CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden? (Allgemeines Forum)

Alphorn (CH), Mittwoch, 19.09.2018, 15:29 (vor 2018 Tagen)

Laut 20 Minuten gibt es Überlegungen, den SBB die Fahrplangestaltung zu entziehen. Den aktuelle Anlass - Unzufriedenheit über den Fahrplan im eigenen Gebiet - finde ich relativ schwach. Es wir bei einem schweizweit optimalen Fahrplan immer lokale Verlierer geben.

Die Trennung von Fahrplangestaltung und Eisenbahnbetrieb hingegen finde ich erwägenswert. Ähnlich wie im Regionalbereich der Besteller seine Wünsche vorgibt und dann verschiedene Bahnen sich um die Umsetzung bewerben, könnte das auch schweizweit (oder deutschlandweit) passieren. Im Gegensatz zu allen anderen Konkurrenzverfahren kann man so auch einen ITF durchsetzen, was im Interesse der Kunden ist. Ich frage mich aber, ob die (staatlichen?) Fahrplan-Planer die Bedürfnisse der Reisenden richtig einschätzen können - dazu braucht es Kompetenzen und Daten, welche eventuell an dieser Stelle nicht vorhanden sind.

Nahverkehr in Deutschland

JumpUp, Mittwoch, 19.09.2018, 15:36 (vor 2018 Tagen) @ Alphorn (CH)

Die Fahrplankonzepte für den deutschen Nahverkehr werden durch öffentliche Organisationen mit Unterstützung div. Ingenieurbüros aufgestellt. Natürlich hat hier die DB Netz eine Mitsprache, wenn es um die Kapazität des Streckennetzes geht - aber Anschlüsse und Taktknoten werden primär eben nicht durch die DB geplant und festgelegt, sondern von öffentlichen Bestellorganisationen geplant, die sich eng am FV-Konzept der Knoten orientieren (Bsp. Mannheim Hbf als 30er Knoten mit Abfahrten in alle Richtungen zur Minute XX:35-XX:45)

CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden?

caboruivo, CH, Mittwoch, 19.09.2018, 18:39 (vor 2018 Tagen) @ Alphorn (CH)

Salü

Laut 20 Minuten gibt es Überlegungen, den SBB die Fahrplangestaltung zu entziehen. Den aktuelle Anlass - Unzufriedenheit über den Fahrplan im eigenen Gebiet - finde ich relativ schwach. Es wir bei einem schweizweit optimalen Fahrplan immer lokale Verlierer geben.

Zumal hier die Unzufriedenheit auch hausgemacht ist. Das konkrete Beispiel, das auch die Anfrage im Parlament ausgelöst hat, ist ja der Ersatz des InterRegios Luzern–Zürich Flughafen durch einen InterRegio Luzern–Zürich Flughafen–Konstanz um 30 Minuten gedreht, so dass die Anschlüsse aus Ob- und Nidwalden sowie dem Kanton Luzern nicht mehr passen. Nur: Die Idee ist schon seit Jahren bekannt, sollte sogar bereits Ende 2015 umgesetzt werden. Die betroffenen Kantone hatten mehr als genug Zeit, den Regionalverkehr so zu bestellen, dass es mit den Anschlüssen wieder passt, konkret die Drehung der Zentralbahn-IR aus Interlaken und Engelberg um eine halbe Stunde.


Die Trennung von Fahrplangestaltung und Eisenbahnbetrieb hingegen finde ich erwägenswert. Ähnlich wie im Regionalbereich der Besteller seine Wünsche vorgibt und dann verschiedene Bahnen sich um die Umsetzung bewerben, könnte das auch schweizweit (oder deutschlandweit) passieren. Im Gegensatz zu allen anderen Konkurrenzverfahren kann man so auch einen ITF durchsetzen, was im Interesse der Kunden ist. Ich frage mich aber, ob die (staatlichen?) Fahrplan-Planer die Bedürfnisse der Reisenden richtig einschätzen können - dazu braucht es Kompetenzen und Daten, welche eventuell an dieser Stelle nicht vorhanden sind.

In der Schweiz gibt der Bund ein Angebot im Fernverkehr vor, erkennbar an den STEP-Netzgrafiken auf der Website des BAV. Dieses hier definierte Angebot ist das zu erbringende Minimum, was darüber hinausgeht, ist Sache der verschiedenen EVU. Ohne diese Wünsche wäre ein flächendeckendes Angebot im Fernverkehr wohl kaum realisierbar. Die Bedürfnisse der Fahrgäste werden auch jetzt bereits analysiert, dies anhand von Frequenzerhebungen zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten.

