Von Côte Bleue, Train Jaune & Tramvia Blau (1/8 | 49 B.) (Reiseberichte)
Hallo zusammen,
mit einiger Verspätung möchte ich noch eine Reise aus dem September 2016 aufarbeiten. Eigentliches Ziel war der train jaune, der gelber Zug in den Pyrenäen; ich hatte dann den Blick noch etwas über die Rail Map Europe schweifen lassen und darüber hinaus die ein oder andere interessante Strecke entdeckt, die sich mit etwas gutem Willen in eine Rundfahrt einbauen ließ. Gut, wenn ich jetzt rückwirkend einen Blick auf die Karte werfe, ist der Begriff „Rundfahrt“ angesichts des Zickzackkurses vielleicht etwas weit hergeholt - aber der Weg ist ja das Ziel.
Wir starten in Konstanz und fahren durch die Schweiz nach Genf, weiter nach Marseille und Carry-le-Rouet an der Côte Bleue. Am zweiten Reisetag geht es über Nîmes zur Cevennenbahn nach Clermont-Ferrand. Dort besuchen wir die Zahnradbahn Panoramique des Dômes und fahren dann auf der Ligne des Causses nach Béziers. Am vierten Tag führt uns die Tour über Toulouse in die Pyrenäen nach Latour-de-Carol. Dann verbringen wir einen Tag bei der Schmalspurbahn Ligne de Cerdagne, bevor wir weiterfahren nach Barcelona und unterwegs einen Abstecher zur katalanischen Cremallera de Núria einbauen. An Tag 7 besuchen wir vormittags die Straßenbahn Tramvia Blau in Barcelona und machen dann richtig Kilometer bei der Fahrt bis Paris. Am vorletzten Reisetag fahren wir auf der Altbaustrecke der Ligne 4 von Paris nach Belfort und weiter nach Basel, bevor wir dann als weiteren Exoten einen der letzten durchgehenden Züge von Basel bis Konstanz nutzen. Die erstklassige Tour hatte ich zusammen mit meinem Bruder unternommen. So, nun genug der Vorrede, los geht’s!
Tag 1: Konstanz – Zürich – Genf – Lyon – Marseille – Carry-le-Rouet
Unsere Tour beginnen wir morgens um sechs Uhr in Konstanz, als erster Zug steht der Interregio nach Zürich auf unserem Plan. Viele meiner Reiseberichte beginnen mit dieser Interregio-Verbindung, so dass die ersten Bilder eigentlich zum Standardprogramm gehören – aber heute starten wir gleich mit einem „Exoten“, denn in den Zug ist einer der doch seltenen EW IV-Wagen mit Reihenbestuhlung eingereiht. Über den Seerücken fahren wir dem neuen Tag entgegen.
In Zürich wechseln wir ins Tiefgeschoss zum Intercity nach Genf. Im Doppelstockwagen fahren wir durch die Schweiz, über Bern und Fribourg führt uns die Reise in die Romandie.
Da der Himmel wolkenverhangen ist, habe ich von der Fahrt durch die Schweiz nur wenige Bilder. Immer wieder beeindruckend ist der Blick über den Genfer See bei der Fahrt durch die Weinberge hinunter nach Lausanne.
In Genf haben wir wegen gestückelter Fahrkarten vorsorglich eine Stunde Puffer eingebaut. Und so gibt es nun die Möglichkeit, für meinen ersten und zugleich letzten Besuch in der SBB Lounge im dortigen Bahnhof. Während ich die Lounge in Zürich immer voll erlebt habe, herrscht hier in Genf gähnende Leere, wir sind die einzigen Besucher. Die beiden Lounges wurden Ende 2016 geschlossen.
Mit einem lokbespannten TER geht es nun über die Grenze nach Frankreich, knapp zwei Stunden fahren wir im Regionalzug bis Lyon Part Dieu.
Die Strecke ist landschaftlich eigentlich ganz nett, insbesondere der Abschnitt ab Bellegarde entlang der Rhone und weiter bis Ambérieu-en-Bugey ist sehenswert – aber Wetter, Sonnenstand und die fotografierunfreundlichen Fensterschreiben des TER vereiteln vorzeigbare Bilder.
Bei den großzügigen Übergangszeiten kann man sich zwischendurch etwas die Beine vertreten und auch mal den Bahnhof verlassen, dann setzen wir die Reise mit einem TGV fort.
Auf der LGV Rhône-Alpes und weiter auf der LGV Méditerranée geht es nun in den Süden. Ich rätsle noch heute über den Schaffner im TGV, anfangs vermute ich einen Animateur zur Kinderbespaßung, aber das ist in der ersten Klasse wohl ehr unwahrscheinlich. Stattdessen wird es wohl ein echter Schaffner mit einer Passion für Zauberei gewesen sein, jedenfalls hat der gute Mann bei der Fahrkartenkontrolle für jeden Fahrgast einen Trick parat: mal bäumt sich die Krawatte auf, dann schlagen Flammen aus dem Notizbuch und wer sich langweilt, darf die Zeit bis zum nächsten Halt damit verbringen, den magischen Knoten zu lösen, mit dem das Gepäck an der Ablage befestigt wird.
In schneller Fahrt geht es unterdessen über die Rhone und weiter durch die Provence bis zum Endbahnhof Marseille-Saint-Charles.
Auch in Marseille bleibt Zeit für ein paar Schritte aus dem Bahnhof, von der Terrasse vor dem Gebäude gibt es einen Blick hinüber zur Wallfahrtskirche Notre-Dame de la Garde. Bei einer Tour vor fünf Jahren waren wir dort oben (zum Reisebericht).
Während ich die Côte d’Azur schon kenne, die sich zwischen Marseille und der italienischen Grenze erstreckt, soll es diesmal an die Côte Bleue (blaue Küste) gehen, die westlich von Marseille liegt. Die Bahnstrecke entlang der Côte Bleue ist nicht elektrifiziert, ein BGC-Triebwagen wartet zur Fahrt entlang der Küste.
Die Strecke führt zunächst durch das Stadtgebiet von Marseille, dann weiter entlang der Küste durch die Hügel der Chaîne de l’Estaque nach Westen.
Gut, so ganz tiefblau wie in den Tourismusprospekten ist das Wasser an der Côte Bleue nicht – wobei das vielleicht auch nur an den furchtbar schmutzigen Scheiben des Triebzugs liegt. Unterbrochen durch einige Tunnel bietet sich immer wieder ein Blick auf das Meer, so wie bei Ensuès-la-Redonne.
Als Tagesziel haben wir uns den 6.000-Einwohner-Ort Carry-le-Rouet ausgesucht. Vom Bahnhof laufen wir hinunter in den Ort und verbringen den Rest des Tages nun mit einem Spaziergang entlang der Küste.
Der Ort steht an der 13. Stelle der sonnigsten Städte Frankreichs – nur schade, dass wir heute etwas Pech haben und die Abendsonne hinter den Wolken verschwindet.
Es geht gleich weiter...
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