Sonntags um 9 in Bielefeld (Reiseberichte)

Der Blaschke, Sonntag, 18.10.2020, 11:04 (vor 1279 Tagen)

Hallöchen!

Man sagt ja so den Ostwestfalen manchmal eine gewisse Drömeligkeit nach. Einen gewissen Phlegmatismus. Und dass es etwas langweilig sei mit ihnen.

Alles Vorurteile. Das Gegenteil ist nämlich der Fall.

Pause in Bielefeld Hbf kurz vor 9. Im Lotto-/Tabak-/Lebensmittelladen ist Stau an der Kasse. Weil einer Unmengen Glücksspiele spielen will. Einer Kundin dauert das zu lange; hektisch schiebt sie ab Richtung Zeitungsladen. Da sind aber alle Türen zu. Also wieder zurück. "Wann macht denn der Zeitungsladen auf!!?" Wenigstens ist die Antwort ostwestfälisch knapp:"9". Tja, muss die Dame bei uns in der Schlange warten.

Am Servicepoint ist auch schon ein Kunde aktiv. Ich trotte derweil zum Zug zurück. Es ist 8.59h. Und ich werde schon erwartet. Ist das der Zug nach Rheine? Zug fahren Bünde? Darf ich schon einsteigen? Ja Ja Ja! Glücklich entern sie aufgeregt den Zug.

Dann geht es pünktlich los. In meiner Platzgruppe sitzen 4 Kunden.

Der erste hält mir die Reiseverbindung hin. Ticket? Neein, nix Ticket. Kaufen in Zug, sagen Bahn. Jo. Also ab zum Automaten. Der ist sogar willig. Bielefeld nach Bad Bentheim geht auch. Erstaunlich, weil doch im Niedersachsentarif ein Verkauf im Zug gar nicht erwünscht ist. Immerhin sichere ich so 27,70€ Fahrgeldeinnahmen; Kontrollpersonal fehlt. Stolzer Preis für die paar Meter; da fahren andere durch ganz Deutschland.

Der nächste hält mir fröhlich ein Niedersachsenticket unter die Nase. Ich kläre auf, dass das erst ab Herford gilt. - Aber neulich in Osnabrück habe er doch auch ein Niedersachsentarif nach Bielefeld bekommen. Ich gebe mir Mühe, den Wahnsinn zu erklären: Niedersachsenticket-Geltungsbereich ist ungleich Niedersachsentarif-Geltungsbereich. Er versteht das aber. Die Sache ist damit abgehakt; beim nächsten Mal will er aufpassen.

Dann sind 2 Studierende im Zug Richtung Elternbesuch. Immer wieder süß, wenn man bei der Frage nach dem Grund der Fahrt die leuchtenden Augen und das Strahlen im Gesicht sieht, wenn es zu Mama und Papa geht. Interessant hier und heute, dass sie beide erzählen, sie seien in Bielefeld mit der S-BAHN (!) zum Bahnhof gelangt. Erinnerte mich an die Hannoveraner, die immer stolz von der U-BAHN berichten. Die es in Hannover gar nicht gibt; das ist nur eine unterirdische Straßenbahn. Ich habe dann an neue, unbedarfte Interviewer gedacht. Die tippen dann 'S-Bahn' ein. Dann verlangt die Software aber einen Einstiegsbahnhof - die dann auf Nachfrage genannte STRASSENBAHN-Haltestelle kennt die Apparatur dann natürlich nicht. Filmriss. Ich mache natürlich aus der S-Bahn eine Straßenbahn und alles ist ordnungsgemäß.

In Herford trudeln dann auch Fahrgäste ein. 5 an der Zahl. Die erste wirkt etwas müde und geschafft. Um halb 10? Der Fahrschein bringt die Lösung: SSP aus Berlin. ICE bis Braunschweig, WFB nach Herford. Jetzt bis weit an die niederländische Grenze.

Kunde 2 ist genau so müde. Ticket einscannen. Und: kommt auch aus Berlin. Ja, das sei ein günstiger SSP gewesen. Da könne man auch mal früh aufstehen.

Kunde 3, na ja, ihr ahnt das schon, ist auch etwas demotiviert. Dafür staune ich umso mehr: auch aus Berlin. Immerhin aber mal nicht am Hbf eingestiegen, sondern schon Gesundbrunnen.

Wenigstens sind die Ziele unterschiedlich, aber 3x Berlin mit identischem Fahrtverlauf, das hat auch mal was. Wenigstens
hatten die Tickets zum Einscannen, sonst denkt die Zählfirma noch, dass ich hier den Guttenberg mache.

Die beiden anderen waren dann Fahrkarten-Stücklerinnen. Mit vorhandenem NRW-Fahrschein nach Herford und jetzt mit dem Niedersachsen-Ticket mit nur einmal Umsteigen in Rheine direkt zum Außenhafen in Emden und ab auf die Insel. Da kann man nicht krank werden, weil der Wind von der See kommt, also kein Virus.

Sodele, jetzt durchquere ich mein Heimatstädtchen. Die Niederlande rufen! Noch ist die ERB fest entschlossen, Hengelo zu erreichen.


Schöne Grüße von jörg

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