Gruss

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Nur falsche Prinzen reiten auf dem Schimmel, richtige in der Lokomotive

CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden?

Twindexx, St. Gallen (CH), Mittwoch, 19.09.2018, 19:59 (vor 2018 Tagen) @ Alphorn (CH)

Hoi,

Die Trennung von Fahrplangestaltung und Eisenbahnbetrieb hingegen finde ich erwägenswert. Ähnlich wie im Regionalbereich der Besteller seine Wünsche vorgibt und dann verschiedene Bahnen sich um die Umsetzung bewerben, könnte das auch schweizweit (oder deutschlandweit) passieren.

Betriebliche Abläufe müssen im Fahrplan eingeplant werden, damit ein Fahrplan fahrbar wird. Da müssen die Angebotsplaner sehr eng mit der Flottentechnik und der Infrastruktur zusammenarbeiten. So eine externe Organisation würde ja letztlich nur irgendwelche Zielkonzepte vorgeben können. Das ist übrigens exakt das, was das BAV heute schon tut. Damit ist der gewünschte Zustand ja jetzt schon erreicht.

Im vorliegenden Fall ist es so, dass der gewünschte IR 70 Luzern-Flughafen in heutiger Fahrlage entfällt, bzw. auf Luzern-Zürich HB eingekürzt wird, weil das Angebot Zürich-St. Gallen angepasst wird. Dass auf der Strecke Zürich-Ostschweiz zuerst die Bedürfnisse dieses Korridors befriedigt werden und nicht die von Luzern, sollte logisch sein und würde jede andere Organisation auch so regeln. Das Angebot auf der Strecke Zürich-Luzern wird ja auch nicht in erster Linie auf die Wünsche aus St. Gallen ausgerichtet. Damit ist die ganze Diskussion nur noch heisse Luft.
Es ist konkret so, dass die Trasse des halbstündlichen St.Galler Sprinters (EC und IR 37, ab Dez2020 IC 5 nach Rorschach) die Aufrechterhaltung der separaten Trasse Zürich HB-Flughafen des IR 70 nicht mehr erlaubt. Diese beiden Trassen würden sich zeitlich im Bereich Oerlikon-Flughafen überschneiden. Ab Dezember 2020 kann dann der IR 70 mit dem IR 13 durchgebunden werden, da ab dann genügend FV-Dosto RABe 502 zur Verfügung stehen. Wegen der generellen Fahrlage des IR 13 und der neuen Fahrlage des IR 70 wegen der neuen Gotthardfahrlagen entstehen aber Aufenthaltszeiten von 19 Minuten in Zürich HB, die so eben auch nicht mehr geändert werden können.

Aber genau diese Durchbindung von IR 70 und IR 13 ist nun etwas, was die SBB von Seiten des Betriebs ermöglichen können. Eine eigene Organisation ohne Verbindung zum Betrieb könnte dies hier nun nicht machen. Denn diese könnte dies nicht mit dem Betrieb abklären und zusammen erarbeiten. Daher bin ich sehr skeptisch gegenüber der hier vorgebrachten Idee. Ich sehe da eigentlich nur Nachteile gegenüber dem jetzigen Zustand mit der BAV-Vorgabe des Referenzzustands.
Auch die Planung von Übergangskonzepten bis zum Erreichen eines Zielzustands muss eng mit dem Betrieb erfolgen, denn da kommt es drauf an, was der Betrieb an Rollmaterial in dieser Zeit zur Verfügung stellen kann. Wenn man da meint, einfach irgendwas aus externer Planung vorzugeben, fährt dann da einfach gar nichts, weil das dann niemand fahren kann. So ist ja das Angebot Zürich-St. Gallen ab Dezember 2015 entstanden, Zielzustand gemäss Referenzkonzept 2025 BAV wird im Dezember 2020 erreicht.

Beim Angebot 2030/35 sieht man das dann sehr gut, dass dieses dann vom BAV vorgegeben wird. Die SBB erstellen einen eigenen unternehmerischen Vorschlag, aber die Kantone haben andere Ideen. Die Kantone platzieren ihre Ideen beim BAV und dieses löst bei den SBB einen Planungsauftrag aus, diese Wünsche umzusetzen. Wenn ein neues Angebot Infrastrukturausbauten auslösen sollte, muss das eh den ordentlichen Weg via Parlament gegen.
Zürich-St. Gallen wollten die SBB mit allen Zügen viermal pro Stunde und Richtung in Wil und Gossau stehen bleiben. Tatsächlich wird es aber halbstündlich in 53 Minuten von Zürich HB nach St. Gallen gehen (Zürich HB-Winterthur ohne Halt via Wallisellen und Brüttenertunnel und Winterthur-St. Gallen ohne Halt mit Wako). Der Kanton St. Gallen hatte im Kantonsparlament eine Abstimmung dazu und danach ist man zum BAV und dieses hat dieses Angebot nun so aufgenommen und gibt es den SBB nun vor.


