[Sidetopic] Autonomes Fahren(Straße) mal sachlich analysiert (Allgemeines Forum)

sb, Mittwoch, 23.05.2018, 19:52 (vor 2137 Tagen)
bearbeitet von sb, Mittwoch, 23.05.2018, 19:52

Anders als die übliche Jubelberichterstattung analysierte

International Transport Forum

die Frage der Sicherheit autonomen Fahrens im Straßenverkehr mal sachlich und stellte damit (eigentlich logischerweise) abwägend fest:

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Vollständig autonomes Fahren könnte die Zahl der schweren Unfälle deutlich senken. Beim teilweise selbstständigen Fahren dagegen bleibt der Mensch der Automatik in vielen Situationen überlegen, so die Einschätzung der Forscher. Um die Lücke zu schlieβen, sind sowohl eine Vielzahl von Sensoren wie volle Konnektivität mit der umgebenden Infrastruktur notwendig.

Solche vollautomatisierten und vernetzten Fahrzeuge bergen jedoch Risiken in Sachen Cyber-Sicherheit. Deshalb warnt die Studie: “Die Vermeidung von Unfällen sollte niemals allein davon abhängen, ob Zugang zum Netz oder externen Kommunikationskanälen besteht.”
(Quelle: lok-report.de, 23.05.2018)

Stattdessen sollten automatisierte Fahrzeuge so konzipiert sein, dass sicherheitskritische Systeme funktional unabhängig sind und bei fehlender oder wackeliger Netzverbindung nicht versagen, so die Autoren.

(...)

Die Studie mahnt davor, die Sicherheits eines automatisierten Fahrzeugs für Marketingzwecke als Verkaufsargument gegenüber Konkurrenten einzusetzen. “Die relative Sicherheit von Fahrzeugen… sollte keine Mittel im Wettbwerb sein. Der gesetzliche Rahmen sollte das maximal erreichbare Sicherheitsniveau beschreiben, welches die Hersteller als Voraussetzung für eine Straβenzulassung ihrer Fahrzeuge zu garantieren haben”, heiβt es dort.
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Gerade letzteres ist auch ein Fingerzeig bzgl. des allgemeinen Schienenverkehrs abseits isolierter Netze (wie Metrosysteme), bei dem es ebenfalls noch einige offene Fragen zum autonomen Fahren gibt.

[Sidetopic] Autonomes Fahren(Straße) mal sachlich analysiert

HBSA, Hamburg, Donnerstag, 24.05.2018, 15:55 (vor 2136 Tagen) @ sb

Zwar ist mein Fachwissen begrenzt, jedoch habe ich aufgrund eines Bildungshintergrundes im Bereich Informatik gemischt mit Sozialwissenschaften "meinen Senf", den ich gerne dazu geben würde.

Die Bahn hat ja letztes Jahr die Bahnstrecke Annaberg-Buchholz mit dem ersten "echten" DSTW ausgestattet, um auf Teilen der Strecke die sogenannte Automatic Train Operation zu erproben. Hierbei soll es nach meinem letzten Wissenstand vor allem darum gehen, die verschiedenen Automatisierungsstufen zu testen, wohl angefangen damit, dass die Züge mit Stufe 2 fahren sollen, d.h. von Start bis Stopp fährt der Zug automatisch.

Die Automatisierung betrachte ich ähnlich wie den Übergang zu ESTWs. Man automatisiert viele Abläufe, bis auf Sachen wie den Fahrbefehl, der (momentan) noch von Hand gegeben werden muss. Dies ist sicherlich nicht falsch, da der Mensch ja die Maschine kontrolliert und nicht andersrum.

Ähnlich soll wohl die Erprobung bei dieser Strecke sein. Der Mensch soll ja (noch) nicht wegrationalisiert werden, viel mehr will man den Zugführer erstmal entlasten. In den Berichten, die ich unter die Nase bekomme, lese ich hier und da mal, dass Zugführer sich oft über den Bedarf beschweren, über mehrere hundert Kilometer volle Konzentration zu haben. Da entlastet so ein System sicherlich ähnlich wie ein Autopilot im Flugzeug.

Die Informatik-Chefin der DB, Prof. Dr. Sabina Jeschke, sagte selbst im Interview, dass man die Lokführer nicht mal eben so abschaffen kann, zumal sie ja mehr machen, als nur Fahren. Auch stellt die DB ja kräftig Azubis und Lokführer ein, die unbefristete Arbeitsverträge bekommen. Die werden ja nicht ohne Grund eingestellt.

