[CZ] Machbarkeitsstudien zu VRTs online - mit Betrachtung (Allgemeines Forum)

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Freitag, 28.01.2022, 00:07 (vor 812 Tagen)

Vorwort und Einordnung

Link (Tschechisch) Der Infrastrukturbetreiber Správa železnic hat die Machbarkeitsstudien zu den geplanten VRTs (VRT = VysokoRychlostní Trať - Hochgeschwindigkeitsstrecke) veröffentlicht. Hier wird so ziemlich alles einsehbar gemacht, was einsehbar gemacht werden kann. Für die einzelnen Abschnitte kann man ganz detailliert sehen, wo was hinkommt. Mit ein wenig Google Translate sollte man durchkommen können.

Ich möchte vorab sagen, dass die Art der Informationsweitergabe wirklich vorbildlich ist. Man wird wirklich sehr detailliert über die genauen Pläne informiert und kriegt damit die Mittel in die Hand gedrückt, um sich eine fundierte Meinung zu bilden.

Der Hochgeschwindigkeitsverkehr in Tschechien kommt also nun ein Stück näher, wird immer konkreter.

Zur Erinnerung, es geht um nichts geringeres als eine mittlere Revolution im mitteleuropäischen Bahnverkehr. So wird die Strecke Praha - Brno als Neubaustrecke mit einer Fahrzeit von 1 Stunde (derzeit über Pardubice 2,5 Stunden) geplant, den meisten ohnehin bekannt die Neubaustrecke zwischen Prag und Dresden mit dem Basistunnel durch's Erzgebirge, hier wird die Fahrzeit von 2:25h auf 50 Minuten reduziert. So zumindest die Pläne.

Zusammen mit dem Ausbau zwischen Brno, Breclav und Wien und den Verbesserungen zwischen Berlin und Dresden wird, wie ja bereits früher schon angesprochen, eine Fahrzeit von knapp über 4 Stunden zwischen Wien und Berlin ermöglicht. Auchz ist die Ausbaustrecke von Brno nach Ostrava enthalten. Mithilfe dieser wird es möglich sein, den Verkehr zwischen Prag und Ostrava über Brünn zu führen, wodurch maximale Synergien ermöglicht werden. Selbstverständlich werden bestehende Strecken weiterhin Fernverkehr haben, also eben so InterRegio-Mäßig.

Tschechien hat sich dazu Hilfe aus Frankreich geholt, man orientiert sich also entsprechend an den LGV's.

Nun ist das ganze eine gaaanze Menge Material, ich möchte einfach nur einen Bruchteil des ganzen aufzeigen. Ich nehme mir hierfür 2 Dinge vor: das, was in Brno geplant ist und das mögliche Netz bis 2050. Zur Orientierung werde ich Links zu den Ordnern einfügen, leider ist es nicht möglich, direkt zu den Dokumenten zu verlinken...
Ein Blick in die Pläne
Starten wir einfach mal in Brno und zwar an der Vídeňská (Wiener Straße), wo ein Bahnhof mit 7 Gleisen entstehen soll

Brno Vídeňská
Planzeichnung(C2.3)

Neben entsprechenden Parkplätzen wird hier eine Wendeschleife für Straßenbahnen sowie eine Verknüpfung mit dem Bus entstehen. Nach bisherigen Plänen wird nicht jeder Zug hier halten, der Bahnhof stiftet vor allem für Sprinter einen Nutzen, die sich das Kopfmachen am Hauptbahnhof ersparen. Die Gleise weiter nach Prerov werden entsprechend auch mit bis zu 200 km/h befahrbar sein, damit hier möglicht schnell und effizient vorgegangen werden kann.

Brno hl.n.
Planzeichnung (C2.4)
Brno hat eine Vielzahl an Zuläufen. Der derzeitige Hauptbahnhof kommt insbesondere aufgrund seiner kurvigen Lage an die Grenze seiner Belastbarkeit. Meine Position ist dazu bekannt, ich werde jedoch einfach mal ein Stück weit mitgehen und sagen, dass hier durchaus einiges an Verbesserung ermöglicht wird.

