Nach SchBAHNien - Pyrenäenmetro & Pyrenäen-S-Bahn (45 B) (Reiseberichte)

Krümelmonster, München, Sonntag, 18.02.2018, 10:48 (vor 2231 Tagen) @ Krümelmonster

Angekommen in Perpignan wachsen vor dem Bahnhofsgebäude sogar Kakteen. Es herrschten angenehme 15 °, genau wie mittags in Paris, bloß dass es nun schon dunkel war. Auffällig war die sehr hohe Dichte an Dönerbuden an der Straße vom Bahnhof in die Stadt, das hatte ich so noch nirgendwo in Frankreich gesehen. Doch ich dachte mir, ich bin doch nicht nach Frankreich gefahren, um Döner zu essen. Erst drehte ich eine Runde durch die sehr sehenswerte, aber wenig französisch anmutende Stadt. Dann suchte ich nach einem französischen Restaurant, fand aber keines (nur spanisch/katalanisch, oder die „internationalen“ Klassiker italienisch, chinesisch, Thai…). Irgendwann ging ich frustriert in eine Pizzeria und nahm eine Pizza Kebab. Kann man machen. Kann man aber auch lassen… Wobei in Frankreich selbst diese lecker war.^^ Danach fiel ich tot ins Bett.

In der Früh drehte ich nochmal eine Runde durch die Stadt im Sonnenaufgang, dabei sah ich zum ersten Mal die Pyrenäen.
Anbei noch einige Impressionen aus der Hauptstadt von Französisch-Katalonien:
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29 Mediterranes Gestrüpp ziert den Bahnhofsvorplatz
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30 Stadttor
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31 Justizpalast
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32 Bahnhofstr. in der Morgendämmerung
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33 Wenig französisches Flair
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34 Eine Kirche
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35 Das Rathaus mit Tricolore & katalanischer Fahne
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36 Der Hauptplatz
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37 Kirchturm im Morgenlicht
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38 Es geht weiter in Richtung der Berge

