Kapitel 4: Go West! Teil 1 (Reiseberichte)
Hallo liebes Forum,
ich mache dann mal weiter. ;-)
Im dritten Kapitel gab es bereits reichlich Eindrücke aus der Ukraine zu sehen.
Gesättigt von so vielen Eindrücken musste auch der längste Urlaub irgendwann einmal zu Ende gehen. Also fand ich ich am Abend meines dritten Tages am Bhf. von Kiew ein, gegen halb sieben ging’s los mit dem Zug. Auch diesmal war es ein älterer Wagen ohne Steckdosen. Es folgte die bis dahin längste Bahnfahrt meines Lebens mit 14,5 h, das war noch länger als Bar – Belgrad inkl. Verspätung. In meinem Abteil war eine Frau aus den Karpaten (wimre Swaljawa), die Deutsch konnte, sowie zwei ältere Herrschaften in den 50ern aus Tschernigow (sie legten Wert darauf, dass es Tschernigow – russischer Name – heißt und nicht Tschernihiw – ukranischer Name), die witzigerweise dasselbe Ziel hatten wie ich: das Oktoberfest. :D Einer der beiden sprach ziemlich gut Deutsch (was er auf Deutsch nicht wusste, konnte er stattdessen auf Englisch), der andere sprach kein Wort.^^ Ich bin der Meinung, sie sprachen miteinander einen Mischmasch aus Russisch und Ukrainisch, allerdings kann ich mich nicht erinnern, so einen Mischmasch jemals irgendwo anders gehört zu haben. Sie boten mir immer ihr Essen an, aber ich konnte nur mit Keksen dienen.^^ Bestimmt gehörten sie zur ukrainischen Oberschicht. Nur wenige Ukrainer können sich überhaupt eine Reise in den teuren Westen leisten, und die wenigsten einen Besuch des teuren Oktoberfests.
1 Vorbereitungen für eine laaange Fahrt
2 In Osteuropa hängt der Fahrplan immer in gedruckter Form in den Zügen im Gang
Ich war von einer ruhigen Nacht ausgegangen, aber daraus wurde nichts. Nie hätte ich geahnt, dass Menschen so laut schnarchen können. Und dieser Schnarcher war direkt in meinem Abteil, derjenige, der Deutsch konnte. -.- Viertel nach 12 nachts erreichte der Zug Sdolbuniw, hier war Lok- und Richtungswechsel. Erst gegen halb zwei schlief ich ein. Kurz nach halb vier war ich kurz wach, da hielt der Zug gerade in Lemberg. Gerade hatte es zum ersten Mal seit Kroatien geregnet.^^
3 Mitternacht in Sdolbuniw
4 – 5 Monster
6 IC+ in Lemberg
Ab halb sieben war ich schon wieder wach, weil dieser Mensch einfach so unfassbar laut schnarchte. -.- Im Morgengrauen durchquerte der Zug wieder auf sehr schöner Strecke die Karpaten, die Gegend kannte ich ja schon von der Hinfahrt. Kurz nach 9 erfolgte die Ankunft in Tschop. Ich war froh, dass sie pünktlich war, denn ich hatte 37 min Umsteigezeit und nur zweimal täglich fuhr ein Zug.
Übrigens war dies mein bis heute niedrigster km-Preis: wenn ich den Aufpreis vom 4er-Abteil ggü. Platzkartnyj extra erfasse 0,55 ct/km. ;-) (Und selbst wenn ich den Aufpreis zum normalen Fahrpreis zähle, war es immer noch der niedrigste Wert^^). Inkl. Zuschlag kostete die Fahrt 7,60 €.
7 – 8 Morgengrauen in den Karpaten
9 Müsste Mukatschewo sein, wenn nicht könnt ihr gern ein Bahnhofsrätsel draus machen ;-)
10 Parade des Rosts
Zehn Reisende nahmen den nächsten Zug, außer mir vier Ukrainer (u a die beiden aus meinem Abteil), zwei Tschechen und eine Mutter mit zwei Kindern, die, wenn ich’s richtig gesehen hab, einen deutschen Pass hatte. Dafür waren waren ca. 20 Zollbeamte anwesend, ca. 13 beschäftigt mit Quatschen, 6 mit Reisendenlenkung und flüchtigen Gepäckkontrollen und einer mit der Passkontrolle.^^ Mein gekauftes und gültiges Ticket musste noch für stolze 14 Hrywnja (fast 50 ct) entwertet werden (d h Stempel drauf), damit ich in den Zollraum durfte. Zahlung nur in Hrywnja und Verständigung nur auf Russisch möglich (im Westen der Ukraine wird ja normalerweise fast ausschließlich Ukrainisch gesprochen, aber an der Außengrenze der damaligen Sowjetunion waren viele Russen eingesetzt, die sich teilweise dort niedergelassen und bis heute nicht ihre Sprache aufgegeben haben). Für die zehn Reisenden reichte ein einzelner Wagen voll und ganz. Gezogen wurde er von einer fetten E-Lok.^^
11 Spielzeugzug^^
12 Selbst der Bahnübergang ist besetzt
13 Hier zweigt die Strecke nach Ungarn ab
14 Grenzturm
15 До побачення!
