Angekommen in SchBAHNien (25 B) (Reiseberichte)

Krümelmonster, München, Sonntag, 18.02.2018, 10:49 (vor 2249 Tagen) @ Krümelmonster

Der mäßig motivierte SNCF-Schalter konnte mir kein Ticket nach Barcelona verkaufen. Deshalb wartete ich auf den spanischen Zug, aus dem ein kleines drahtiges Männchen ausstieg, und fragte, ob es Französisch spreche. Es antwortete mit No. Ich fragte, ob es Englisch spreche. Immerhin überlegte das Männchen einen Moment, bevor es wieder No sagte.^^ Spanisch kann ich bloß ein paar Brocken. Wenigstens verstand ich, dass der Kontrolleur erst in Puigcerdà (spricht sich wie Pudsch-ßer-DA) zusteigen und mir dort eine Fahrkarte verkaufen würde. Er stieg tatsächlich dort ein, verduftete aber erst einmal in den hinteren Führerstand und blieb so lange dort, dass ich schon langsam nervös wurde. Erst nach etlichen Stationen kam er wieder hervor, erinnerte sich aber gleich daran, dass ich in Puigcerdà schon im Zug saß und sprach mich in gutem Französisch an. Sein Gerät spuckte leider ein komplett weißes Ticket aus, deshalb begleitete er mich beim Aussteigen und stellte sicher, dass ich auch ohne bedrucktes Ticket durch die Sperren kam (hätte wahrscheinlich auch so funktioniert, ein Ticket muss wohl nur beim Einsteigen gezeigt werden). Danach erst ging er wieder zum Zug. Das nenne ich mal Service! Das Ticket konnte ich zwar nicht behalten, aber ein weißer Zettel ist jetzt auch nicht so spannend.^^
Der Zug quälte sich in nervenaufreibend langsamer Geschwindigkeit über die Grenze nach Puigcerdà. Nicht wesentlich schneller ging’s auf kurviger Strecke durch die Pyrenäen. Ich dachte, je breiter die Schienen, desto schneller könnte man die Kurven befahren, aber offenbar nicht… Von Latour-de-Carol–Enveitg auf 1231 m Höhe ging es bergauf bis La Molina, auf 1420 m der höchstgelegene Bahnhof der Iberischen Halbinsel. Bis Vic (sprich: Witsch) hielt der Zug an fast jeder Station, erst danach wurden ein paar Halte ausgelassen, doch nur einmal lagen mehr als 15 min zwischen zwei Halten. Im Laufe der Fahrt füllte sich der Zug immer mehr, kurz vor Barcelona lag die Auslastung bei etwa 80 %. Ansagen und Anzeigen waren alle zweisprachig, erst Katalanisch, dann Spanisch. Während der Fahrt gingen immer wieder Jugendliche zum Rauchen in den Übergangsbereich zwischen den Zugteilen – gerochen hat man’s deutlich, gestört hat’s offenbar keinen.
Die Fahrt führte durch sehr schöne Landschaft: anfangs noch durch die Pyrenäen, später Richtung Küste, während man rückwärts fahrend die Berge langsam entschwinden sah. Dabei ging es durch kleine alte Städte, über sprudelnde Flüsse oder an eindrucksvollen Klöstern vorbei. Da man die Fenster nicht öffnen konnte, entstanden leider nicht viele gute Fotos. Nach gut 3 h (für knapp 160 km) und über 20 Zwischenhalten war der wenig schöne Bahnhof Barcelona Sants erreicht.
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74 Mit diesem heißblütigen iberischen Gefährt geht es weiter.
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75 Zweckmäßig
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76 Ein letzter Blick nach Frankreich. Der Erdwall rechts ist die Grenze. Im Vordergrund ist der schlechte Zustand der Normalspurstrecke nach Puigcerdà grob erkennbar, es können dort keine Züge mehr fahren
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77 Die Berge sind noch nicht zu Ende
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78 Es geht weiter bergauf, so weit, dass wir sogar durch spanischen Schnee fahren
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79 Katalanisches Dorf
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80 Man beachte die große Fahne links der Mitte am Felsen
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81 Flussüberquerung
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82 So entschwinden die Berge
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83 Kleinstadt
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84 Estació(n) Barcelona Sants – ich habe heute leider kein Foto für dich

Leider habe ich es irgendwie geschafft, alle Fotos aus Barcelona ohne Bahnbezug zu zerstören. Anwenderfehler… :-/ Meine Reaktion könnt ihr euch ungefähr so hier vorstellen: klick mich. Deshalb kann ich nur Bilder der Verkehrsmittel zeigen…
Recht häufig fuhr ich mit der Metro-Linie 1, der einzigen auf Iberischer Breitspur. Die restlichen Linien sind in Normalspur ausgeführt, Linie 8 in Meterspur. Die Tram habe ich ebenfalls benutzt. In sämtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln sind die Ansagen einsprachig in der Weltsprache Katalanisch (Beschriftungen immerhin dreisprachig mit Spanisch und Englisch).
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85 Die Metro
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86 Eine normale Tram

