Mit tåg und tog durch Skandinavien (1/7 m. 66 B) (Reiseberichte)
Hallo zusammen,
ich nutze weiterhin die Zeit der eingeschränkten Reisemöglichkeiten zum Aufarbeiten alter Reisen, mittlerweile sind wir im August 2019 angekommen.
Nachdem wir zuletzt kleinere Rundreisen und Tagestouren unternommen hatten, kürzlich zur Pilatusbahn, geht es nun mal wieder auf eine große Reise.
Ich weiß, dass mich einige hier um den Wohnort Konstanz beneiden, ich bin in wenigen Minuten in der Schweiz, Österreich und Frankreich sind nicht weit und in weniger als 5 Stunden bin ich in Mailand. Ich bin schneller am Mittelmeer als an Nord- oder Ostsee.
Dafür sind die Niederlande und Polen weit weg und Skandinavien ist für mich auf Schienen nur mit mehrtägiger An- und Abreise zu erreichen. Auf dem Wunschzettel stand Skandinavien jedoch schon länger – nun wollen wir das endlich angehen.
Die erstklassige Tour führt uns in acht Tagen über Dänemark nach Schweden und weiter nach Norwegen. Mit Dovrebahn, Raumabahn, Bergenbahn und Flåmbahn stehen einige der bekanntesten Bahnstrecke im Norden auf unserem Programm.
Am ersten Reisetag fahren wir von Konstanz über Zürich nach Hamburg und über die Vogelfluglinie bis Nykøbing Falster in Dänemark. Am zweiten Tag geht die Reise weiter über Kopenhagen nach Stockholm. Der dritte Tag führt uns über Åre und Storlien nach Trondheim in Norwegen. Weiter geht es am vierten Tag über die Raumabahn nach Åndalsnes. Am fünften Tag steht der erste Teil der Bergenbahn auf dem Programm, wir übernachten in Finse und erkunden am sechsten Tag die Flåmbahn und die weitere Strecke der Bergenbahn. An Tag sieben besuchen wir Oslo und besteigen die Fähre nach Kiel, an Tag acht geht es dann wieder quer durch Deutschland zurück an den Bodensee.
Tag 1: Konstanz – Kreuzlingen – Weinfelden – Zürich – Hamburg - Nykøbing Falster
Wir wollen heute von Konstanz nach Norden fahren. Wegen Bauarbeiten ist Konstanz zum Zeitpunkt der Reise jedoch weitgehend vom deutschen Netz abgeschnitten, da sowohl Schwarzwaldbahn als auch Gäubahn dicht sind. Und so komme ich zu dem Schluss, dass es bequemer ist, in Zürich in den ICE zu steigen, als mit Nahverkehrszügen und Schienenersatzverkehr auf die Reise zu gehen.
Die Reise ist komplett durchgeplant und wir stehen pünktlich morgens um 6 Uhr in Konstanz am Bahnhof, um den InterRegio nach Zürich zu besteigen. Aber der Zug fährt nicht!
Aufgrund einer Bahnübergangsstörung zwischen Konstanz und Kreuzlingen verzögert sich die Bereitstellung für unbestimmte Zeit. Scheitert die ganze Reise jetzt schon am ersten Zug? Ich muss sagen, es gibt schönere Erlebnisse als solch einen Auftakt.
Was nun?
Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen – aber dann laufen wir halt! In zwanzig Minuten fährt in Kreuzlingen die S 14 nach Weinfelden ab, mit Umsteigen in Weinfelden sollten wir den ICE in Zürich gerade so noch erreichen.
Den ersten Grenzübertritt der Tour legen wir somit zu Fuß zurück, das Bild zeigt den autofreien Hauptzoll zwischen Konstanz und dem schweizerischen Kreuzlingen.
Geschafft. Die S 14 fährt normalerweise von Konstanz nach Weinfelden, aufgrund der Bahnübergangsstörung wendet sie jedoch bereits in Kreuzlingen und bietet uns damit die Chance, weiterzukommen in Richtung Zürich.
Bei der Fahrt im GTW können wir nun die Morgenstimmung genießen. Wir fahren hier von Kreuzlingen hinauf auf den Seerücken, die Türme rechts gehören zur Altstadt von Konstanz. So richtig entspannen können wir aber noch nicht, denn damit wir den ICE erreichen, darf jetzt nichts mehr schief gehen.
Der nächste IC nach Zürich rollt pünktlich in den Bahnhof von Weinfelden ein. Jetzt zur Hauptverkehrszeit ist die Doppelstockgarnitur des IC 8 um ein Verstärkermodul ergänzt.
Wir fahren hier auf der Thurtallinie über Frauenfeld nach Winterthur. In der Bildmitte sehen wir das Türmlihus von Kefikon, der Ort liegt auf der Grenze zwischen den Kantonen Thurgau und Zürich.
