Kapitel 4: Go West! Teil 1 (Reiseberichte)

Krümelmonster, München, Samstag, 09.02.2019, 15:56 (vor 1875 Tagen)

Hallo liebes Forum,

ich mache dann mal weiter. ;-)

Im dritten Kapitel gab es bereits reichlich Eindrücke aus der Ukraine zu sehen.
Gesättigt von so vielen Eindrücken musste auch der längste Urlaub irgendwann einmal zu Ende gehen. Also fand ich ich am Abend meines dritten Tages am Bhf. von Kiew ein, gegen halb sieben ging’s los mit dem Zug. Auch diesmal war es ein älterer Wagen ohne Steckdosen. Es folgte die bis dahin längste Bahnfahrt meines Lebens mit 14,5 h, das war noch länger als Bar – Belgrad inkl. Verspätung. In meinem Abteil war eine Frau aus den Karpaten (wimre Swaljawa), die Deutsch konnte, sowie zwei ältere Herrschaften in den 50ern aus Tschernigow (sie legten Wert darauf, dass es Tschernigow – russischer Name – heißt und nicht Tschernihiw – ukranischer Name), die witzigerweise dasselbe Ziel hatten wie ich: das Oktoberfest. :D Einer der beiden sprach ziemlich gut Deutsch (was er auf Deutsch nicht wusste, konnte er stattdessen auf Englisch), der andere sprach kein Wort.^^ Ich bin der Meinung, sie sprachen miteinander einen Mischmasch aus Russisch und Ukrainisch, allerdings kann ich mich nicht erinnern, so einen Mischmasch jemals irgendwo anders gehört zu haben. Sie boten mir immer ihr Essen an, aber ich konnte nur mit Keksen dienen.^^ Bestimmt gehörten sie zur ukrainischen Oberschicht. Nur wenige Ukrainer können sich überhaupt eine Reise in den teuren Westen leisten, und die wenigsten einen Besuch des teuren Oktoberfests.
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1 Vorbereitungen für eine laaange Fahrt
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2 In Osteuropa hängt der Fahrplan immer in gedruckter Form in den Zügen im Gang
Ich war von einer ruhigen Nacht ausgegangen, aber daraus wurde nichts. Nie hätte ich geahnt, dass Menschen so laut schnarchen können. Und dieser Schnarcher war direkt in meinem Abteil, derjenige, der Deutsch konnte. -.- Viertel nach 12 nachts erreichte der Zug Sdolbuniw, hier war Lok- und Richtungswechsel. Erst gegen halb zwei schlief ich ein. Kurz nach halb vier war ich kurz wach, da hielt der Zug gerade in Lemberg. Gerade hatte es zum ersten Mal seit Kroatien geregnet.^^
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3 Mitternacht in Sdolbuniw
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4 – 5 Monster
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6 IC+ in Lemberg
Ab halb sieben war ich schon wieder wach, weil dieser Mensch einfach so unfassbar laut schnarchte. -.- Im Morgengrauen durchquerte der Zug wieder auf sehr schöner Strecke die Karpaten, die Gegend kannte ich ja schon von der Hinfahrt. Kurz nach 9 erfolgte die Ankunft in Tschop. Ich war froh, dass sie pünktlich war, denn ich hatte 37 min Umsteigezeit und nur zweimal täglich fuhr ein Zug.
Übrigens war dies mein bis heute niedrigster km-Preis: wenn ich den Aufpreis vom 4er-Abteil ggü. Platzkartnyj extra erfasse 0,55 ct/km. ;-) (Und selbst wenn ich den Aufpreis zum normalen Fahrpreis zähle, war es immer noch der niedrigste Wert^^). Inkl. Zuschlag kostete die Fahrt 7,60 €.
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7 – 8 Morgengrauen in den Karpaten
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9 Müsste Mukatschewo sein, wenn nicht könnt ihr gern ein Bahnhofsrätsel draus machen ;-)
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10 Parade des Rosts
Zehn Reisende nahmen den nächsten Zug, außer mir vier Ukrainer (u a die beiden aus meinem Abteil), zwei Tschechen und eine Mutter mit zwei Kindern, die, wenn ich’s richtig gesehen hab, einen deutschen Pass hatte. Dafür waren waren ca. 20 Zollbeamte anwesend, ca. 13 beschäftigt mit Quatschen, 6 mit Reisendenlenkung und flüchtigen Gepäckkontrollen und einer mit der Passkontrolle.^^ Mein gekauftes und gültiges Ticket musste noch für stolze 14 Hrywnja (fast 50 ct) entwertet werden (d h Stempel drauf), damit ich in den Zollraum durfte. Zahlung nur in Hrywnja und Verständigung nur auf Russisch möglich (im Westen der Ukraine wird ja normalerweise fast ausschließlich Ukrainisch gesprochen, aber an der Außengrenze der damaligen Sowjetunion waren viele Russen eingesetzt, die sich teilweise dort niedergelassen und bis heute nicht ihre Sprache aufgegeben haben). Für die zehn Reisenden reichte ein einzelner Wagen voll und ganz. Gezogen wurde er von einer fetten E-Lok.^^
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11 Spielzeugzug^^
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12 Selbst der Bahnübergang ist besetzt