Für meinen Weg zum Tibidabo wählte ich die Tranvía Blau, die v a Touris bis zur Standseilbahn bringt. An jener Standseilbahn erlebte ich die Perfektion des Chaos. Bei eigentlich mäßigem Andrang wartete man wegen langsamer Verkäufer eine geschlagene Dreiviertelstunde auf den Ticketverkauf. Ich frage mich, was sie im Sommer machen. Wahrscheinlich reicht dann die Warteschlange bis zum Hafen (d h einmal quer durch die ganze Stadt). Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich dann endlich einen Platz in der Bahn (obwohl die Kapazität der Bahn gar nicht das Problem war) und es ging hoch hinauf. Die Aussicht war durchaus großartig, doch leider war es etwas diesig und die Stadt liegt Richtung Südsüdosten, also immer im Gegenlicht. Da ich mir das Chaos der privaten Standseilbahn abwärts nicht nochmal antun wollte, wählte ich den öffentlichen Bus und eine andere Standseilbahn, wo die normalen ÖPNV-Tickets galten. Der Bus fuhr nur alle halbe Stunde, na toll. Dementsprechend überlastet war er dann, es war nur ein Minibus. Wenigstens ging’s schnell.^^ Von der Station Peu de Funicular zurück in die Stadt brachte mich eine Stadtbahn der FGC. Diese verkehrt im Umland wie eine S-Bahn, in der Stadt eher wie eine Metro.
Außerdem besuchte ich noch die prächtige Estació de França, wo bis zur Eröffnung der SFS die Züge aus Frankreich ankamen. Seitdem dient sie fast nur noch dem Vorort-Verkehr, ist völlig überdimensioniert und verwaist, und die Leere lässt sie fast schon etwas unheimlich wirken. Der dortige Entenschnabel hatte es mir irgendwie angetan. Warum parkt man den ausgerechnet hier, gibt es doch noch Reste von Fernverkehr?
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87 Tranvía Blau
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88 Die Funicular de Vallvidrera in der Bergstation Vallvidrera-Superior
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89 Ausblick während der Talfahrt
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90 Die prächtige Halle der Estació de França. Hier war wirklich so wenig los
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91 Zugparade
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92 Naak Naak
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93 Irgendwie finde ich diese Exemplare etwas missgebildet^^

Bilder von den Sehenswürdigkeiten kann ich ja leider keine vorweisen. Es ist wirklich schade, denn die Stadt ist außerordentlich sehenswert… Und ich so: klick mich
Deshalb begeben wir uns schon wieder auf die Rückreise. Ich hoffe doch, dass es mir auch in einem Bahnforum erlaubt ist, diese Strecke Oneway zu fliegen, zumal die Bahnverbindung in Gegnrichtung nicht so geschmeidig ist.
Von der Plaça d’Espanya (5 Gehminuten von meiner Unterkunft) fahren alle 5 min Busse zum Flughafen und brauchen dafür ca 30 min. Die Flughafen-Metro ist noch nicht zu Ende gebaut, aber selbst wenn sie das ist, soll schwungvoll in einem Bogen ums Stadtzentrum herum führen. Deshalb fuhr ich per Bahn. Von der Estació Sants (10 – 15 Gehminuten von der Unterkunft) dauert es nur 17 min und kostet 4,20 € (genauso viel wie mit der Metro mit Umsteigen, Bus kostet 5,90 €), allerdings fährt nur alle halbe Stunde ein Zug. Beim Warten sah ich den spanischen Blutsbruder des ICE 3.
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94 Neuere Generation der Rodalies
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95 Ältere Generation der Rodalies
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96 Die BR 406 ist bei der Durchquerung Frankreichs pink geworden
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97 Recht rasant geht es aus der Stadt heraus
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98 Die Rodalies in Kriegsbemalung ist am Flughafen angekommen
Der Bahnhof ist einen nicht ganz kurzen Fußmarsch vom Terminal 2 entfernt, doch viele Airlines, u a Platzhirsch Vueling, fliegen vom Terminal 1, das mit einen regelmäßig verkehrenden, kostenlosen Shuttle-Bus erreicht werden kann. In Verbindung mit Fußmarsch & Shuttle-Bus wäre der direkte Bus (hält auch am Terminal 1) nicht nur schneller, sondern auch bequemer gewesen, vom dichten Takt ganz zu schweigen… Die Beschriftungen am Flughafen sind übrigens zuerst fett auf Katalanisch, darunter etwas kleiner auf Englisch und zuletzt auf Spanisch.^^ Geflogen bin ich mit Vueling. Nun ja, wie soll man Kurzstrecken-Flüge bewerten? Bequem war’s nicht, was zu futtern gab’s auch nicht, aber beides hätte mich auch schwer überrascht. Ich bin unverletzt relativ pünktlich und zur selben Zeit wie mein intakt gebliebenes Gepäck am geplanten Zielflughafen gelandet. Das ist doch quasi alles, was man heute noch erwarten kann, also war’s gut.^^
Dass die Strecke via Paris ein Umweg war, wusste ich natürlich, aber von der arg östlichen Flugroute war ich doch überrascht. Zunächst ging es raus aufs Mittelmeer, erst östlich von Savona wurde wieder das Festland erreicht (Luftlinie wäre bei Marseille gewesen), Genua war zu sehen. Dann ging es gen NO weiter bis Meran und von dort auf gerader Linie bis nach MUC. Bildschirme, die das anzeigten, gab’s natürlich keine, aber ich hatte Offline-Karten auf meinem Handy und die Ortung funktioniert auch im Flugmodus und sogar auf Reiseflughöhe.
Nach gut 2 h sind wir auch schon gelandet. Es war schnell & effizient, aber sicher kein Erlebnis. Da war die Bahnanreise doch wesentlich schöner! ;)

Insgesamt habe ich per Bahn (nicht Metro) in 17 h, 57 min (davon 1 h, 23 min für Zwischenhalte) 2.032 km zurückgelegt, davon 1.457 km in Frankreich.
Die Entfernung Luftlinie zwischen den Flughäfen beträgt 1.096 km.

Es grüßt,
das Krümelmonster

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)


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