Entstehen wird ein moderner Hauptbahnhof, der mit 80 km/h befahrbar ist und über 12 durchgehende Bahnsteigsgleise sowie im späteren Verlauf sichtbare 2 Gleise verfügt, die, ähnlich wie am Bahnhof Mikulov, in andere Bahnsteige als Einbuchtung hineinragen, was letztlich einen bahnsteiggleichen Übergang über 3 separate Gleise ermöglicht. Dazu später mehr.


Östlich dessen entsteht ein Güterterminal. Tatsache ist, dass der Hauptbahnhof am "unteren Bahnhof" entstehen wird, der bislang als Ersatz für den derzeitigen Bahnhof während der Bauarbeiten fungierte und normalerweise ausschließlich dem Güterverkehr vorbehalten ist. Da gibt es entsprechend durchaus Kritik, da ja damit letztlich ein Mischverkehr forciert wird, der Kapazitäten im Güterverkehr schwächt.

Um zu zeigen, was ich damit meine, zoomen wir erstmal aus und schauen uns die schematische Darstellung des gesamten Bahnknotens Brno im Diagrammm an...
Bahnknoten Brno
Planzeichnung (C3.1)
Was sieht man? Richtig: eine dedizierte Umgehungsstrecke für die VRT nach Ostrava und einen Mischverkehr mit einem gemeinsamen Schienenstrang für Personen und Güter durch den Hauptbahnhof Brünns.

Ich werde zu den anderen Punkten noch was sagen, aber ich möchte verdeutlichen, wo ich hier die Probleme sehe: Es ist allgemein so, dass man dem Güterverkehr eher eigene Kapazitäten geben will bei solchen Schienenverkehrsknoten. So kommen sich Personen- und Güterzüge nicht so in die Quere, die Kapazitäten können für beide Verkehrsarten bestmöglich genutzt werden. Nicht zuletzt verursachen Güterzüge eben doch Verkehr und Lärm, das möchte man normalerweise eher in die Peripherie auslagern.

Vielleicht liege ich jedoch auch falsch. Zuvor konnte man ja auch Durchgangsgleise, die offensichtlich für Güterzüge bestimmt sind (ähnlich wie in Wien Hbf, wobei Wien eben eine ausgeprägte Infrastruktur hat, mit der Güterzüge den Hauptbahnhof weitgehend meiden können), ausfindig machen, die natürlich auch in der schematischen Darstellung vorhanden sind. Daran wurde also sehr wohl gedacht. Allerdings werden sich potenziell eben doch Güter- und Personenzüge in die Quere kommen, die Gleisanlagen sind eben nicht getrennt und ich sehe an den vorherigen Plänen durchaus Kreuzungspunkte. Allerdings ist die Situation im Osten wiederum besser, dort spielt ohnehin im Wesentlichen die Musik. Vermutlich wird wie im Personenverkehr auch beim Güterverkehr vermehrt Kopf gemacht.

Aber nun zu einer interessanteren Sache: man sieht beim Bahnhof selbst ein ziemlich spannendes Konzept, das ich ehrlich gesagt mir öfters wünschen würde: man hat 12 durchgehende Bahnsteigsgleise und dann 2 weitere Gleise, die in bestehende Gleise eingebuchtet sind, allerdings nicht als Stumpfgleise, wie man es meistens kennt, sondern als Durchgangsgleise.

Damit wird eine hohe Flexibilität in der Betriebsführung gewährleistet. Vor allem jedoch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Personenverkehr in Brno nicht besonder lange Züge beinhaltet. Au contraire, man redet über lokbespannte Züge mit 2-3 Wagen. Mit dem geplanten Einsatz von Regiopantern (was definitiv wichtig im Sinne der Effizienz und Barrierefreiheit ist) werden die Zuglängen noch geringer. Gleichzeitig hat man eine Menge Zulaufverkehre, diese wurden ja vor paar Jahren mit der Reaktivierung und Elektrifizierung der Stichstrecke nach Židlochovice sowie der Elektrifizierung nach Hustopeče erweitert.

