Kurzlebig: Blankensee Hbf (30 Bilder) (Reiseberichte)
Moin,
das ging schief. Da habe ich mal ein bißchen Konzept in der Hauptbahnhofsserie und prompt spielt der September nicht mit und hört schon auf. Das lasse ich nicht auf mir sitzen und präsentiere euch heute außer der Reihe den kleinsten Ort Deutschlands, der einen bahnamtlichen Hauptbahnhof hatte.
Dazu sollten wir den Begriff Hauptbahnhof vielleicht mal definieren. Laut Lexikon der Eisenbahn, 6. Auflage 1981, ist ein Hauptbahnhof ein Bahnhof von großer verkehrl. Bedeutung in einer größeren Stadt, in dem mehrere Eisenbahnstrecken zusammenlaufen; baul. Ausführung ist hohen Reisendenströmen angepaßt.
Wikipedia hingegen, eine Internetenzyklopädie, die mittlerweile gedruckten Lexika den Boden unter den Füßen weggezogen hat, schreibt: Hauptbahnhof [...] ist in vielen Städten des deutschsprachigen Raumes die Bezeichnung für den wichtigsten Personenbahnhof einer Stadt, sofern diese mehr als einen Personenbahnhof besitzt. Ein Hauptbahnhof kann auch einen Güter- oder Rangierbahnhof mit umfassen oder, wie im Falle Gevelsberg, nur ein Haltepunkt sein.
Blankensee in Mecklenburg ist keine Stadt, sondern eine heute zum Amt Neustrelitz-Land gehörige Gemeinde. Sie hat - nach Eingemeindungen - eintausendsechshundertundsiebzig Einwohner. Und einen ehemaligen Hauptbahnhof.
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Die Eisenbahngeschichte beginnt für Blankensee am 10. Juli 1877 mit der Eröffnung der Berliner Nordbahn zwischen Berlin und Neubrandenburg. Die Elektrifizierung wurde bereits vor der Wiedervereinigung in Angriff genommen, zwischen Neustrelitz und Neubrandenburg (wo Blankensee liegt) verkehren seit dem 23. Mai 1993 elektrische Züge. Am 28. November 2000 wurde Blankensee an ein elektronisches Stellwerk angeschlossen.
Der Bahnhof trägt mittlerweile seinen sechsten Namen. Bei der Eröffnung war es einfach Blankensee, am 1. Mai 1898 ist erstmals die Bezeichnung Blankensee (Mecklenb) nachgewiesen. Zum 1. Juli 1908 erfolgte die nächste Umnenennung, in Blankensee i. Meckl. Staatsbf. Gut 14 Jahre später, im Dezember 1922 wurde daraus Blankensee (Meckl.) Reichsb. Interessant für uns wird es im Jahr 1941. Denn am 15. Juni erfolgte die Umebennung in Blankensee (Meckl) Hbf. Diese Epoche währte nicht lange, am 7. Oktober 1951 ist erstmals der bis heute gültige Name Blankensee (Meckl) nachgewiesen. Wie zu sehen ist, war die Verstümmelung der Ländernamen eine Innovation schon der Länderbahnzeit.
Staatsbahnhof und Reichsbahnhof, das deutet darauf hin, daß es in Blankensee auch einen Privatbahnhof gab. Dieser wurde durch die 1890 gegründete Blankensee-Woldegk-Strasburger Eisenbahngesellschaft gebaut und am 15. Oktober 1893 für den Reiseverkehr eröffnet (Güterverkehr gab es schon eher). Diese Bahngesellschaft fusionierte im Folgejahr mit der Neustrelitz-Wesenberg-Mirower Eisenbahngesellschaft, die uns im Rahmen dieser Serie auch noch über den Weg laufen wird, zur Mecklenburgischen Friedrich-Wilhelm-Eisenbahn-Gesellschaft (MFWE) zusammen.
Zwischen Neustrelitz und Blankensee hatte die Gesellschaft noch keine Strecke, man nutzte das Gleis der Nordbahn mit. Das hatte am 15. Dezember 1907 ein Ende, als die MFWE-Strecke Neustrelitz - Blankensee in Betrieb ging. Der Blankenseer Bahnhof dieser Strecke hieß zunächst Blankensee MFWE. Nach der Verstaatlichiung der MFWE anno 1941 wurde er in Blankensee (Meckl) Ost umbenannt. Der Streckenabschnitt Thurow (das ist zwischen Neustrelitz und Blankensee, hier zweigt die Strecke nach Feldberg ab)- Woldegk - Strasburg wurde am 7. Juni 1947 eingestellt, nachdem die Besatzungsmacht die Demontage der Strecke angeordnet hatte.