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13 Hier zweigt die Strecke nach Ungarn ab
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14 Grenzturm
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15 До побачення!
Die slowakische Einreisekontrolle erfolgte auf freier Strecke am Grenzposten zwischen Stacheldraht. Die slowakischen Zöllner waren extremst unfreundlich, blafften die Reisenden rüde an. Sie konnten nur Ostslowakisch, nicht einmal normales Slowakisch, geschweige denn Fremdsprachen. Einer durchwühlte meinen Koffer, wobei er ungefähr die Hälfte der Sachen nach Belieben auf den Boden warf, ohne sie wieder aufzuheben oder sich auch nur zu entschuldigen. Irgendwann verschwanden sie mit allen Pässen, ohne etwas zu sagen. Die ganze Prozedur zog sich immer mehr in die Länge, ich hatte wenig Lust, 2 h in Čierna nach Tisou, einem Ort in den verschiedenen Stufen des Verfalls, zu verbringen. Die Slowaken wollten den Ukrainern gleich zeigen, wie willkommen sie in Europa sind: gar nicht. -.- Immerhin behandelten sie uns alle gleich, unabhängig von der Nationalität.^^ Fast eine Stunde dauerte die „Kontrolle“ genannte Schikane. Čierna nach Tisou wurde schließlich mit + 11 erreicht, für 9 km hatte der Zug 1:15 h gebraucht.
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16 Grenzübergang Čierna nad Tisou
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17 Umringt von Stacheldraht
Ich hatte nur noch 6 min Umsteigezeit und rief dem Schaffner des Anschlusszuges zu, ich müsse noch ein Ticket kaufen. Daraufhin tippte er arrogant auf die Uhr. Na gut, dann bin ich halt gleich eingestiegen. Kurz nach Abfahrt kam er zu mir und verlangte den Bordpreis! Dass der andere Zug verspätet war und er mir selber durch seine Handgeste vom Ticketkauf abgeraten hatte, interessierte ihn nicht, er argumentierte, die anderen Umsteiger hätten ja auch Tickets. Allerdings hatten alle Online-Tickets. ŽSSK ist und bleibt ein Drecksverein, und zwar in erster Linie wegen der Mitarbeiter! Mit nicht funktionierendem WLAN kann übrigens nicht nur die DB werben…
Nun befuhr das 20. Land im Fahrplanjahr 2017. 2015 war ich sehr viel in der Slowakei unterwegs gewesen, ich kenne das Land gut und beherrsche halbwegs die Sprache. 2016 war ich nochmal kurz da, danach lag meine Pünktlichkeitsquote in diesem Land bei knapp unter 50 %. :D Jetzt fuhr ich in einem modernen Zug Richtung Košice. Die Geschwindigkeit war teilweise dreistellig, an einigen kurzen Stellen aber unter 30 km/h. Košice wurde mit + 2 erreicht.
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18 Links der internationale Zug. Rechts steht natürlich nicht der Anschlusszug, das wäre ja zu einfach, sondern ein abgestellter Zug, um den man erstal außen rum latschen muss...
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19 Die Lok wirkt weitaus weniger modern als die Wagen
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20 Güterzug auf der Breitspurstrecke – ui, wie exotisch!
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21 USS Steel Košice
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22 Gipskopf... -.-
In Košice hatte ich gut anderthalb Stunden Pause, die ich zum Mittagessen nutzte. Nachdem ich gerade aus der Ukraine gekommen war, dachte ich tatsächlich einen Moment ‚Das ist ja schon ein bisschen teuer‘. :D Die Alstadt von Košice habe ich diesmal gar nicht gesehen, aber 2015 war ich einen ganzen Tag hier. Eigentlich hatte ich vor, all meine Fremdwährungen hier zurückzutauschen (Košice bietet sich am Rande der Euro-Zone gelegen ja wunderbar dazu an), aber wegen des Feiertages waren leider alle Wechselstuben geschlossen.
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23 Zwischen Bahnhof und Alstadt von Košice
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24 Bahnhof Košice mit Trams
Mittlerweile war es halb zwei mittags, ich fuhr weiter. In Kysak wartete mein Zug auf Anschlussreisende von einem verspäteten Zug aus Richtung Poprad, was ihm in Prešov + 9 einbrachte.
Viel zu sehen gab es in Prešov nicht, außerdem war ich nach der kurzen Nacht ziemlich müde. Am Feiertag wirkte die Stadt auch sehr verwaist. Košice finde ich schöner.
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25 Altertümliches Gefährt
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26 – 27 In der Altstadt von Prešov
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28 Die Kirche
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29 Hatte echt noch niemand Zeit, Hammer und Sichel da mal abzunehmen!? :D

