Was ist wichtiger: Maximaltempo? Takt? Pünktlichkeit? (Allgemeines Forum)

Alphorn (CH), Sonntag, 10.12.2017, 16:07 (vor 2301 Tagen)

Gerade im Zusammenhang mit der neuen Strecke Erfurt-Berlin wird ja wieder über die richtige Verkehrspolitik diskutiert. Daher habe ich mir ein paar Überlegungen gemacht. Es sehe grob eingeteilt zwei Klassen von Reisenden:

- Die zeitlich gebundenen, z.B. Geschäftsreisende, die auf jeden Fall zu einer bestimmten Zeit vor ort sein müssen
- Die zeitlich flexiblen, z.B. Touristen

Für mich sieht es so aus, als würde sich die deutsche Verkehrspolitik zu sehr schlechten Voraussetzungen für erstere führen. Beispiel: Bei angenommenen Stundentakt verliert der Reisende alleine durch Warten am Ziel im Schnitt eine halbe Stunde. Zudem muss er, wenn er seinen Termin sicher erreichen will, aufgrund der schlechten DB-Pünktlichkeit einen Zug früher als nötig losfahren (insbesondere bei Umsteigeverbindungen) - das kostet eine weitere Stunde. So werden aus eigentlich drei Stunden Fahrzeit plötzlich viereinhalb und die Durchschnittsgeschwindigkeit ist im Keller.

Touristen hingegen kommen wesentlich besser weg. Sie können sich nach den vorgegebenen Fahrzeiten richten. Eine Verspätung ist für sie zwar auch ärgerlich, aber keinen Grund, einen Zug früher zu nehmen. Der Zeitverlust ist also ausser bei Verspätungen null.

Ich halte die deutsche Verkehrspolitik verfehlt, wenn eine wichtige Strecke wie München-Berlin nur im Stundentakt bedient wird. Würde sie im Halbstundentakt bedient, wäre die verlorene Zeit für obigen Geschäftsreisenden nur 45 statt 90 Minuten - eine gewaltige Ersparnis! Halbstundentakt führt erlaubt es zudem, riskantere Umsteigeverbindungen zu nehmen (ITF...) und später am Bahnhof aufzutauchen, was weitere Zeit spart.

Warum macht man das nicht? Nun, zusätzliche Züge verursachen Anschaffungs-, Betriebs- und Trassenkosten. Daher sollte man meiner Meinung nach:
- Kürzere Züge beschaffen, damit man sie im Halbstundentakt ausgelastet bekommt (schlecht: der ICE 4 ist lang)
- Billigere Züge beschaffen (gut: der ICE 4 ist kosteneffizient, auch weil langsamer)
- Deutlich geringere Trassenkosten für kürzere und langsamere Züge erheben - sie verursachen viel weniger Verschleiss und die Auslastung auf der NBS ist kein Problem
- Wenn nötig: Fahrzeitreserven erhöhen, insbesondere im Hinblick auf ITF. Bei guter Pünktlichkeit reduziert sich die verlorene Zeit des Geschäftsreisenden von 45 auf 15 Minuten!

Mein Vorschlag wäre also: Etwas langsamer und somit billiger fahren, dafür öfter und zuverlässiger. Damit reduziert man die verlorene Zeit des Geschäftsreisenden von 90 auf 15 Minuten und ermöglicht langfristig einen ITF, welcher bei Umsteigeverbindungen weitere Einsparungen erlaubt. Grosse Gewinner wären die Geschäftsreisenden, leichte Verlierer die Touristen.


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