In Blankensee hält alle zwei Stunden der Regionalexpreß, der zwischen Stralsund, Berlin und weiter südlich unterwegs ist. Dazu kommen ein paar Kurzläufer. Eingesetzt werden normalerweise moderne Doppelstockwagen und Elloks der Baureihe 112/114. Am Besuchstag, dem 25. Juli 2013, verfügte der Bahnhof weder über Fahrkartenverkauf noch über einen dynamischen Schriftanzeiger für den eingetretenen Störungsfall.
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1 Der RE Richtung Berlin mit 112 185 am Schluß steht in Blankensee. Die Züge halten nicht am gepflasterten Hausbahnsteig, sondern am Naturbahnsteig von Gleis 2.
2 Südwärts.
3 Ausgang, das klingt gut.
4 Das ist, wenn sie denn so heißt, die Bahnhofstraße.
5 Die Bahnhofsgaststätte hat schon lange nicht mehr geöffnet. Ob es nur an den Biertransportkosten lag?
6 Güterschuppen mit Empfangsgebäude dran.
7 Dienstparkplatz.
8 Der ist bitter nötig, denn nebenan steht das ferngesteuerte moderne Stellwerk. Wir widmen uns nun dem roten Haus rechts.
9 Vom Reichsbahnhof aus sieht es so aus. Das ist das Empfangsgebäude der MFWE.
10 Die Eigentümer erinnern an die Geschichte des Hauses. Die Kleinlok ist ziemlich sicher diese.
11 Am neuen Schuppen (der auf dem alten Gleisbett steht) ein altes Bahnhofsschild.
12 Die Straßenseite. Ob wohl das Kopfsteinpflaster aus dem Jahr der Bahneröffnung stammt?
13 An der nördlichen Bahnhofsausfahrt ein altes Bahnwärterhaus.
14 Der Bahnübergang. Im Hintergrund liegt das eigentliche Dorf mit seiner spätgotischen Kirche.
15 Richtung Neustrelitz.
16 Im mittäglichen Gegenlicht ein Blick zum Bahnhof. Es scheint, als wollte man ein nicht mehr existierendes drittes Gleis auch elektrifizieren.
17 Ein Blick die Hauptstraße entlang ins Bahnhofsdorf. Es ist größer als der alte Ort.
18 Die Seitenstraße hin zum Bahnhof.
19 Ein letzter Blick hin zum Bahnübergang. Die bahnparallele Bahnstromleitung war schon auf anderen Bildern zu sehen.
20 Das Abortgebäude.
21 DB-Lounge für alle.
22 Aussicht nordwärts. Aha, Gleis 2 ist Streckengleis.
23 Die DB-Information.
24 Gesamtansicht des Bahnhofs von Süden. Wider Erwarten war ich nicht der einzige, der sehnsüchtig nach Süden schauen sollte.
25 Das Empfangsgebäude.
26 An selbigem hängt ein Bahnhofsschild mit korrektem Namen.
27 Der Hausgiebel.
28 Der Bahnsteig von Gleis 2 in Nahaufnahme.
29 Der einzige Weg von der großen weiten Welt der Eisenbahn nach Blankensee.
30 Drei Leute waren es schließlich, die auf den Zug warteten. Und eine junge Familie, die jemanden abholen wollte.
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Der Zug kam und kam nicht. Irgendwann änderte dann doch das Signal seine Farbe. Etwa 20 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit kam ein Ersatzzug, der Anschlußzug in Neubrandenburg war unerreichbar. Somit darf ich mich abschließend bei der DB bedanken, die dieses Bahnhofsportrait mit einem (elektronischen) Fünfeuroschein unterstütze.
Viele Grüße,
Sören
Literatur:
Peter Bley: Berliner Nordbahn: 125 Jahre Eisenbahn Berlin-Neustrelitz-Stralsund. Berlin 2002.
Rudi Buchweitz: Mecklenburgische Friedrich-Wilhelm-Eisenbahn (MFWE): Privatbahn im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz. Berlin 2005.
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