Diese Verbindung unterschreitet die Mindestübergangszeit in Zürich, aber schnellen Schrittes…
…erreichen wir den ICE 76 nach Hamburg. Man möge es mir nachsehen, dass es angesichts der Umstände kein Außenbild des Zugs gibt. Fast acht Stunden lang fahren wir nun erst durch die Schweiz, dann einmal in Süd-Nord-Richtung durch Deutschland.
Ich mag den ICE 1 und auch so lange Fahrten. Man macht es sich bequem und schaut gemütlich zu, wie die unterschiedlichen Landschaften und Regionen am Fenster vorbeiziehen. Vom Oberrheintal mit Blick zu den Hügeln des Schwarzwalds über das hessische Ried und das Kinzigtal.
Anschließend geht es auf der Schnellfahrstrecke abwechselnd durch Tunnel und über lange Talbrücken durch die Mittelgebirgslandschaft.
Schließlich der Übergang vom niedersächsischen Bergland mit dem Höhenzug der Sieben Berge zum norddeutschen Tiefland und dann die Fahrt durch die Lüneburger Heide.
In Hamburg wechseln wir auf den Eurocity nach Nykøbing Falster in Dänemark. Eigentlich reicht die Verbindung nach Kopenhagen, wegen Bauarbeiten auf dänischer Seite fährt der Zug jedoch nur bis Nykøbing Falster. Ich habe diese Verbindung bewusst gewählt als Abschiedsfahrt auf der Vogelfluglinie. Auf der Strecke werden dänische Dieseltriebzüge vom Typ IC3 eingesetzt. Das Konzept für den IC3 wurde von Niels Tougaard Nielsen entwickelt – ach, lest selbst:
Nur schade, dass sich das Wetter hier im Norden so grau und unfreundlich präsentiert, im Hochsommer hätte ich mir etwas mehr Sonne und Urlaubsstimmung nachher für die Fähre gewünscht.
Beim nächsten Bild fahren wir über den Fehmarnsund auf die Insel Fehmarn.
Am anderen Ende der Insel in Puttgarden fährt der Zug dann auf eine Eisenbahnfähre. Die Vogelfluglinie mit dem Eisenbahntrajekt über den Fehmarnbelt wurde 1963 eröffnet. Im Zuge des Baus des Fehrmarnbelttunnels wurde die Eisenbahnfährverbindung im Dezember 2019 eingestellt.
Während der Überfahrt müssen die Passagiere den Zug verlassen – das hätten wir aber ohnehin getan, denn so eine Fährpassage ist doch an Deck viel interessanter.
Die Fährverbindung von Puttgarden nach Rødbyhavn ist 19 Kilometer lang, die Überfahrt dauert 45 Minuten. Der Name Vogelfluglinie leitet sich ab von der parallellaufenden Flugroute der Kraniche und anderer arktischer Wasservögel zwischen Mitteleuropa und Skandinavien.
Ein letztes Mal folgen wir nun der Beschilderung auf der Fähre zum untersten Deck, wo sich neben Spuren für LKW das Eisenbahngleis befindet. Die Triebzüge können die Doppelend-Fähren mit eigener Kraft befahren und verlassen, Rangiermanöver bedarf es hier nicht.
Der Zug fährt mit den Fahrgästen von der Fähre bis zum Bahnsteig in Rødby, dort verlassen die meisten Fahrgäste den Zug und wechseln auf den SEV-Bus, der direkt bis Kopenhagen fährt. Auf so eine lange Busfahrt haben wir jedoch keine Lust und bleiben daher im leeren Zug.
Der Zug fährt nun weiter über die Insel Lolland und wechselt dann über den Guldborgsund auf die Insel Falster. Das nächste Bild zeigt die Fahrt über die Kong Frederik d. IX’s Bro, eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke mit Klappsegment. Am anderen Ufer liegt die Stadt Nykøbing.
Im Bahnhof von Nykøbing endet kurz darauf die Fahrt des EC, wir haben den Ort deshalb für die erste Übernachtung ausgewählt.
Die Stadt Nykøbing hat knapp 17.000 Einwohner. Da es in Dänemark zwei weitere Städte mit gleichem Namen gibt, wird dieser Ort als Nykøbing Falster oder auch Nykøbing F bezeichnet. Zu den Sehenswürdigkeiten der Hafenstadt gehört die gotische Klosterkirken, die im 15. Jahrhundert als Kirche für ein Franziskanerkloster errichtet wurde.
Den kleinen abendlichen Stadtrundgang beenden wir am Wasserturm, der 43 Meter hohe Bau aus dem Jahr 1908 war Dänemarks erster Stahlbetonbau in dieser Größe. Damit beschließen wir den ersten Reisetag.
Es geht gleich weiter...
--
"Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/