? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland (Fahrkarten und Angebote)

VT642, Montag, 23.08.2021, 09:35 (vor 949 Tagen)

Guten Morgen,

folgende Verbindung wurde zum Super Sparpreis Europa gebucht:

Wroclaw Glowny 04.09. ab 13:07
Berlin Gesundbrunnen 04.09. an 17:17
EC 56

Berlin Gesundbrunnen 04.09. ab 17:44 7
Berlin Hbf (tief) 04.09. an 17:48 5
FEX18952

Berlin Hbf 04.09. ab 18:30 13
Hanau Hbf 04.09. an 22:25 6
ICE 877

Hanau Hbf 04.09. ab 22:38 104
Aschaffenburg Hbf 04.09. an 22:51 6
ICE 1021

Aschaffenburg Hbf 04.09. ab 23:02 4
Miltenberg 04.09. an 23:46 2
RB 23333

Nun habe ich eine Benachrichtigung erhalten, dass es zu ICE 1021 eine Fahrplanänderung gibt, wodurch der Anschluss in Aschaffenburg Hbf nicht mehr erreichbar ist.

Der nächste Zug von Aschaffenburg Hbf nach Miltenberg kommt dort erst um 00.42 Uhr an, was mir zu spät ist.

Daher meine Frage: Welche Alternativen habe ich? Da die gebuchte Verbindung nicht mehr existiert, ist die Zugbindung logischerweise aufgehoben. Persönlich würde ich ja am liebsten statt über Frankfurt(Oder) über Görlitz fahren, allerdings habe ich die Befürchtung, dass meine Fahrkarte im Zug der KD von Wroclaw bis Zgorzelec nicht anerkannt wird, da im Wegetext ja explizit Frankfurt(Oder) steht.

Was ist eure Einschätzung hierzu? Oder habt ihr einen alternativen Vorschlag? Hinzu kommt noch, dass EC 56 nicht gerade die beste Pünktlichkeitsstatistik hat und häufig mit 20 oder mehr Verspätungsminuten in Frankfurt(Oder) ankommt.

Vielen Dank für hilfreiche Antworten!

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

JeDi, überall und nirgendwo, Montag, 23.08.2021, 10:42 (vor 949 Tagen) @ VT642

Du bist an den Beförderer gebunden, kannst also höchstens mit früheren Zügen der PKP Intercity fahren.

--
Weg mit dem 4744!

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

VT642, Montag, 23.08.2021, 11:18 (vor 949 Tagen) @ JeDi

Du bist an den Beförderer gebunden, kannst also höchstens mit früheren Zügen der PKP Intercity fahren.

Danke, angenommen, du wärst in der Situation: Was würdest du machen? Die fast 60min spätere Ankunft in Kauf nehmen?

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

JeDi, überall und nirgendwo, Montag, 23.08.2021, 11:25 (vor 949 Tagen) @ VT642

Du bist an den Beförderer gebunden, kannst also höchstens mit früheren Zügen der PKP Intercity fahren.


Danke, angenommen, du wärst in der Situation: Was würdest du machen? Die fast 60min spätere Ankunft in Kauf nehmen?

Das kommt ganz auf die individuelle Situation an.

--
Weg mit dem 4744!

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

VT642, Montag, 23.08.2021, 11:36 (vor 949 Tagen) @ JeDi

weißt du, ich finde es nicht in Ordnung, eine fast 60min spätere Ankunft einfach so hinnehmen zu müssen und andere PKP Züge verkehren nicht zwischen Wroclaw und Berlin als diesem einen.

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

JeDi, überall und nirgendwo, Montag, 23.08.2021, 11:42 (vor 949 Tagen) @ VT642
bearbeitet von JeDi, Montag, 23.08.2021, 11:43

weißt du, ich finde es nicht in Ordnung, eine fast 60min spätere Ankunft einfach so hinnehmen zu müssen

Das sehen die Fahrgastrechte aber so vor. Erst ab 60 Minuten könnte sich etwas anderes ergeben.

und andere PKP Züge verkehren nicht zwischen Wroclaw und Berlin als diesem einen.

Das ist nicht richtig. Zwischen Wroclaw und Frankfurt(Oder)(Gr) gibt es 2 tägliche Zugpaare der PKP Intercity, zudem einige Verbindungen mit Umstieg in Poznan oder Rzepin. Nach Berlin gibt es 0 Züge des Beförderers PKP Intercity.

--
Weg mit dem 4744!

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 11:13 (vor 949 Tagen) @ VT642
bearbeitet von michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 11:15

Guten Morgen,

folgende Verbindung wurde zum Super Sparpreis Europa gebucht:

Wroclaw Glowny 04.09. ab 13:07
Berlin Gesundbrunnen 04.09. an 17:17
EC 56

Berlin Gesundbrunnen 04.09. ab 17:44 7
Berlin Hbf (tief) 04.09. an 17:48 5
FEX18952

Berlin Hbf 04.09. ab 18:30 13
Hanau Hbf 04.09. an 22:25 6
ICE 877

Hanau Hbf 04.09. ab 22:38 104
Aschaffenburg Hbf 04.09. an 22:51 6
ICE 1021

Aschaffenburg Hbf 04.09. ab 23:02 4
Miltenberg 04.09. an 23:46 2
RB 23333

Nun habe ich eine Benachrichtigung erhalten, dass es zu ICE 1021 eine Fahrplanänderung gibt, wodurch der Anschluss in Aschaffenburg Hbf nicht mehr erreichbar ist.

Der nächste Zug von Aschaffenburg Hbf nach Miltenberg kommt dort erst um 00.42 Uhr an, was mir zu spät ist.

Daher meine Frage: Welche Alternativen habe ich? Da die gebuchte Verbindung nicht mehr existiert, ist die Zugbindung logischerweise aufgehoben.

Für Deine Fahrkarte kommen die SCIC-NRT der DB, die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für die Eisenbahnbeförderung von Personen (GCC-CIV/PRR) und natürlich die EG-VO 1371/2007 zur Anwendung.
Eine Aufhebung der Zugbindung lässt sich hieraus nicht für die Gesamtstrecke, sondern nur für die Binnenverkehrsstrecke mit dem Beförderer DB ableiten, da die zu erwartende Verspätung am Zielort laut Beförderungsvertrag weniger als 60 Minuten beträgt (Ankunft vrsl. um 0:42 statt um 23:46).
Vgl. die Einleitung und das Glossar aus den SCIC-NRT (hier, S. 1-4)
Falls es sich um ein Online-Ticket handelt, beachte auch folgenden Absatz aus den SCIC-SB:

5.2.5 Manche Beförderer in Polen erkennen nur Fahrkarten auf Sicherheitspapier an. Dementsprechend
ist die Nutzung eines Flexpreis Europa als Online-Ticket gem. Nr. 5.2.1 SCIC-NRT
nur dann über eine abweichende, aber im Rahmen der Wegevorschrift zulässige
Route möglich, wenn die neue Verbindung als Online-Ticket über die DB-Vertriebskanäle
gebucht werden kann.

? Fahrplanänderung und Zugbindung im Ausland

mmandl, Montag, 23.08.2021, 21:13 (vor 949 Tagen) @ michael_seelze

Für Deine Fahrkarte kommen die SCIC-NRT der DB, die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für die Eisenbahnbeförderung von Personen (GCC-CIV/PRR) und natürlich die EG-VO 1371/2007 zur Anwendung.
Eine Aufhebung der Zugbindung lässt sich hieraus nicht für die Gesamtstrecke, sondern nur für die Binnenverkehrsstrecke mit dem Beförderer DB ableiten, da die zu erwartende Verspätung am Zielort laut Beförderungsvertrag weniger als 60 Minuten beträgt (Ankunft vrsl. um 0:42 statt um 23:46).

Das ist so nicht richtig, zumindest ist die Rechtslage nicht eindeutig. Richtigerweise führen ein Zugausfall und ein verpassster Anschluss per se zu einer Verspätung von mehr als 60 Minuten (mit welchen Zügen soll der Fahrgast sonst fahren dürfen um an sein Ziel zu kommen?! Gerade bei einer Zugbindung hätte man gar keine Kriterien anhand derer man beurteilten könnte, ob eine vorrangige Verbindung eine Verspätung größer als 60 Minuten ausschließt).