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)

Kapitel 4: Go West! Teil 2

Krümelmonster, München, Samstag, 09.02.2019, 15:57 (vor 1875 Tagen) @ Krümelmonster

Am nächsten Morgen startete ich um halb zehn am gemütlichen Stadtbahnhof von Prešov, es ging nach Kysak, exotischerweise pünktlich. Viele slowakische Züge sind wahrscheinlich älter als das Land, auf so ein Exemplar traf ich mal wieder. Bis Kysak hatte ich in diesem Jahr in der Slowakei zwei pünktliche und zwei unpünktliche Fahrten gehabt, was die durchschnittliche Pünktlichkeit sogar leicht verbesserte.^^ Ab Kysak ging es mit + 5 weiter im Rýchlik bis Poprad, im Zug gab es automatische Ansagen, die sogar Englisch sprachen (2015 hatte ich kein einziges Mal überhaupt Ansagen gehört). Die Ankunft in Poprad-Tatry erfolgte mit + 3. Dort, an einem der wichtigsten Bahnhöfe des Landes, gab es gerade einmal 18 Schließfächer, alle waren bereits belegt oder kaputt. Ich musste erst warten, dass im Büro von RegioJet um 12 Uhr die Mittagspause endete, bis ich dort mein Gepäck abgeben konnte.
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30 An alle, die das Bahnhofsrätsel nicht lösen konnten: Der Stadtbahnhof ist Prešov ist so üppig ausgestattet… ;-)
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31 Opa ist pünktlich
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32 Minizug
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33 Mächtiger Zug
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34 In der Ostslowakei
Da der Zugfahrplan nach Kežmarok zum Abgewöhnen war, musste ich den Bus nehmen. Der Busfahrer telefonierte während der Fahrt mit dem Handy, er kannte ja die Strecke.^^ Kežmarok ist eine sehenswerte alte Kleinstadt. Leider hatte ich für eine Führung durch die Burg nicht genügend Zeit. In der neuen evangelischen Kirche machte ich die Führung auf Slowakisch mit und habe fast alles verstanden! :-)
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35 – 36 Neue evangelische Kirche Kežmarok
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37 Daneben die Evangelische Holzkirche
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38 Altes Rathaus im Zentrum der Altstadt
Nach der Stadtbesichtigung fuhr ich mit dem Zug zurück nach Poprad und verfrachtete mein Gepäck vom RegioJet-Büro (das 17 Uhr schließen würde) in eines der glücklicherweise frei gewordenen Schließfächer. Dann ging ich zur Tatrabahn und fuhr durch bis Štrbské Pleso. Ab Starý Smokovec wurde es extrem voll, denn bei schönem Wetter drängten viele zurückkehrende Ausflügler aus den Bergen in den Zug, wodurch dieser letztlich 3 min Verspätung aufbaute (der 2-min-Anschluss klappte trotzdem). Das Zügchen fuhr oben am Hang entlang. Seitdem 2004 ein Orkan in der Tatra gewütet und alles zerstört hatte und die neu gepflanzten Bäume noch nicht hoch genug sind, hat man einen tollen Ausblick ins Tal. Die Panoramastrecke Starý Smokovec – Štrbské Pleso war für mich Neuland, 2015 war ich hier mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, aber behaglicherweise in die andere Richtung (nämlich bergab^^). Auch die Strecke von Kysak nach Spišská Nová Ves am Morgen war für mich unbekannt gewesen, sowie am Vortag von der Grenze bis Košice.
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39 Schicker alter Bahnhof von Kežmarok. Davor eher pfui.^^
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40 Bei meinem Anblick fängt das Gefährt gleich ganz wohlig an zu brummen ;-)
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41 – 42 Roma-Lager
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43 Tatrabahn
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44 – 45 Regnerische Tatra
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46 Die Strecke hat teils sehr enge Kurven
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47 Leider habe ich verpasst, was genau es umsonst gab… :-/
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48 – 49 Ausblick
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50 Zahnradbahn
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51 Rückfahrt nach Poprad
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52 Immer noch kein schöner Blick auf die Tatra
Während sich die Massen in der Tatrabahn noch wenigstens halbwegs verteilen konnten, glich die kleine Zahnradbahn einer Sardinenbüchse. Fotografieren wäre selbst dann witzlos gewesen, wenn ich am Fenster gestanden hätte, denn es war so voll, dass die Scheiben beschlagen waren – ohne dass es draußen kalt oder feucht gewesen wäre! Erst kurz vor Ankunft kam jemand auf die Idee, mal das Fenster zu öffnen. so schnell war der Zug ja nun auch wahrlich nicht, dass es gezogen hätte, denn talwärts sind nur 15 km/h Höchstgeschwindigkeit erlaubt.^^ Ankunft in Štrba war letztlich mit + 4 wegen Massenandrang. Im Schnellzug zurück nach Poprad musste ich mehrere Wagen lang suchen, bis ich einen freien Sitzplatz fand.
Abends in Poprad ging ich dann noch etwas essen, wofür ich ziemlich lange nach einem geöffneten Restaurant mit freien Plätzen suchen musste. Viertel vor zehn stieg ich dann in den Nachtzug, wo meine beiden Abteilgenossen (es hätten auch fünf werden können) bereits schnarchten.
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53 Leider hielt es der Lokführer für lustig, genau in dem Moment, wo ich abdrückte, zu hupen… -.-