Es ist ja auch nicht komplett falsch, die Automatisierung zu beginnen. Das Bevölkerungswachstum von Deutschland kommt zum Stillstand und wird (in meinem Leben) noch negativ sein. Und – weil ja heute schon immer weniger Menschen in Ausbildungsberufe (wie Zugführer) gehen, muss man das Bestandspersonal so gut wie möglich nutzen können. Da hilft die Technik wirklich viel!

Richtig ist die Feststellung, dass die Sicherheit der Technik, noch nicht einmal die Sicherheit auf der Schiene Vorrang hat. Bei einem mechanischen Stellwerk ist die Manipulation relativ schwer, da muss schon physisch etwas manipuliert werden, elektronisch geht das dann oft mit wenigen Spuren. Auch sollte der Mensch nicht komplett verschwinden, denn Technik versagt immer (der Mensch schafft sie ja), wenn dann doch etwas ausfällt, sollte Menschen eingreifen können. Auch sollte es wie beim Autopiloten im Flugzeug die notwendige zwei- bis dreifache Redundanz geben.

"Die Dummen" behaupten ja oft schon, dass die Zugführer heute ein einfaches Leben haben, da man ja nur Gas geben und bremsen muss, dazu gibt es ja in vielen Zügen auch noch die AFB, die einem auch noch das abnimmt.

Für Tippfehler/Grammatikfehler entschuldige ich mich, das Ganze ist auf die schnelle geschrieben.

--
Fahrdienstleiter & Genießer guter Bahnerlebnisse

[Sidetopic] Autonomes Fahren(Straße) mal sachlich analysiert

Ösi, Donnerstag, 24.05.2018, 18:43 (vor 2136 Tagen) @ HBSA

Auch sollte der Mensch nicht komplett verschwinden, denn Technik versagt immer (der Mensch schafft sie ja), wenn dann doch etwas ausfällt, sollte Menschen eingreifen können.

Und wenn der Mensch öfter versagt als die Technik?

[Sidetopic] Autonomes Fahren(Straße) mal sachlich analysiert

sb, Freitag, 25.05.2018, 16:26 (vor 2135 Tagen) @ HBSA

Die Bahn hat ja letztes Jahr die Bahnstrecke Annaberg-Buchholz mit dem ersten "echten" DSTW ausgestattet, um auf Teilen der Strecke die sogenannte Automatic Train Operation zu erproben. Hierbei soll es nach meinem letzten Wissenstand vor allem darum gehen, die verschiedenen Automatisierungsstufen zu testen, wohl angefangen damit, dass die Züge mit Stufe 2 fahren sollen, d.h. von Start bis Stopp fährt der Zug automatisch.

zu den Stufen siehe u.a.:
Grades of Automation (GoA), ICE-Treff vom 20.06.2017
Grades of Automation (GoA), ICE-Treff vom 31.10.2013

Laut mündlicher Auskunft auf der Innotrans 2016 sei auf der o.g. Bahnstrecke im Erzgebirge schrittweise eine Erreichung von GoA 3 angestrebt, nicht GoA 4 wie von Presseheinis mitunter verbreitet.

GoA 2 ist im bundesdeutschen Fernbahnnetz jedoch schon seit Jahrzehnten im Einsatz: in Form der Automatischen Fahr- und Bremssteuerung (AFB) auf LZB-Strecken, auf Regionalzugstrecken (abgesehen vom Versuchsbetrieb auf der S-Bahn München in den 1970er(sic!) Jahren) jedoch eine Neuigkeit.

Die Automatisierung betrachte ich ähnlich wie den Übergang zu ESTWs. Man automatisiert viele Abläufe, bis auf Sachen wie den Fahrbefehl, der (momentan) noch von Hand gegeben werden muss. Dies ist sicherlich nicht falsch, da der Mensch ja die Maschine kontrolliert und nicht andersrum.

Automatisierung gab es auch schon in RSTWs z.B. mittels der selbsttätigen Zuglenkung, aber im Prinzip auch durch Spurplanlogik bei entsprechenden Stellwerken in Form der selbsttätigen Flankenschutzsuche.

(...)

Richtig ist die Feststellung, dass die Sicherheit der Technik, noch nicht einmal die Sicherheit auf der Schiene Vorrang hat. Bei einem mechanischen Stellwerk ist die Manipulation relativ schwer, da muss schon physisch etwas manipuliert werden, elektronisch geht das dann oft mit wenigen Spuren.

Auch bei mechanischen Stellwerken sind Manipulationen möglich (ohne jetzt im Interesse eines sicheren Bahnbetriebs darauf näher einzugehen), aber bei Digitaltechnik wesentlich schwerer identifizierbar, bevor eine konkrete Risikosituation eintritt.

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