Die slowakische Einreisekontrolle erfolgte auf freier Strecke am Grenzposten zwischen Stacheldraht. Die slowakischen Zöllner waren extremst unfreundlich, blafften die Reisenden rüde an. Sie konnten nur Ostslowakisch, nicht einmal normales Slowakisch, geschweige denn Fremdsprachen. Einer durchwühlte meinen Koffer, wobei er ungefähr die Hälfte der Sachen nach Belieben auf den Boden warf, ohne sie wieder aufzuheben oder sich auch nur zu entschuldigen. Irgendwann verschwanden sie mit allen Pässen, ohne etwas zu sagen. Die ganze Prozedur zog sich immer mehr in die Länge, ich hatte wenig Lust, 2 h in Čierna nach Tisou, einem Ort in den verschiedenen Stufen des Verfalls, zu verbringen. Die Slowaken wollten den Ukrainern gleich zeigen, wie willkommen sie in Europa sind: gar nicht. -.- Immerhin behandelten sie uns alle gleich, unabhängig von der Nationalität.^^ Fast eine Stunde dauerte die „Kontrolle“ genannte Schikane. Čierna nach Tisou wurde schließlich mit + 11 erreicht, für 9 km hatte der Zug 1:15 h gebraucht.
16 Grenzübergang Čierna nad Tisou
17 Umringt von Stacheldraht
Ich hatte nur noch 6 min Umsteigezeit und rief dem Schaffner des Anschlusszuges zu, ich müsse noch ein Ticket kaufen. Daraufhin tippte er arrogant auf die Uhr. Na gut, dann bin ich halt gleich eingestiegen. Kurz nach Abfahrt kam er zu mir und verlangte den Bordpreis! Dass der andere Zug verspätet war und er mir selber durch seine Handgeste vom Ticketkauf abgeraten hatte, interessierte ihn nicht, er argumentierte, die anderen Umsteiger hätten ja auch Tickets. Allerdings hatten alle Online-Tickets. ŽSSK ist und bleibt ein Drecksverein, und zwar in erster Linie wegen der Mitarbeiter! Mit nicht funktionierendem WLAN kann übrigens nicht nur die DB werben…
Nun befuhr das 20. Land im Fahrplanjahr 2017. 2015 war ich sehr viel in der Slowakei unterwegs gewesen, ich kenne das Land gut und beherrsche halbwegs die Sprache. 2016 war ich nochmal kurz da, danach lag meine Pünktlichkeitsquote in diesem Land bei knapp unter 50 %. :D Jetzt fuhr ich in einem modernen Zug Richtung Košice. Die Geschwindigkeit war teilweise dreistellig, an einigen kurzen Stellen aber unter 30 km/h. Košice wurde mit + 2 erreicht.
18 Links der internationale Zug. Rechts steht natürlich nicht der Anschlusszug, das wäre ja zu einfach, sondern ein abgestellter Zug, um den man erstal außen rum latschen muss...
19 Die Lok wirkt weitaus weniger modern als die Wagen
20 Güterzug auf der Breitspurstrecke – ui, wie exotisch!
21 USS Steel Košice
22 Gipskopf... -.-
In Košice hatte ich gut anderthalb Stunden Pause, die ich zum Mittagessen nutzte. Nachdem ich gerade aus der Ukraine gekommen war, dachte ich tatsächlich einen Moment ‚Das ist ja schon ein bisschen teuer‘. :D Die Alstadt von Košice habe ich diesmal gar nicht gesehen, aber 2015 war ich einen ganzen Tag hier. Eigentlich hatte ich vor, all meine Fremdwährungen hier zurückzutauschen (Košice bietet sich am Rande der Euro-Zone gelegen ja wunderbar dazu an), aber wegen des Feiertages waren leider alle Wechselstuben geschlossen.
23 Zwischen Bahnhof und Alstadt von Košice
24 Bahnhof Košice mit Trams
Mittlerweile war es halb zwei mittags, ich fuhr weiter. In Kysak wartete mein Zug auf Anschlussreisende von einem verspäteten Zug aus Richtung Poprad, was ihm in Prešov + 9 einbrachte.
Viel zu sehen gab es in Prešov nicht, außerdem war ich nach der kurzen Nacht ziemlich müde. Am Feiertag wirkte die Stadt auch sehr verwaist. Košice finde ich schöner.
25 Altertümliches Gefährt
26 – 27 In der Altstadt von Prešov
28 Die Kirche
29 Hatte echt noch niemand Zeit, Hammer und Sichel da mal abzunehmen!? :D
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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)