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Kapitel 4: Go West! Teil 3

Krümelmonster, München, Samstag, 09.02.2019, 15:57 (vor 1875 Tagen) @ Krümelmonster

Die nächtliche Grenzüberquerung nach Tschechien erfolgte pünktlich, in Zeiten von Schengen merkt man das ja einzig an der SMS mit den Tarifinformationen. Lt. Google Zeitachse (die funktioniert erst ausgerechnet seit Poprad und ist tatsächlich äußerst nützlich beim Verfassen solcher Reiseberichte im Nachhinein ;-)) stand der Zug von 1:35 – 2:15 Uhr in Dětmarovice, was gar kein planmäßiger Halt war, Ankunft in Bohumín war mit + 50, Weiterfahrt mit + 40. Als ich aufwachte, hatte der Zug noch 25 min Verspätung, so erreichten wir Prag gegen 7 Uhr. Die Gepäckschließfächer waren erst schlecht ausgeschildert. Dann konnte man dort 100 Kronen (die ich ja dabei hatte) nur in 10- und 20-Kronen-Münzen bezahlen. Mehrere Geschäfte ließen mich abblitzen mit dem Kommentar: „Kauf doch was bei uns“. Also versuchte ich mein Glück bei Touristen, die nicht zuhören wollten, und Einheimischen, die sich auch nicht gerade kooperativ zeigten. Schließlich wurde mir am Fahrkartenschalter geholfen. Das ganze hatte über eine halbe Stunde gedauert. -.-
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54 Angekommen in Prag
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55 Da hängen auch polnische Wagen
Anschließend drehte ich eine Runde durch die schöne Altstadt. Tagsüber trampeln sich hier die Massen gegenseitig zu Tode, aber Sonntag morgens war es fast ruhig. Die Altstadt ist ja nicht allzu groß, so schaffte ich es, in zwei Stunden durchaus recht viel zu sehen.
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56 Wenzelsplatz von oben
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57 Wenzelsplatz von unten
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58 Alte Tatra
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59 Prachtvolles Gebäude mit neuer Škoda-Tram
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60 Moldau-Panorama, rechts die Karlsbrücke, wo sich tagsüber die Touris gegenseitig über den Haufen trampeln
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61 Hier ist die Karlsbrücke links
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62 – 66 Die morgendliche Ruhe vor dem Sturm am Altstädter Platz
Am Rande der Bahnhofshalle wartete eine kleine Brotbüchse auf mich. Nach Querung der Elbe ging es kurvig immer weiter bergauf zum Prager Semmering. Von der Innenstadt war bald nichts mehr zu sehen, während sich die Brotbüchse durch nette Berge schlängelte. Anschließend durchquerte sie die gesichtslosen Vorstädte. Nach exakt einer Stunde Fahrzeit war die Endstation Rudná u Prahy erreicht, wo der 2-min-Anschluss trotz + 2 klappte.
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67 Der Hauptbahnhof ist kein Schmuckstück
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68 Brotbüchse
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69 Blöder Mast^^
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70 Am dem Weg zum Prager Semmering
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71 Heimelig^^
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72 Noch eine Brotbüchse
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73 Verzweigung bei Hostivice
Weiter ging es in einer Regionova eine knappe halbe Stunde entlang des Flusses Berounka nach Beroun. Hier hatte ich 50 min Aufenthalt, ich verpulverte noch ein paar Münzen für etwas zu beißen. Mein Schnellzug höchster Qualität (d h klimatisierte Wagen) hatte wegen irgendwelcher Bauarbeiten 6 min Ankunftsverspätung, aber bereits in Pilsen war er 3 min zu früh dran, d h statt planmäßig 59 min brauchte er für die Strecke nur 50 min – das nenne ich mal Reserven! Planmäßig waren in Pilsen ohnehin schon üppige 15 min Aufenthalt vorgesehen, mit der Verfrühung waren es sogar 18 min. Weiter ging es durch leicht hügelige, unspektakuläre Landschaft bis Cheb, das pünktlich erreicht wurde.