Wenn die Beförderer laut Fahrkarte in Polen unter einer gemeinsamen Befördererkennung operieren sollten, kannst du selbstverständlich Züge aller zugehörigen Beförderer sowie etwaiger konzernrechtlich verbundener Beförderer nutzen. Eine (neue) Reservierung benötigst du nicht, du hast allerdings Anspruch auf die kostenfreie Ausstellung einer solchen, so kannst du sicher gehen, dass du beim Zustieg nicht mangels Kapazität abgewiesen wirst.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 21:25 (vor 949 Tagen) @ mmandl
bearbeitet von michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 21:26

Für Deine Fahrkarte kommen die SCIC-NRT der DB, die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für die Eisenbahnbeförderung von Personen (GCC-CIV/PRR) und natürlich die EG-VO 1371/2007 zur Anwendung.
Eine Aufhebung der Zugbindung lässt sich hieraus nicht für die Gesamtstrecke, sondern nur für die Binnenverkehrsstrecke mit dem Beförderer DB ableiten, da die zu erwartende Verspätung am Zielort laut Beförderungsvertrag weniger als 60 Minuten beträgt (Ankunft vrsl. um 0:42 statt um 23:46).


Das ist so nicht richtig, zumindest ist die Rechtslage nicht eindeutig. Richtigerweise führen ein Zugausfall und ein verpassster Anschluss per se zu einer Verspätung von mehr als 60 Minuten (mit welchen Zügen soll der Fahrgast sonst fahren dürfen um an sein Ziel zu kommen?! Gerade bei einer Zugbindung hätte man gar keine Kriterien anhand derer man beurteilten könnte, ob eine vorrangige Verbindung eine Verspätung größer als 60 Minuten ausschließt).

Im vorgetragenen Fall liegt der Anschlussbruch aber nicht im Bereich einer Zugbindung oder davor, sondern dahinter (ICE->RB(NV)). Solch ein verpasster Anschluss führt nicht "per se zu einer [vernünftigerweise zu erwartenden] Verspätung von mehr als 60 Minuten" am Zielort laut Beförderungsvertrag.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Montag, 23.08.2021, 21:34 (vor 949 Tagen) @ michael_seelze

Für Deine Fahrkarte kommen die SCIC-NRT der DB, die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für die Eisenbahnbeförderung von Personen (GCC-CIV/PRR) und natürlich die EG-VO 1371/2007 zur Anwendung.
Eine Aufhebung der Zugbindung lässt sich hieraus nicht für die Gesamtstrecke, sondern nur für die Binnenverkehrsstrecke mit dem Beförderer DB ableiten, da die zu erwartende Verspätung am Zielort laut Beförderungsvertrag weniger als 60 Minuten beträgt (Ankunft vrsl. um 0:42 statt um 23:46).


Das ist so nicht richtig, zumindest ist die Rechtslage nicht eindeutig. Richtigerweise führen ein Zugausfall und ein verpassster Anschluss per se zu einer Verspätung von mehr als 60 Minuten (mit welchen Zügen soll der Fahrgast sonst fahren dürfen um an sein Ziel zu kommen?! Gerade bei einer Zugbindung hätte man gar keine Kriterien anhand derer man beurteilten könnte, ob eine vorrangige Verbindung eine Verspätung größer als 60 Minuten ausschließt).


Im vorgetragenen Fall liegt der Anschlussbruch aber nicht im Bereich einer Zugbindung oder davor, sondern dahinter (ICE->RB(NV)). Solch ein verpasster Anschluss führt nicht "per se zu einer [vernünftigerweise zu erwartenden] Verspätung von mehr als 60 Minuten" am Zielort laut Beförderungsvertrag.

Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 22:35 (vor 949 Tagen) @ mmandl

Eine Aufhebung der Zugbindung lässt sich hieraus nicht für die Gesamtstrecke, sondern nur für die Binnenverkehrsstrecke mit dem Beförderer DB ableiten, da die zu erwartende Verspätung am Zielort laut Beförderungsvertrag weniger als 60 Minuten beträgt (Ankunft vrsl. um 0:42 statt um 23:46).


Das ist so nicht richtig, zumindest ist die Rechtslage nicht eindeutig. Richtigerweise führen ein Zugausfall und ein verpassster Anschluss per se zu einer Verspätung von mehr als 60 Minuten (mit welchen Zügen soll der Fahrgast sonst fahren dürfen um an sein Ziel zu kommen?! Gerade bei einer Zugbindung hätte man gar keine Kriterien anhand derer man beurteilten könnte, ob eine vorrangige Verbindung eine Verspätung größer als 60 Minuten ausschließt).


Im vorgetragenen Fall liegt der Anschlussbruch aber nicht im Bereich einer Zugbindung oder davor, sondern dahinter (ICE->RB(NV)). Solch ein verpasster Anschluss führt nicht "per se zu einer [vernünftigerweise zu erwartenden] Verspätung von mehr als 60 Minuten" am Zielort laut Beförderungsvertrag.


Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.

Gut: Gehen wir von einer Verbindung als Bestandteil des Beförderungsvertrages aus.
Außerhalb der Abschnitte mit Zugbindung darf jeder NV-Zug und bei den "offenen Fahrkarten" darf jeder (nicht reservierungspflichtige) Zug zum Erreichen des Zielbahhofs innerhalb der Geltungsdauer der jeweiligen Fahrkarte genutzt werden. Wenn also ein NV-Zug meiner Verbindung das Ziel um 23:46 planmäßig ereichen soll und der folgende (in meiner Verbindung nicht aufgeführte) Nahverkehrszug das Ziel um 0:42 planmäßig ereichen soll, kann m.E. nicht per se vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verspätung (

die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft

, um die Begriffsbestimmung aus der EG-VO 1371/2007 zu benutzen) am Zielort lt. Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Montag, 23.08.2021, 23:21 (vor 949 Tagen) @ michael_seelze

Eine Aufhebung der Zugbindung lässt sich hieraus nicht für die Gesamtstrecke, sondern nur für die Binnenverkehrsstrecke mit dem Beförderer DB ableiten, da die zu erwartende Verspätung am Zielort laut Beförderungsvertrag weniger als 60 Minuten beträgt (Ankunft vrsl. um 0:42 statt um 23:46).


Das ist so nicht richtig, zumindest ist die Rechtslage nicht eindeutig. Richtigerweise führen ein Zugausfall und ein verpassster Anschluss per se zu einer Verspätung von mehr als 60 Minuten (mit welchen Zügen soll der Fahrgast sonst fahren dürfen um an sein Ziel zu kommen?! Gerade bei einer Zugbindung hätte man gar keine Kriterien anhand derer man beurteilten könnte, ob eine vorrangige Verbindung eine Verspätung größer als 60 Minuten ausschließt).


Im vorgetragenen Fall liegt der Anschlussbruch aber nicht im Bereich einer Zugbindung oder davor, sondern dahinter (ICE->RB(NV)). Solch ein verpasster Anschluss führt nicht "per se zu einer [vernünftigerweise zu erwartenden] Verspätung von mehr als 60 Minuten" am Zielort laut Beförderungsvertrag.


Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.


Gut: Gehen wir von einer Verbindung als Bestandteil des Beförderungsvertrages aus.
Außerhalb der Abschnitte mit Zugbindung darf jeder NV-Zug und bei den "offenen Fahrkarten" darf jeder (nicht reservierungspflichtige) Zug zum Erreichen des Zielbahhofs innerhalb der Geltungsdauer der jeweiligen Fahrkarte genutzt werden. Wenn also ein NV-Zug meiner Verbindung das Ziel um 23:46 planmäßig ereichen soll und der folgende (in meiner Verbindung nicht aufgeführte) Nahverkehrszug das Ziel um 0:42 planmäßig ereichen soll, kann m.E. nicht per se vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verspätung (

die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft

, um die Begriffsbestimmung aus der EG-VO 1371/2007 zu benutzen) am Zielort lt. Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird.

Man könnte überspitzt auch formulieren, dass der Fahrgast voraussichtlich nie ankommt, weil er die Verbindung, auf die sich der Vertrag konkretisiert hat, verpasst hat bzw. diese ausgefallen ist. Hierfür spricht übrigens der ursprüngliche Kommissionsvorschlag, der die Rechte des heutigen Art. 16 ohne zeitliche Einschränkung bei einem Zugausfall und einem verpassten Anschluss (und nur dort) vorsah. Das 60 Minuten-Erfordernis wurde erst eingeführt, nachdem man auch einfache Verspätungen erfassen wollte, hierbei aber erkannte, dass insoweit eine Erheblichkeitsschwelle von Nöten war. Dass man auch die Anforderungen bei Zugausfall und verpasstem Anschluss verschärfen wollte, ergibt sich aus den Materialien nicht.

Ist es teleologisch wirklich begründbar, dass ein Fahrgast, der eine billige zuggebundene Fahrkarte hat, unmittelbar nach Art. 16 vorgehen kann, der Fahrgast mit offener Fahrkarte aber zunächst an die vertraglich vereinbarten Parameter gebunden bleibt? Wenn nein, nach welchen Kriterien richtet sich, welche alternativen Züge der Fahrgast nutzen kann, der einen zuggebundenen Anschluss verpasst hat?

