebelwolken.

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Der Monte Generoso ist ein schweizerisch-italienischer Grenzberg, Süd- und Westflanke gehören zur Schweiz, die Nordostseite zu Italien. Die Bergstation liegt nur wenige Meter von der Grenze entfernt, beim Fußweg zum Gipfel ist man mit einem Schritt in Italien.
Beim nächsten Bild blicken wir Richtung Luganersee, rechts der Bildmitte der Seedamm von Melide.

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Die Ferrovia Monte Generoso verkehrt nur in der Sommersaison von April bis November. Die touristische Erschließung des Monte Generoso geht auf den umtriebigen Hotelier des Hotels Bellavista zurück, die von ihm gegründete Bahngesellschaft eröffnete 1890 die Bahnstrecke auf den Berg, damals mit Zahnrad-Dampflokomotiven, das Wasser für den Dampfbetrieb kam aus dem Luganersee.
Auf der Nebelseite des Hauptkamms fahren wir wieder hinab.

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Der große touristische Erfolg blieb leider aus, niedrige Fahrgastzahlen führten zur Liquidation der Bahngesellschaft des Hoteliers. Auch ein Nachfolgeunternehmen scheiterte und 1939 wurde der Bahnbetrieb eingestellt. In den Kriegsjahren sollte die Bahnstrecke abgebaut werden, da Eisen seinerzeit ein begehrter Rohstoff war.

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Und nun kommt die Sache mit dem Kuchen ins Spiel. Gottlieb Duttweiler, der Gründer von Migros, wollte den Abbruch verhindern und entschloss sich spontan, die Bahn zu kaufen. Hierzu gründete er eine Genossenschaft, die die Anlagen instand setzte und den Betrieb wieder aufnahm. Durch die Senkung des Fahrpreises um fast zwei Drittel stiegen die Fahrgastzahlen bereits im erste Jahr um das Neunfache. Dieseltriebwagen ermöglichten einen wirtschaftlicheren Betrieb, 1979 wurde mit einer umfangreichen Sanierung und der Elektrifizierung der Strecke begonnen. Noch heute gehört die Bahngesellschaft dem Migros-Genossenschafts-Bund.

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Am Bahnhof Capolago-Riva San Vitale endet unser Besuch bei der Monte-Generoso-Bahn. Die Strecke führt von hier noch knapp 300 Meter weiter bis zu einem Haltepunkt an der Anlagestelle der Kursschiffe auf dem Luganersee, dieser Abschnitt wird jedoch nur von einem Zugpaar täglich befahren.

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Capolago ist ein kleiner Ort am Südende eines Arms des Luganersees. Nach einem kleinen Abstecher ans Seeufer setzen wir die Fahrt in den Süden fort.
Mit der S 10 fahren wir nach Mendrisio, dort wechseln wir auf die S 40 nach Como. Die kurze Fahrt führt uns bei Chiasso über die schweizerisch-italienische Grenze.

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Ob die Übergangszeit von 33 Minuten in Como für den Fußweg hinab zum Hafen reicht? Die Antwort seht Ihr hier. Como liegt am Südende des Comersees, auf dem nächsten Bild blicken wir Richtung Altstadt mit der Kuppel des Doms.
Ich hätte die Tour gerne am kleineren der beiden Bahnhöfe von Como fortgesetzt, nämlich am Bahnhof Como Lago, da ich diese Strecke noch nicht kenne. Allerdings habe ich für den Reisetag keine Verbindung gefunden, vielleicht waren Bauarbeiten.

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Und so setzen wir die Fahrt wieder am Bahnhof Como San Giovanni fort, der an der Hauptstrecke Chiasso-Mailand liegt. Die Fahrzeugvielfalt ist recht bescheiden, zur Fahrt nach Mailand rollt der nächste Tilo-Flirt ein. Knapp 40 Minuten dauert die Fahrt durch die Lombardei.