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74 Meine Regionova
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75 Weiter geht’s
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76 Pilsener Pause
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77 Schade, bahnsteiggleicher Übergang. Ich wollte ein letztes Mal die Gleise auf landestypische Weise überqueren.^^
Der „internationale Schnellzug der Gesellschaft České Drahy“ in Form eines einzelnen 612ers erfreute sich großer Beliebtheit und Auslastung. In Marktredwitz stieg der Zoll zu, der junge alleinreisende Männer (so auch mich) befragte. Der Einfachheit halber sagte ich, ich sei das Wochenende über in Cheb und Prag gewesen, und erwähnte die Slowakei & Ukraine lieber nicht, meine Kontrolle war sodann auch recht schnell vorbei. :D Die Fahrt führte durch eine durchaus abwechslungsreiche Landschaft, doch die engen Flusstäler konnten bei hoher Geschwindigkeit nicht gut fotografiert werden. Ich hatte in Nürnberg einen 6-min-Übergang und war guter Dinge. Und kurz vor Nürnberg kam die Signalstörung [denkt euch hier ein Totenkopf-Emoji]. Es kam, wie es kommen musste, im Bahnhofsvorfeld winkte ich meinem Anschlusszug zu, der ICE T winkte mittels Komfortneigung zurück und rannte weg. Nürnberg wurde mit + 9 erreicht. Ich sag’s ja: keine Reise ohne Anschlussverlust…
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78 Der Zug stärkt sich
Für den nachfolgenden ICE wurden im Laufe der Wartezeit nicht weniger als fünf (!) verschiedene Verspätungsbegründungen geliefert: Signalstörung, Warten auf Reisende aus einem anderen Zug, Bauarbeiten, technische Störung an der Strecke, Verspätung eines vorausfahrenden Zuges. Letztendlich rollte ein 411 nach München ein, kurz darauf am selben Bahnsteig ein 403, beide mit Halt in Ingolstadt. Ich fragte die Zubine vom 411, wer zuerst fahren würde, sie wusste es nicht. Ich fragte die Zubine vom 403, wer zuerst fahren würde, sie wusste es nicht. ¯\_(ツ)_/¯. Ich wartete auf dem Bahnsteig, bis einer von beiden ein Zeichen gab. Am Ende des Urlaubs war ich ja völlig entspannt und regte mich gar nicht drüber auf, sondern beömmelte mich nur, was die DB hier aufführte.^^ Zur großen Überraschung aller Beteiligten winkte dann die Zubine des 411, der sich kurz darauf tatsächlich als erster in Bewegung setzte, er hatte zu diesem Zeitpunkt + 22. Dann ging es nicht etwa im Rahmen des Möglichen über die SFS (von Highspeed möchte ich beim 411 mal gar nicht sprechen^^), sondern die Anzeige vermeldete meistens 150 – 180 km/h, manchmal bis zu 200 – ich konnte mir quasi bildlich vorstellen, wie der Tf des 403 hinter uns ins Führerpult biss. An den Unterwegsbahnhöfen ist keine Überholung möglich, da die Bahnsteige zu kurz sind (daran scheitert ja auch eine Verlängerung des notorisch hoffnungslos überfüllten MüNüX). In Ingolstadt wäre eine Überholung theoretisch möglich, aber südlich davon ist der 403 ja auch nicht schneller, dementsprechend überholte er auch nicht.^^ München wurde dann kurz vor 19 Uhr mit + 18 erreicht, mit dem Anschlussverlust in Nürnberg war ich bei + 50, gerade zu wenig für FGR, aber am Ende eines zweiwöchigen Urlaubes war mir das auch egal.^^ 2 – 3 min nach dem 411 rollte auf dem Nebengleis der 403 ein – warum man den nicht vorgelassen hat, weiß ich bis heute nicht.^^ Bevor ich mich auf den Heimweg machte, fiel mir gerade noch rechtzeitig auf, dass ich vielleicht lieber nicht die U5 benutzen sollte, denn am Vorabend hatte die Wiesn begonnen (für alle Nordlichter: ihr nennt das – warum auch immer – „Oktoberfest“).
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79 Vorbei… :( :( :(