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

michael_seelze, Mittwoch, 25.08.2021, 11:29 (vor 947 Tagen) @ mmandl

Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.


Gut: Gehen wir von einer Verbindung als Bestandteil des Beförderungsvertrages aus.
Außerhalb der Abschnitte mit Zugbindung darf jeder NV-Zug und bei den "offenen Fahrkarten" darf jeder (nicht reservierungspflichtige) Zug zum Erreichen des Zielbahhofs innerhalb der Geltungsdauer der jeweiligen Fahrkarte genutzt werden. Wenn also ein NV-Zug meiner Verbindung das Ziel um 23:46 planmäßig ereichen soll und der folgende (in meiner Verbindung nicht aufgeführte) Nahverkehrszug das Ziel um 0:42 planmäßig ereichen soll, kann m.E. nicht per se vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verspätung (

die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft

, um die Begriffsbestimmung aus der EG-VO 1371/2007 zu benutzen) am Zielort lt. Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird.


Man könnte überspitzt auch formulieren, dass der Fahrgast voraussichtlich nie ankommt, weil er die Verbindung, auf die sich der Vertrag konkretisiert hat, verpasst hat bzw. diese ausgefallen ist. Hierfür spricht übrigens der ursprüngliche Kommissionsvorschlag, der die Rechte des heutigen Art. 16 ohne zeitliche Einschränkung bei einem Zugausfall und einem verpassten Anschluss (und nur dort) vorsah. Das 60 Minuten-Erfordernis wurde erst eingeführt, nachdem man auch einfache Verspätungen erfassen wollte, hierbei aber erkannte, dass insoweit eine Erheblichkeitsschwelle von Nöten war. Dass man auch die Anforderungen bei Zugausfall und verpasstem Anschluss verschärfen wollte, ergibt sich aus den Materialien nicht.

Es ist bedauerlich, dass Absichten des Erlassers der Verordnung erst rekonstruiert werden müssen und in der Verordnung die zu regelnden Sachverhalte (Zugausfall, verpasster Anschluss, Verspätung) nicht in getrennten Sätzen erfasst worden sind.


Ist es teleologisch wirklich begründbar, dass ein Fahrgast, der eine billige zuggebundene Fahrkarte hat, unmittelbar nach Art. 16 vorgehen kann, der Fahrgast mit offener Fahrkarte aber zunächst an die vertraglich vereinbarten Parameter gebunden bleibt?

Die Zugbindung schließt den Fahrgast mit einer zuggebundenen Fahrkarte ja erst einmal von der Nutzung eines anderen Zuges aus. Er könnte ja bei einem Ausfall des zuggebundenen Zuges oder bei einem Anschlussverlust an einen zuggebundenen Zug ohne Art 16 EG-VO 1371/2007 seine Reise nicht bis zum vertragsgemäßen Ziel fortsetzen.
Bei einer offenen Fahrkarte ergibt sich so etwas aufgrund der fehlenden Zugbindung nicht.

Wenn nein, nach welchen Kriterien richtet sich, welche alternativen Züge der Fahrgast nutzen kann, der einen zuggebundenen Anschluss verpasst hat?

Nach Artikel 16 lit b und c EG-VO 1371/2007. Damit wären wir beim Begriff der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen". Ich hatte mal gelesen, dass die Aufnahme dieses Begriffes in die VO mit der Begründung erfolgte, dass "Behinderte" das Recht auf eine vergleichbare Beförderung erhalten sollten, kann aber den entsprechenden Vorschlag nicht mehr online finden. Die Auslegung des Begriffs der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen" ging seitens der EVU dann ja auch vom gleichen Beförderer bis hin zu gleichen zu nutzenden Produktklassen.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 12:13 (vor 947 Tagen) @ michael_seelze

Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.


Gut: Gehen wir von einer Verbindung als Bestandteil des Beförderungsvertrages aus.
Außerhalb der Abschnitte mit Zugbindung darf jeder NV-Zug und bei den "offenen Fahrkarten" darf jeder (nicht reservierungspflichtige) Zug zum Erreichen des Zielbahhofs innerhalb der Geltungsdauer der jeweiligen Fahrkarte genutzt werden. Wenn also ein NV-Zug meiner Verbindung das Ziel um 23:46 planmäßig ereichen soll und der folgende (in meiner Verbindung nicht aufgeführte) Nahverkehrszug das Ziel um 0:42 planmäßig ereichen soll, kann m.E. nicht per se vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verspätung (

die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft

, um die Begriffsbestimmung aus der EG-VO 1371/2007 zu benutzen) am Zielort lt. Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird.


Man könnte überspitzt auch formulieren, dass der Fahrgast voraussichtlich nie ankommt, weil er die Verbindung, auf die sich der Vertrag konkretisiert hat, verpasst hat bzw. diese ausgefallen ist. Hierfür spricht übrigens der ursprüngliche Kommissionsvorschlag, der die Rechte des heutigen Art. 16 ohne zeitliche Einschränkung bei einem Zugausfall und einem verpassten Anschluss (und nur dort) vorsah. Das 60 Minuten-Erfordernis wurde erst eingeführt, nachdem man auch einfache Verspätungen erfassen wollte, hierbei aber erkannte, dass insoweit eine Erheblichkeitsschwelle von Nöten war. Dass man auch die Anforderungen bei Zugausfall und verpasstem Anschluss verschärfen wollte, ergibt sich aus den Materialien nicht.


Es ist bedauerlich, dass Absichten des Erlassers der Verordnung erst rekonstruiert werden müssen und in der Verordnung die zu regelnden Sachverhalte (Zugausfall, verpasster Anschluss, Verspätung) nicht in getrennten Sätzen erfasst worden sind.


Ist es teleologisch wirklich begründbar, dass ein Fahrgast, der eine billige zuggebundene Fahrkarte hat, unmittelbar nach Art. 16 vorgehen kann, der Fahrgast mit offener Fahrkarte aber zunächst an die vertraglich vereinbarten Parameter gebunden bleibt?


Die Zugbindung schließt den Fahrgast mit einer zuggebundenen Fahrkarte ja erst einmal von der Nutzung eines anderen Zuges aus. Er könnte ja bei einem Ausfall des zuggebundenen Zuges oder bei einem Anschlussverlust an einen zuggebundenen Zug ohne Art 16 EG-VO 1371/2007 seine Reise nicht bis zum vertragsgemäßen Ziel fortsetzen.
Bei einer offenen Fahrkarte ergibt sich so etwas aufgrund der fehlenden Zugbindung nicht.

Das ist schon richtig, dennoch tue mir aber schwer damit, dass der mit einer zumeist teuren flexiblen Fahrkarte reisende Fahrgast an die vertraglich vereinbarten Beschränkungen gebunden sein soll (Produkte, Wege, Gültigkeitszeitraum), der mit einer zumeist billigeren zuggebundenen Fahrkarte reisende Fahrgast hingegen nach Art. 16 lit. b und c vorgehen können soll (womit es nur auf die Vergleichbarkeit der Beförderungsbedingungen ankommt und gar [weit] nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Fahrkarte noch gefahren werden kann [!]).

Wenn nein, nach welchen Kriterien richtet sich, welche alternativen Züge der Fahrgast nutzen kann, der einen zuggebundenen Anschluss verpasst hat?

Nach Artikel 16 lit b und c EG-VO 1371/2007. Damit wären wir beim Begriff der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen". Ich hatte mal gelesen, dass die Aufnahme dieses Begriffes in die VO mit der Begründung erfolgte, dass "Behinderte" das Recht auf eine vergleichbare Beförderung erhalten sollten, kann aber den entsprechenden Vorschlag nicht mehr online finden. Die Auslegung des Begriffs der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen" ging seitens der EVU dann ja auch vom gleichen Beförderer bis hin zu gleichen zu nutzenden Produktklassen.

Das habe ich so ähnlich hier schon einmal gelesen, da wurde aber argumentiert, dass die Möglichkeit, nach lit. c zu einem späteren Zeitpunkt zu reisen, auf die Behinderten Rücksicht nehmen solle. Beides habe ich in den Materialen bisher nirgends gefunden.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

musicus, Mittwoch, 25.08.2021, 15:29 (vor 947 Tagen) @ mmandl
bearbeitet von musicus, Mittwoch, 25.08.2021, 15:30

Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.

Gut: Gehen wir von einer Verbindung als Bestandteil des Beförderungsvertrages aus.
Außerhalb der Abschnitte mit Zugbindung darf jeder NV-Zug und bei den "offenen Fahrkarten" darf jeder (nicht reservierungspflichtige) Zug zum Erreichen des Zielbahhofs innerhalb der Geltungsdauer der jeweiligen Fahrkarte genutzt werden. Wenn also ein NV-Zug meiner Verbindung das Ziel um 23:46 planmäßig ereichen soll und der folgende (in meiner Verbindung nicht aufgeführte) Nahverkehrszug das Ziel um 0:42 planmäßig ereichen soll, kann m.E. nicht per se vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verspätung (

die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft

, um die Begriffsbestimmung aus der EG-VO 1371/2007 zu benutzen) am Zielort lt. Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird.

