Frühling zwischen Südtirol und Aostatal (m.B.) (Reiseberichte)

Twindexx, St. Gallen (CH), Sonntag, 25.03.2018, 23:58 (vor 2195 Tagen) @ TD

Hoi,

Ich geh mal auf die letzten drei Teile gemeinsam ein.

Schließlich ist die Endstation Aosta erreicht. Nach dem Aussteigen blicken wir auf die Gleise, die noch 31 Kilometer weiter bis Pré-Saint-Didier führen. Der Verkehr auf diesem Abschnitt ist seit 2015 eingestellt.

Bitte? Neue Züge kaufen, aber gleichzeitig die halbe Strecke stilllegen, was soll denn der Quatsch? So unbevölkert scheint die Gegend dort ja auch nicht zu sein.
Die neuen Züge konnte man letzten Mai in Bussnang beim Tag der offenen Tür bereits im Bau sehen. Leider gab es an diesem Besuchertag in den Stadler-Hallen ein striktes Fotografierverbot.

Die italienische Busgesellschaft SAVDA und die schweizerische TMR bieten Busverbindungen von Aosta durch den Großen-St.-Bernhard-Tunnel nach Sembrancher bzw. Martigny an.

Bei der Reiseplanung wäre mir hier beinahe ein böser Fehler passiert, denn der Bus fährt nur an bestimmten Wochentagen (Dienstag und Freitag),

Der Tunnel am Grossen St. Bernhard war jetzt seit September wegen eines Schadens längere Zeit gesperrt. Die Busse fielen entsprechend monatelang aus.
Im Sommer gibt es aber wohl noch die Möglichkeit mit längerer Umsteigezeit am Hospiz über den Pass zu fahren: https://www.fahrplanfelder.ch/fileadmin/fap_pdf_fields/2018/12.211.pdf

In Sembrancher treffen die beiden Bahnstrecken in einem Keilbahnhof aufeinander. Die Züge sind auf der Strecke nach Le Châble durchgebunden, während Orsières mit einem Pendelzug bedient wird. Für uns heißt es hier deshalb umsteigen, aus Le Châble kommt schon der Zug nach Martigny eingefahren.

Seit in Verbier der Wintersportort ausgebaut wird, verkehren die Züge nicht mehr Martigny-Orsière durchgehend. Früher musste man von Le Châble aus in Sembrancher umsteigen. Bei der Modernisierung des Bahnhofs wurde dann dieses Konzept auch endgültig in Zement gegossen.

Doch nun zurück zum Bahnhof, im Hintergrund die Seilbahn zum Wintersportort Verbier, der auf einer Geländeterrasse über dem Tal liegt. Wir fahren jetzt zurück nach Martigny, nachfolgend nochmals drei Eindrücke der Fahrt durch das Val de Bagnes und das Tal der Dranse.

Ich war im Oktober mal in Le Châble, da sah es bereits anders aus:

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Die vergraben den Bahnhof im Boden und binden den Mittelperron direkt mit Lifts und Rolltreppen zur Gondelbahn und dem neuen darüberliegenden Busterminal. Das 27 Mio CHF teure Bauwerk ist ganze 270 Meter lang. Da fehlt dann nur noch ein direkter TGV aus Paris im Winter.


Auch sonst hat die TMR auf der Strecke etwas gebaut. Während sieben Stunden am Tag (HVZ) gilt nun seit Fahrplanwechsel der Halbstundentakt auf allen Streckenästen. Die zusätzlichen Züge fahren dabei Martigny-Sembrancher ohne Halt und bedienen auch die Station Etiez nicht.
In Bovernier wird derzeit noch an einem Doppelspurabschnitt gebaut. Dieser würde neben der Ausdehnung des Halbstundentakts auf den ganzen Tag auch die Einbindung weiterer Halte in den Halbstundentakt erlauben, wo die Züge derzeit auch im Halbstundentakt nur stündlich halten (weil die zusätzlichen Züge durchfahren). Die nur sporadisch zu Anlässen bediente Haltestelle Martgny-Expo könnte künftig auch fahrplanmässig bedient werden.