Am Ende noch etwas Statistik:
Inkl. der kurzen Fahrten in Belgrad, Budapest und der Slowakei waren es 29 Fahrten, die 97:48 h dauerten (davon 12:59 h für Zwischenhalte). Das macht im Durchschnitt 2:55 h pro Fahrt. Es wurden 5.437 km zurückgelegt, davon 460 km in Deutschland, 217 in Österreich, 186 in Slowenien, 457 in Kroatien, 167 in Montenegro, 476 in Serbien, 10 in Bosnien, 569 in Ungarn, 1.757 in der Ukraine, 474 in der Slowakei und 663 km in Tschechien. Das macht im Durchschnitt eine Geschwindigkeit von gerade einmal 64,1 km/h. :D
Insgesamt wurde 305 min Verspätung eingefahren, davon von waren 68 schon durch verspätete Abfahrten entstanden (je gut 20 in Villach und Nürnberg, sonst nur max. 5 – 6 min). Das macht eine Pünktlichkeitsquote (ab + 5 ist verspätet) von grottigen 65,5 %.
Gekostet hat das ganze Spektakel inkl. aller Zuschläge gerade einmal 226 €, also sagenhaft günstige 4,2 ct/km.


Doch die zahlreichen so unterschiedlichen und interessanten Erlebnisse kann man wohl kaum in Zahlen fassen!
Ich glaube, gerade wenn man in unbekannte Länder/Regionen fährt, kann man dabei am meisten lernen & mitnehmen!

Soweit von mir an dieser Stelle.

Es grüßt
Das Krümelmonster

--
Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)

Kapitel 4: Go West! Teil 3

N-M, Nürnberg, Samstag, 09.02.2019, 17:19 (vor 1875 Tagen) @ Krümelmonster

Vielen Dank für diesen super interessanten Bericht!

Dann ging es nicht etwa im Rahmen des Möglichen über die SFS (von Highspeed möchte ich beim 411 mal gar nicht sprechen^^), sondern die Anzeige vermeldete meistens 150 – 180 km/h, manchmal bis zu 200 – ich konnte mir quasi bildlich vorstellen, wie der Tf des 403 hinter uns ins Führerpult biss. An den Unterwegsbahnhöfen ist keine Überholung möglich, da die Bahnsteige zu kurz sind (daran scheitert ja auch eine Verlängerung des notorisch hoffnungslos überfüllten MüNüX). In Ingolstadt wäre eine Überholung theoretisch möglich, aber südlich davon ist der 403 ja auch nicht schneller, dementsprechend überholte er auch nicht.^^

Theoretisch möglich ist noch eine fliegende Überholung mit überholtem Zug im Gegengleis. Zumindest nordwärts ist mir das kurz vor Nürnberg schon passiert (war auch die Kombination 411 und 403). Da gabs auch irgendwelche Verzögerungen, und ich steig in München auch immer in den ein, der wohl als nächstes fährt und hatte mich schon gefreut den richtigen erwischt zu haben, und dann wurden wir noch kurz vorm Ziel tatsächlich überholt... Die Voraussetzungen dafür sind aber natürlich selten gegeben, schließlich muss das Gegengleis ganz schön lange frei sein. Ich war auch echt überrascht als ich bemerkt habe, dass rechts von uns plötzlich noch ein Zug fährt. :-)

Grüße,
N-M

Kapitel 4: Go West! Teil 3

Krümelmonster, München, Sonntag, 10.02.2019, 12:27 (vor 1874 Tagen) @ N-M

Vielen Dank für diesen super interessanten Bericht!