Ist es teleologisch wirklich begründbar, dass ein Fahrgast, der eine billige zuggebundene Fahrkarte hat, unmittelbar nach Art. 16 vorgehen kann, der Fahrgast mit offener Fahrkarte aber zunächst an die vertraglich vereinbarten Parameter gebunden bleibt?


Die Zugbindung schließt den Fahrgast mit einer zuggebundenen Fahrkarte ja erst einmal von der Nutzung eines anderen Zuges aus. Er könnte ja bei einem Ausfall des zuggebundenen Zuges oder bei einem Anschlussverlust an einen zuggebundenen Zug ohne Art 16 EG-VO 1371/2007 seine Reise nicht bis zum vertragsgemäßen Ziel fortsetzen.
Bei einer offenen Fahrkarte ergibt sich so etwas aufgrund der fehlenden Zugbindung nicht.


Das ist schon richtig, dennoch tue mir aber schwer damit, dass der mit einer zumeist teuren flexiblen Fahrkarte reisende Fahrgast an die vertraglich vereinbarten Beschränkungen gebunden sein soll (Produkte, Wege, Gültigkeitszeitraum), der mit einer zumeist billigeren zuggebundenen Fahrkarte reisende Fahrgast hingegen nach Art. 16 lit. b und c vorgehen können soll (womit es nur auf die Vergleichbarkeit der Beförderungsbedingungen ankommt und gar [weit] nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Fahrkarte noch gefahren werden kann [!]).

Wie schwer du dir damit tust, ist - mit Verlaub - ein bloß individuelles Problem. In der Theorie ist das alles stimmig. Die Realsatire ergibt sich erst aus dem fahrplanbasierten Verkauf nebst Zugbindungsorgien gewisser Beförderer i.V.m. der jeweiligen Qualität der konkret erbrachten Leistungen. Immerhin: man kann mit Fug und Recht den Standpunkt beziehen, die Gesetzgebung sei hier praxisfremd - das stimmt.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 15:47 (vor 947 Tagen) @ musicus
bearbeitet von mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 15:50

Sehe ich anders, denn dann hätte man bei einer (günstigeren) Fahrkarte mit Zugbindung einen höheren Schutzstandard als bei (teureren) Fahrkarten ohne Zugbindung. Maßgeblich ist m.E. immer die Verbindung die (bei einer Zugbindung) von vornherein Gegenstand des Beförderungsvertrags ist oder (bei offenen Fahrkarten) nach Ausübung des Wahlrechts nach § 262 BGB.

Gut: Gehen wir von einer Verbindung als Bestandteil des Beförderungsvertrages aus.
Außerhalb der Abschnitte mit Zugbindung darf jeder NV-Zug und bei den "offenen Fahrkarten" darf jeder (nicht reservierungspflichtige) Zug zum Erreichen des Zielbahhofs innerhalb der Geltungsdauer der jeweiligen Fahrkarte genutzt werden. Wenn also ein NV-Zug meiner Verbindung das Ziel um 23:46 planmäßig ereichen soll und der folgende (in meiner Verbindung nicht aufgeführte) Nahverkehrszug das Ziel um 0:42 planmäßig ereichen soll, kann m.E. nicht per se vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass die Verspätung (

die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft

, um die Begriffsbestimmung aus der EG-VO 1371/2007 zu benutzen) am Zielort lt. Beförderungsvertrag mehr als 60 Minuten betragen wird.

Ist es teleologisch wirklich begründbar, dass ein Fahrgast, der eine billige zuggebundene Fahrkarte hat, unmittelbar nach Art. 16 vorgehen kann, der Fahrgast mit offener Fahrkarte aber zunächst an die vertraglich vereinbarten Parameter gebunden bleibt?


Die Zugbindung schließt den Fahrgast mit einer zuggebundenen Fahrkarte ja erst einmal von der Nutzung eines anderen Zuges aus. Er könnte ja bei einem Ausfall des zuggebundenen Zuges oder bei einem Anschlussverlust an einen zuggebundenen Zug ohne Art 16 EG-VO 1371/2007 seine Reise nicht bis zum vertragsgemäßen Ziel fortsetzen.
Bei einer offenen Fahrkarte ergibt sich so etwas aufgrund der fehlenden Zugbindung nicht.


Das ist schon richtig, dennoch tue mir aber schwer damit, dass der mit einer zumeist teuren flexiblen Fahrkarte reisende Fahrgast an die vertraglich vereinbarten Beschränkungen gebunden sein soll (Produkte, Wege, Gültigkeitszeitraum), der mit einer zumeist billigeren zuggebundenen Fahrkarte reisende Fahrgast hingegen nach Art. 16 lit. b und c vorgehen können soll (womit es nur auf die Vergleichbarkeit der Beförderungsbedingungen ankommt und gar [weit] nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Fahrkarte noch gefahren werden kann [!]).

Wie schwer du dir damit tust, ist - mit Verlaub - ein bloß individuelles Problem. In der Theorie ist das alles stimmig. Die Realsatire ergibt sich erst aus dem fahrplanbasierten Verkauf nebst Zugbindungsorgien gewisser Beförderer i.V.m. der jeweiligen Qualität der konkret erbrachten Leistungen. Immerhin: man kann mit Fug und Recht den Standpunkt beziehen, die Gesetzgebung sei hier praxisfremd - das stimmt.

Vor allem ist es ein rechtliches Problem. Und da vertrete ich aufgrund der dargelegten Argumente nun mal die Auffassung, dass im Fall eines Zugausfalls oder eines verpassten Anschlusses stets eine Verspätung von mehr als 60 Minuten zu erwarten ist, da mit der vertraglich geschuldeten Verbindung (der Fahrgast hat bei offenen Fahrkarten ein einseitiges Wahlrecht) der Zielort überhaupt nicht mehr erreicht werden kann. Das kann man natürlich auch anders sehen (so ohne nähere Begründung denn auch Lindemann, TranspR 2011, 10 [14] und wohl auch Sliwiok-Born, in BeckOGK, 1.4.2021, Art. 3 FRVO Rn. 109: „soweit hierdurch eine prognostizierte […] Ankunftsverspätung […] zu befürchten ist“, Art. 3 FRVO Rn. 110, 111, 112: „soweit sich dadurch eine prognostizierte […] Ankunftsverspätung […] ergibt“, Art. 16 FRVO Rn. 9: „in ihrer Wirkung gleichwertige Anschlussversäumnisse und Zugausfälle“; Lavall/Pütz, Zbornik PFZ 66 [2016], 363 [376]; K. Schmidt, Fahrgast 4/2015, 36; K. Schmidt, Fahrgast 2/2015, 36). Zwingend ist diese Gegenauffassung aber nicht. Im Gegenteil, führt sie entweder zu einer Unterscheidung zwischen teuren offenen Fahrkarten und billigen zuggebundenen Fahrkarten zugunsten der Fahrgäste mit den preiswerten zuggebundenen Fahrkarten oder zu der Situation, dass man dem Fahrgast mit einer zugebundenen Fahrkarte beim Zugausfall/verpassten Anschluss die Berufung auf Art. 16 zunächst verwehrt, ohne dass jedoch klar, wäre, welche Verbindung er vorrangig nutzen muss/darf.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

musicus, Mittwoch, 25.08.2021, 16:27 (vor 947 Tagen) @ mmandl
bearbeitet von musicus, Mittwoch, 25.08.2021, 16:31

Vor allem ist es ein rechtliches Problem.

Im Hinblick worauf? Dass es zweierlei Lesarten gibt, ist klar. Die praktische Relevanz scheint, gemessen an der Zahl einschlägiger Streitfälle, eben nicht groß genug zu sein.

Und da vertrete ich aufgrund der dargelegten Argumente nun mal die Auffassung, dass im Fall eines Zugausfalls oder eines verpassten Anschlusses stets eine Verspätung von mehr als 60 Minuten zu erwarten ist

Weshalb das stets(!) so sein sollte, ergibt sich aus der dargelegten Argumentation nun nicht wirklich - aber mir ist schon bewusst, dass man das so argumentieren kann.

da mit der vertraglich geschuldeten Verbindung (der Fahrgast hat bei offenen Fahrkarten ein einseitiges Wahlrecht) der Zielort überhaupt nicht mehr erreicht werden kann.