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Nun gibt es ein Kontrastprogramm zu Zahnrad- und S-Bahnen: jetzt machen wir Kilometer und fahren mit dem Frecciarossa von Mailand nach Venedig. Auf uns warten Plätze in der Business-Klasse – wenn ich allerdings gewusst hätte, dass in der „Area Silenzio“ die Fenster teilweise zugeklebt sind, hätte ich mir andere Plätze gesucht. Wahrscheinlich habe ich halt eine falsche Vorstellung von „Massimo relax“.

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Gut zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt durch den Norden Italiens, hier blicken wir über die Dächer von Desenzano del Garda zum Gardasee.

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Bei Verona queren wir die Etsch / Adige, in der Ferne ist der Alpenrand zu sehen. Recht ereignislos verläuft die weitere Strecke teilweise schnurgerade durch die norditalienische Tiefebene über Padua nach Venedig.

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Ich muss sagen, via Venedig nach Wien zu fahren, das hat schon was. Wann kommt man sonst schon fast nebenbei mal zum Abendbummel nach Venedig? Schon wenige Schritte vom Bahnhof Venezia Santa Lucia entfernt stehen wir auf der Ponte degli Scalzi am Canal Grande.

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Von der Rialtobrücke…

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…laufen wir zurück vom Bahnhof Venezia Santa Lucia. Dort wartet ein Schlafwagenabteil im Nightjet mit Dusche und WC auf uns.

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Bestens ausgerüstet kann nun die Fahrt durch die Nacht starten. Der Nachtzug fährt über Tarvisio und die Pontebbana nach Villach und weiter über Salzburg nach Wien.

Am nächsten Reisetag widmen wir uns dem Schweinbarther Kreuz, aber dazu mehr in den nächsten Tagen im zweiten Teil.


Viele Grüße und einen schönen Sonntag


Tobias

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[image] "Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/

Vom Monte Generoso ins Ilztal – 1/5

Twindexx, St. Gallen (CH), Samstag, 28.05.2022, 20:04 (vor 671 Tagen) @ TD

Hoi Tobias,

Und nun kommt die Sache mit dem Kuchen ins Spiel. Gottlieb Duttweiler, der Gründer von Migros, wollte den Abbruch verhindern und entschloss sich spontan, die Bahn zu kaufen. Hierzu gründete er eine Genossenschaft, die die Anlagen instand setzte und den Betrieb wieder aufnahm. Durch die Senkung des Fahrpreises um fast zwei Drittel stiegen die Fahrgastzahlen bereits im erste Jahr um das Neunfache. Dieseltriebwagen ermöglichten einen wirtschaftlicheren Betrieb, 1979 wurde mit einer umfangreichen Sanierung und der Elektrifizierung der Strecke begonnen. Noch heute gehört die Bahngesellschaft dem Migros-Genossenschafts-Bund.

Das wissen tatsächlich nur die wenigsten, was sich hinter dem Kuchen verbirgt. Eigentlich eine sehr kreative Werbung. Die Information, dass die Bahn aber der Migros gehört, ist etwas versteckt. Auf der Webseite der Bahn ganz unten: https://www.montegeneroso.ch/de
Und hinter dem dritten Untermenü kommt man schliesslich dorthin: https://www.migros-engagement.ch/de/news-projekte/zusammenleben/monte-generoso

Auf jeden Fall kennt jeder in der Schweiz den Generoso-Kuchen, seit 65 Jahren im Sortiment der Migros: https://www.jowa.ch/hausgemacht/unsere-klassiker/
Die Jowa wurde ebenfalls von Gottlieb Duttweiler gegründet und ist noch immer die Hausbäckerei der Migros.

jetzt machen wir Kilometer und fahren mit dem Frecciarossa von Mailand nach Venedig. Auf uns warten Plätze in der Business-Klasse – wenn ich allerdings gewusst hätte, dass in der „Area Silenzio“ die Fenster teilweise zugeklebt sind, hätte ich mir andere Plätze gesucht.

Danke für den Hinweis. Ich hab da bisher immer die normale Business gebucht und von den Klebern gar nichts gewusst. Die gehen natürlich gar nicht.


Grüsse aus der Ostschweiz.

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Aktuell im Einsatz auf den Linien IC 1, IC 2, IC 3, IC 21, IR 13, IR 15, IR 27 und IR 70:
Der SBB FV-Dosto.

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