Dann ging es nicht etwa im Rahmen des Möglichen über die SFS (von Highspeed möchte ich beim 411 mal gar nicht sprechen^^), sondern die Anzeige vermeldete meistens 150 – 180 km/h, manchmal bis zu 200 – ich konnte mir quasi bildlich vorstellen, wie der Tf des 403 hinter uns ins Führerpult biss. An den Unterwegsbahnhöfen ist keine Überholung möglich, da die Bahnsteige zu kurz sind (daran scheitert ja auch eine Verlängerung des notorisch hoffnungslos überfüllten MüNüX). In Ingolstadt wäre eine Überholung theoretisch möglich, aber südlich davon ist der 403 ja auch nicht schneller, dementsprechend überholte er auch nicht.^^


Theoretisch möglich ist noch eine fliegende Überholung mit überholtem Zug im Gegengleis. Zumindest nordwärts ist mir das kurz vor Nürnberg schon passiert (war auch die Kombination 411 und 403). Da gabs auch irgendwelche Verzögerungen, und ich steig in München auch immer in den ein, der wohl als nächstes fährt und hatte mich schon gefreut den richtigen erwischt zu haben, und dann wurden wir noch kurz vorm Ziel tatsächlich überholt... Die Voraussetzungen dafür sind aber natürlich selten gegeben, schließlich muss das Gegengleis ganz schön lange frei sein. Ich war auch echt überrascht als ich bemerkt habe, dass rechts von uns plötzlich noch ein Zug fährt. :-)

Grüße,
N-M

Ich saß auch mal nordwärts in einem Zug, der zwischen Kinding und Nürnberg von gleich drei anderen Zügen überholt wurde. Wenn ich mich recht entsinne, war aber keine der Überholungen fliegend, wir standen jeweils (oder fuhren nur sehr langsam). In Allersberg war nämlich die LZB kaputt.^^
Der Zug, in dem ich saß, war übrigens ein Sprinter. :D

Es grüßt
Das Krümelmonster

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Kapitel 4: Go West! Teil 3

JanZ, HB, Samstag, 09.02.2019, 18:03 (vor 1875 Tagen) @ Krümelmonster
bearbeitet von JanZ, Samstag, 09.02.2019, 18:06

Danke für den Bericht aus einer mir völlig unbekannten Gegend! Zu dem anderen Teil: Ich weiß nicht, ob ich Russisch und Ukrainisch unterscheiden könnte. Da ich Russisch im Gegensatz zu Ukrainisch vier Jahre in der Schule hatte, hoffe ich aber schon ;-).

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Im Volk, da ist sie sehr beliebt, unsere Eisenbahn,
Doch dort, wo's keine Schienen gibt, da hält sie selten an.

(EAV: Es fährt kein Zug)

Kapitel 4: Go West! Teil 3

Krümelmonster, München, Sonntag, 10.02.2019, 12:27 (vor 1874 Tagen) @ JanZ

Danke für den Bericht aus einer mir völlig unbekannten Gegend! Zu dem anderen Teil: Ich weiß nicht, ob ich Russisch und Ukrainisch unterscheiden könnte. Da ich Russisch im Gegensatz zu Ukrainisch vier Jahre in der Schule hatte, hoffe ich aber schon ;-).

Gerne!

Etwas anders klingt es schon. ;-)
Manchmal habe ich aber den Eindruck, es ist eh fast egal, welche der beiden Sprachen man spricht, die Antwort kommt in der Sprache, die dem Antwortenden lieber ist.^^
Ich habe mittlerweile beide Konstellationen durch^^ (Ich habe auf Ukrainisch gefragt und bekam die Antwort auf Russisch. Oder ich habe auf Russisch gefragt und bekam die Antwort auf Ukrainisch^^).