Ist die vertraglich geschuldete Verbindung wirklich spezifisch? Falls ja: worauf beruht eine derartige Einschätzung. Ich meine, hier näher an der Meinung von michael_seelze zu sein und die geschuldete Leistung eher als eine generische (Beförderung=Hauptleistung) mit ggf. tarifbedingten Einschränkungen zu verstehen, die auf einen Erfüllungszeitpunkt nebst 59 Minuten Toleranzintervall (Nebenleistung) zielt. Und nicht zuletzt aus salvatorischen Erwägungen, hielte ich beispielsweise einen einzelnen Ausfall einer im 5-Minuten-Takt verkehrenden S-Bahn oder im Halbstundentakt fahrende NV-Linie im Nachlauf nicht für ein hinreichendes Indiz, um eine Ankunftsverspätung von mehr als 60 Minuten stets(!) zwingend anzunehmen. Hier einen Fahrgast zu unterstellen, der absichtlich zu spät ankommen will, halte ich einerseits für verquer, andererseits im Hinblick auf die zweierlei Möglichkeiten der Auslegung aber ohnehin für unbedenklich.

Zwingend ist diese Gegenauffassung aber nicht.

Natürlich. Die Auffassung ebensowenig.

Im Gegenteil, führt sie entweder zu einer Unterscheidung zwischen teuren offenen Fahrkarten und billigen zuggebundenen Fahrkarten zugunsten der Fahrgäste mit den preiswerten zuggebundenen Fahrkarten oder zu der Situation, dass man dem Fahrgast mit einer zugebundenen Fahrkarte beim Zugausfall/verpassten Anschluss die Berufung auf Art. 16 zunächst verwehrt, ohne dass jedoch klar, wäre, welche Verbindung er vorrangig nutzen muss/darf.

Das ist aber keine Problemstellung der VO 1371/2007 EG, die ja generisch auf alle Beförderungsfälle anwendbar sein muss, sondern des anzuwendenden Tarifs i.V.m. mit der verkehrlichen Praxis und wird in diesem mMn auch ausreichend praxisgerecht (auf)gelöst. Ja, es stimmt - das Ganze führt zu einer tendenziellen Benachteiligung der "teuren" Fahrkarten (was, wie ich mir gut vorstellen könnte, vielleicht gar kein Versehen ist) und dazu, dass Art. 16 theoretisch eingeschränkt wird, obgleich sich der Paragraph darüber ausschweigt, wie die praktische Umsetzung einschlägiger Verfahrensweisen aussehen soll. Ich hielte es nicht für ausgeschlossen, dass dem Fahrgast, insbesondere im Rahmen und in der Ausübung seines einseitigen Wahlrechts, hier die Vorleistung eines später wieder zu erstattenden Fahrscheins zuzumuten sein könnte.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 17:08 (vor 947 Tagen) @ musicus

Vor allem ist es ein rechtliches Problem.

Im Hinblick worauf? Dass es zweierlei Lesarten gibt, ist klar. Die praktische Relevanz scheint, gemessen an der Zahl einschlägiger Streitfälle, eben nicht groß genug zu sein.

Und da vertrete ich aufgrund der dargelegten Argumente nun mal die Auffassung, dass im Fall eines Zugausfalls oder eines verpassten Anschlusses stets eine Verspätung von mehr als 60 Minuten zu erwarten ist

Weshalb das stets(!) so sein sollte, ergibt sich aus der dargelegten Argumentation nun nicht wirklich - aber mir ist schon bewusst, dass man das so argumentieren kann.

- Entstehungsgeschichte: Art.16 des KomV sah vor, dass der Fahrgast bei einem Ausfall oder einem verpassten Anschluss stets die dortigen Rechte hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde das dahingehend ergänzt, dass auch einfache Verspätungen zu den genannten Rechten führen, wenn die Verspätung erheblich ist. Aus Vereinfachungsgründen hat man alle drei Situationen unter den Begriff "Verspätung > 60 Minuten" zusammengefasst. Das man bei Zugausfällen und verpassten Anschlüssen hinter den KomV zurückbleiben wollte, ergibt sich nirgends aus den Materialien

- Gleichbehandlung offene und zuggebundene Fahrkarten

- andernfalls unklar, welche Fahrtalternativen der Fahrgast bei einer zuggebundenen Fahrkarte nutzen muss/darf

- bei einer einfachen Verspätung > 60 Minuten darf der Fahrgast auch sofort jede beliebige Verbindung wählen bzw. nach Art. 16 vorgehen und nicht erst, wenn es keine Verbindungen gibt, die eine Ankunft mit Verspätung < 60 Minuten erwarten lassen.

da mit der vertraglich geschuldeten Verbindung (der Fahrgast hat bei offenen Fahrkarten ein einseitiges Wahlrecht) der Zielort überhaupt nicht mehr erreicht werden kann.

Ist die vertraglich geschuldete Verbindung wirklich spezifisch? Falls ja: worauf beruht eine derartige Einschätzung. Ich meine, hier näher an der Meinung von michael_seelze zu sein und die geschuldete Leistung eher als eine generische (Beförderung=Hauptleistung) mit ggf. tarifbedingten Einschränkungen zu verstehen, die auf einen Erfüllungszeitpunkt nebst 59 Minuten Toleranzintervall (Nebenleistung) zielt. Und nicht zuletzt aus salvatorischen Erwägungen, hielte ich beispielsweise einen einzelnen Ausfall einer im 5-Minuten-Takt verkehrenden S-Bahn oder im Halbstundentakt fahrende NV-Linie im Nachlauf nicht für ein hinreichendes Indiz, um eine Ankunftsverspätung von mehr als 60 Minuten stets(!) zwingend anzunehmen. Hier einen Fahrgast zu unterstellen, der absichtlich zu spät ankommen will, halte ich einerseits für verquer, andererseits im Hinblick auf die zweierlei Möglichkeiten der Auslegung aber ohnehin für unbedenklich.

Ich stelle einfach auf die vereinbarte Ankunftszeit ab und diese wird entweder durch die Fahrzeiten des bestimmten vereinbarten Zugs bestimmt oder infolge der Ausübung des Wahlrechts. Diese ist dann die allein geschuldete Verbindung (§ 263 II BGB).

Zwingend ist diese Gegenauffassung aber nicht.

Natürlich. Die Auffassung ebensowenig.

Korrekt. Die VO ist einfach handwerklich misslungen und auf die ein oder andere Weise muss man es einfach handhaben.

Im Gegenteil, führt sie entweder zu einer Unterscheidung zwischen teuren offenen Fahrkarten und billigen zuggebundenen Fahrkarten zugunsten der Fahrgäste mit den preiswerten zuggebundenen Fahrkarten oder zu der Situation, dass man dem Fahrgast mit einer zugebundenen Fahrkarte beim Zugausfall/verpassten Anschluss die Berufung auf Art. 16 zunächst verwehrt, ohne dass jedoch klar, wäre, welche Verbindung er vorrangig nutzen muss/darf.

Das ist aber keine Problemstellung der VO 1371/2007 EG, die ja generisch auf alle Beförderungsfälle anwendbar sein muss, sondern des anzuwendenden Tarifs i.V.m. mit der verkehrlichen Praxis und wird in diesem mMn auch ausreichend praxisgerecht (auf)gelöst. Ja, es stimmt - das Ganze führt zu einer tendenziellen Benachteiligung der "teuren" Fahrkarten (was, wie ich mir gut vorstellen könnte, vielleicht gar kein Versehen ist) und dazu, dass Art. 16 theoretisch eingeschränkt wird, obgleich sich der Paragraph darüber ausschweigt, wie die praktische Umsetzung einschlägiger Verfahrensweisen aussehen soll. Ich hielte es nicht für ausgeschlossen, dass dem Fahrgast, insbesondere im Rahmen und in der Ausübung seines einseitigen Wahlrechts, hier die Vorleistung eines später wieder zu erstattenden Fahrscheins zuzumuten sein könnte.

Zu einem Erstattungsanspruch kommst du aber nur, wenn du das Recht anerkennst, den zu erstattenden Zug zu nutzen. Wenn der Fahrgast auf die tariflich vorgesehenen Züge beschränkt ist, sehe ich nicht, woraus sich der Erstattungsanspruch ergeben soll.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

musicus, Mittwoch, 25.08.2021, 17:36 (vor 947 Tagen) @ mmandl

- Entstehungsgeschichte: Art.16 des KomV sah vor, dass der Fahrgast bei einem Ausfall oder einem verpassten Anschluss stets die dortigen Rechte hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde das dahingehend ergänzt, dass auch einfache Verspätungen zu den genannten Rechten führen, wenn die Verspätung erheblich ist. Aus Vereinfachungsgründen hat man alle drei Situationen unter den Begriff "Verspätung > 60 Minuten" zusammengefasst. Das man bei Zugausfällen und verpassten Anschlüssen hinter den KomV zurückbleiben wollte, ergibt sich nirgends aus den Materialien

Art. 16 stellt aber sehr offensichtlich auf die tatsächliche Praxissituation ab und eben nicht auf die Verordnungsgenese.