Nach dem Rundgang durch Perpignan ging ich zum Bahnhof, den ich um 8:26 Uhr verließ. Der Zug nach Villefranche–Vernet-les-Bains–Filla (kurz, ne?^^) fuhr erst parallel zum Fluss Têt und zu den schneebedeckten Pyrenäen-Gipfeln, ab Ille-sur-Têt wurde es leicht bergig. Die Fahrt führte von Perpignan auf 37 m Höhe hoch bis auf 427 m. Über Prades, einem mächtig katalanisch und so überhaupt nicht französisch anmutenden Ort, wehte die katalanische Flagge anstatt der Tricolore – ach du grüne Neune! Die Bahnhofsschilder & Straßenschilder waren alle zweisprachig (selbst in Perpignan schon). Weiß jemand, ob in der Ecke tatsächlich nennenswert Katalanisch gesprochen wird? Oder macht man es so, wie in anderen Regionen Frankreichs auch üblich – einfach ein paar bunte zweisprachige Schilder aufhängen und fertig ist die zweisprachige Region?^^
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39 Der Bahnhof von Perpignan
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40 Zug in Kriegsbemalung
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41 Ui, Berge! :)
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42 Wo ist die Tricolore? :-O
An der Endstation (nein, ich werden diesen elendig langen Namen nicht wiederholen^^) stieg ich um in das womöglich älteste Gefährt, das mich je befördern wird. Dagegen würde selbst mein Opa jung erscheinen, wenn er denn noch am Leben wäre. Die Fahrzeuge wurden 1908 gebaut; als mein Opa (der ältere) geboren wurde, waren sie schon 22. Nicht permanent, aber oft und lange durchgehend gab das Gefährt ein Geräusch von sich, das ungefähr wie „Ickl Ackl Uckl Ackl“ in unendlicher Wiederholung klang und auf Dauer ziemlich nervig war.^^
Der erste Teil der Bergfahrt war eher semi-spektakulär, also nicht wirklich. Erst ab dem Viaduc Séjourné (nach 18 langen km) wurde es interessant. In Fontpédrouse–St.-Thomas-les-Bains auf 1051 m war Zugkreuzung – im Winter fahren hier wegen angeblich niedriger Nachfrage nur zwei Zugpaare pro Tag, meines am Vormittag war aber anfangs sehr gut ausgelastet und leerte sich im Laufe der dreistündigen Fahrt nur zögerlich. Ebenfalls in diesem Bahnhof bat mich der Lokführer/Fahrkartenkontrolleur/Zugabfertiger/allgemeine Ansprechpartner in Personalunion, die Tür zu schließen – eine Bitte, der ich sehr beherzt nachkam. Ja, und ab dem nächsten Bahnhof hatten wir leider eine Türstörung, die sich bis zur Endstation nicht mehr beheben ließ. :D Die Fahrgäste durften dann über den Durchgang zum Gepäckwagen aussteigen (klingt unbequemer, als es ist, im Prinzip fehlte nur eine Treppe, die Tür war genauso groß, der Teil des Wagens bloß halt normalerweise nicht für Personen vorgesehen, sodass der Lokführer/Fahrkartenkontrolleur/Zugabfertiger/allgemeine Ansprechpartner in Personalunion dann jedes Mal extra dort aufschließen musste). Mit mir im Wagenbereich befand sich u a eine 3er-Gruppe Franzosen (Tochter Ende 20 mit ihren Eltern in Rente) von irgendwo nahe der spanischen Grenze, deren Herr, nachdem ich mich als Deutscher zu verstehen gegeben hatte, in einem fort vom Schwarzwald schwärmte. Da muss ich wohl auch mal noch hin (Edit: Check, schon erledigt :D). Nachdem sie ausgestiegen waren, hatte ich einen abgetrennten Bereich mit vier 4ern für mich allein – getrennt vom nächsten ebensolchen Bereich durch den offenen Einstiegsbereich mit der besagten Türstörung.^^
Es ging immer weiter bergauf, und die Bergwelt wurde immer spektakulärer. Irgendwann wurde es sogar schneeig. Es bot sich ein einzigartiges Panorama auf die Gipfel zwischen 2700 und 3000 m Höhe, die wohl die spanische Grenze bilden. Der Scheitelpunkt der Strecke befindet sich im Bahnhof Bolquère – Eyne auf stolzen 1592 m. Danach ging es mächtig kurvig bergab, das Maximalgefälle liegt auch hier bei 60 Promille. Ab Err verließen sie mich irgendwie, ich saß alleine, der spektakulärste Teil der Strecke war vorbei und definitiv nicht mehr zu toppen, und ich kämpfte gerade so erfolgreich gegen den Schlaf. Die spanische Exklave Llívia war nicht als solche zu erkennen, davon, dass die Fahrt später unmittelbar entlang der spanischen Grenze entlang führte, ebenfalls nichts. Einige Bedarfshalte zwischendurch wurden mit bis zu 5 min Verfrühung durchfahren, hoffentlich verließ sich dort niemand auf den Fahrplan.^^ Der Zielort Latour-de-Carol–Enveitg (um die korrekte Aussprache wiederzugeben, müssten die Franzosen eigentlich Envètch oder vllt Envètche schreiben) wurde sodann auch pünktlich erreicht.
Da man gar nicht beschreiben kann, wie toll das alles war, zeige ich jetzt jede Menge Bilder:
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43 Hier ist das 110-jährige Objekt der Begierde (hinten links der Zug in Kriegsbemalung aus Perpignan/Perpinyà)
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44 So schaut das Vehikel von innen aus (später, als es nicht mehr so voll war). Hinter der Tür mit "Accès interdit" befindet sich der Gepäckraum/Ausstieg.^^
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45 Zwischenhalt, ich glaube dort verursachte ich die Türstörung^^
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46 Ausblick auf die Bergwelt
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47 U umgedreht
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48 Das Thermalbad Thuès-les-Bains
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49 Eine der zahllosen Brücken
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50 Gegenzug
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51 Auf der Pont de Cassagne
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52 Ui, Schnee!
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53 Noch mehr Schnee
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54 Die Bergen werden immer noch höher
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55 Entlang dieses Panoramas geht es weiter
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56 Der höchstgelegene Bahnhof der SNCF
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57 Berge
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58 Font-Romeu-Odeillo-Via (na, habt ihr auch den Anfang schon wieder vergessen?^^)
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59 Es beginnt die Abfahrt
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60 Reichlich Feuerholz
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61 Noch eine Brücke
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62 Rückblick
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63 Der französische Spitzname für diese Bahn lautet „petit train jaune“ – kleiner gelber Zug
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64 – 65 Nochmal diese Bergkette
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66 Hier die Strecke aus Spanien

Da die Bahn ihren Strom aus einer seitlichen Stromschiene bezieht, wird sie auf Deutsch gelegentlich als Pyrenäenmetro bezeichnet. Nach der Pyrenäenmetro ging es nun weiter mit der Pyrenäen-S-Bahn. Zwischen den beiden gibt es einen optimierten Anschluss – nicht. Die Pyrenäenmetro fährt im Winter eben zweimal täglich, die S-Bahn nach Barcelona viermal täglich. Und zwischen den beiden hat man wunderhübsch über eine Stunde Wartezeit – für das sicher sehr teure Bahnhofsrestaurant etwas knapp, für alles andere erheblich zu lang. :D Immerhin war es mit sonnigen 13 ° nicht kalt.
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67 Es herrscht dichter Zugverkehr… Sogar ein Bus ist dabei.^^
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68 Der Bahnhofsvorplatz bietet auch nur begrenzte Möglichkeiten zur Zerstreuung
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69 Das Interessanteste im Bahnhof: das Unisex-WC. Immerhin kostenlos^^
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70 Two to Toulouse
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71 Dieses Kroko…
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72 …hat den Nachtzug aus Paris hier hoch gezogen
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73 Überblick: links die Schmalspur-Metro, in der Mitte das Normalspur-Kroko, rechts die Breitspur-S-Bahn; zusätzlich übrigens die längste Bahnsteigüberdachung Frankreichs^^

Kurze Werbepause

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)


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