Die Fahrt auf der Simplonstrecke dauert 20 Minuten und führt über den Talboden des Rhonetals, hier queren wir gerade den Fluss. Aus der Fahrgastperspektive ist die Brücke unspektakulär, mit einer Spannweite von 125 Metern ist die "Pont des Paluds" die längste stählerne Eisenbahnbrücke der Schweiz.

Das wusste ich nicht mal, wieder was gelernt (Danke!). Ich weiss dafür, dass das aktuelle Bauwerk nigelnagel neu ist: https://www.vs.ch/de/web/railvs/pont-des-paluds-massongex
Geplant ist ab Dezember, den IR 90 stündlich mit IC2000-Pendelzügen zu führen. Dazu wurden auf der gesamten Strecke zwischen Lausanne und Visp in den letzten Jahren Ausbauten des Lichtraumprofils vorgenommen. Nötig war dazu auch, diese Brücke neu zu bauen.

Die erste Etappe der Fahrt führt straßenbahnähnlich durch das Stadtgebiet von Aigle, in der Parallelstraße fährt gerade ein Zug nach Leysin aus.

Da gibts Pläne, die Strecke Aigle-Leysin innerhalb von AIgle stillzulegen. Stattdessen soll am Ortsrand von Aigle-Dêpot aus ein Neubauabschnitt zur ASD gelegt werden. Die Züge von/nach Leysin sollen dann auf der ASD zum Bahnhof Aigle verkehren.
In Leysin gibts auch Ideen, die Strecke mit einem Neubauabschnitt zu verlängern.

Ursprünglich gab es Pläne, die Bahn über einen Pass bis Gstaad zu verlängern und dort an die Montreux–Berner Oberland-Bahn anzuschließen. Diese Pläne wurden nie verwirklicht und die Bahn war immer wieder von der Einstellung bedroht. Nun soll die Strecke tatsächlich weitergebaut werden – aber nur 800 Meter bis zur Talstation einer neuen Gondelbahn.

Die Rettung der Bahn konnte nur geschehen, weil man das Geld für eine Modernisierung aufbringen konnte. Darunter ganz wichtig die Einführung des automatischen Streckenblocks.
Darum finde ich es immer sehr befremdlich, wenn in einem Bahnforum unmodernisierte Bahnen als das Grösste bezeichnet wird und jeder Fortschritt des Teufels ist. Wenn nicht modernisiert wird, wird die Bahn früher oder später verschwinden. Wer gegen Modernisierung ist, ist deshalb eigentlich ein Feind der Eisenbahn (und kein Freund). Auf einer Museumsbahn mag das gut und recht sein, ein fahrplanmässiger Betrieb muss aber die Bedürfnisse der Nutzer und die heutigen Sicherheitsanforderungen erfüllen. Die Bahnen leben von ihren Fahrgästen und die fahren dann mit, wenn es zeitgemässes Rollmaterial auf zeitgemässer Infrastruktur gibt.

Was auf der ASD jetzt noch kommen muss, sind der weitere behindertengerechte Ausbau der Stationen und die Beschaffung neuen Rollmaterials in den nächsten Jahren. Mit der Absicht zur Streckenverlängerung ist der Wille dazu aber mittlerweile auch vorhanden.

Und hier sind wir am Bahnhof angekommen. Ich gehe mal davon aus, dass ich nicht zum letzten Mal in Aigle war, denn auch die anderen Meterspurstrecken der TPC harren noch der Bereisung.

Ab Aigle bin ich eigentlich schon alle gefahren, aber wenn die da munter weiter Strecken verlängern werde ich da auch mal wieder hinkommen.

Hier fahren wir in den Keilbahnhof von Chamby mit dem charakteristischen Empfangsgebäude in Mittellage ein. Für uns geht es rechts weiter in Richtung Zweisimmen, nach links die nur noch im Museumsverkehr betriebene Strecke nach Blonay.

Die Strecke hat noch eine wichtige Bedeutung für die Organsiation des planmässigen Betriebs der MVR. Die MOB tauscht hier Fahrzeuge zwischen MOB und MVR aus (wenn auch nur als Dienstfahrten ohne Fahrgäste). Die SURF (Série 7500) der MVR kommen teilweise auch als Régio auf der MOB zum Einsatz. Die MVR-Fahrzeuge müssen auch zur MOB in den Unterhalt.