- Gleichbehandlung offene und zuggebundene Fahrkarten
- andernfalls unklar, welche Fahrtalternativen der Fahrgast bei einer zuggebundenen Fahrkarte nutzen muss/darf

Da unterscheidet die Verordnung nicht, sondern der Beförderer.

- bei einer einfachen Verspätung > 60 Minuten darf der Fahrgast auch sofort jede beliebige Verbindung wählen bzw. nach Art. 16 vorgehen und nicht erst, wenn es keine Verbindungen gibt, die eine Ankunft mit Verspätung < 60 Minuten erwarten lassen.

Der Satz ist widersprüchlich.

Ich stelle einfach auf die vereinbarte Ankunftszeit ab und diese wird entweder durch die Fahrzeiten des bestimmten vereinbarten Zugs bestimmt oder infolge der Ausübung des Wahlrechts. Diese ist dann die allein geschuldete Verbindung (§ 263 II BGB).

Prozessier's doch mal aus ;)

Zu einem Erstattungsanspruch kommst du aber nur, wenn du das Recht anerkennst, den zu erstattenden Zug zu nutzen. Wenn der Fahrgast auf die tariflich vorgesehenen Züge beschränkt ist, sehe ich nicht, woraus sich der Erstattungsanspruch ergeben soll.

Auch das ist ein rein tarifliches Problem. Siehe BB DB 9.1.2

Ich verstehe, dass es Lücken, Unklarheiten und Widersprüche bei der Anwendung der Verordnung gibt, sähe deren Ursache aber weniger in der Verordnung als im Umstand, dass sich die Beförderer auch die Fahrgastreche bezahlen lassen.

OT: Entstehungsgeschichte der FGR-VO berücksichtigen

michael_seelze, Mittwoch, 25.08.2021, 17:47 (vor 947 Tagen) @ musicus

- Entstehungsgeschichte: Art.16 des KomV sah vor, dass der Fahrgast bei einem Ausfall oder einem verpassten Anschluss stets die dortigen Rechte hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde das dahingehend ergänzt, dass auch einfache Verspätungen zu den genannten Rechten führen, wenn die Verspätung erheblich ist. Aus Vereinfachungsgründen hat man alle drei Situationen unter den Begriff "Verspätung > 60 Minuten" zusammengefasst. Das man bei Zugausfällen und verpassten Anschlüssen hinter den KomV zurückbleiben wollte, ergibt sich nirgends aus den Materialien

Art. 16 stellt aber sehr offensichtlich auf die tatsächliche Praxissituation ab und eben nicht auf die Verordnungsgenese.

Die Anführung der Entstehungsgeschichte einer Verordnung mit den Intentionen
ist allerdings neben einer Auslegung anhand des Wortlauts Praxis in juristischen Gutachten.

OT: Entstehungsgeschichte der FGR-VO berücksichtigen

musicus, Mittwoch, 25.08.2021, 21:30 (vor 947 Tagen) @ michael_seelze

Art. 16 ist insoweit allerdings kaum auslegungsbedürftig.

Wann zu erwartende Verspätung über 60 min?

michael_seelze, Mittwoch, 25.08.2021, 17:40 (vor 947 Tagen) @ mmandl

- Entstehungsgeschichte: Art.16 des KomV sah vor, dass der Fahrgast bei einem Ausfall oder einem verpassten Anschluss stets die dortigen Rechte hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde das dahingehend ergänzt, dass auch einfache Verspätungen zu den genannten Rechten führen, wenn die Verspätung erheblich ist. Aus Vereinfachungsgründen hat man alle drei Situationen unter den Begriff "Verspätung > 60 Minuten" zusammengefasst. Das man bei Zugausfällen und verpassten Anschlüssen hinter den KomV zurückbleiben wollte, ergibt sich nirgends aus den Materialien

Dass die Zusammenfassung aus Vereinfachungsgründen erfolgte, geht daraus aber ebensowenig hervor. Mithin lässt sich nicht nachvollziehen, welcher Akteur mit welcher Begründung die Verpätung von mehr als 60 Minuten an dieser Stelle der VO eingeführt hat.

- bei einer einfachen Verspätung > 60 Minuten darf der Fahrgast auch sofort jede beliebige Verbindung wählen bzw. nach Art. 16 vorgehen und nicht erst, wenn es keine Verbindungen gibt, die eine Ankunft mit Verspätung < 60 Minuten erwarten lassen.

Nur deswegen, weil eine Zugfahrt eine Verpätung von mehr als 60 Minuten hat, muss nicht vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft mehr als 60 Minuten betragen wird:

  • Es kann ja zum einen sein, dass der verspätete Zug an Zwischenstationen über so große planmäßige Aufenthaltszeiten verfügt, dass vernünftigerweise (eher) von einer Reduzierung der Zugverspätung auszugehen ist.
  • Zum anderen kann die vom Reisenden gewünschte Verbindung Aufenthaltszeiten bzw. Umsteigezeiten an bestimmten Bahnhöfen aufweisen, die so groß sind, dass durch ihre Kürzung die Ankunft des Fahrgastes am Zielort vrsl. ohne oder mit einer Verspätung unter 60 Minuten erfolgen wird. Ich weiß, dass mitunter die Auffassung vertreten wird, dass der Fahrgast ein Recht auf die bei der Buchung angegebenen Aufenthaltsdauern an den Umsteigebahnhöfen hat.

Wann zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 18:00 (vor 947 Tagen) @ michael_seelze
bearbeitet von mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 18:03

- Entstehungsgeschichte: Art.16 des KomV sah vor, dass der Fahrgast bei einem Ausfall oder einem verpassten Anschluss stets die dortigen Rechte hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde das dahingehend ergänzt, dass auch einfache Verspätungen zu den genannten Rechten führen, wenn die Verspätung erheblich ist. Aus Vereinfachungsgründen hat man alle drei Situationen unter den Begriff "Verspätung > 60 Minuten" zusammengefasst. Das man bei Zugausfällen und verpassten Anschlüssen hinter den KomV zurückbleiben wollte, ergibt sich nirgends aus den Materialien


Dass die Zusammenfassung aus Vereinfachungsgründen erfolgte, geht daraus aber ebensowenig hervor. Mithin lässt sich nicht nachvollziehen, welcher Akteur mit welcher Begründung die Verpätung von mehr als 60 Minuten an dieser Stelle der VO eingeführt hat.

Wie so häufig sind entstehungsgeschichtliche Interpretationen mit einer reichlichen Portion Spekulationen angereichert. Letztlich wird nur der EuGH über die Auslegung befinden können.

- bei einer einfachen Verspätung > 60 Minuten darf der Fahrgast auch sofort jede beliebige Verbindung wählen bzw. nach Art. 16 vorgehen und nicht erst, wenn es keine Verbindungen gibt, die eine Ankunft mit Verspätung < 60 Minuten erwarten lassen.


Nur deswegen, weil eine Zugfahrt eine Verpätung von mehr als 60 Minuten hat, muss nicht vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft mehr als 60 Minuten betragen wird:

  • Es kann ja zum einen sein, dass der verspätete Zug an Zwischenstationen über so große planmäßige Aufenthaltszeiten verfügt, dass vernünftigerweise (eher) von einer Reduzierung der Zugverspätung auszugehen ist.
  • Zum anderen kann die vom Reisenden gewünschte Verbindung Aufenthaltszeiten bzw. Umsteigezeiten an bestimmten Bahnhöfen aufweisen, die so groß sind, dass durch ihre Kürzung die Ankunft des Fahrgastes am Zielort vrsl. ohne oder mit einer Verspätung unter 60 Minuten erfolgen wird. Ich weiß, dass mitunter die Auffassung vertreten wird, dass der Fahrgast ein Recht auf die bei der Buchung angegebenen Aufenthaltsdauern an den Umsteigebahnhöfen hat.

Unter einer "einfachen Verspätung" verstehe ich eine zu erwartende Verspätung am vertraglichen Zielort aufgrund einer Verspätung des benutzten (einzigen oder letzten in der Reisekette) Verkehrsdiensts, daher fällt Anstrich 1 schon mal raus.
Anstrich 2 ist differenziert zu lösen: Handelt es sich um einen reinen Umsteigeaufenthalt, schließt ein ausreichendes Puffer einen zu erwartenden Anschlussbruch und damit eine zu erwartende Verspätung am Zielort aus. Handelt es sich faktisch um zwei verschiedene Fahrten (Achtung Schnappatmung!), greifen die Verspätungsrechte m.E. jeweils getrennt für die einzelnen Fahrtabschnitte (Arg. e Art. 17 Abs. 4 UAbs. 4 S. 2 VO), ein Anspruch auf Inanspruchnahme der jeweiligen Aufenthaltsdauer ergibt sich m.E. nicht aus der VO, aber wohl aus dem Beförderungsvertrag selbst.

verpasster Anschluss = zu erwartende Verspätung über 60 min?

mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 18:36 (vor 947 Tagen) @ mmandl
bearbeitet von mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 18:37

Vor allem ist es ein rechtliches Problem.