Es grüßt
Das Krümelmonster

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)

Danke

ICEjan, Samstag, 09.02.2019, 21:19 (vor 1874 Tagen) @ Krümelmonster

Danke für den Bericht

Gruß Jan, der jetzt auch sofort so eine Reise unternehmen will

Danke

Krümelmonster, München, Sonntag, 10.02.2019, 12:27 (vor 1874 Tagen) @ ICEjan

Danke für den Bericht

Gruß Jan, der jetzt auch sofort so eine Reise unternehmen will

Gerne! :-)
Es freut mich immer, wenn ich Anderen Inspirationen liefern kann. ;-)

Es grüßt
Das Krümelmonster

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Kapitel 4: Go West! Teil 3

Ede, Sonntag, 10.02.2019, 13:18 (vor 1874 Tagen) @ Krümelmonster

Moin,

vielen Dank für die interessanten Berichte. Aber die Elbquerung in Prag halte ich für ein Gerücht!! ;-)

Kapitel 4: Go West! Teil 3

Krümelmonster, München, Sonntag, 10.02.2019, 20:15 (vor 1874 Tagen) @ Ede

Moin,

vielen Dank für die interessanten Berichte. Aber die Elbquerung in Prag halte ich für ein Gerücht!! ;-)

Nabend,

verdammt...
Kennst du das? Du schreibst was, was im ersten Moment so klingt, als ob es durchaus Sinn ergibt. Bei den ersten Malen Korrekturlesen denkst du "Passt schon, hab mir ja was dabei gedacht", und irgendwann merkst du gar nicht mehr, dass es Schmarrn ist... :D
Gemeint ist natürlich die Querung der Moldau!

Es grüßt
Das Krümelmonster

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Kapitel 4: Go West! Teil 3

Taurus83, Nürnberg, Sonntag, 10.02.2019, 16:26 (vor 1874 Tagen) @ Krümelmonster

Vielen Dank wie immer für Deinen Bericht.

Bist Du eigentlich ein Sprachgenie oder hast Du eine slawische Muttersprache? :)

Kapitel 4: Go West! Teil 3

Krümelmonster, München, Sonntag, 10.02.2019, 20:15 (vor 1874 Tagen) @ Taurus83

Vielen Dank wie immer für Deinen Bericht.

Bist Du eigentlich ein Sprachgenie oder hast Du eine slawische Muttersprache? :)

Nee, ich würde nicht behaupten, ich könne Russisch oder Ukrainisch. Ich kann gerade so viel, wie es zum Überleben als Tourist reicht (bzw. gefühlt war es meistens ein bisschen weniger und hat dann am Ende doch irgendwie hingehauen :D).
Die Zahlen sind übrigens in allen slawischen Sprachen fast gleich, wenigstens das ist leicht. ;-)

Es grüßt
Das Krümelmonster

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)

Interessanter Bericht

mdln, Sonntag, 10.02.2019, 17:00 (vor 1874 Tagen) @ Krümelmonster

Die slowakische Einreisekontrolle erfolgte auf freier Strecke am Grenzposten zwischen Stacheldraht. Die slowakischen Zöllner waren extremst unfreundlich, blafften die Reisenden rüde an. Sie konnten nur Ostslowakisch, nicht einmal normales Slowakisch, geschweige denn Fremdsprachen. Einer durchwühlte meinen Koffer, wobei er ungefähr die Hälfte der Sachen nach Belieben auf den Boden warf, ohne sie wieder aufzuheben oder sich auch nur zu entschuldigen. Irgendwann verschwanden sie mit allen Pässen, ohne etwas zu sagen. Die ganze Prozedur zog sich immer mehr in die Länge, ich hatte wenig Lust, 2 h in Čierna nach Tisou, einem Ort in den verschiedenen Stufen des Verfalls, zu verbringen. Die Slowaken wollten den Ukrainern gleich zeigen, wie willkommen sie in Europa sind: gar nicht. -.- Immerhin behandelten sie uns alle gleich, unabhängig von der Nationalität.^^ Fast eine Stunde dauerte die „Kontrolle“ genannte Schikane. Čierna nach Tisou wurde schließlich mit + 11 erreicht, für 9 km hatte der Zug 1:15 h gebraucht.

Aber dieser Absatz bestätigt mich darin, diese Länder niemals zu bereisen.

Interessanter Bericht

Krümelmonster, München, Sonntag, 10.02.2019, 20:15 (vor 1874 Tagen) @ mdln

So lange du nicht über die kürzeste Landesgrenze der Slowakei einreist, wirst du mit dem slowakischen Zoll nicht zu tun haben. ;-) (Ok, die meisten Zugbegleiter sind auch nicht gerade der Brüller, aber besser als der Zoll. Und seit 2015 sind sie schon deutlich netter geworden^^)
Trotz leicht grimmiger Zugbegleiter kann ich eine Reise dorthin sehr empfehlen!

Vielen Dank auch noch im Allgemeinen für die positiven Rückmeldungen von allen Seiten!

Es grüßt
Das Krümelmonster

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)

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