Grüsse aus Berlin.

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[image]

Aktuell im Einsatz auf den Linien IC 1, IC 2, IC 3, IC 21, IR 13, IR 15, IR 27 und IR 70:
Der SBB FV-Dosto.

CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden?

ikarus28003, 99974 Mühlhausen, Donnerstag, 20.09.2018, 05:46 (vor 2017 Tagen) @ Twindexx

Sicher greift das kostenlose und die Pendlerwelt verschmutzende Wurschtblarr solch Themen gerne auf. Es gibt auch genügend Potential selbsternannter „Fachkräfte“, welche alles besser können. Grundsätzlich muss aber gesagt werden, dass es in der Schweiz mit einem funktionierenden ITF sehr gut läuft. Warum soll dann ein weiterer Wasserkopf in Kleinstaatenmanier wie in der BRD aufgepumpt werden? Wo sowas hinführt kann man sehr schön in Thüringen erleben...

CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden?

guru61, Arolfingen, Donnerstag, 20.09.2018, 07:04 (vor 2017 Tagen) @ ikarus28003

Sicher greift das kostenlose und die Pendlerwelt verschmutzende Wurschtblarr solch Themen gerne auf. Es gibt auch genügend Potential selbsternannter „Fachkräfte“, welche alles besser können. Grundsätzlich muss aber gesagt werden, dass es in der Schweiz mit einem funktionierenden ITF sehr gut läuft. Warum soll dann ein weiterer Wasserkopf in Kleinstaatenmanier wie in der BRD aufgepumpt werden? Wo sowas hinführt kann man sehr schön in Thüringen erleben...

Interessant ist aber die Leserumfrage: 79% wollen, dass es so bleibt, wie es ist.
Da ist die öffentliche und die veröffentlichte Meinung offenbar nicht dasselbe!
Gruss Guru

CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden?

ikarus28003, 99974 Mühlhausen, Donnerstag, 20.09.2018, 08:33 (vor 2017 Tagen) @ guru61

„20 Minuten“ ist bekannt für Manipulation. Interessant ist es, die Kommentare zu lesen-egal zu welchem Thema. Bei den SBB wird meist richtig vom Leder (der Unwissenheit) gezogen und der Chef Meyer als „Schuldiger“ für alles herbeigeführt. Ich entsorge morgens bei Ausfahrt aus dem Busdepot alle diese ausgelegten Zeitungen-wer es will, der soll es ich woanders holen.

CH: Soll die Fahrplangestestaltung den SBB entzogen werden?

ThomasK, Freitag, 21.09.2018, 11:44 (vor 2016 Tagen) @ Alphorn (CH)

Soweit ich informiert bin, analysiert das BAV die Verkehrsströme und erstellt für den Bundesrat und den Nationalrat Vorschläge, wie der Verkehr mit welcher Infrastruktur verbessert werden kann. Die grundsätzlichen Abhängigkeiten zwischen Infrastruktur, Fahrzeugen und Fahrplan werden vom BAV analysiert. Auch die finanziellen Auswirkungen werden mit berücksichtigt. Schafft es nach diversen Iterationsschritten ein Projekt in den Ausbauschritt STEP dann ist dieses Projekt dann bereits automatisch finanziert.

Bei der Erstellung des Gesamtkonzepts berücksichtigt das BAV in der Vorabstimmung Wünsche der Kantone und Gemeinden und untersucht die Wechselwirkungen.

Nehmen der Bundesrat und der Nationalrat die Vorschläge an, dann werden sie ggf. noch bei einem Referendum durch das Volk bestätigt.

Innerhalb dieses Rahmens - STEP genannt - optimieren die SBB oder auch die BLS die Betriebsabläufe.

Da die Rahmenbedingungen vom BAV vorgegeben und koordiniert werden, würde ich die Detailplanung bei den SBB belassen. Es würde keinen Sinn machen, das BAV künstlich aufzublähen.

Gäbe es eine Volksabstimmung, den SBB die Detailplanung zu entziehen, würde ich - wäre ich Schweizer - mit Nein stimmen.

Der derzeitige Zustand in der Schweiz beim Planungsablauf dürfte schon recht nah beim Optimum liegen. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo alles drunter und drüber geht und darüberhinaus noch jede Menge Speichellecker und Arschkriecher die gewaltigen Planungsdefizite in Deutschland schönreden.

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