Im Hinblick worauf? Dass es zweierlei Lesarten gibt, ist klar. Die praktische Relevanz scheint, gemessen an der Zahl einschlägiger Streitfälle, eben nicht groß genug zu sein.

Und da vertrete ich aufgrund der dargelegten Argumente nun mal die Auffassung, dass im Fall eines Zugausfalls oder eines verpassten Anschlusses stets eine Verspätung von mehr als 60 Minuten zu erwarten ist

Weshalb das stets(!) so sein sollte, ergibt sich aus der dargelegten Argumentation nun nicht wirklich - aber mir ist schon bewusst, dass man das so argumentieren kann.


- Entstehungsgeschichte: Art.16 des KomV sah vor, dass der Fahrgast bei einem Ausfall oder einem verpassten Anschluss stets die dortigen Rechte hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde das dahingehend ergänzt, dass auch einfache Verspätungen zu den genannten Rechten führen, wenn die Verspätung erheblich ist. Aus Vereinfachungsgründen hat man alle drei Situationen unter den Begriff "Verspätung > 60 Minuten" zusammengefasst. Das man bei Zugausfällen und verpassten Anschlüssen hinter den KomV zurückbleiben wollte, ergibt sich nirgends aus den Materialien

- Gleichbehandlung offene und zuggebundene Fahrkarten

- andernfalls unklar, welche Fahrtalternativen der Fahrgast bei einer zuggebundenen Fahrkarte nutzen muss/darf

- bei einer einfachen Verspätung > 60 Minuten darf der Fahrgast auch sofort jede beliebige Verbindung wählen bzw. nach Art. 16 vorgehen und nicht erst, wenn es keine Verbindungen gibt, die eine Ankunft mit Verspätung < 60 Minuten erwarten lassen.

- Vergleich mit Art. 5 Abs. 1 lit. a FlugRVO, Art. 18 Abs. 1 FRVO-Schiff, Art. 19 Abs. 1 FRVO-Kraftomnibus: Dort entstehen die Art. 16 FRVO-Bahn vergleichbaren Rechte bei jeder Annullierung und nicht erst, wenn auch keine anderen Dienste verkehren.

OT: Kontext "vergleichbare Beförderungsbedingungen"

michael_seelze, Mittwoch, 25.08.2021, 15:37 (vor 947 Tagen) @ mmandl

Wenn nein, nach welchen Kriterien richtet sich, welche alternativen Züge der Fahrgast nutzen kann, der einen zuggebundenen Anschluss verpasst hat?

Nach Artikel 16 lit b und c EG-VO 1371/2007. Damit wären wir beim Begriff der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen". Ich hatte mal gelesen, dass die Aufnahme dieses Begriffes in die VO mit der Begründung erfolgte, dass "Behinderte" das Recht auf eine vergleichbare Beförderung erhalten sollten, kann aber den entsprechenden Vorschlag nicht mehr online finden. Die Auslegung des Begriffs der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen" ging seitens der EVU dann ja auch vom gleichen Beförderer bis hin zu gleichen zu nutzenden Produktklassen.


Das habe ich so ähnlich hier schon einmal gelesen, da wurde aber argumentiert, dass die Möglichkeit, nach lit. c zu einem späteren Zeitpunkt zu reisen, auf die Behinderten Rücksicht nehmen solle. Beides habe ich in den Materialen bisher nirgends gefunden.

Ich habe auch nur einen Änderungsantrag zum Artikel 16 lit. b vom 28.04.2005 aus dem Europäischen Parlament gefunden, in dem folgende geänderte Formulierung vorgeschlagen wurde:

der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung
unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen, die ein gleichwertiges Maß an Zugänglichkeit gewährleisten, bis zum Zielort zu nächster
Gelegenheit, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme teurerer Züge ohne zusätzliche Kosten;

mit der folgenden Begründung:

Vergleichbare Beförderungsbedingungen müssen so ausgelegt werden, dass ein
gleichwertiges Maß an Zugänglichkeit gewährleistet ist. Fällt beispielsweise ein Zug aus, der für Rollstühle zugänglich war, und der nächste Zug („zu nächster Gelegenheit“) ist für Rollstühle unzugänglich, so sollte von einem Fahrgast mit einer Behinderung nicht verlangt werden, dass er den unzugänglichen Zug als Reisealternative hinnimmt.

OT: Kontext "vergleichbare Beförderungsbedingungen"

mmandl, Mittwoch, 25.08.2021, 16:01 (vor 947 Tagen) @ michael_seelze

Wenn nein, nach welchen Kriterien richtet sich, welche alternativen Züge der Fahrgast nutzen kann, der einen zuggebundenen Anschluss verpasst hat?

Nach Artikel 16 lit b und c EG-VO 1371/2007. Damit wären wir beim Begriff der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen". Ich hatte mal gelesen, dass die Aufnahme dieses Begriffes in die VO mit der Begründung erfolgte, dass "Behinderte" das Recht auf eine vergleichbare Beförderung erhalten sollten, kann aber den entsprechenden Vorschlag nicht mehr online finden. Die Auslegung des Begriffs der "vergleichbaren Beförderungsbedingungen" ging seitens der EVU dann ja auch vom gleichen Beförderer bis hin zu gleichen zu nutzenden Produktklassen.


Das habe ich so ähnlich hier schon einmal gelesen, da wurde aber argumentiert, dass die Möglichkeit, nach lit. c zu einem späteren Zeitpunkt zu reisen, auf die Behinderten Rücksicht nehmen solle. Beides habe ich in den Materialen bisher nirgends gefunden.


Ich habe auch nur einen Änderungsantrag zum Artikel 16 lit. b vom 28.04.2005 aus dem Europäischen Parlament gefunden, in dem folgende geänderte Formulierung vorgeschlagen wurde:

der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung
unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen, die ein gleichwertiges Maß an Zugänglichkeit gewährleisten, bis zum Zielort zu nächster
Gelegenheit, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme teurerer Züge ohne zusätzliche Kosten;

mit der folgenden Begründung:

Vergleichbare Beförderungsbedingungen müssen so ausgelegt werden, dass ein
gleichwertiges Maß an Zugänglichkeit gewährleistet ist. Fällt beispielsweise ein Zug aus, der für Rollstühle zugänglich war, und der nächste Zug („zu nächster Gelegenheit“) ist für Rollstühle unzugänglich, so sollte von einem Fahrgast mit einer Behinderung nicht verlangt werden, dass er den unzugänglichen Zug als Reisealternative hinnimmt.

Da ging es im Grunde nur um eine Klarstellung, dass die Belange Behinderter bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Beförderungsbedingungen zu berücksichtigen sind. Sie wurde i.E. nicht übernommen. Deutlich wird aber, dass die Aufnahme des begriff nicht erfolgte, um die Rechte behinderter zu stärken, sondern das Parlament den schon vorhandenen Begriff um die Behindertenrechte aufladen wollte.

KD via Görlitz

Armchair traveller, Montag, 23.08.2021, 11:59 (vor 949 Tagen) @ VT642

Ahoj,
Wenn du es schaffen solltest, die DB zu überzeugen das Ticket ab Görlitz anzuerkennen, dann könntest du für 29 Zloty (ca 7 €) ein Ticket Wroclaw > Zgorzelec kaufen. Zumindest mir wäre es das wert. Allerdings habe ich Zweifel,dass die DB da mitspielt...
Gute Fahrt
AT

Nutzung von PKP Intercity bis Frankfurt ist hier Pflicht

A-W, Hannover, Montag, 23.08.2021, 17:56 (vor 949 Tagen) @ VT642

Hallo VT642,

in deinem Fall musstest du auf jedem Fall über Frankfurt(Oder) fahren und zwar ausschließlich mit PKP Intercity. Wenn du mit einer früherer Verbindung fahren möchtest, dann brauchst du für die PKP IC Züge auch eine Sitzplatzreservierung (Platzkarte), da alle Züge von PKP IC reservierungspflichtig sind.

Wie es schon erklärt wurde, die 20 Minuten sind eine Kulanzleistung der DB, die nur im Inland gilt. Es wäre auch spannend zu wissen, was für ein Wegetext für den polnischen Teil eingetragen ist.