Um dem ganzen einen Kontext zu geben, hier ein Ausschnitt von Openrailwaymap
[image]

Dieses Konzept ermöglicht es nun, diese ganzen Verkehre einerseits aufzunehmen, anderseits nun an 2 Bahnsteigen bahnsteiggleiche Übergänge von ganzen 3 Gleisen gleichzeitig aus zu ermöglichen. Man könnte es mit Bahnsteigaufteilungen auf die Spitze treiben, wenn man wollte. Nicht vergessen, Fernzüge sollen ja hier oft Kopf machen. Hier kann also durchaus einiges an Performance aufgebracht werden.

Und nun....
der Bahnknoten im größeren Bild
...zum epischen Teil. Man hat nicht umsonst einen ganzen Ordner für die Lösung in Brno gewidmet.
Link (C1.2)
Das verlinkte Dokument beschreibt detailliert, was man sich in dieser Großstadt vorstellt und wie das ganze im Konzept der VRT eingebunden wird. Auch Alternativen zum eingeschlagenen Weg werden diskutiert, wer sich damit genauer beschäftigen will, kann ja mit Google Translate sich die entsprechenden Teile anschauen.

Es sind Zeit-Weg-Diagramme vorhanden und sogar geplante Höchstgeschwindigkeiten.

Die machen hier auch keine halben Sachen, da ist die Rede von 350 km/h schnellen Zügen, die die Route der Ex3 (das wäre relevant für Wien - Berlin) und andere hochrangige Fernverkehrszüge bedienen. Der R13 Brno - Breclav - Olomouc soll wieder lokbespannt verkehren. Mit 230 km/h schnellen Zügen. Also im Prinzip ein Railjet für eine Linie, die derzeit mit InterPanter bedient wird.

Die Zuglänge für so Linien wie die Ex3 oder die Sprinter wären dann satte 400 Meter. Das wäre ein Zug aus 14 Wagen. Klingt nach viel aber noch einmal. 4 Stunden Berlin - Prag - Wien mit Zuläufen. Es dürfte bekannt sein, wie es mit der VDE8 eskaliert ist. Und jetzt verbindet man gleich 3 Metropolen bequem miteinander auf einer Linie und nimmt zum Dessert noch 2 weitere Großstädte mit. Wenn das keine potente Strecke wird, dann weiß ich auch nicht.

Nachdem wir ohnehin schon so weit in die VRT sind, schlage ich der Klarheit halber ein neues Kapitel auf

Was uns bis 2035 und 2050 so erwartet

Grafikteil der Planungen (A2.1)

Auf 69 Grafiken kann man ein Gespür dafür entwickeln, was da alles möglich wird und worauf man sich gefasst machen kann. Und man darf ja auch etwas träumen.

So generell will man bei den Varianten SK250-320 und PK250-320 schonmal einen stündlichen Sprinter Wien - Berlin, einen Zweistundentakt aus Wien und Bratislava mit mehr Halten, der ab Breclav bis Berlin zum Stundentakt fährt, einen Stundentakt ab Polen, der dann alle 2 Stunden über Otrokovice bzw. über Brno nach Wien und Bratislava fährt. Das wäre die Variante bis 2050. Wobei man dann auf den Plänen für Praha - Dresden etwas konservativer fährt mit einem Sprinter alle 2 Stunden bis 2046
Link (A_00, Seite 13)

An sich sprechen die Grafiken für sich.

Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Überblick geben... wenn ich alles abdecken wollte, würde ich einen kompletten Tag dafür brauchen.

--
Reisehäppchen für zwischendurch gefällig?
[image]
(Bildquelle: ČD)

[CZ] Planungsansatz & Transparenz Vorbild für Deutschland

sb, Freitag, 28.01.2022, 17:02 (vor 811 Tagen) @ J-C
bearbeitet von sb, Freitag, 28.01.2022, 17:02

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