Aktiengesetz (Allgemeines Forum)

ThomasK, Montag, 20.08.2018, 00:36 (vor 2070 Tagen) @ Obitwo


Theoretisch könnte, da der Vorstand an die Weisungen des Eigentümers gebunden ist, der Bundestag sogar direkt dem Bahnvorstand die Weisung erteilen, neue ICE-Züge zu kaufen und die Finanzierung direkt aus dem Bundeshaushalt anordnen, da das Haushaltsrecht beim Bundestag liegt.


Das glauben erstaunlich viele Leute. Ein Blick ins Aktiengesetz könnte zu einem "Langen Gesicht" führen;-)


Rein formal ist es zwar so, dass, wie du schreibst, der Vorstand zunächst unabhängig ist und es bei der AG anders als bei der GmbH keine direkte Eingriffsmöglichkeit im formalen Sinne gibt.

Wie wir alle aber u.a. aufgrund der Erfahrungen bei Stuttgart 21 wissen, läuft es eben anders. In der Praxis läuft das so, dass der Bund den Vorstand rausschmeißt, wenn er nicht das tut, was er will.

Die Bundesregierung wollte z.B. das Projekt Stuttgart 21 auf Biegen und Brechen durchboxen, also wurde hinter den Kulissen maximaler Druck auf den Aufsichtsrat und auf den Vorstand ausgeübt. Da ist es völlig irrelevant, dass es bei der AG, anders als bei einer GmbH, eine direkte Weisungsabhängigkeit nicht gibt. Der Vorstand und der Aufsichtsrat gehorchte.

Ebenso übrigens auch bei der Zweiten Stammstrecke, die der Freistaat Bayern will, aber eigentlich nicht die Deutsche Bahn. Aber die Politik pumpt Geld in den Schwachsinn, also springt der DB-Vorstand wie ein kleiner Fiffi, obwohl der Freistaat Bayern noch nicht einmal Eigentümer der Bahn ist.

Die angestrebte Erhöhung der GVFG-Mittel von 332 Millionen € auf 1000 Millionen € jährlich kommt gerade auch auf den politischen Druck aus Bayern zustande, weil der Freistaat Bayern ja jede Menge GVFG-Mittel in den Unfug Zweite Stammstrecke verbraten will - von der Zweckentfremdung der Regionalisierungsmittel einmal ganz abgesehen.

Aber rein formal ist es so, wie du sagst, dass der Vorstand zunächst unabhängig ist, aber in der Praxis läuft es eben anders. Deshalb ist auch ganz klar Merkel für das Desaster von Stuttgart 21 mitverantwortlich, denn ohne die massive Einwirkung der Bundesregierung, wäre das Unfugprojekt längst abgebrochen worden.

Wie ich aber schon schrieb, gibt es aber Naturgesetze, die sich weder um das Aktiengesetz noch um Political Correctness scheren. Irgendwann kommt der totale Offenbarungseid, bei dem die Bundesregierung zugeben muss, dass die 8 Gleise von Stuttgart 21 nicht ausreichen und deshalb ein Teil des heutigen Kopfbahnhofes erhalten werden muss. Wahrscheinlich werden 8 - 12 Gleise des heutigen Kopfbahnhofes erhalten. Die Gleistopologie von Stuttgart 21 entspricht derjenigen von Aschaffenburg Hbf und jeder möge mal den Zugverkehr zwischen Aschaffenburg und Stuttgart vergleichen. Vergleichen lässt sich der Zugverkehr Stuttgarts mit demjenigen in Hannover und wenn man die Gleistopologie von Stuttgart Hbf mit Hannover Hbf vergleicht..... *lach*

Da aber die Deutsche Bahn AG zu 100 % im Eigentum des Bundes steht, muss de facto der Vorstand das tun, was die Bundesregierung bzw. mittelbar auch das, was der Bundestag will, tun. So einfach ist das. So läuft das in der Politik.

Hätte die Bundesregierung echtes Interesse an einer Verkehrswende, dann hätte sie ganz andere Entscheidungen getroffen. So aber ist das Ziel, bis 2030 die Zahl der Fahrgäste der Deutschen Bahn zu verdoppeln, nur unqualifiziertes Gequatsche, weil dafür weder die Infrastruktur noch der Fahrzeugpark reicht. Um die Zahl der Fahrgäste zu verdoppeln, müsste man mindestens 35 % mehr Zugkilometer fahren, was bei der derzeitigen Infrastruktur völlig aussichtslos ist, da die zusätzlichen Fahrgäste dummerweise nicht dort fahren wollen, wo es die Infrastruktur zur Not noch hergeben würde, sondern dort, wo die Bahn ohnehin schon am Anschlag fährt.

Hätte die Bundesregierung Interesse an einer Verkehrswende, dann würde sie die Eisenbahn finanziell ganz anders ausstatten und hätte schon Infrastrukturprogramme für längere Bahnsteige, zweigleisige Ausbaumaßnahmen usw. beschlossen.

Aber der politische Wille ist NICHT da.

Da ist mir ja sogar noch Trump lieber. Zwar bin ich mit einem Teil seiner Präferenzen nicht einverstanden, aber er erklärt klipp und klar, dass ihn die Klimaerwärmung einen Scheißdreck interessiert und das ihm die Umwelt völlig egal ist. Zweifellos liegt er in seiner Einschätzung naturwissenschaftlich gründlich daneben, aber immerhin ist er ehrlich. Die Amerikaner wussten das ja vorher, dass er hier gründlich daneben liegt, aber Wahl ist Wahl.

Ganz anders Merkel. Sie lässt sich als Klimaschützerin feiern und wenn es darum geht, die dringend notwendigen entsprechenden verkehrspolitischen Entscheidungen zu treffen, dann hilft sie kräftig bei der Vertuschung des Dieselskandals mit, dann verhindert sie eine Umschichtung der Mittel von der Straße auf die Schiene, dann verhindert sie eine blaue Plakette und boxt infrastrukturelle Fehlentscheidungen durch. Ach ja, in den USA gibt es auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung und in Deutschland wird auch dieses Thema immer wieder durch Merkel abgeblockt.

Dummerweise lassen sind viel zu viele Wähler von warmen Worten blenden.

Jemand, der ein ungehobeltes Benehmen hat, einiges nicht weiß, aber authentisch ist, ist mir bei weitem lieber, als jemand, der sich ordentlich benimmt, aber die Leute mit warmen Worten blendet und hinter den Kulissen seine Machtspielchen zelebriert und durch geschicktes politisches Taktieren seinen arschkriecherischen Hallraum deutlich vergrößert.

Fakt ist, dass es in Deutschland keinen politischen Willen zur Verkehrswende gibt und etliche Probleme ausgesessen werden.

Aber rein formal hast du Recht, auch wenn es in der Praxis anders läuft.


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