Ab Ende 2019 soll der „GoldenPass-Express“ mittels umspurfähiger Drehgestelle und einer Umspuranlage umsteigefrei über Zweisimmen hinaus verkehren.

Das umspurfähige Rollmaterial wurde letztens bestellt. Weil das in der Schweiz noch nie gemacht wurde, muss es Tests bei allen Jahreszeiten geben. Aus diesem Grund kann der fahrplanmässige Verkehr erst Dezember 2020 aufgenommen werden. Geplant sind vier tägliche Zugspaare Montreux-Interlaken Ost (Montreux ab 07:40, 09:40, 12:40 und 14:40 Uhr).

Im Zweisimmen ist bereits schon einiges für den Spurwechselverkehr erkennbar. Die folgenden Bilder habe ich im März 2018 gemacht:

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Fertig ist das ganze zwar noch nicht, die Umspuranlage selbst fehlt noch, aber man erkennt schon etwa, wie das betrieblich laufen soll. Auf der Normalspurseite mündet die Meterspur in ein mittiges Abstellgleis und auf der Meterspurseite mündet die Normalspur in ein mittiges Abstellgleis.
Auf der BLS werden die Transgoldenpasszüge mit Lokomotiven des Typs Re 465 bespannt werden. Auf der MOB werden pro Zug zwei Schlepptriebwagen der Série 9000 zum Einsatz kommen (einteilig, nur einseitig mit Führerstand, andere Seite mit Wagenübergang), davon fahren auf der MOB schon ein paar rum:

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Auf der Goldenpass-Internetseite lese ich „VIP Plätze nur bis 01.09.2018 verfügbar“ – was hat es denn damit auf sich?

Ich kenne den exakten Projektfahrplan des MOB-Rollmaterialkonzepts nicht auswendig. Tatsache ist, dass die MOB bis 2020 ihren Rollmaterialeinsatz komplett neu ausrichten wird.

Man wird neben den drei Transgoldenpass-Umläufen noch zwei Umläufe mit Panoramiczügen zwischen Montreux und Zweisimmen haben. Diese werden strikt verpendelt sodass sie den ganzen Tag in gleicher Formation verkehren. Auf Seite Zweisimmen werden sie mit einer Ge 8000 bespannt. Auf Seite Montreux wird es noch je einen Panoramasteuerwagen geben, aber nur noch die beiden neueren mit der rundlicheren Form.
Die kantigeren Panoramasteuerwagen bleiben wohl noch als Reserve im Bestand. Aber viele ältere Wagen, auch bereits Panoramawagen, werden verschrottet oder verkauft. Mit den Transgoldenpasswagen wird ja auch einiges an neuem Rollmaterial in Betrieb gehen.
Zu erwähnen ist im speziellen noch, dass die MOB zwei ihrer vier Loks der Série Ge 8000 an die RhB verkauft hat (Typ Ge 4/4 III).

Der Belle-Epoque-Zug (Goldenpass Classic) wird künftig wegen des Behindertengleichstellungsgsetzes von zwei Schlepptriebwagen der neuesten Generation Série 9000 ins Sandwich genommen und weiterhin als Schnellzug zwischen Montreux und Zweisimmen eingesetzt werden (drei tägliche Zugspaare). Der Belle-Epoque-Zug ist derzeit bis Juni ausser Betrieb, um die dafür nötigen Anpassungen umzusetzen. Gleichzeitig ist aber auch die Strecke Montbovon-Château-d'Oex (auf den Stationsschildern der MOB wird Oe getrennt geschrieben) bis Juni vollgesperrt.

Es kann also sein, dass auch die Panoramiczüge einige Zeit ausser Betrieb genommen werden, um ans künftige Konzept angepasst zu werden. Im Endzustand hat man dann die VIP-Plätze sowieso nur noch in Fahrtrichtung Montreux und nur noch bei zwei Umläufen (= fünf Zugspaare am Tag).


Ansonsten danke ich für den schönen Bericht.


Grüsse aus der Ostschweiz.

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Aktuell im Einsatz auf den Linien IC 1, IC 2, IC 3, IC 21, IR 13, IR 15, IR 27 und IR 70:
Der SBB FV-Dosto.


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