Was aber noch möglich wäre: Diese Fahrkarte zurückgeben, da der Vertrag nicht erfüllt werden kann, was auch beim Supersparpreis zur 100% Erstattung führen muss. Danach eine neue Fahrkarte kaufen, die besser passt. Wäre die Verspätung größer als 60 Minuten gewesen, könnte man eine alternative Fahrkarte zur Erstattung einreichen.

Viele Grüße,
A-W

[PL] Generelle Reservierungspflicht aufgehoben

Zg_2, Montag, 23.08.2021, 19:53 (vor 949 Tagen) @ A-W

da alle Züge von PKP IC reservierungspflichtig sind.

Hallo,

wie man auf der Homepage von PKP Intercity nachlesen kann, stimmt das im polnischen Binnenverkehr seit dem 26.06.2021 so generell nicht mehr.
Im grenzüberschreitenden Fernverkehr wird jedoch weiterhin eine Reservierung benötigt.

Gruß

Zg_2

[PL] Generelle Reservierungspflicht teilweise aufgehoben

A-W, Hannover, Montag, 23.08.2021, 20:06 (vor 949 Tagen) @ Zg_2
bearbeitet von A-W, Montag, 23.08.2021, 20:06

Danke für den Hinweis. Auf der von dir verlinkter Seite gibt es aber auch eine lange Liste der Züge im Binnenverkehr, wo die Reservierung weiterhin notwendig ist.
Hier habe ich gerade nachgelesen, dass die Pflicht in den Triebzügen beibehalten wird und in den Garnituren mit Wagons eben aufgehoben wird. Ich hoffe nur sehr, dass das auch sinnvoll im System hinterlegt wurde...

Viele Grüße,
A-W

OT: Erstattung wegen Nichterfüllbarkeit Beförderungsvertrag?

michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 21:19 (vor 949 Tagen) @ A-W

Was aber noch möglich wäre: Diese Fahrkarte zurückgeben, da der Vertrag nicht erfüllt werden kann, was auch beim Supersparpreis zur 100% Erstattung führen muss. Danach eine neue Fahrkarte kaufen, die besser passt.

Wurde dieses Vorgehen bereits erfolgreich mit solchen Fahrkarten (Supersparpreis oder Sparpreis und/oder in der Europavariante) durchgeführt? Wenn das stimmt, könnten alle Fahrkarten, die fahrplanbasiert gebucht wurden und deren zugrundeliegende Verbindung durch nachträgliche Fahrplanänderungen so nicht mehr fahrbar ist, erstattet werden; auch solche, bei denen die Beförderungsbedingungen eine Erstattung ausschließen.
Meine Frage bezieht sich nicht auf den Fahrtabbruch nach der EG-VO 1371/2007.

OT: Erstattung wegen Nichterfüllbarkeit Beförderungsvertrag?

mmandl, Montag, 23.08.2021, 21:30 (vor 949 Tagen) @ michael_seelze

Was aber noch möglich wäre: Diese Fahrkarte zurückgeben, da der Vertrag nicht erfüllt werden kann, was auch beim Supersparpreis zur 100% Erstattung führen muss. Danach eine neue Fahrkarte kaufen, die besser passt.


Wurde dieses Vorgehen bereits erfolgreich mit solchen Fahrkarten (Supersparpreis oder Sparpreis und/oder in der Europavariante) durchgeführt? Wenn das stimmt, könnten alle Fahrkarten, die fahrplanbasiert gebucht wurden und deren zugrundeliegende Verbindung durch nachträgliche Fahrplanänderungen so nicht mehr fahrbar ist, erstattet werden; auch solche, bei denen die Beförderungsbedingungen eine Erstattung ausschließen.
Meine Frage bezieht sich nicht auf den Fahrtabbruch nach der EG-VO 1371/2007.

Hier stellt sich die Frage, inwieweit die VO 1371/2007 bzw. die EVO eine Sperrwirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht bzw. dem allgemeinen Schuldrecht des BGB entfaltet. Ersteres ist höchst umstritten, bzgl. letzterem geht die ganz h.M. davon aus, dass der umfängliche Haftungsauuschluss des § 17 EVO a.F. in den neuen § 8 EVO hineinzulesen ist. Ich bin der Auffassung, dass beide Rechtsakte keine Sperrwirkung entfalten.

OT: Erstattung wegen Nichterfüllbarkeit Beförderungsvertrag?

michael_seelze, Montag, 23.08.2021, 21:57 (vor 949 Tagen) @ mmandl

Was aber noch möglich wäre: Diese Fahrkarte zurückgeben, da der Vertrag nicht erfüllt werden kann, was auch beim Supersparpreis zur 100% Erstattung führen muss. Danach eine neue Fahrkarte kaufen, die besser passt.


Wurde dieses Vorgehen bereits erfolgreich mit solchen Fahrkarten (Supersparpreis oder Sparpreis und/oder in der Europavariante) durchgeführt? Wenn das stimmt, könnten alle Fahrkarten, die fahrplanbasiert gebucht wurden und deren zugrundeliegende Verbindung durch nachträgliche Fahrplanänderungen so nicht mehr fahrbar ist, erstattet werden; auch solche, bei denen die Beförderungsbedingungen eine Erstattung ausschließen.
Meine Frage bezieht sich nicht auf den Fahrtabbruch nach der EG-VO 1371/2007.


Hier stellt sich die Frage, inwieweit die VO 1371/2007 bzw. die EVO eine Sperrwirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht bzw. dem allgemeinen Schuldrecht des BGB entfaltet. Ersteres ist höchst umstritten, bzgl. letzterem geht die ganz h.M. davon aus, dass der umfängliche Haftungsauuschluss des § 17 EVO a.F. in den neuen § 8 EVO hineinzulesen ist.

Inwiefern berührt § 8 EVO die Erstattung von Fahrkarten?

Ich bin der Auffassung, dass beide Rechtsakte keine Sperrwirkung entfalten.

Wenn dem so wäre, hieße das also, dass eine Erstattung von Fahrkarten, deren zugrundeliegende Verbindung durch nachträgliche Fahrplanänderungen so nicht mehr fahrbar ist, ohne Abzüge zu erfolgen hätte?

OT: Erstattung wegen Nichterfüllbarkeit Beförderungsvertrag?

mmandl, Montag, 23.08.2021, 22:46 (vor 949 Tagen) @ michael_seelze
bearbeitet von mmandl, Montag, 23.08.2021, 22:47

Was aber noch möglich wäre: Diese Fahrkarte zurückgeben, da der Vertrag nicht erfüllt werden kann, was auch beim Supersparpreis zur 100% Erstattung führen muss. Danach eine neue Fahrkarte kaufen, die besser passt.


Wurde dieses Vorgehen bereits erfolgreich mit solchen Fahrkarten (Supersparpreis oder Sparpreis und/oder in der Europavariante) durchgeführt? Wenn das stimmt, könnten alle Fahrkarten, die fahrplanbasiert gebucht wurden und deren zugrundeliegende Verbindung durch nachträgliche Fahrplanänderungen so nicht mehr fahrbar ist, erstattet werden; auch solche, bei denen die Beförderungsbedingungen eine Erstattung ausschließen.
Meine Frage bezieht sich nicht auf den Fahrtabbruch nach der EG-VO 1371/2007.


Hier stellt sich die Frage, inwieweit die VO 1371/2007 bzw. die EVO eine Sperrwirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht bzw. dem allgemeinen Schuldrecht des BGB entfaltet. Ersteres ist höchst umstritten, bzgl. letzterem geht die ganz h.M. davon aus, dass der umfängliche Haftungsauuschluss des § 17 EVO a.F. in den neuen § 8 EVO hineinzulesen ist.

Inwiefern berührt § 8 EVO die Erstattung von Fahrkarten?

Der alte § 17 EVO wurde so verstanden, dass er Schadensersatz (§§ 280 ff. BGB) und Rücktritt (§§ 323 ff. BGB) ausschließt. Diese Vorschrift wurde durch den heutigen § 8 EVO ersetzt. Die ganz h. M. liest den alten § 17 in den neuen § 8 hinein, was m.E. nur schwer vertretbar ist, oder wo ermöglicht § 26 AEG die Abweichung von den Regelungen des BGB?

Ich bin der Auffassung, dass beide Rechtsakte keine Sperrwirkung entfalten.


Wenn dem so wäre, hieße das also, dass eine Erstattung von Fahrkarten, deren zugrundeliegende Verbindung durch nachträgliche Fahrplanänderungen so nicht mehr fahrbar ist, ohne Abzüge zu erfolgen hätte?

Ohne Abzüge auf jeden Fall, die Frage ist nur, ob man auch in die §§ 323 ff. BGB eine wie auch immer geartete Erheblichkeitsschwelle hineinliest. Wird man wohl machen müssen (siehe nur Abs. 5). Wahrscheinlich laufen dann § 323 BGB und Art. 16 lit. a VO 1371/2007 so ziemlich parallel.

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